Paris-Nizza: Ohne Ergebnis, aber “fit für die Klassiker“

Rutsch imponiert und unterhält mit Angriff im Finale

Von Felix Mattis

Foto zu dem Text "Rutsch imponiert und unterhält mit Angriff im Finale"
Jonas Rutsch (EF Education - Nippo, rechts) attackierte im Finale und tat Begleiter Kenny Elissonde (Trek - Segafredo, links) dann mit seinem Tempo weh. | Foto: Cor Vos

13.03.2021  |  (rsn) - Jonas Rutsch (EF Education – Nippo) war einer der Hauptdarsteller im Finale der 6. Etappe bei Paris-Nizza und hat mit einer starken Attacke gezeigt, dass seine Form für die Frühjahrsklassiker stimmt. Der Odenwälder griff rund 15 Kilometer vor dem Ziel in Biot aus einem Kreisverkehr heraus an, fuhr schnell zu Kenny Elissonde (Trek – Segafredo) vor, dem letzten Verbliebenen der Ausreißergruppe des Tages, und kämpfte dann bis zur Flamme Rouge um seine Chance auf einen Etappensieg.

"Zum Schluss sind mir ein bisschen die Beine eingeschlafen. Ich hatte nicht gedacht, dass es so steil da raufgeht", gab Rutsch am Abend gegenüber radsport-news.com zu. Doch was der 23-Jährige davor zeigte, imponierte auf mehreren Ebenen – sowohl physisch als auch fahrtechnisch und in gewisser Weise auch unterhaltend: Zunächst, weil er sich darüber ärgerte, dass Elissonde die Mitarbeit verweigerte, und dann wegen einer filmreifen Verfolgungsjagd hinter dem TV-Motorrad.

Denn als er Elissonde 3,5 Kilometer vor dem Ziel stehen ließ begann eine beeindruckende Action-Film-Einlage bergab durch kleine Sträßchen mit vielen Kurven, einigen Fahrbahnschwellern und hohem Tempo. Dabei setzte Rutsch das TV-Motorrad, das ihn für die Live-Übertragung filmte, immer wieder gehörig unter Druck.

"Die Abfahrten bin ich All-In gegangen, und ich glaube, das hat das TV-Motorrad so auch nicht erwartet. Es war manchmal ganz schön nah vor mir", berichtete Rutsch von der unfreiwilligen 'Verfolgungsjagd'. Tatsächlich sieht man Radprofis selten so lange so sehr in Nahaufnahme bei so hoher Geschwindigkeit. Und dass das nicht nur einem Teleobjektiv geschuldet war, merkten die Zuschauer spätestens dann, als das Kamera-Mikrofon sogar Rutschs Stimme mit aufnahm.

"Wahrscheinlich hat man mich im TV sogar 'Ey!' schreien hören"

"Einmal ist das Motorrad sogar weggerutscht. Da habe ich schon gedacht: Jetzt ist es vorbei! Wahrscheinlich hat man mich sogar im TV 'Ey!' schreien gehört", vermutete er und schilderte die Schrecksekunde: "Ich saß fast schon hinten bei ihnen mit drauf und dann sind sie mit dem Hinterrad weggerutscht. Da habe ich sie schon fliegen sehen mit 65 Sachen oder so!" Die hollywoodreife Verfolgungsjagd ging gut aus: Motorrad-Fahrer und Kamera-Mann blieben auf der Maschine und Rutsch auf seinem Rad sitzen.

Doch das war nicht alles, was der junge Deutsche den Zuschauern an Show bot. Denn auch zuvor, als er etwas mehr als zehn Kilometer gemeinsam mit Elissonde unterwegs war, gab es Unterhaltung. Der 1,97 Meter große Deutsche und der 1,69 kleine Franzose stellten schon optisch ein interessantes Duo dar. Doch als Rutsch sich nach einer ersten, sehr langen Führung durch Elissonde ablösen lassen wollte, wurde auch deutlich, dass ihre Kraftreserven ähnlich unterschiedlich gelagert waren wie ihre Körpermaße.

