Roglic gewinnt Giro-Zeitfahren im Chianti

Jungels schrammt um eine Sekunde an Brambillas Rosa Trikot vorbei

Foto zu dem Text "Jungels schrammt um eine Sekunde an Brambillas Rosa Trikot  vorbei"
Bob Jungels (Etixx-Quick-Step) hat beim 99. Giro d’Italia um eine Sekunde das Rosa Trikot verpasst. | Foto: Cor Vos

15.05.2016  |  (rsn) – Bob Jungels (Etixx-Quick-Step) hat beim 99. Giro d’Italia um eine Sekunde das Rosa Trikot verpasst. Das behauptete im verregneten Zeitfahren durch das Chianti-Weinanbaugebiet sein italienischer Teamkollege Gianluca Brambilla, dem als letzter der 186 Starter nach 40,5 Kilometern von Radda nach Greve eine Punktlandung gelang, wodurch er durchaus überraschend als Gesamtführender der Italien-Rundfahrt den morgigen zweiten Ruhetag genießen kann.

Der 23 Jahre alte Jungels wurde dagegen nicht für seine erstklassige Vorstellung belohnt. Der Luxemburgische Zeitfahrmeister belegte zwar "nur“ den sechsten Platz, 45 Sekunden hinter dem Slowenen Primoz Roglic (LottoNL – Jumbo), der sich nach Rang zwei im Auftakt-Zeitfahren von Apeldoorn diesmal den Sieg holte und den größten Erfolg seiner noch jungen Radsport-Karriere feierte. Allerdings war der frühere Ski-Springer, der erst seit dieser Saison beim LottoNL-Team fährt, auf trockenen Straßen unterwegs, wogegen sich Jungels im Regen über den mit mehreren Anstiegen und zahlreichen gefährlichen Kurven gespickten Kurs kämpfen musste.

Den bewältigte er von allen unter den widrigen Bedingungen gestarteten Profis am besten – sämtliche vor ihm gelandeten Fahrer waren früh ins Rennen gegangenen und wussten daraus ihren Profit zu ziehen. Das galt sowohl für den Österreicher Mathias Brändle (IAM), der mit zehn Sekunden Rückstand auf Roglic Zweiter wurde, wie auch für dessen norwegischen Teamkollegen Vegard Stake Laengen (3./+0:17), den Schweizer Fabian Cancellara (Trek-Segafredo/4.+0:28) und den Russen Anton Vorobyev (Katusha/5/+0:30).

"Ich habe die Zeitfahrstrecke schon nach der Strade Bianchi erkundet. Außerdem hatten wir ein Video, so dass ich den Kurs sehr gut kannte“, erklärte Jungels im Ziel gegenüber Eurosport. Dass unter anderen Voraussetzungen mehr als der sechste Etappenplatz drin gewesen wäre, deutete er zumindest an: "Ich wusste, dass der Kurs mir liegen könnte. Allerdings hatten die Wetterbedingungen heute großen Einfluss auf den Etappensieg. Es war aber auch ein hartes Zeitfahren. Die Anstiege waren nicht steil, aber lang, und man brauchte viel Kraft. In der Abfahrt habe ich einiges an Risiko genommen“, sagte er und fügte mit Blick auf das Gesamtklassement an: “Ich bin sehr glücklich mit meiner Rückkehr unter die besten Drei."

Ohne jede Einschränkung glücklich war Teamkollege Brambilla, der bei ähnlich widrigen Bedingungen wie Jungels und die Favoriten auf den Gesamtsieg unterwegs war und deshalb feststellen konnte: “Ich verdiene mir jetzt mein Rosa Trikot, oder? Es war ein schwieriger Tag heute, umso glücklicher bin ich, dass ich es in den Ruhetag bringen kann“, so der 28-Jährige, der wie alle anderen spät gestarteten Profis auch im strömenden Regen die letzte Kurve mit höchster Vorsicht in Angriff nehmen musste. “Die war sehr schwierig, denn ich hatte vorher schon einige Fahrer stürzen sehen. Es war nass und glitschig, aber ich habe mein Trikot um eine Sekunde verteidigt“, stellte er zufrieden fest.

