111. Paris-Roubaix: Vanmarcke bietet großen Kampf

Cancellara sprintet zum dritten Pflasterstein

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Fabian Cancellara (RadioShack-Leopard) | Foto: ROTH

07.04.2013  |  (rsn) - Fabian Cancellara (RadioShack-Leopard) ist seiner Favoritenrolle gerecht geworden und hat die 111. Auflage des Kopfsteinpflasterklassikers Paris-Roubaix gewonnen. Anders als bei seinen ersten beiden Erfolgen im berühmten Velodrom von Roubaix in den Jahren 2006 und 2010 musste der Schweizer diesmal aber bis zur Ziellinie alles geben, um sich gegen den starken Belgier Sep Vanmarcke (Blanco) schließlich im Sprint durchzusetzen.

„Es ist immer schön, wenn man allein gewinnt und feiern kann. Aber heute war es wirklich purer Kampf bis zur Linie“, schilderte Cancellara das Finale des 254,5 Kilometer langen Rennens durch die „Hölle des Nordens“. „Heute war vielleicht der härteste Tag, seit ich Rad fahre.“

Erst auf der nicht einmal 100 Meter langen Zielgeraden des Velodroms überspurtete Cancellara Vanmarcke aus dessen Windschatten heraus, um schließlich mit einer Radlänge Vorsprung zu gewinnen. „Meine Beine und mein Kopf wollten mich unbedingt zum Sieg bringen“, so Cancellara. „Als ich im Ziel war, konnte ich es kaum glauben.“

Platz drei ging in Roubaix an den niederländischen Meister Niki Terpstra (Omega Pharma - Quick-Step), dessen Teamkollegen Stijn Vandenbergh aus Belgien und Zdenek Stybar aus Tschechien erst auf dem viertletzten Kopfsteinpflaster-Abschnitt, dem Carrefour de l’Arbre, jeweils durch Kollisionen mit Zuschauern den Kontakt zu Cancellara und Vanmarcke verloren hatten.

Anschließend fuhren die beiden Spitzenreiter auf den letzten 15 Kilometern gemeinsam dem Velodrom entgegen. Erst knapp vier Kilometer vor dem Ziel versuchte Cancellara mit einem kurzen Antritt, seinen belgischen Begleiter loszuwerden, doch Vanmarcke war hellwach und parierte den Angriff. Im Rad-Stadion selbst fuhr der Belgier die letzte Runde schließlich an der Spitze und versuchte Cancellara zwischen sich und der Bande so einzuklemmen, dass der Schweizer ihn nicht überraschen konnte. Doch Cancellara blieb cool, wartete auf den Antritt von Vanmarcke in der letzten Kurve und spurtete schließlich aus dem Windschatten heraus vorbei zum Sieg.

Der Belgier Greg Van Avermaet (BMC) wurde Vierter vor dem Franzosen Damien Gaudin (Europcar), Sechster wurde Stybar (Omega Pharma - Quick-Step). Hinter ihm erreichte der Niederländer Sebastian Langeveld (Orica-GreenEdge) vor dem Spanier Juan Antonio Flecha (Vacansoleil) sowie dem Norweger Alexander Kristoff (Katusha) und dem französischen Vorjahres-Zweiten Sebastien Turgot (Europcar) auf Rang sieben das Ziel.

Im Verlauf des Rennens hatte Cancellara selbst immer wieder Angriffe verschiedener Kontrahenten abwehren und entstandene Lücken schließen müssen, nachdem er schon früh nach einer eigenen Tempoverschärfung von seinem Team isoliert war. „Ich musste eine Entscheidung treffen, weil wir durch etwas Pech ein paar Fahrer verloren hatten“, sagte der Schweizer später über die Situation rund 52 Kilometer vor dem Ziel, als er die Verantwortung übernahm und das Tempo erhöhte.

