Arm-Amputierter Patrick Hagenaars wird Dritter

Ötztaler Radmarathon: Nothegger gewinnt, Rekordsieg für die Schweiz

Von Martin Roseneder

Foto zu dem Text "Ötztaler Radmarathon: Nothegger gewinnt, Rekordsieg für die Schweiz"
| Foto: Ötztal Tourismus/ Ricardo Gstrein

03.09.2018  | 

Der dominierende Jedermann-Marathonfahrer der Saison, Mathias Nothegger setzte mit seinem Sieg beim 38. Ötztaler Radmarathon seinem tollen Jahr die Krone auf. Und bei den Damen schaffte die Schweizerin Laila Orenos den fünften Sieg in Folge. Für die größte Überraschung im Ötztal sorgte der Arm-Amputierte ehemalige ÖSV-Kombinierer Patrick Hagenaars, der Dritter wurde.


Der Ötztaler Radmarathon läutete gestern den Radsport-intensivsten
September in der Sportgeschichte Tirols ein. Dort, wo von 22. bis 30. September die besten Radsportler der Welt bei der UCI-Straßenrad-WM um Medaillen kämpfen, bestritten gestern 4112 Teilnehmer aus 36 Nationen den Klassiker für Hobbyradsportler, den 38. Ötztaler Radmarathon über vier hohe Pässe mit 5500 Höhenmetern und 238 Kilometern Gesamtlänge.

Die Witterungsbedingungen waren alles andere als einladend: Nach Dauerregen am Samstag war es gestern früh beim Start in Sölden feucht udn kühl bei sieben Grad Celsius. Bis zum Kühtai wurden die Teilnehmer vom Regen begleitet, Richtung Jaufen-Pass wurden die Straßen endlich trocken.

Gleich nach dem Start in Sölden drückten die Spitzenfahrer
aufs Tempo. Über das Kühtai setzten sich sieben Spitzenfahrer ab, wobei sich nach Innsbruck über den Brenner-Pass die Rennsituation ständig änderte. Einzig der italienische Vorjahressieger Stefano Cecchini, sein Landsmann Samuele Porro und der Vorarlberger Mathias Nothegger waren immer in der Spitze.

Beim Aufstieg zum Jaufen-Pass schob sich Patrick Hagenaars aus Brixen im Thale sukzessive nach vorn. In Schönau am Fuß des Timmelsjochs lagen Nothegger, Cecchini und Porro in Führung, dahinter Haagenars mit einer Minute Rückstand. Noch in Tuchfühlung zum Spitzentrio lag Andreas Lenz aus Deutschland, der über den Jaufen-Pass allerdings den Anschluss verlor. Die übrigen Fahrer hatten bis dahin schon mehr als zehn Minuten Rückstand.

Am letzten Pass, am Timmelsjoch, setzte schließlich
Mathias Nothegger alles auf eine Karte und fuhr mit einer Attacke an die Spitze. Keiner konnte folgen und auf der Passhöhe des Timmelsjochs lag sein Vorsprung auf Samuele Porro bei über vier Minuten. Der Vorarlberger fuhr mit einer Zeit von 7:04,02 Stunden einem ungefährdeten Premieren-Sieg entgegen.

„Ich hatte einen Traum, und den habe ich mir heute erfüllt. Am Jaufen-Pass habe ich richtig gelitten und musste dann mein Tempo fahren. Mehr als 270 Watt waren nicht mehr drin. Cecchini hätte ich stärker eingeschätzt. Ich bin überwältigt von diesem Sieg“, jubelte der 39-jährige Bregenzer Nothegger, der seinen siebenten Saisonsieg feierte. Und sechs Jahre nach dem letzten rot-weiß-roten Sieger Stefan Kirchmair klappte es wieder mit einem österreichischen Triumph.