Zum Verhängnis wurde diese ominöse letzte Kurve dem bisherigen Gesamtzweiten Ilnur Zakarin (Katusha), der auf regennasser Straße wegrutschte – und das bereits zum zweiten Mal an diesem für ihn schwarzen Tag. Bereits zuvor hatte der Russe nach einem Sturz zweimal sein Rad wechseln müssen und bereits mit Rückstand den Zielort erreicht. Statt im möglichen Rosa Trikot fand sich der Russe am Ende auf Rang 54 wieder und fiel im Gesamtklassement auf den elften Rang zurück, wo er nun 2:09 Minuten Rückstand auf Brambilla hat. Und auch der zweimalige Giro-zweite Rigoberto Uran (Cannondale) stürzte und handelte sich sogar mehr als vier Minuten Rückstand ein.

Deutlich besser lief das Zeitfahren dagegen für andere Klassementfahrer, auch wenn Vincenzo Nibali (Astana/19.), Mikel Landa (Sky/20.), Steven Kruijswijk (LottoNL-Jumbo/21.) oder Alejandro Valverde (Movistar/22.) nicht in den Kampf um den Tagessieg eingreifen konnten. Doch alle kamen sturzfrei durch das Rennen, das Nibalis Edelhelfer Jakob Fuglsang gegenüber radsport-news.com so beschrieb: "Das war alles gefährlich, die ganze Strecke war supergefährlich, die vielen Kurven, die hohe Geschwindigkeit, die man hatte. Es war wirklich eine schwierige Nummer."

Nibali, der seinen fünften Platz im Gesamtklassement behauptete, konnte zwar seine berühmten Fähigkeiten auf regennassen Straßen nicht in einen Vorteil gegenüber den Konkurrenten ummünzen – ging das Rennen aber eher defensiv an, wie er gegenüber den italienischen TV-Journalisten bekannte: "Meine Beine waren heute gut. Ich wollte heute aber das Risiko minimieren und nicht wegrutschen“, so der Giro-Gesamtsieger von 2013.

Größte Gewinner des Tages waren neben Brambilla und Jungels Valverdes Teamkollege Andrej Amador, der als Etappenzehnter vom 13. auf den dritten Platz vorrückte und dort 32 Sekunden Rückstand auf das Rosa Trikot hat. Es folgen Kruijswijk (+0:51), Nibali (+0:53) und Valverde (+0:55).

Tom Dumoulin (Giant-Alpecin), der das heutige Zeitfahren zu seinem großen Ziel auserkoren hatte, zeigte sich vom gestrigen Verlust des Rosa Trikots zwar gut erholt, wollte aber wie Nibali auch keine Risiken eingehen“, wie er gegenüber Reportern erklärte. Gegenüber radsport-news.com zeigte sich der Gewinner des Auftakt-Zeitfahrens über Rang 15 – hinter den beiden Deutschen Patrick Gretsch (Ag2R/12.) und Jasha Sütterlin (Movistar/14.) "nicht wirklich enttäuscht. Ich hatte ziemlich viel Glück beim ersten Zeitfahren. Jetzt eben nicht. Das kann passieren.“ Immerhin rückte Dumoulin nun wieder in die Top Ten vor und hat als Siebter 58 Sekunden Rückstand auf Brambilla.

Ordentlich lief es auch für Landa, der nun Rang acht belegt (+1:18) und mit dem Tag zufrieden war: "Ich bin weder als Optimist noch als Pessimist in dieses Zeitfahren gegangen. Ich habe mich sorgfältig darauf vorbereitet. Ich wusste, das wird ein wichtiger Tag, dass es regnete, ist mir, glaube ich, entgegengekommen. Ich wusste, dass ich heute nicht gewinnen kann, ich wollte allerdings auch nicht viel verlieren. Insgesamt verlief der Tag sehr positiv für mich“, erklärte der Spanier im Ziel.

Das Gleiche galt für den 26-jährigen Roglic, der sich in Apeldoorn noch Dumoulin hauchdünn geschlagen geben musste. Als 42. Starter ins Rennen gegangen, zeigte er auf noch trockenen Straßen eine formidable Leistung und feierte den bisher größten Coup seiner Karriere. "Ich bin sehr froh über diesen Sieg, ich könnte vor Freude wirklich in die Luft springen und verrückte Dinge tun. Ja, Apeldoorn war sehr knapp, da hatte ich Pech. Jetzt ist es aber schön“, strahlte Roglic, nachdem er seinem Team den ersten Sieg bei diesem 99. Giro gesichert hatte.

