RSNplusWM: Van Vleuten im Krankenhaus

Doppeltes Ketten-Drama kostet Niederlande Chance auf Gold

Von Felix Mattis

Foto zu dem Text "Doppeltes Ketten-Drama kostet Niederlande Chance auf Gold"
Riesiges Pech für die Niederlande: Annemiek van Vleuten stürzt direkt nach dem Start wegen eines Defekts. | Foto: Cor Vos

21.09.2022  |  (rsn) – Es hätte ein heißer Dreikampf um Staffel-Gold zwischen der Schweiz, Italien und der Niederlande werden können. Doch großes Materialpech verhinderte den möglichen WM-Coup der niederländischen Mannschaft – und könnte sogar Folgen fürs Straßenrennen der Frauen am Samstag haben.

Denn nachdem zunächst Bauke Mollema im Männer-Abschnitt der Mixed-Staffel von Wollongong früh die Kette vom Kettenblatt gefallen war und Mathieu van der Poel gemeinsam mit Daan Hoole den Großteil der Strecke zu zweit absolvieren mussten, stürzte Annemiek van Vleuten aus dem Frauen-Trio direkt nach dem Herunterrollen von der Startrampe schwer – auch bei ihr lag das wohl daran, dass ihre Kette sich vom Kettenblatt löste. Sowohl Mollema als auch van Vleuten sind auf SRAM-Material unterwegs.

___STEADY_PAYWALL___ Die Olympiasiegerin im Zeitfahren trat an, dann aber stockte ihr Tritt, van Vleuten verlor die Kontrolle, machte einen Schlenker nach links und stürzte schwer. Dabei prallte ihr Rad an den Bordstein und in die Bande. Der Vorderreifen sprang vom Laufrad, so dass die Dichtungsmilch durch die Gegend spritzte. Doch der Auslöser für den Sturz war, das zeigt eine genaue Analyse der TV-Bilder durch radsport-news.com, nicht der Vorderreifen, sondern die herunterfallende Kette (Bilderserie ganz unten).

Kurz bevor Annemiek van Vleuten die Kontrolle über ihr Rad verliert, springt die Kette vom Kettenblatt. | Foto: Screenshot aus der Live-Übertragung

"Mein Vorderreifen explodierte. Ich konnte nichts machen. Riejanne fuhr los – und ich lag plötzlich auf dem Boden", sagte van Vleuten selbst zwar nach dem Rennen und vor ihrer Abfahrt in Richtung Krankenhaus in einem kurzen Interview mit dem niederländischen Sender NOS. Doch sie fügte auch an, dass sie den geplatzten Reifen erst nach dem Sturz bemerkt habe "Ich habe danach erst gesehen, was passiert war."

Später erklärte sie auf Twitter: "Ich weiß nicht, was passiert ist, aber es sieht so aus, als sei der Reifen explodiert, als ich den Straßenrand traf. Das war also nicht das Problem. Irgendetwas sorgte dafür, dass ich die Balance verlor, aber was auch immer es war: Es wird mir nicht helfen oder etwas ändern. Bin jetzt im Krankenhaus."

Van Dijk und Markus auch zu zweit rasend schnell

Die hinter van Vleuten fahrende Ellen van Dijk hatte den Verdacht des Kettenproblems sofort: "Ich weiß nicht ganz genau, was bei Annemiek passiert ist, aber ich dachte ihre Kette sei runtergesprungen – und ich weiß, dass sie einen Platten hatte. Aber ich weiß nicht, ob der wegen des Sturzes war oder ob er der Auslöser des Sturzes war", sagte die Weltmeisterin nach dem Rennen.

Van Dijk und Riejanne Markus mussten die gesamten 14,1 Kilometer zu zweit bestreiten, legten in 18:08,47 Minuten aber trotzdem die drittschnellste Zeit aller Frauen-Teams auf den Parcours. Sie waren nur 19 Sekunden langsamer als die drei Italienerinnen und elf Sekunden langsamer als die drei Schweizerinnen, aber fünf Sekunden schneller als die drei Australierinnen und elf Sekunden schneller als das deutsche Trio.

