Mit 20-Kilometer-Solo zum Tour-Etappensieg

Als Carapaz beschleunigte, kam Kämnas großer Moment

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Endlich auf dem Podium: Lennard Kämna (Bora - hansgrohe) nach seinem Sieg auf der 16. Tour-Etappe | Foto: Cor Vos

15.09.2020  |  (rsn) - Diesmal hatte er die besten Beine: Nach der knappen Niederlage am Puy Mary gegen Daniel Martinez (EF) hat sich Lennard Kämna (Bora - hansgrohe) vor Richard Carapaz (Ineos Grenadiers) und Sebastien Reichenbach (Groupama - FDJ) in Villard-de-Lans die 16. Etappe der Tour de France 2020 gesichert.

Den entscheidenden Angriff setzte der Deutsche kurz vor dem Gipfel des Montée de Saint-Nizier-du-Moucherotte mit einem Konter gegen Carapaz. Danach baute er mit einem 20-Kilometer-Solo seinen Vorsprung auf den Giro-Sieger bis auf 1:27 Minuten aus. “Es war ein Kampf von Beginn an und ich versuchte mich, bis zum Ende verstecken. Als Carapaz beschleunigte, wusste ich, dass der Moment gekommen ist. Ich bin All-In gegangen bis zum Ende. Es ist eine große Erleichterung für das Team und mich. Ich kann es noch gar nicht realisieren. Die Bühne bei der Tour ist so groß“, erzählte der 24-Jährige freudestrahlend im Ziel.

Dagegen verpasste Carapaz trotz eines Großangriffs seines Teams, das mit drei Fahrern in der Gruppe des Tages vertreten war, seinen ersten Tour-Etappensieg deutlich. Mit 1:56 Minuten Rückstand auf Rang drei setzte der Schweizer Meister Reichenbach ein Ausrufezeichen, gefolgt von Carapaz‘ Teamkollegen Pavel Sivakov (+2:34) und dem Freiburger Simon Geschke (CCC / +2:35), der als Fünfter mit breitem Lächeln über den Zielstrich rollte - offenbar informiert über den Coup seines zehn Jahre jüngeren Landsmanns. “Lennard ist ein guter Freund von mir, wir waren lange Teamkollegen, er war auch mal in Freiburg zum Trainieren. Ich habe ihm heute in der Gruppe schon gesagt: Heute ist dein Tag“, erklärte Geschke.

Die Favoriten schonen sich vor der Königsetappe

Die Favoriten hielten vor der morgigen Königsetappe still. Primoz Roglic (Jumbo - Visma) behauptete souverän sein Gelbes Trikot. Der Slowene und sein Team bekamen allerdings auch wenig Arbeit. Abgesehen von einer Tempoverschärfung des UAE–Teams im kurzen Schlussanstieg und eines späten Angriffs des viertplatzierten Miguel Angel Lopez (Astana) im Schlussspurt gab es unter den Favoriten, die mit fast 17 Minuten Rpckstand ins Ziel kamen, vor der morgigen Königsetappe keine Angriffe.

Laut Roglic war die Etappe mit fünf kategorisierten Anstiegen dennoch kein Zuckerschlecken: “Das war ein guter Tag, auch wenn es ein sehr schneller Start war. Am Ende musste ich dann sehr konzentriert bleiben, denn das Tempo wurde nochmal angezogen. Es bleiben noch schwere Tage, aber wir sind bereit. Die Jungs machen einen super Job und ich freue mich auf die Etappe morgen“, sagte der Träger des Gelben Trikots, der weiter 40 Sekunden vor seinem Landsmann Tadej Pogacar (UAE - Team Emirates) das Gesamtklassement anführt. 1:34 Minuten hinter Roglic behauptete Rigoberto Uran (EF) Rang drei.

Das Grüne Trikot behält Sam Bennett (Deceuninck - Quick – Step), Cosnefroy behauptete Rang eins in der Bergwertung vor dem punktgleichen Pierre Rolland (B&B Hotels - Vital Concept). Der 21-jährige Pogacar verteidigte das Weiße Trikot des besten Jungprofis.

So lief das Rennen:

Vom Start weg entbrannte ein heftiger Kampf um die Gruppe des Tages. Zunächst konnten sich fast 40 Fahrer lösen, darunter auch Kämna und seine Teamkollegen Maximilian Schachmann und Felix Großschartner. Doch die große Gruppe wurde schnell wieder eingefangen, auch weil Bora - hansgrohe mit Blick auf die Punktewertung für Peter Sagan eine neue Konstellation schaffen wollte.

