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29.01.2023 | (rsn) – Marius Mayrhofer (Team DSM) hat einen sensationellen Sieg beim Cadel Evans Great Ocean Road Race (1.UWT) gefeiert. Der Tübinger setzte sich in Geelong nach 174,3 Kilometern und einem schweren Finale im Sprint eines dezimierten Feldes vor Hugo Page (Intermarché – Circus – Wanty) und Simon Clarke (Israel – Premier Tech) sowie Michael Matthews (Jayco – AlUla), Corbin Strong (Israel – Premier Tech) und Caleb Ewan (Nationalteam Australien) durch.
Für den Junioren-Vize-Weltmeister von Innsbruck 2018 - damals als Solist 1:25 Minuten hinter Remco Evenepoel - bedeutete der Triumph südlich von Melbourne nicht nur den ersten Profi-Sieg, sondern auch seinen ersten Sieg überhaupt seit eben jenem zweiten Juniorenjahr. Entsprechend emotional wurde der Youngster im Zielbereich in Geelong, wo bei ihm alle Dämme brachen und er vor Freude ausgiebig weinte.
"Das bedeutet mir alles! Zum letzten Mal habe ich bei den Junioren ein Rennen gewonnen. Und ich bin Radsportler geworden, weil ich Rennen gewinnen will. In meiner gesamten U23-Zeit konnte ich kein einziges Mal gewinnen. Jetzt habe ich endlich meinen ersten Sieg – und das bedeutet mir alles! Alles!", sagte er, während ihm erneut Freudentränen in die Augen stiegen."Ich bin emotional komplett am Ende. Ich bin fertig. Ich habe so lange von diesem Sieg geträumt. Und ich kann es noch gar nicht fassen", fügte er an.
Keine Kompromisse auf der Zielgeraden
Mayrhofer sprintete auf der Zielgeraden in Geelong in unwiderstehlicher Manier zum Sieg. Er beschleunigte 250 Meter vor dem Ziel bei durch die leicht abfallende Abfahrt ohnehin schon hohem Tempo und saugte sich im Windschatten an den da noch mit einigen Metern Vorsprung führenden Luke Plapp (Ineos Grenadiers) heran. Dabei schlug er auch Matthews die Tür zu und spurtete dann von Plapps Hinterrad auf den letzten 200 Metern zum souveränen Sieg.
"Vor dem Ziel geht es kurz runter. Da habe ich schon beschleunigt. 400 Meter vor dem Ziel dachte ich mir, dass es jetzt der Sieg oder gar nichts wird. Ich habe voll angezogen", schilderte er sein Finale. Doch schon vorher hatte der junge Deutsche beeindruckt: Im bis zu 22 Prozent steilen Challambra-Anstieg fuhr er Runde um Runde in den ersten Positionen.
"Mein Team hat den ganzen Tag einen Superjob gemacht. Ich wurde immer gut aus dem Wind genommen. Wir sind vier Mal über diesen schweren Anstieg gefahren – und jedes Mal war ich dank ihnen ganz vorn. Dadurch konnte ich viel Energie sparen", sagte er. "Meine Teamkollegen sind dann auch immer mit in die Gruppen gegangen, sodass ich im Feld bleiben und Energie sparen konnte."
Krönung eines starken 'Australian Summer'
Mit dem Triumph in Geelong schloss Mayrhofer eine für ihn ohnehin schon starke Australien-Kampagne ab. Der 22-Jährige nämlich hatte schon beim Innenstadt-Kriterium von Adelaide, dem Schwalbe Classic drei Tage vor der Tour Down Under (2.UWT) einen starken fünften Platz belegt. Dann wurde er Siebter im Prolog der ersten WorldTour-Rundfahrt des Jahres und behauptete sich dort die ganze Woche unter den Besten, wurde am Ende 21. der Gesamtwertung.
"Das ist so ein großer Sieg für uns als Team. Wir sind bei der Tour Down Under so gut gefahren, aber haben dort das erhoffte Resultat nicht hinbekommen. Der ganze Australien-Trip war eine tolle Erfahrung für mich. Es ist so ein tolles Land. Diese Reise heute mit einem Sieg zu beenden ist unglaublich", so der dritte deutsche Gewinner des Cadel Evans Great Ocean Road Race. 2020 hatte die damals ebenfalls 22-Jährige und für DSM - beziehungsweise dessen Vorgänger Sunweb - fahrende Liane Lippert in Geelong gewonnen. 2017 feierte Nikias Arndt dort - auch im Sunweb-Trikot - den größten Erfolg seiner Karriere.
Mit den Schweizern Marc Hirschi (UAE Team Emirates / 8.) und Mauro Schmid (Soudal Quick-Step / 14.), dem Deutschen Maximilian Schachmann (Bora - hansgrohe / 18.) und dessen österreichischem Teamkollegen Marco Haller (22.) erreichten neben Mayrhofer vier weitere Deutschsprachige das Ziel im ersten 25-Mann-Feld.