Dass es am Ende des Niederlande-Dramas also keine Trost-Medaille gab, lag weniger am Sturz von van Vleuten als am Materialpech bei Mollema und der Zeit, die van der Poel und Hoole ins Ziel brachten – 40 Sekunden hinter den führenden Schweizern lagen sie nur auf Rang sieben, als sie an ihre Frauen übergaben.

"Alles schiefgelaufen, was schieflaufen kann"

Van der Poel erklärte gegenüber NOS, dass der frühe Verlust des dritten Mannes und der dritten Frau einen großen Nachteil bedeutet habe: "Nicht nur die Zeit an der Spitze ist länger, man hat danach auch weniger Zeit sich am Hinterrad auszuruhen. Vor allem da die anderen Länder auch mit drei Topzeitfahrern hier sind, ist das nicht gutzumachen", meinte er. "Es ist wirklich schade, denn wir hatten eine Mannschaft, die um eine Medaille hätte kämpfen können. Aber wir können es nicht ändern. Im Leistungssport kann halt alles passieren. Und heute ist alles schiefgelaufen, was schieflaufen kann."

Mathieu van der Poel und Daan Hoole fuhren beinahe das gesamte Zeitfahren zu zweit – Ellen van Dijk und Riejanne Markus sogar die gesamte Distanz. | Foto: Cor Vos

Während Mollema aber nur die Kette herunterfiel, er selbst aber auf dem Rad bleiben und einen Sturz vermeiden konnte – auch als er später noch mit einer Möwe kollidierte – hatte das Materialpech für van Vleuten deutlich größere und schwerwiegendere Folgen. Die 39-Jährige saß nach ihrem Sturz lange mit Tränen in den Augen auf dem Boden, beklagte starke Schmerzen im rechten Knie und Ellenbogen.

Van Vleuten zu Untersuchungen im Krankenhaus

Als der TV-Sender NOS sie vor der Abfahrt zum Krankenhaus kurz sprach, brachte sie zunächst kaum ein Wort heraus, vor Enttäuschung. Auf die Frage "Wie geht es dir?" kamen ihr die Tränen in die Augen, sie atmete tief aus und antwortete nach vier Sekunden nur mit "Ja." Danach führte sie weiter aus: "Ich habe große Schmerzen. Wir fahren jetzt ins Krankhaus, um Röntgenfotos machen zu lassen. Vor allem mein Ellenbogen fühlt sich nicht gut an und die ganze Seite ist verbeult."

Natürlich mache sie sich auch Sorgen mit Blick auf das Straßenrennen am Samstag: "Ja, sowieso. Das habe ich wirklich nicht gebraucht. Ich habe Schmerzen. Es fühlt sich nicht okay an. Aber gut, ich fahre erst ins Krankenhaus - nur besser bin ich von diesem Sturz sicher nicht geworden", fügte sie an.

Van Dijk hatte nach dem Rennen noch keinen Kontakt zur Gestürzten, zeigte sich aber optimistisch: "Ich hoffe es geht ihr gut, denn das sah wirklich eklig aus", sagte sie, um dann zu erklären: "Wir sind zusammen auf dem Zimmer, also wird es auch mein Job sein, sie aufzubauen. Aber wenn irgendjemand zurückschlagen kann, dann ist das Annemiek. Das wissen wir alle!"

