Vuelta-Kolumne - Das Graue Trikot

Franzosenschreck vor

Von Guido Scholl

Foto zu dem Text "Franzosenschreck vor"

José Vicente Garcia Acosta (Caisse d'Epargne)

Foto: ROTH

18.09.2008  |  Armer Ete. Da wollte Zabel gestern in Valladolid die Scharte des elften Platzes von Zamora auswetzen, und dann ereilt ihn vier Kilometer vorm Ziel das Platten-Pech. Gut, dass er es mit viel Einsatz noch zurück ins Feld schaffte, sonst wäre dem Drittplatzierten der Ü35-Wertung Jose-Luis Arrieta noch näher auf den Leib gerückt.

Während Zabel unpässlich war, nutzte ein alter Bekannter die Gunst der Stunde, sich im Rampenlicht zu sonnen. Bester der Vuelta-Senioren war der Mann mit der Grauen Laterne: Txente Garcia Acosta. Richtig, kein alter Bekannter, ein gaaaaanz alter Bekannter. So ein richtiger Kultfahrer. Seinen ersten Etappensieg der Senioren-Wertung hat zwar kaum jemand bemerkt. Der Txente ist es aber gewohnt, kaum bemerkt zu werden.

Wie war das noch am französischen Nationalfeiertag vor acht Jahren? Da haben gleich mehrere Franzosen offenbar nicht wahrgenommen, dass da noch ein verdammt tempofester Spanier in der erfolgreichen Ausreißergruppe der damaligen Tour de France-Etappe mitradelte. Kein Geringerer nämlich als Txente Garcia Acosta. Er war sozusagen Notnagel einer ungewohnt erfolglosen Banesto-Equipe.

Nach den fetten Indurain-Jahren hatte die Unzue/Echevarria-Maschinerie 1997 mit Abraham Olano und Chaba Jimenez sowie 1999 mit Alex Zülle immerhin noch Leute dabei, die ordentlich Musik machten. 1998 klammern wir mal aus. Dann die Enttäuschung im Jahr 2000. Zülle brach gleich am ersten Tag in den Bergen ein. Jimenez versuchte es zwar nahezu bei allen Bergetappen mit einer gewinnbringenden Flucht. An Etappensiege und/oder das Bergtrikot oder womöglich einen Platz in den ersten Zehn der Gesamtwertung wie 1997 konnte er aber nie ernsthaft denken.

Wo die beiden Asse im langen Ärmel verhungerten, schickten die Banestos ihre Geheimwaffe ins Rennen. Txente sollte am Nationalfeiertag sozusagen der Strohmann in der Gruppe des Tages sein. Der große Laurent Jalabert war mit von der Partie - wie sollte das biedere Helferli da etwas ausrichten können? Wo er doch nicht mal Franzose war. Kurz vorm Ziel stahl sich Txente aber erfolgreich davon. Zuerst nicht ganz ernst genommen, dann ungeheuer stark strebte er dem Ziel entgegen, ließ sich die französische Butter nicht mehr vom Baguette nehmen.

Mensch, waren die Franzosen damals sauer. Allen voran Jalabert, der felsenfest überzeugt war, zum zweiten Mal am 14. Juli eine Tour-Etappe gewinnen zu können. Ganz im Stil eines Champions holte Jaja dies später allerdings noch nach. Ebenfalls zu einem Champion unter den Edelhelfern entwickelte sich Garcia Acosta nach dieser Initialzündung. Es folgte Etappensiege bei der Vuelta und der Burgosrundfahrt, außerdem steht unter anderem der GP Eddy Merckx in seinem Palmares. Da wäre mancher selbsternannte Star froh über solche Erfolge.

Jetzt krönt Txente seine Karriere mit einem Etappensieg der Wertung Graues Trikot und der Grauen Laterne. Es sei denn, er zündet beim Bergzeitfahren den Turbo. Aber seien wir realistisch: Dass er die knapp 20 Minuten zu Gorazd Stangelj, dem ehemaligen Angliru-Geheimfavoriten, aufholt, das bekommt nicht mal Franzosenschreck Garcia Acosta hin. Obwohl...wenn ich an Jajas Gesicht am Abend des 14. Juli 2000 denke... und man sollte ja sowieso niemals nie sagen.

