Interview mit dem Riesen-Talent

Gerdemann: „Ich brauche schwere Rennen!“

Von Pit Weber

19.06.2005  |  So souverän wie er in den Profi-Radsport gestartet war, gab Linus Gerdemann sein erstes Sieger-Interview, nachdem er die 7. Etappe der Schweiz-Rundfahrt gewonnen hatte.

Wann hatten sie gespürt, dass Sie angreifen müssen?
Gerdemann: „Schon, als ich in der Siebener-Gruppe war. Ich wusste, dass ich gegen Karsten Kroon und Fred Rodriguez im Sprint keine Chance habe. Mir war klar, wenn wir ankommen, muss ich schon vorher was machen.

Sie sind vor der Attacke ans Ende der Spitzengruppe hinten gegangen. War das Ihr Rezept?
Gerdemann: „Ich musste mit Schwung von hinten kommen. Denn Martin Elminger sah sehr stark aus. Er konnte mir wohl am ehesten folgen. Da habe ich gewartet, bis er an der Spitze der Gruppe war und habe Gas gegeben. Danach habe ich mich nicht mehr umgedreht und bin glücklicherweise alleine angekommen.“

Waren Sie schon mal so am Limit wie bei diesen letzten Metern?
Gerdemann: „Das spürt man nicht so in dem Moment. Da ist so viel Euphorie dabei, dass man die Schmerzen gar nicht richtig spürt. Man spürt eher, dass man am Limit ist, wenn man abgehängt wird.“

Warum fahren Sie bei CSC und nicht bei einem Deutschen Pro-Tour-Team?
Gerdemann: „Ich bin ja erst sehr spät zu CSC gekommen, dank Jens Voigt. Ich fühle mich sehr wohl. Für einen jungen Profi oder überhaupt für einen Profi ist CSC die optimale Mannschaft.

Gab es keine Angebote von anderen?
Gerdemann: „Es gab Gespräche, aber jetzt trage ich das Trikot von CSC.“

Wie groß ist die Genugtuung, dass Sie als einziger aus der U23-Nationalmannschaft von Bundestrainer Peter Weibel so großen Erfolg haben?
Gerdemann: „Eine Genugtuung ist das nicht. Ich finde es aber schade, dass da einer ist, der dafür bezahlt wird, den Nachwuchs zu fördern. Im Winter hab ich täglich daran gezweifelt, ob der Radsport das Richtige für mich ist. Weil ich letztes Jahr schon sehr viele große und wichtige Rennen im U23-Bereich gewonnen habe und die Leistung nicht 100-prozentig anerkannt wurde.“

Das heißt, Weibel hat sie nicht für die WM aufgeboten?
Gerdeamann: „Ja! Ich hatte alles gewonnen, was man gewinnen konnte, war dann aber in Verona nicht dabei. So war es schwer für mich, eine Visitenkarte für den internationalen Profiradsport abzugeben. Ich suchte ja ein Team.“

Es soll an Ihrem schwierigen Charakter gelegen haben?
Gerdemann: „Beim Bahnvierer wurde auch Leute wegen ihres Charakters ausgestoßen. Ich kann darüber nur schmunzeln.“

Sind Sie in Ihrer jungen Karriere schon mal Ihre Grenzen gestoßen?
Gerdemann: „Ja, beim Etappensieg in Lenk auf den letzten Kilometern.“

Sie wirken sehr cool, aber was bedeutet dieser Sieg für Sie?
Gerdemann: „Die Tour de Suisse ist eines der schönsten Radrennen der Welt. Ich bin vielleicht relativ gefasst, weil ich es noch gar nicht richtig realisieren kann, was mir passiert ist.“

Ihre Team-Kollegen haben Ihnen sehr herzlich gratuliert!
Gerdemann: „Es ist eine tolle Truppe mit einem super Zusammenhalt. Das gibt es nicht oft im Profi-Radsport. Ich denke, das ist auch der Weg zum Erfolg.“

Fühlen Sie sich mehr als Klassiker- oder Rundfahrer?
Gerdemann: „Ich denke, dass ich mich schon als Rundfahrer entwickeln kann. Das schließt aber nicht aus, dass man bei Klassikern und anderen Rennen mitfahren kann.“

Die großen Berge schrecken Sie nicht?
Gerdemann: „Nein! Da ich aber im Kraftbereich noch Defizite habe, weil ich erst seit vier Jahren Rad fahre, muss ich noch mehr schwere Rennen fahren. Was die Zukunft angeht, bin ich aber sehr zuversichtlich.“

Das ist sein Team-Chef Bjarne Riis auch. Der Toursieger von 1996 hält den 22-jährigen Deutschen für das größte Talent seit Jan Ullrich.

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