"Scheißgefühl" mit Bergfloh am Hinterrad

"Ich konnte natürlich verstehen, dass er schon kaputt war. Aber es ist trotzdem ein Scheißgefühl, wenn man alles von vorne fährt und immer noch einen im Nacken hat, der so gar nicht mit durchgeht", erklärte Rutsch, warum er zwischenzeitlich auch recht deutlich mit den Händen gesprochen hatte, um Elissonde zu etwas Führungsarbeit zu überreden: "Ich wusste, dass es am Ende hochgehen würde – zwar nicht genau, wie steil. Aber ich wusste, dass es bergauf geht und an meinem Hinterrad einer sitzt, der vielleicht 62 Kilogramm wiegt. Das hat mich schon genervt." Offiziell wiegt Elissonde sogar nur 55 Kilogramm.

Doch was Rutsch eben nicht so gut sehen konnte wie die TV-Zuschauer: Der Franzose konnte wirklich nicht mehr schneller, hatte stellenweise sogar sehr große Mühe, überhaupt das Hinterrad seines 30 Zentimeter größeren Begleiters zu halten. Der machte dann 3,5 Kilometer vor Schluss Nägel mit Köpfen und ließ Elissonde stehen, um allein weiterzufahren. Was folgte, war besagte Verfolgungsjagd hinter dem TV-Motorrad und schließlich die Schlusssteigung in Biot.

Deren Anfang erreichte Rutsch 1,5 Kilometer vor dem Ziel noch als Solist, dann wurde er kurz vor der 1.000-Meter-Marke gestellt und kam schließlich 1:39 Minuten nach Tagessieger Primoz Roglic (Jumbo – Visma) als 57. über den Zielstrich.

"Fit für die Klassiker" trotz mutmaßlich gebrochenem Finger

Das Ergebnis aber war nebensächlich. Sicher hätte Rutsch gerne gewonnen, doch in erster Linie geht es für ihn bei beim 79. Paris-Nizza darum, sich auf die Frühjahrsklassiker vorzubereiten, den ersten Höhepunkt seiner Saison.

"Jetzt kommen noch zwei Tage Paris-Nizza und ich denke dann bin ich für die Klassiker fit. Die Vorbereitung ist eigentlich optimal gelaufen", so Rutsch, der dann ganz nebenbei auch noch von einer Verletzung erzählte, die er trotzdem derzeit mit sich herumträgt: "In Kuurne bin ich leider gestürzt und habe deshalb etwas Probleme mit einem Finger, weil der wohl gebrochen ist oder so. Aber die Beine sind sehr gut."

Gebrochen oder anderweitig verletzt: Davon abgehalten, im Finale einer durchaus bergigen und mit 202 Kilometern auch langen Paris-Nizza-Etappe noch zu attackieren, hat ihn sein Finger nicht. "Ich habe über den Winter etwas Gewicht verloren und dann ging es in den Bergen widererwarten auch ziemlich gut", erklärte Rutsch, der schon zu Etappenbeginn mehrmals mitgesprungen war, den entscheidenden Zug in die Ausreißergruppe des Tages da aber verpasste. "Dabei habe ich mir schon richtig einen in den Schuh gefahren. Aber über den Tag konnte ich mich recht gut erholen, obwohl es ein richtig hartes Rennen und immer Zug drauf war, weil niemand die Gruppe zu weit weglassen wollte", fasste er den Tag nochmals zusammen.