SN-Wertung Graues Trikot:

1. Chechu Rubiera
2. Inigo Cuesta + 34:35
3. Ete Zabel + 41:48
4. Jose-Luis Arrieta + 49:50
5. Michi Blaudzun + 1:04:56
6. Bingen Fernandez + 1:26:19
7. Gorazd Stangelj + 1:38:17
8. Txente Garcia Acosta + 1:56:49

Etappensiege "Grau": Tintin (6), Ete (5), Blaudzun (1), Rubiera (2), Arrieta (1), Txente (1)

Mehr Informationen zu diesem Thema

21.09.2008Rubiera zieht durch

Chechu Rubiera ist der Gewinner des Grauen Trikots bei der 63. Spanien-Rundfahrt. Mit knapp einer halben Stunde Vorsprung auf seinen ärgsten Widersacher, Inigo Cuesta, hat sich der 35-jährige vom Te

21.09.2008Chechu vor Cuesta

Die beiden Stärksten der Ü35-Wertung in der diesjährigen Spanien-Rundfahrt haben gestern bei der letzten harten Prüfung ein spannendes Kopf-an-Kopf-Rennen gezeigt. Der Zweitplatzierte der Wertung

20.09.2008Blaudzun oder Bergziege?

Nicht nur für Alberto Contador und Levi Leipheimer geht es heute am Alto de Navacerrada um die sprichwörtliche Wurst. Auch die acht verbliebenen Ü35-Fahrer kämpfen um die finalen Platzierungen. Da

19.09.2008Lehrstunde für Jungspunde

Kurz vor Toresschluss zeigen die alten Hasen den jüngeren Kollegen bei der Spanienrundfahrt, was das Wort Ausdauer bedeutet. In der gestrigen 18-Mann-Fluchtgruppe befanden sich mit Inigo Cuesta und J

16.09.2008Arriba Arrieta!

Auf dem Papier scheint Chechu Rubiera bereits so gut wie sicher Madrids Mann in Grau zu sein. Doch leicht wird es für ihn bestimmt nicht, das Ü35-Trikot zu verteidigen. Das hat die gestrige Etappe g

15.09.2008Schwarzer Tag für Grau

Da waren´s nur noch acht - ein schwarzer Tag für das Graue Trikot. Dessen Träger Davide Rebellin ist aus der Spanien-Rundfahrt ausgestiegen. Er will sich gezielt auf die WM vorbereiten. Einerseits

14.09.2008Rey-bellin regiert weiter

Davide Rebellin hat´s geschafft. Als Bester der Ü35-Wertung hat er sich seit gestern endgültig seines Spitznamens Tintin entledigt. Seit der Ankunft am mythischen Angliru heißt Tintin, zumindest i

12.09.2008Streik beendet

Der zweitägige Streik in der Ü35-Wertung der Vuelta ist beendet worden. Und zwar mit einem Paukenschlag. Um ein Haar hätte Tintin Rebellin, der Tagesbeste der Senioren, sogar den Etappensieg der "o

11.09.2008Pummelchen gesucht

Keine Veränderungen in der Ü35-Wertung der Vuelta. Alle Senioren kamen zeitgleich ins Ziel der 11. Etappe, Ete Zabel hat nach seinem vierten Grauen Tagessieg gleichgezogen mit Davide Rebellin. Der W

10.09.2008Der Lenz ist schon wieder da

Nur geringfügige Verschiebungen in der Ü35-Wertung auf dem 10. Abschnitt der Spanienrundfahrt. Schade eigentlich, dass Sebastien Hinault nicht ein paar Monate früher zur Welt gekommen ist. Dann wä

09.09.2008Rebellin reloaded

Bei der Vuelta entwickelt sich ein geradezu epischer Kampf um das Trikot des besten Ü35-Fahrers. Davide "Tintin" Rebellin hat nach der Schlappe am Pla de Beret zum Gegenschlag ausgeholt und Chechu Ru

08.09.2008Das Duell: Tintin vs. Chechu

Welch eine Spannung gestern im Anstieg zum Pla de Beret! Am Ende geriet der Kampf ums Graue Trikot zum Sekundenspiel. Das bessere Ende behielt Tintin Rebellin für sich - 21 Sekunden seines Vorsprungs