Auf den wartet Jungels zwar noch, doch angesichts von nur einer Sekunde Rückstand auf Brambilla könnte sich dem kletterstarken Allrounder nach dem Ruhetag doch noch die Chance auf das Maglia Rosa bieten. Bis dahin wird er weiter im Weißen Trikot des besten Jungprofis unterwegs sein. In der Nachwuchswertung baute Jungels seinen Vorsprung deutlich aus, auf nunmehr 4:47 Minuten gegenüber seinem Teamkollegen Carlos Verona.

Weiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößern

Mehr Informationen zu diesem Thema

01.06.2016Der 99. Giro d´Italia von A bis Z

(rsn) - Der 99. Giro d´Italia endete in einem spannenden Finale mit dem zweiten Erfolg von Vincenzo Nibali (Astana) nach 2013. Das ist fast allen bekannt. Doch es gibt auch viele wichtige und unwicht

30.05.2016Majka: Es fehlte der gewisse "Boom"

(rsn) – Zum angestrebten Podiumsplatz hat es für Rafał Majka bei der 99. Italien-Rundfahrt letztendlich nicht gereicht. Der Pole kann zwar mit seiner Leistung in den letzten drei Wochen und au

30.05.2016Nibali hat ein großes Kapitel im Giro-Geschichtsbuch sicher

(rsn) – Mit einem unglaublichen Comeback hat sich Vincenzo Nibali doch noch den Gesamtsieg und ein großes Kapitel im Geschichtsbuch des Giro d´Italia gesichert. Um die Bedeutung der Ereignisse des

30.05.2016Liste der ausgeschiedenen Fahrer / 21. Etappe

(rsn) - Zum Auftakt des 99. Giro d´Italia in Apeldoorn waren am Freitag 198 Fahrer mit von der Partie. Längst nicht alle haben am 29. Mai das Ziel in Turin erreicht. Sturzverletzungen, Erkrankungen,

30.05.2016Kluge geht in Turin leer aus, freut sich aber für Arndt

(rsn) – Nach seinem Coup von Cassano d‘Adda ging Roger Kluge auf der letzten Giro-Etappe zwar leer aus. Dafür konnte sich der IAM-Profi, der nach 163 Kilometern von Cuneo nach Turin Rang 42 beleg

29.05.2016Vegni: "Nibali hat uns ein großartiges Finale beschert"

(rsn) – Nach dem Ende des 99. Giro d’Italia stand Renndirektor Mauro Vegni radsport-news.com zu einem Interview zur Verfügung. Dabei sprach der Italiener über die Siegesserie der deutschen Sprin

29.05.2016Arndt zeigt Mitgefühl für "Verlierer" Nizzolo

(rsn) - Plötzlich Etappensieger beim Giro d’Italia, ohne als Erster über den Zielstrich gefahren zu sein - ein ungewohntes wie seltsames Gefühl für Nikias Arndt (Giant-Alpecin). Entsprechend ver

29.05.2016Nibali erinnert die Italiener an den großen Coppi

Turin (dpa) - Die italienischen Radsport-Fans fühlten sich an den großen Fausto Coppi erinnert. Mit unbändigem Willen riss Vincenzo Nibali - wie der Campione im Jahr 1953 - mit einem sagenha

29.05.2016Jungels mit gezieltem Bergtraining zum Höhenflug

(rsn) – Zum Abschluss des 99. Giro d`Italia musste sich Matteo Trentin (Etixx-Quick-Step) in Turin hinter Nikias Arndt (Giant-Alpecin) zwar mit Rang zwei zufrieden geben. Der Italiener konnte sich z

29.05.2016Highlight-Video der 21. Giro-Etappe

(rsn) – Für Vincenzo Nibali (Astana) entwickelte sich die 21. und letzte Etappe des 99. Giro d’Italia zum Schaulaufen. Während der Italiener am Sonntag sein Rosa Trikot sicher ins Ziel brachte,

29.05.2016Arndt gewinnt die Schlussetappe am Grünen Tisch

(rsn) - In Turin wurde am Sonntag der Schlusspunkt des 99. Giro d’Italia gesetzt. Drei Wochen nach dem Start im niederländischen Apeldoorn war die norditalienische Metropole Schauplatz der letzten