Nach der ersten Bergwertung an der Cote de Virieu (4. Kat.) waren es dann noch 15 Fahrer, die sich absetzen konnten. Andrey Amador, Carapaz (beide Ineos Grenadiers), Kämna, Daniel Oss (beide Bora - hansgrohe), Julian Alaphilippe (Deceuninck - Quick-Step), Reichenbach, Alberto Bettiol (EF), Winner Anacona, Warren Barguil (beide Arkéa - Samsic), Imanol Erviti, Carlos Verona (beide Movistar), Matteo Trentin (CCC), Chris Juul Jensen (Mitchelton - Scott), Nicholas Roche (Sunweb), Quentin Pacher (B&B Hotels-Vital Concept) erhielten letztlich den Freifahrtschein von Jumbo - Visma,

Nach 44,5 Kilometern holte sich Trentin den Zwischensprint vor Oss und Alaphilippe. Damit machte der Italiener in der Sprintwertung weitere Punkte auf Sam Bennett (Deceuninck - Quick - Step) und Sagan gut, die heute beide leer ausgingen. Kurz danach kämpften sich auch Pierre Rolland (B&B Hotels-Vital Concept), Tiesj Benoot und Casper Pedersen (beide Sunweb) noch an die Ausreißergruppe heran.

Danach warteten die Berge: Mit dem Col de Porte und der Cote de Revel mussten zunächst zwei Anstiege der 2. Kategorie bewältigt werden. Der abgeschlagene David Gaudu (Groupama - FDJ) musste noch vor dem Col de Porte vom Rad steigen und seine dritte Tour de France vorzeitig beenden. Beide Bergwertungen sicherte sich Rolland, der damit mit seinem französischen Landsmann Benoit Cosnefroy (Ag2R La Mondiale) nach Punkten gleichzog.

Eine weitere Verfolgergruppe mit Geschke, Sivakov, Romain Sicard (Total Direct Energie), Mikel Nieve (Mitchelton-Scott) und Neilson Powless (EF) erreichte die Spitzengruppe kurz vor dem Gipfel der Cote de Revel und erhöhte die Anzahl der Ausreißer somit auf insgesamt 23 Fahrer. Der Vorsprung betrug da schon beachtliche 10:30 Minuten.

Vorentscheidung am Montée de Saint-Nizier-du-Moucherotte

31 Kilometer vor dem Ziel ging es in den Anstieg zum Montée de Saint-Nizier-du-Moucherotte (1. Kat.) hinein, den schwersten Berg des Tages. Während Jumbo - Visma das Tempo im Peloton kontrollierte, läutete Pacher in der Ausreißergruppe den Kampf um den Etappensieg ein. Mit einem explosiven Antritt konnte der Franzose seinen Verfolgern bis zu 46 Sekunden ausbauen. Doch der Angriff blieb erfolglos: Reichenbach, Alaphilippe, Carapaz und Kämna konnten den 28-jährigen noch vor dem Gipfel wieder einholen. Einige Augenblicke später war es Carapaz, der das Tempo forcierte.

Ein Angriff mit Folgen: Alaphilippe konnte dem zweiten Antritt des Giro-Siegers nicht mehr folgen und verabschiedete sich aus dem Kampf um den Sieg. Reichenbach erging es wenige hundert Meter nach einer weiteren Attacke von Carapaz genauso. Gut 300 Meter vor dem Gipfel drehte Kämna den Spieß dann um und griff selbst an. Es sollte der Grundstein für den ersten Tour-Etappensieg seiner Karriere sein.

Noch ein schwarzer Tag für Bernal

Während der junge Deutsche in der Abfahrt in Richtung Villard-de-Lans und am anschließenden finalen Anstieg seinen Vorsprung bis auf 1:27 Minuten erhöhen konnte, startete der Gesamtelfte Guillaume Martin (Cofidis) einen Angriff aus dem Peloton heraus. Der Franzose wurde allerdings rasch wieder vom Jumbo-Visma-Express eingeholt. Roglic konnte sich bis zum kurzen Schlussanstieg entspannen, wo dann aber David de la Cruz für seinen Kapitän Pogacar das Tempo erhöhte und die Favoritengruppe in die Länge zog.

Roglic sprang sofort an das Hinterrad seines Landsmanns, der dann auch seinen Versuch aufgab. Auf den letzten Metern probierte es Miguel Angel Lopez (Astana) noch, seine Konkurrenten zu überraschen und einige Sekunden gutzumachen, doch nun war es Pogacar, der ans Hinterrad des Kolumbianers sprintete, so dass auf den ersten neun Plätzen der Gesamtwertung alles beim alten blieb.

Zu den Verlieren des Tages zählten zwei von Lopez‘ Landsleuten. Nairo Quintana (Arkéa - Samsic) wurde im Finale abgehängt und musste seinen neunten Gesamtplatz an den Roglic-Edelhelfer Tom Dumoulin abtreten. Egan Bernal (Ineos Grenadiers) erlebte einen weiteren schwarzen Tag und kam im Grupetto 27:27 Minuten hinter Kämna an.

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