Erster italienischer Zeitfahr-Weltmeister

Ganna rauscht aus Höhen-“Urlaub“ in die Geschichtsbücher

Von Felix Mattis

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Filippo Ganna (Ineos) ist der erste Zeitfahr-Weltmeister der Geschichte aus Italien. | Foto: Cor Vos

25.09.2020  |  (rsn) - Filippo Ganna hat in Imola Geschichte geschrieben. Als erster Italiener seit der Einführung der Weltmeisterschaften der Elite im Einzelzeitfahren hat der 24-Jährige das Regenbogentrikot erobert. Ganna absolvierte den 31,7 Kilometer langen und überwiegend flachen Parcours mit Start und Ziel an der berühmten Motorsport-Rennstrecke in 35:54 Minuten und war damit 26 Sekunden schneller als der Belgier Wout Van Aert sowie 29 Sekunden als Stefan Küng aus der Schweiz, der Bronze gewann.

"Es ist ein Traum und ich bin wirklich glücklich. Ich hatte eine super Unterstützung aus dem Auto und möchte dem ganzen italienischen Team und auch Ineos Grenadiers danken", sagte der Italiener und strahlte. Im ersten TV-Interview als Zeitfahr-Weltmeister wirkte schon verblüffend abgeklärt:

"Ich habe schon vier Regenbogentrikots von der Bahn, aber das ist mein erstes im Zeitfahren", so Ganna mit Blick auf seine bis dato beeindruckende Karriere in den Velodromen dieser Welt. Erst vor sieben Monaten hatte er bei den Bahn-Weltmeisterschaften in Berlin in 4:01,934 Minuten einen Fabel-Weltrekord in der Einerverfolgung aufgestellt.

Zur Heim-WM in Imola war Ganna als einer der heißesten Anwärter auf das Regenbogentrikot angereist, nachdem er elf Tage zuvor überlegen das Abschlusszeitfahren von Tirreno-Adriatico in San Benedetto del Tronto gewonnen und dabei den vier Jahre alten Streckenrekord von Fabian Cancellara über 10,1 Kilometer um ganze 26 Sekunden verbessert hatte. Trotzdem habe er am Freitag keinen Druck verspürt, meinte Ganna lachend: "Ich war bis vor drei Tagen mit Freunden in der Höhe und wir haben über alles gesprochen, nur nicht über die Weltmeisterschaften."

Deutschland mit der auf dem Papier schlechtesten Ausbeute seit 1994

Während Ganna als erster Italiener seit der Einführung des Einzelzeitfahrens bei Weltmeisterschaften der Elite 1994 zum Titel fuhr, brachte der Bund Deutscher Radfahrer erstmals keinen Fahrer in die Top Ten. In Abwesenheit des Deutschen Meisters Tony Martin und Vizemeisters Nils Politt fuhren Jasha Sütterlin und Max Walscheid mit 1:38 beziehungsweise 1:56 Minuten Rückstand auf Ganna auf die Plätze 16 und 19, was für beide trotzdem aber ein ordentliches Ergebnis darstellte.

Die Österreicher Matthias Brändle (+ 2:34) und Felix Ritzinger (+ 4:26) kamen auf die Plätze 27 und 46. Titelverteidiger Rohan Dennis (Australien / + 0:39) war zur Rennhalbzeit auf Silberkurs, wurde am Ende aber hinter seinem Ineos-Teamkollegen Geraint Thomas (Großbritannien / + 0:37) nur Fünfter. Enttäuschend endete das Rennen für Ex-Weltmeister Tom Dumoulin (Niederlande / + 1:14), der sich eingangs der Motorsport-Rennstrecke von Imola rund drei Kilometer vor dem Ziel versteuerte und anschließend aus dem Konzept zu sein schien, so dass er nur noch auf Rang zehn landete.

So lief das Rennen:

Als sechster Starter legte Max Walscheid einen ersten Richtwert vor und hielt die Bestzeit für eine gute Viertelstunde. Dann aber wurde der Heidelberger vom Italiener Eduardo Affini am Hot Seat abgelöst. Affini fuhr in 37:25 Minuten 26 Sekunden schneller als der Deutsche und hielt die Bestzeit anschließend genau eine halbe Stunde, bis ihn Geraint Thomas in 36:31 Minuten deutlich unterbot.

Der ehemalige Tour de France-Sieger war der erste der Mitfavoriten, der auf die Strecke gegangen war und blieb an der Spitze, bis die letzten fünf Fahrer unterwegs waren. Nun aber ging es Schlag auf Schlag: Van Aert war zehn Sekunden schneller als der Brite, Küng anschließend deren sieben.

Zu diesem Zeitpunkt schien aber längst klar, dass die Gold-Medaille an Ganna gehen würde. Der nämlich hatte schon an der Zwischenzeit nach 14 Kilometern ganze 20 Sekunden Vorsprung auf Dennis und 35 auf Thomas sowie 46 auf Van Aert. Diesen Trend bestätigte der Italiener auch im Ziel auf dem Autodromo Enzo e Dino Ferrari und blieb in 35:54 Minuten schließlich als einziger Fahrer unter 36 Minuten.

Dennis war unterdessen in der zweiten Rennhälfte eingebrochen und rutschte noch deutlich ab: Aus dem zweiten Platz an der Zwischenzeit wurde für den Titelverteidiger aus Australien schließlich mit 39 Sekunden Rückstand nur Rang fünf, so dass sich Küng über Bronze freuen durfte.

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