29.05.2016Nibali feiert Gesamtsieg, Arndt gewinnt Finale in Turin

(rsn) – Vincenzo Nibali (Astana) hat zum zweiten Mal nach 2013 den Giro d’Italia gewonnen. Die abschließende 21. Etappe, die am Sonntag über 163 Kilometer von Cuneo nach Turin führte, entwickel

Weitere Radsportnachrichten

25.04.2024Lutsenko und Cattaneo in der Romandie ausgestiegen

(rsn) – Ohne Alexej Lutsenko (Astana Qazaqstan) wird am Donnerstag die  77. Tour de Romandie fortgesetzt. Wie sein Team mitteilte, ist der Kasachische Meister, der zuletzt den Giro d´Abruzzo gewan

25.04.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir jeden Morg

25.04.202422 Teams am Start der 3. Tour de France Femmes

(rsn) – Mit insgesamt 22 Teams wird am 12. August im niederländischen Rotterdam die 3. Tour de France Femmes (2.WWT) gestartet. Beim Grand Départ dabei sein werden auch die beiden deutschen Frauen

24.04.2024Highlight-Video der 1. Etappe der Tour de Romandie

(rsn) – Der Franzose Dorian Godon (Decathlon – AG2R La Mondiale) hat sich die 1. Etappe der Tour de Romandie gesichert. Nach 165,7 Kilometern vom Château-d´Oex nach Fribourg, wobei sechs Bergwer

24.04.2024“Unglaublich“: Dorn fährt auf Ansage ins Bergtrikot

(rsn) – Das Team Bike Aid, allen voran Vinzent Dorn, zeigt sich bei der Tour of Turkiye (2.Pro) weiterhin von der allerbesten Seite. Dorn schaffte es auf der 4. Etappe, die über 138 Kilometer von

24.04.2024Godon und Vendrame sorgen für Decathlon-Doppelschlag

(rsn) – Synchroner Jubel auf Platz eins und zwei, dahinter kollektiver Ärger: Decathlon – AG2R La Mondiale hat durch Dorian Godon und Andrea Vendrame auf der 1. Etappe der Tour de Romandie (2.UWT

24.04.2024Uhlig bremst, Andresen gewinnt vor van Poppel

(rsn) – Tobias Lund Andresen (dsm-firmenich – PostNL) hat auf der 4. Etappe der Türkei-Rundfahrt (2.Pro) seinen ersten Sieg als Profi gefeiert und damit auch die Gesamtführung an sich gerissen.

24.04.2024Bahn WM 2025 zum zweiten Mal nach Südamerika vergeben

(rsn) - Wie der Weltradsportverband UCI am Mittwoch bekanntgab, werden die Bahnweltmeisterschaften vom 15. bis zum 19. Oktober im Velódromo Peñalolén in Santiago de Chile stattfinden. Zunächst hat

24.04.2024Hindley und Lipowitz verlängern bei Bora - hansgrohe

(rsn) – Bora – hansgrohe hat die Verträge mit Jai Hindley und Florian Lipowitz verlängert. Wie immer machten die Raublinger keine Angaben über die Laufzeiten. Außerdem gab der deutsche WorldTo

23.04.2024Pogacar: “Ich kann noch etwas besser werden“

(rsn) – Nach seinem überragenden Auftritt bei Lüttich-Bastogne-Lüttich, wo er sich mit einem 35-Kilometer-Solo zum zweiten Mal nach 2021 den Sieg sicherte, verbringt Tadej Pogacar (UAE Team Emira

23.04.2024Del Toro verlängert bei UAE Emirates vorzeitig bis Ende 2029

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Profiradsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder RÃ

23.04.2024Zijlaard fliegt am schnellsten um die 13 Kurven von Payerne

(rsn) – Maikel Zijlaard (Tudor) hat seinem Ruf als Spezialist für sehr kurze Prologe alle Ehre gemacht und in Payerne das 2,3 Kilometer lange Auftaktzeitfahren der 77. Tour de Romandie gewonnen.

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Tour de Romandie (2.UWT, SUI)
  • Radrennen Männer

  • Presidential Cycling Tour of (2.Pro, TUR)
  • Gracia Orlová (2.2, CZE)
  • Tour de Bretagne (2.2, FRA)
  • Tour of the Gila (2.2, USA)