Weltmeisterin gewinnt Ronde van Drenthe

Dideriksen zu clever für den Fluch des Regenbogentrikots

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Amalie Dideriksen (Boels - Dolmans) hat die Ronde van Drenthe gewonnen. | Foto: Cor Vos

11.03.2017  |  (rsn) - Von wegen Fluch des Regenbogentrikots: Amalie Dideriksen (Boels-Dolmans) hat er jedenfalls nicht befallen. Die 20-jährige Dänin feierte im niederländischen Hoogeveen am Samstag bereits in ihrem fünften Rennen als Weltmeisterin ihren ersten Sieg - und das gleich bei einem Women's WorldTour-Event. Am Ende der 149 Kilometer langen Ronde van Drenthe bezwang sie im Sprint einer Vierergruppe die Italienerin Elena Cecchini (Canyon-SRAM) sowie die Niederländerin Lucinda Brand (Sunweb) und Cecchinis Landsfrau Elisa Longo Borghini (Wiggle-High5).

"Es ist ein großartiges Gefühl, im Regenbogentrikot zu gewinnen", sagte sie radsport-news.com. "Ich habe wirklich gehofft, dass ich während der Saison einen Sieg holen kann. Das jetzt hier zu tun, das ist toll!"

Dideriksen wurde in Drenthe zur Nachfolgerin ihrer Teamkollegin Chantal Blaak, die das Rennen im Vorjahr gewonnen und damals auch die Gesamtführung der Women's WorldTour übernommen hatte. Das gelang der Dänin allerdings nicht, weil Strade-Bianche-Siegerin Longo Borghini mit Rang vier das Lila Trikot souverän verteidigte. Dideriksen übernahm dafür das Blaue Trikot der besten Nachwuchsfahrerin von der punktgleichen Cecilie Uttrup Ludwig (Cervelo-Bigla), die in Drenthe nicht am Start stand, weil sie zeitgleich die Valencia-Rundfahrt (Kat. 2.2) für sich entschied.

Auf der 300 Meter langen Zielgeraden von Hoogeveen verhielt sich Dideriksen clever. Zwar kam sie am Hinterrad von Longo Borghini als Zweite um die letzte Kurve, doch als die sprintschwache Italienerin dann die Beine hoch nahm, ließ sich die Weltmeisterin nicht dazu verleiten, ihren Endspurt zu früh zu lancieren. Sie wartete und wurde belohnt, weil Brand hinter ihr die Nerven verlor. Die Niederländerin sprintete früh los und fuhr so Cecchini sowie Dideriksen deren Spurt bilderbuchartig an.

"Ich hatte etwas Angst, dass die Geschwindigkeit zu sehr herabfällt. Denn Amalie ist so explosiv. Das hat dann dazu geführt, dass ich viel zu früh losgefahren bin", erklärte Brand radsport-news.com. "Ich dachte nur: 'Ich habe es verbockt, ich habe es verbockt! Das war so dumm! Wie konnte ich so einen Fehler machen?'" Cecchini zog an ihr vorbei und sah kurzzeitig wie die Siegerin aus, doch dann schaltete Dideriksen hinter ihr den Turbo ein und sprintete problemlos zum souveränen Sieg.

Dass sie den holen konnte lag auch daran, dass ihre Boels-Dolmans-Mannschaft sich voll hinter die junge Weltmeisterin stellte. Denn als knapp 35 Kilometer vor dem Ziel Ellen van Dijk (Sunweb) zum Solo angesetzt hatte, saß Boels zu fünft in der 14-köpfigen Verfolgergruppe und übernahm die Verantwortung.

"Das Team war großartig. Als van Dijk weggefahren war und sie sie gejagt haben, konnte ich einfach am Hinterrad sitzen und mich schonen", freute sich Dideriksen über die Hilfe und das Vertrauen ihrer Mannschaftskameradinnen, für die sie selbst im vergangenen Jahr noch als Helferin gearbeitet hatte. In Drenthe änderte sich die Rollenverteilung erstmals. "Es ist ein tolles Gefühl. Ich bin noch nicht daran gewöhnt, aber es macht mich stolz und ich bin noch glücklicher, dass ich es zu Ende bringen und dem Team zeigen konnte, dass sie mir vertrauen können."