Dadurch hatte Cancellara den Schlagabtausch der Favoriten eingeläutet, und keine zehn Kilometer später verkleinerte sich die Gruppe der Sieganwärter auf dem schwierigen Fünf-Sterne-Pavé Mons-en-Pévèle (Sektor 10) auf 13 Mann. In der Folge verloren zunächst der Vorjahreszweite Sebastien Turgot (Europcar) und dann auch der Mann mit der Startnummer 1, Sylvain Chavanel (Omega Pharma - Quick-Step) durch Defekte den Anschluss an die Gruppe, während immer wieder einzelne Fahrer versuchten, Cancellara abzuhängen. „Es war alle gegen unser Team, alle gegen mich“, erklärte Cancellara später, wie er es empfunden hatte, dass ihm niemand bei der Nachführarbeit helfen wollte.

Als sich 31 Kilometer vor dem Ziel durch mehrere dieser Attacken schließlich eine achtköpfige Gruppe gebildet und bereits knapp 20 Sekunden Vorsprung herausgefahren hatte, entschloss sich Cancellara, den Zeitfahrmodus einzuschalten und alleine hinterherzufahren. So schloss der Schweizer die Lücke schnell, und als er anschließend 23,5 Kilometer vor dem Ziel im Sektor 6 selbst attackierte, konnte nur Stybar folgen.

Vanmarcke und Vandenbergh hingegen hatten sich zuvor erneut abgesetzt, um bereits einen Vorsprung zu haben, wenn Cancellara seinen von allen erwarteten Angriff starten würde. In Sektor 5 kamen Cancellara und Stybar an die beiden Belgier heran, und auf dem Pavé von Carrefour de l’Arbre drückten vor allem Vanmarcke und Cancellara aufs Tempo. Hinter ihnen stürzte dann zunächst Vandenbergh nach einer Kollision mit einem Zuschauer schwer auf den Rücken, und dann touchierte auch Stybar einen am Feldwegrand platzierten Fan, rutschte aus dem Pedal und verlor so den Anschluss.

Bevor Cancellara auf den letzten 50 Kilometern selbst das Heft in die Hand nahm, waren es schon mehr als 100 Kilometer vor dem Ziel vor allem Sky, BMC und Omega Pharma - Quick-Step, die mit gefährlichen Attacken Druck machten. Sowohl der Norweger Edvald Boasson Hagen als auch der Brite Geraint Thomas (beide Sky) und der US-Amerikaner Taylor Phinney (BMC) kamen jedoch nicht weg.

Die Australier Matthew Hayman (Sky) und Stuart O’Grady (Orica-GreenEdge), der Belgier Gert Steegmans (Omega Pharma - Quick-Step) und Clement Koretzky (Bretagne) aus Frankreich bildeten schließlich vor dem berüchtigten Wald von Arenberg eine vierköpfige Spitzengruppe und zwangen Cancellaras RadioShack-Team, das auch vorher schon viel im Wind gefahren war, zur Verfolgung.

Kurzzeitig versuchte auch der Deutsche André Greipel (Lotto-Belisol) aus dem Feld heraus zu den vier Spitzenreitern nach vorn zu kommen, doch das gelang ihm nicht. Später im Rennen stoppte ihn das Pech: Zwei Mal musste Greipel mit einem Plattfuß anhalten, Norwegens Ex-Weltmeister Thor Hushovd (BMC) ereilte dieses Unglück sogar drei Mal.

Bester Deutscher wurde im Velodrom von Roubaix Greipels Teamkollege Marcel Sieberg, der 3:13 Minuten nach Cancellara Platz 24 belegte. John Degenkolb (Argos-Shimano) wurde mit 3:29 Minuten Rückstand 28., Robert Wagner (Blanco) und Roger Kluge (NetApp-Endura) in derselben Gruppe 30. beziehungsweise 33. Und Björn Thurau (Europcar) belegte ebenfalls mit 3:29 Minuten Rückstand bei seiner Roubaix-Premiere den 48. Platz.

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