Im Detail von links nach rechts: Kurz nach dem Start springt Van Vleutens Kette vom Kettenblatt (Bild 2 & 3). Danach verliert sie die Kontrolle über ihr Rad und der Reifen ist noch voller Luft (Bild 4). | Foto: Screenshots aus der TV-Übertragung

Mehr Informationen zu diesem Thema

11.01.2023Pedersen: “Ich wusste, dass Evenepoel allen davonfahren würde“

(rsn) – Nach seinen drei Etappensiegen und dem Gewinn des Grünen Trikots der Vuelta a Espana wurde Mads Pedersen (Trek – Segafredo) auch als einer der Favoriten für die im Anschluss an die Spani

14.12.2022Lefevere: “Remco kann noch besser werden“

(rsn) – Nach einer grandiosen Saison mit dem Triumph bei Lüttich-Bastogne-Lüttich, dem Gesamtsieg bei der Vuelta a Espana und dem Gewinn des Regenbogentrikots bei der Straßen-WM in Wollongong ste

13.12.2022Streit im Hotel: Richter hebt Urteil gegen van der Poel auf

(rsn) – Freispruch erster Klasse für Mathieu van der Poel (Alpecin – Deceuninck): Der Niederländer hat das Berufungsverfahren zu dem Vorfall bei der Straßen-WM in Wollongong gewonnen. Der zustÃ

03.10.2022Il Piccolo Lombardia: Segaert schlägt U23-Weltmeister Fedorov

(rsn) – Als zweiter Belgier nach Harm Vanhoucke (2016) hat Alec Segaert (Lotto Soudal Development) den Il Piccolo Lombardia (1.2.U) gewonnen. Der Vize-Weltmeister im U23-Zeitfahren ließ dabei nach

29.09.2022UCI gesteht Probleme bei der Angabe von Zeitabständen

(rsn) – Peter van den Abeele, Sportdirektor des Radsport-Weltverbandes UCI, hat in einem Gespräch mit Sporza eingeräumt, dass in Sachen Abstandsangaben bei den Straßen-Weltmeisterschaften im aust

28.09.2022WM-Punkte retten BikeExchange im Kampf um die WorldTour

(rsn) – Die Chancen von Lotto Soudal im Kampf um eine WorldTour-Lizenz für die nächsten drei Jahre sind weiter gesunken. Zwar konnte das belgische Team in der vergangenen Woche, in erster Linie

27.09.2022Van der Poel: “Ich hätte das nicht tun sollen“

(rsn) - Mathieu van der Poel und Remco Evenepoel kehrten im selben Flieger von Australien nach Europa zurück. Während der 22-jährige Belgier allerdings am Flughafen in Brüssel als Weltmeister empf

27.09.2022Wird aus Weltmeister Herzog auch ein erfolgreicher Profi?

(rsn) – Am Sonntag endeten die Weltmeisterschaften von Wollongong mit dem Sieg von Remco Evenepoel im Straßenrennen der Männer. Der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) konnte zufrieden mit fünf Mal Ed

26.09.2022Van der Poel verurteilt und auf der Heimreise

(rsn) – Mathieu van der Poel ist auf dem Weg nach Hause. Das ist für den Niederländer aber auch schon die einzige gute Nachricht am Ende einer katastrophalen WM-Woche in Australien, die ihren Tief

26.09.2022U23-Frauen: “Race-in-Race“ sorgte für Chaos

(rsn) – Durch die Einführung der Mixed Staffel, die im Programm die beiden Teamzeitfahren ersetzte, sank ab 2019 die Anzahl der WM-Wettbewerbe von zwölf auf elf. Bei den Straßen-Weltmeisterschaf

26.09.2022Schmids Medaillentraum platzte auf der Zielgeraden

(rsn) – Für das Schweizer Team endete das WM-Straßenrennen in Wollongong mit zwei Resultaten in den Top 20. Sowohl Mauro Schmid als auch Stefan Küng fanden sich im Finale in jener Gruppe wieder,

25.09.2022Van Aert: “Hat genau so funktioniert wie geplant“

(rsn) - Remco Evenepoel hat sich im australischen Wollongong mit einem beeindruckenden Solo den Weltmeistertitel gesichert. Hinter dem Belgier ging es im Kampf um die weiteren Medaillen turbulent zu,