Mehr Informationen zu diesem Thema

16.03.2021Geschke arbeitete für Laporte, nicht für Schachmann

(rsn) - Als erfahrenen Tour-de-France-Helfer für Guillaume Martin hat die französische Cofidis-Equipe zur Saison 2021 Simon Geschke verpflichtet. Beim ersten gemeinsamen Einsatz mit dem Franzosen b

15.03.2021Schachmann: “Roglic hätte den Sieg genauso verdient wie ich“

(rsn) - Nur weil Spitzenreiter Primoz Roglic (Jumbo - Visma) auf der Schlussetappe stürzte, konnte Maximilian Schachmann (Bora - hansgrohe) zum zweiten Mal in Folge Paris-Nizza gewinnen. Deshalb ware

15.03.2021Schachmann war zur Stelle, als Roglic patzte

(rsn) - Bis rund 25 Kilometer vor dem Ziel der Schlussetappe von Paris-Nizza verlief der Saisoneinstieg für Primoz Roglic (Jumbo – Visma) perfekt: Der Slowene stand nach drei Etappensiegen und üb

14.03.2021Nach zwei Stürzen erlebt Roglic bitteres Déjà Vu

(rsn) - Es ist ihm wieder passiert! Vor gut einem halben Jahr wähnte sich Primoz Roglic (Jumbo – Visma) bereits als Sieger der Tour de France. Mit 57 Sekunden Vorsprung auf den zweitplatzierten Tad

14.03.2021Die Schlussetappe wirbelt Paris-Nizza durcheinander

(rsn) - Auf der Schlussetappe von Paris-Nizza überschlugen sich die Ereignisse: Der Gesamtführende Primoz Roglic (Jumbo-Visma) stürzte zweimal und verlor den Kontakt zum Feld. Plötzlich übernahm

14.03.2021Schachmann nimmt am letzten Tag Roglic Gelb noch ab

(rsn) - Maximilian Schachmann (Bora - hansgrohe) hat auf der Schlussetappe des 79. Paris-Nizza das schier Unmögliche geschafft und Primoz Roglic (Jumbo - Visma) das Gelbe Trikot noch abgenommen. Der

14.03.2021Mäder trennten nur 20 Meter vom ganz großen Glück

(rsn) - Schon bei der vergangenen Vuelta a Espana imponierte Gino Mäder bei einer Bergankunft und musste sich am Ende der 17. Etappe am Alto de la Covatilla nur David Gaudu (Groupama - FDJ) geschlage

14.03.2021Die Renneinsätze der Fahrer aus deutschsprachigen Ländern

(rsn) - Die Radsportsaison 2021 nimmt trotz der Corona-Pandemie an Fahrt auf, auch die deutschsprachigen Fahrer sind bereits wieder im Einsatz. Wir liefern Ihnen einen wöchentlichen Überblick über

14.03.2021Vorschau auf die Rennen des Tages / 14. März

(rsn) - Welche Rennen stehen heute auf dem Programm, wie sieht die Streckenführung aus und wer sind die Favoriten? radsport-news.com gibt Ihnen kurz und kompakt eine tägliche Vorschau auf die wichti

13.03.2021Geschlagener Schachmann bestätigt seinen Vorjahressieg

(rsn) - Zwar muss Bora - hansgrohe weiter auf den ersten Sieg in dieser Saison warten, doch nach der Königsetappe von Paris-Nizza herrschte beim deutschen WorldTour-Rennstall allgemeine Freude. Mit e

13.03.2021Unerbittlicher Roglic zerstört Mäders und Schachmanns Träume

(rsn) - Auch in La Colmiane kannte Primoz Roglic (Jumbo - Visma) keine Gnade und sichert sich seinen dritten Etappensieg beim 79. Paris-Nizza. Auf den letzten Metern der 119 Kilometer langen Königset

13.03.2021Roglic fängt auf Königsetappe Mäder noch ab,Schachmann Dritter

(rsn) - Primoz Roglic (Jumbo - Visma) hat bei Paris-Nizza seinen dritten Tagessieg geholt und seinen Vorsprung im Gesamtklassement weiter ausgebaut. Der 31-jährige Slowene entschied die auf 119,5 Kil

Weitere Radsportnachrichten

25.04.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir jeden Morg

25.04.2024Die Aufgebote für den 107. Giro d´Italia

(rsn) – Am 4. Mai beginnt in Venaria Reale nördlich von Turin mit dem Giro d’Italia (2.UWT) die erste Grand Tour des Jahres. Insgesamt 176 Fahrer aus 22 Teams nehmen die 107. Ausgabe der Italien-