Mit knappen fünf Minuten Rückstand wurde Samuele Porro
Zweiter: „Ich habe wegen der Kälte sehr gelitten. Leider fiel mir dann am Timmelsjoch die Kette runter. Aber Mathias war der stärkste Fahrer heute.“

Für die Sensation des Tages sorgte der ehemalige ÖSV-Athlet in der Nordischen Kombination, Patrick Hagenaars. Bei seiner fünften Teilnahme kämpfte er sich erstmals auf das Podium. „Rang drei ist der Wahnsinn. Ich bin überwältigt. Normalerweise bin ich ein Schönwetterfahrer, aber es lief einfach perfekt heute. Am Kühtai habe ich etwas rausgenommen und dann ab dem Jaufenpass Gas gegeben. Das Podium ist ein Traum für mich“, freute sich Haagenars, der seit 2003 nach einem Unfall mit einer Armprothese unterwegs ist.

Hinter Hagenaars belegte der Deutsche Andreas Lenz
den vierten Platz, der Schweizer Thomas Koep wurde Fünfter. Vorjahressieger Stefano Cecchini brach am Timmelsjoch ein und rettete vor dem Tiroler Daniel Rubisoier noch den achten Platz ins Ziel.

Bei den Damen war wieder einmal die Schweizerin Laila Orenos das Maß aller Dinge. Über den Jaufen-Pass lieferte sie sich mit der Tirolerin Nadja Prieling ein spannendes Kopf-an-Kopf-Duell. Doch vor der Labestation am Fuß des 28,7 Kilometer langen Timmelsjochs brach Prieling ein. Die Tirolerin musste auch die Niederösterreicherin Anna Kiesenhofer passieren lassen.

Laila Orenos schaffte mit einer Zeit von 8:05,30 Stunden
den historischen fünften Sieg in Folge. Die Freude im Ziel war riesengroß: „Es war richtig hart heute. Der ständige Regen hat das Rennen noch schwerer gemacht. Dieser fünfte Sieg bedeutet mir extrem viel. Ich habe etwas geschafft, was bisher noch niemand vor mir erreicht hat.“

Zweite wurde die junge Niederösterreicherin Anna Kiesenhofer aus Niederkreuzstetten, Dritte wurde die Tirolerin Nadja Prieling aus Reith bei Kitzbühel.

Auch die Promi-Dichte war beim 38. Ötztaler wieder beachtlich.
Einer der Ersten im Ziel war Ex-Skispringer Andreas Goldberger. Seine Bestzeit mit 8:50 Stunden konnte er wegen der widrigen Bedingungen nicht knacken, dafür „war es zu kalt und durch den Regen waren die Abfahrten sehr gefährlich.“

Im Ziel, nach 9:22 Stunden Fahrzeit, staunte auch Goldi nicht schlecht über den Auftritt und den dritten Platz seines ehemaligen ÖSV-Kollegen Patrick Haagenars: „Diese Leistung ist unglaublich - und das mit nur einer Hand! Ich konnte bei der letzten Abfahrt nach Sölden nicht einmal mit zwei Händen ordentlich bremsen und er fährt mit Prothese aufs Podium.“

Mit Team-Olympiasieger Martin Koch war übrigens
ein zweiter Skispringer am Start. Bei seiner Premiere lieferte der Kärntner eine Zeit von 9:37 Stunden ab. „Das war ein Erlebnis. Trotz des Wetters standen so viele Leute an der Strecke“, sagte Koch im Ziel.

Im nächsten Jahr findet die 39. Auflage des Ötztaler Radmarathons am Sonntag, den 1. September, statt. Die Registrierung läuft wie in den letzten Jahren am 1. Februar 2019 ein Monat lang.

„Nach dem Steinbock als Motiv des Marathons 2018
wird das Murmeltier das Leitmotiv im nächsten Jahr sein. Ich hoffe, dass alle Radsportler gut aus dem nächsten Winterschlaf kommen.

Das Marathon-Wochenende ist für uns trotz der widrigen Witterungsbedingungen perfekt über die Bühne gelaufen. Auch die Premiere des Bike 4 Help-Prologs am Freitag wurde gut angenommen. Diese Auftaktveranstaltung werden wir auch 2019 wieder veranstalten. Im ersten Jahr nach der Bildung des neuen OK-Teams möchte ich mich bei allen der rund 1100 Mitarbeiter sowie Sponsoren und Partnern für das erfolgreiche Marathon-Wochenende bedanken“, so der neue OK-Chef Dominic Kuen.

Alle Ergebnisse: https://services.datasport.com/2018/velo/oetztaler/

Martin Roseneder ist Pressesprecher des Ötztaler Radmarathons.

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