Bei frühlingshaftem Wetter mit strahlendem Sonnenschein und kaum Wind verlief die Ronde van Drenthe zunächst ruhig. Auf den ersten 50 Kilometern passierte bis auf einen kurzzeitigen Vorstoß von Anna Knauer (Parkhotel-Destil) kaum etwas. Es dauerte bis zum vierten der insgesamt sieben Kopfsteinpflaster-Sektoren, ehe sich mit der Deutschen Meisterin Mieke Kröger (Canyon-SRAM) bei Kilometer 60 die erste Fahrerin lösen konnte. Sie fuhr 15 Sekunden Vorsprung heraus, wurde nach 13 Kilometern an der Spitze aber wieder gestellt.

In der Folge zerfiel das Peloton auf dem Kopfsteinpflaster in mehrere Gruppen, doch gut 40 Kilometer vor dem Ziel waren wieder rund 60 Fahrerinnen beisammen, als es zur zweiten von drei Passagen des VAM-Bergs ging - einem 54 Meter hohen, mit Gras bewachsenem Müllberg, über den ein dünnes Asphaltband führt. Durch eine Tempoverschärfung von Amy Pieters (Boels-Dolmans) entstand dort eine sechsköpfige Spitzengruppe, die aber schon sechs Kilometer später bei der dritten VAM-Berg-Passage wieder gestellt war.

Dort attackierte dann van Dijk und fuhr alleine bis zu 30 Sekunden Vorsprung auf jene 14-köpfige Verfolgergruppe heraus, in der Boels-Dolmans schließlich zu fünft das Tempo machte. Nach 15 Kilometern an der Spitze wurde van Dijk wieder gestellt, und es folgten die nächsten Attacken: erst von Titelverteidigerin Blaak, dann von ihrer 20-jährigen Teamkollegin Jip van den Bos. Doch Brand sprang jeweils ans Hinterrad und ließ so die Luft aus den Boels-Vorstößen. 15 Kilometer vor dem Ziel war es dann Cecchini, die eine Lücke riss.

"Wir sind als Team ein gutes Rennen gefahren. Als auf den letzten 20 Kilometern nur noch Hannah Barnes und ich vorne waren, wusste ich dass wir etwas versuchen mussten. Denn wir konnten nicht jedem Angriff der Anderen folgen, weil die in Überzahl waren", erklärte Krögers Canyon-SRAM-Teamkollegin Cecchini den rennentscheidenden Angriff, dem nur Brand, Dideriksen und Longo Borghini folgten. "Also habe ich attackiert und habe dann mit den anderen drei gut zusammengearbeitet."

Das Quartett setzte sich schnell auf zehn Sekunden ab, weil alle Teams, die in der ehemaligen Spitzengruppe mehrfach vertreten waren, nun auch eine Fahrerin vorne hatten und deshalb keine Verfolgung organisierten. Zwar gaben Marianne Vos (WM3 Pro Cycling), Chloe Hosking (Ale Cipollini), Annemiek van Vleuten (Orica-Scott) und Alice Barnes (Drops) alles, um die Lücke wieder zu schließen, doch die Spitzenreiterinnen waren zu stark. Auf dem Schlusskilometer verschärfte die nominell schwächste Sprinterin des Führungs-Quartetts, Longo Borghini, das Tempo, konnte sich aber nicht absetzen und nahm 300 Meter vor dem Ziel in der letzten Kurve die Beine hoch. Dideriksen wartete ab, und Brand eröffnete den Sprint zu früh.

Ergebnis:
1. Amalie Dideriksen (Boels - Dolmans) 3:51:17 Stunden
2. Elena Cecchini (Canyon-SRAM) s.t.
3. Lucinda Brand (Sunweb) s.t.
4. Elisa Longo Borghini (Wiggle High 5) + 0:02 Minuten
5. Annemiek van Vleuten (Orica-Scott) + 0:07
6. Jolien D'Hoore (Wiggle-High5) + 0:09
7. Marianne Vos (WM3 Energie) + 0:09
8. Alice Barnes (Drops) + 0:09
9. Chantal Blaak (Boels-Dolmans) + 0:09
10. Chloe Hosking (Ale Cipollini) + 0:09

Siegerinterview mit Amalie Dideriksen (Engl.):

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