25.04.2024Teutenberg jubelt zum Auftakt der Tour de Bretagne

(rsn) - Nachdem er in seinen ersten drei U23-Jahren vergeblich einem UCI-Sieg hinterhergejagt war, eilt Tim Torn Teutenberg (Lidl - Trek Future Racing) in dieser Saison von Erfolg zu Erfolg. Nach sei

25.04.2024Lechner sorgt für den ersten UCI-Saisonsieg einer Deutschen

(rsn) – Corinna Lechner vom Bundesliga-Team Wheel Divas aus Berlin hat für den ersten Saisonsieg einer deutschen Frau auf UCI-Niveau gesorgt. Die 29-Jährige, die am 14. April bereits Dritte beim e

25.04.2024Romandie-Prologsieger Zijlaard bricht sich Ellenbogen

(rsn) – Nur zwei Tage nach seinem Triumph im Prolog der Tour de Romandie (2.UWT) hat Maikel Zijlaard (Tudor) einen heftigen Rückschlag hinnehmen müssen. Wie der 24-jährige Niederländer gegenüb

25.04.2024Bike-Aid: Dorn hat in der Türkei das Bergtrikot “ziemlich save“

(rsn) – Das deutsche Kontinental-Team Bike Aid ist weiterhin der Aktivposten der Türkei-Rundfahrt (2.Pro). Am fünften Tag in Folge war die saarländische Equipe in der Ausreißergruppe vertreten

25.04.2024Nys krönt ersten Ausreißversuch der Karriere, Lipowitz Vierter

(rsn) – Ein 21-Jähriger Crossspezialist aus Belgien hat bei der Tour de Romandie (2.UWT) für die nächste Überraschung gesorgt. Thibau Nys (Lidl - Trek) entschied auf der 2. Etappe die erste Berg

25.04.2024Jakobsen gibt Andresen Grünes Licht für den zweiten Etappensieg

(rsn) – Tobias Lund Andresen (dsm-firmenich – PostNL) hat mit dem zweiten Tagessieg in Folge seine Führung in der Gesamtwertung der 59. Türkei-Rundfahrt (2.Pro) ausgebaut. Der 21-jährige Däne

25.04.2024Drei Bergankünfte, Sprints, Windkantengefahr & Teamzeitfahren

(rsn) – Nachdem die Spanien-Rundfahrt im vergangenen Jahr von Torrevieja an der Costa Blanca vorbei an Madrid in den Norden nach Asturien an den Atlantik und zur abschließenden Bergankunft an den L

25.04.2024Zwölf deutsche Profis auf vorläufiger Startliste des Giro d´Italia

(rsn) – Insgesamt zwölf deutsche Profis werden nach aktuellem Stand am 4. Mai den 107. Giro d’Italia in Angriff nehmen, wie aus der vom Veranstalter RCS Sport veröffentlichten vorläufigen Start

25.04.202422 Teams am Start der 3. Tour de France Femmes

(rsn) – Mit insgesamt 22 Teams wird am 12. August im niederländischen Rotterdam die 3. Tour de France Femmes (2.WWT) gestartet. Beim Grand Départ dabei sein werden auch die beiden deutschen Frauen

24.04.2024Highlight-Video der 1. Etappe der Tour de Romandie

(rsn) – Der Franzose Dorian Godon (Decathlon – AG2R La Mondiale) hat sich die 1. Etappe der Tour de Romandie gesichert. Nach 165,7 Kilometern vom Château-d´Oex nach Fribourg, wobei sechs Bergwer

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Tour de Romandie (2.UWT, SUI)
  • Radrennen Männer

  • Presidential Cycling Tour of (2.Pro, TUR)
  • Gracia Orlová (2.2, CZE)
  • Tour de Bretagne (2.2, FRA)
  • Tour of the Gila (2.2, USA)