Weitere Radsportnachrichten

18.04.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wie geht´s zum Liveticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir jeden Morgen

18.04.2024TotA-Sturz: Harper kommt mit leichter Gehirnerschütterung davon

(rsn) – Entwarnung für Chris Harper: Der Australier von Jayco – AlUla ist bei seinem Sturz rund 25 Kilometer vor dem Ziel der Königsetappe der Tour of the Alps ohne schlimmeren Verletzungen dav

18.04.2024Die Aufgebote für das 8. Lüttich-Bastogne-Lüttich der Frauen

(rsn) – Mit der 8. Ausgabe des Lüttich-Bastogne-Lüttich der Frauen endet die Ardennenwoche. Während das Männerrennen von Lüttich aus nach Süden zum Wendepunkt in Bastogne und von dort wieder z

18.04.2024Die Aufgebote für das 110. Lüttich-Bastogne-Lüttich

(rsn) – Zum krönenden Abschluss der sogenannten steht am 21. April die 110. Ausgabe von Lüttich-Bastogne-Lüttich an. La Doyenne, wie das 1892 erstmals ausgetragene und damit älteste Eintagesrenn

18.04.2024Steinhauser: Giro-Test mit Prädikat sehr gut

(rsn) – Den Feinschliff für sein Grand-Tour-Debüt holt sich Georg Steinhauser (EF Education – EasyPost) derzeit bei der 47. Tour of the Alps (2.Pro). In wenigen Wochen geht es für den Allgäue

18.04.2024Belgrade Banjaluka: Ausreißer Albrecht zum Auftakt Zweiter

(rsn) – Zum Auftakt von Belgrade Banjaluka (2.2) hat das Team P&S Metalltechnik – Benotti einen starken Auftritt hingelegt. Auf der 140 Kilometer langen 1. Etappe zwischen Belgrad und Bijeljina b

18.04.2024Auf der Königsetappe macht Carr die schwachen Tage vergessen

(rsn) – Mit einem Soloritt über rund 30 Kilometer hat sich Simon Carr (EF Education – EasyPost) die Königsetappe der 47. Tour of the Alps (2.Pro) gesichert. Der 25-jährige Brite setzte sich üb

18.04.2024Hartmann: Aus “nur durchkommen“ wurden 74 km an der Spitze

(rsn) – Elena Hartmann bekam ihre völlig durchnässten Handschuhe kaum mehr von ihren frierenden Fingern. Als die 33-Jährige vom Team Roland oben auf der Mur de Huy 5:41 Minuten nach Siegerin Kata

18.04.2024Extrembedingungen beim Flèche, aber kein Schlechtwetterprotokoll

(rsn) – Zwei Rennen unter Extrembedingungen hart an der Grenze des Schlechtwetterprotokolls der UCI bot der Flèche Wallonne am Mittwoch: Nachdem beim Start der Männer um 11:15 Uhr in Chareleroi no

18.04.2024Trotz wenig Schlaf: Benoot holt ein “exzellentes Ergebnis“

(rsn) – Vor dem Start des 88. Flèche Wallonne in Charleroi hatte Tiesj Benoot (Visma – Lease a Bike) noch mehr über die Geburt von Töchterchen Loes gesprochen, die am Abend zuvor zur Welt gekom

18.04.2024Lüttich-Bastogne-Lüttich im Rückblick: Die letzten zehn Jahre

(rsn) – Lüttich-Bastogne-Lüttich bildet traditionell den krönenden Abschluss der Ardennenwoche. La Doyenne, das älteste Eintagesrennen der Welt, ist mit seinen kurzen, teils extrem steilen Anst

18.04.2024Lopez: “Einer der härtesten Tage meines Lebens“

(rsn) – Die 3. Etappe der Tour of the Alps 2024 wird den Teilnehmern lange in Erinnerung bleiben. Zwar hatte der 124,8 Kilometer lange Abschnitt rund um Schwaz in Tirol nur wenig an Spektakel zu bie

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Tour of the Alps (2.Pro, ITA)
  • Belgrade Banjaluka (2.2, BIH)