So lief das Rennen:
Der Mann der ersten Rennstunden war Taco van der Hoorn (Intermarché – Circus – Wanty). Der Niederländer attackierte nach drei Kilometern und hatte nur sehr kurz einen Begleiter in Mathis Le Berre (Arkéa – Samsic). Der Franzose konnte schon bald nicht mehr folgen und van der Hoorn begann ein 127 Kilometer langes Solo. Er baute seinen Vorsprung bei einsetzendem Regen schnell auf knapp vier Minuten aus.
80 Kilometer vor dem Ziel wurde das Peloton – angeführt von EF und Jayco – allmählich schneller und verringerte den Vorsprung des Niederländers. Van der Hoorn erreichte die erste Passage des Challambra Crescent mit noch knapp drei Minuten Vorsprung, doch oben über die Kuppe standen 57 Kilometer vor dem Ziel nur noch deren zwei auf der Uhr.
Rutsch und Heiduk zeigen sich
Nach der bis zu 25 Prozent steilen Gegenrampe in der Melville Avenue attackierte Jonas Rutsch (EF Education – EasyPost) aus dem dezimierten Verfolgerfeld und nahm Ewen Costiou (Arkéa – Samsic) mit. Das Duo machte schnell Boden auf van der Hoorn gut, während das Hauptfeld dahinter in etwa das Tempo des Niederländers weiterfuhr und einige abgehängte Fahrer zurückkamen.
Bei der zweiten Passage des Challambra-Anstiegs aber kam es zu harten Attacken im Peloton und eine neunköpfige Gruppe um Jai Hindley (Bora – hansgrohe) und Kim Heiduk (Ineos Grenadiers) löste sich über die Kuppe. Das Nonett holte Rutsch und Costiou oben sofort ein und auch van der Hoorn hatte in der Abfahrt nur noch wenige Sekunden Vorsprung, so dass er in der Melville Avenue schließlich 40 Kilometer vor dem Ziel gestellt war. Das Rennen um den Sieg war nun eröffnet.
Knapp 20 Fahrer erreichten die zweite Zielpassage mit rund einer halben Minute Vorsprung auf das nun von Intermarché – Circus – Wanty angeführte Hauptfeld. Einigkeit herrschte an der Spitze aber nicht: Immer wieder wurde attackiert und gepokert, so dass das Hauptfeld 29 Kilometer vor Schluss wieder aufschloss.
Mayrhofer auch am Berg vorne dabei
Diesmal wurde der Challambra-Anstieg etwas ruhiger absolviert und es blieb ein größeres Feld beisammen. Im steilen Gegenstich in der Melville Avenue attackierte Jay Vine (UAE Team Emirates) und eine 26-köpfige Gruppe entstand. Mit dabei war neben vielen starken Kletterern sowie dem Bora-hansgrohe-Trio Hindley, Max Schachmann und Marco Haller auch Ewan. Doch Arkéa – Samsic und Jayco – AlUla sorgten 13 Kilometer vor Rennende erneut für den Zusammenschluss und es ging mit rund 70 Mann zum letzten Mal in Richtung Challambra.
Das UAE Team Emirates gab dort Vollgas und brachte das Feld erneut zum Explodieren – beeindruckend weit vorne an dritter Stelle hinter Marc Hirschi saß schon da: Mayrhofer. Der Einzige aber, der sich über die Kuppe an der Spitze lösen konnte, war Sven Erik Bystrom (Intermarché – Circus – Wanty). Der U23-Weltmeister von 2014 bekam in der Melville Avenue Begleitung von Mauro Schmid (Soudal Quick-Step) und das Duo brachte zwölf Sekunden Vorsprung mit auf die letzten sechs Kilometer.
Im Verfolgerfeld dauerte es einen Moment, bis die meisten Helfer der verbliebenen Sprinter wieder an die Spitze kamen und so wurde die Jagd erst auf den letzten drei Kilometern richtig scharf – bei noch neun Sekunden Abstand. Eine brutale Tempoverschärfung von Luke Plapp (Ineos Grenadiers) auf dem Schlusskilometer sorgte 500 Meter vor Schluss für das Ende der Flucht und es kam zum Sprint.
Jayco – AlUla fuhr hinter Plapp den Sprint an, doch aus dem Windschatten rauschte Mayrhofer nach vorn, sprang in die Lücke zwischen dem Australischen Meister und Matthews und sprintete dann von vorne unwiderstehlich zum Sieg. Matthews war chancenlos gegen den 22-Jährigen, der nach einem lauten Jubelschrei in Freudentränen ausbrach und lange brauchte, um sich zu sammeln.
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