Weitere Radsportnachrichten

23.04.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir jeden Morgen

22.04.2024Highlight-Video der 2. Etappe der Türkei-Rundfahrt

(rsn) – Max Kanter (Astana Qazaqstan) hat nach der 2. Etappe der 59. Türkei-Rundfahrt (2.Pro) seinen ersten Profisieg bejubeln können. Der 26-jährige Deutsche setzte sich über 190 Kilometer von

22.04.2024Tour of Turkiye: Taktischer Fehler kostete Dorn das Bergtrikot

(rsn) – Auch auf der 2. Etappe der Tour of Türkiye (2.Pro) haben die deutschen Kontinental-Teams Bike Aid und Rembe Sauerland das Renngeschehen geprägt. Auf dem 190 Kilometer langen Teilstück zw

22.04.2024Kanter sprintet bergauf zu seinem ersten Profisieg

(rsn) – Max Kanter (Astana Qazaqstan) hat auf der 2. Etappe der 59. Türkei-Rundfahrt (2.Pro) seinen ersten Profisieg eingefahren. Der 26-jährige Deutsche setzte sich über 190 Kilometer von Kemer

22.04.2024Wiebes wie Kopecky bis Ende 2028 bei SD Worx – Protime

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Profiradsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder RÃ

22.04.2024SD Worx - Protime: Sponsoren bleiben an Bord

(rsn) – Bei den Ardennenklassikern blieb das erfolgsverwöhnte Team SD Worx – Protime ohne Sieg. Dafür allerdings konnte der niederländische Frauen-Rennstall am Tag nach Lüttich-Bastogne-Lütti

22.04.2024Van der Poel: “Auch in Top-Form kann ich Tadej nicht folgen“

(rsn) – Auch wenn es nicht zum dritten Sieg bei einem Monument in dieser Saison reichte, gehörte Mathieu van der Poel (Alpecin – Deceuninck) zu den Gewinnern des 110. Lüttich-Bastogne-Lüttich.

22.04.2024Bernal auf allerbestem Weg zurück in die Weltspitze

(rsn) – Am Ende stand für Egan Bernal (Ineos Grenadiers) in Lüttich der 21. Platz auf der Ergebnisliste. Doch das Resultat an sich spiegelte kaum wider, wie stark der Kolumbianer bei seinem Debüt

22.04.2024Tour de Romandie im Rückblick: Die letzten zehn Jahre

(rsn) - Die sechstägige Tour de Romandie (2.UWT) hält traditionell für jeden Fahrertypen etwas bereit. Ob Kletterer oder Zeitfahrspezialisten, Sprinter oder Klassikerjäger - sie alle bekommen ihr

22.04.2024Siege, Spitzenresultate und jede Menge Wertungstrikots

(rsn) - Die deutschen Kontinental-Teams konnten sich bei ihren UCI-Renneinsätzen der vergangenen Woche über zahlreiche Wertungstrikots freuen. Besonders Santic - Wibatech räumte bei der Fernfahrt

22.04.2024“Ich betreibe massiv Aufwand und andere sind hinter dem Auto“

(rsn) – Tom Pidcock (Ineos Grenadiers) konnte und wollte mit seinem Frust nicht hinter dem Berg halten. Platz zehn bei Lüttich-Bastogne-Lüttich, das war eine Woche nach seinem Triumph beim Amstel

21.04.2024Trotz Patzer triumphiert Brown bei Lüttich-Bastogne-Lüttich

(rsn) – Nach zweiten Plätzen in den Jahren 2020 und 2022 hat Grace Brown (FDJ – Suez) erstmals das Lüttich-Bastogne-Lüttich der Frauen gewonnen. Die Australierin ließ nach schweren 152,9 Kilom

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Tour de Romandie (2.UWT, SUI)
  • Radrennen Männer

  • Presidential Cycling Tour of (2.Pro, TUR)