Dritter Vuelta-Sieg in Folge

Roglic: körperlich, mental und taktisch in neuen Dimensionen

Von Tom Mustroph aus Santiago de Compostela

Foto zu dem Text "Roglic: körperlich, mental und taktisch in neuen Dimensionen"
Primoz Roglic (Jumbo - Visma) lässt sich als Vuelta-Sieger feiern. | Foto: Cor Vos

06.09.2021  |  (rsn) - Primoz Roglic (Jumbo – Visma) war bei dieser Vuelta ein viel beschäftigter Mann. Im Rennen, aber auch noch nach dem Rennen. Während auf dem Platz vor der Kathedrale von Santiago de Compostela noch die kleinen Sieger dieser Rundfahrt geehrt wurden – der kämpferischste Fahrer Magnus Cort Nielsen (EF Education – Nippo), der beste Jungprofi Gino Mäder (Bahrain Victorious), Sprintkönig Fabio Jakobsen (Deceuninck – Quick-Step) und Bergkönig Michael Storer (DSM) – sah man Roglic auf den Stufen des Kirchenbaus sitzen und stoisch seine Unterschrift auf Rote Trikots setzen. Ein Autogramm, noch eines, und noch eines. Jede Sekunde wurde genutzt in dieser improvisierten Manufaktur unter dem freien Himmel Nordspaniens.

Aber der Eifer passte. Genauso konzentriert, genauso eifrig war Roglic bei dieser Vuelta. Der Mann mit der Startnummer 1 begann sie mit einem Sieg. "Auch der fand vor einer Katherale statt", erinnerte er sich fröhlich auf dem Siegerpodest. Es handelte sich um das Zeitfahren in Burgos. Mit diesem Sieg unterstrich der Slowene die Ernsthaftigkeit seiner Absichten zur Titelverteidigung. "Nach seinem Tour-Aus musste Primoz erst etwas Hineinwachsen in die Vuelta", meinte zwar sein sportlicher Leiter Addy Engels zu radsport-news.com. Dieses "Hineinwachsen" erfolgte aber auf einem Niveau, das für den Rest der Konkurrenz schon zu hoch war.

Roglic dominierte in der Folgezeit in allen Belangen. Auf den kurzen Rampen sprintete er seine Rivalen locker ab. Auf den langen Rampen ebenfalls. Und wenn er es dazu nicht kommen lassen wollte, ging er eben schon einmal eine Attacke 60 Kilometer vor dem Ziel mit. Auf der 17. Etappe folgte er so Egan Bernal (Ineos Grenadiers). Die beiden Rundfahrt-Cracks kurbelten sich von den verdutzten Rivalen weg. Bernal machte dann am Ende schlapp. Roglic vollendete das Meisterstück jedoch in Merckx-Manier.

Auf der 20. Etappe parierte der Slowene zur Abwechslung mal eine Attacke von Bernals Teamgefährten Adam Yates. Dies löste ebenfalls etwa 60 km vor dem Ziel einen Zusammenbruch der Klassementfahrergruppe aus. Roglic ließ sich in einer Art Sessellift vom tapferen Schweizer Gino Mäder durch die galizische Hügellandschaft ziehen. Und wenn nicht Ausreißer Clement Champoussin eine Blitzidee mit superstarken Beinen gepaart hätte, wäre Roglic erneut ein Etappensieg geglückt. So blieb er neben vier Tagessiegen auch bei vier zweiten Plätzen hängen. Das alles bescherte ihm noch 44 Bonussekunden.

In (fast) allen Belangen die klare Nummer 1 der Vuelta

Es gab kein Teilgebiet bei dieser Vuelta, abgesehen natürlich von den Massensprints, auf dem Roglic nicht das Maß aller Dinge war. Mas, Vorname Enric, seines Zeichens Gesamt-Zweiter, fügte er sogar die Demütigung zu, ihn beim Zeitfahren am Sonntag noch einzuholen.

Roglic erwies sich als Meister darin, Fluchtgruppen gehen zu lassen. Zwei größere Gruppen ließ er weg und gestattete den dort Bestplatzierten gnädig, auch einmal das Rote Trikot anziehen zu dürfen. Intermarché - Wanty Gobert ergriff mit dem Esten Rein Taramäe und dem Norweger Odd Christian Eiking dankbar die Gelegenheit. Und Roglic seinerseits war dankbar, wie aufopferungsvoll deren Team das Trikot über viele Tage verteidigte – und somit seinen Jumbo – Visma-Mannen Gelegenheit zur Maximalerholung inmitten einer Grand Tour bot.

Zum neuen Repertoire an Fertigkeiten des Primoz Roglic gehört dazu, dass er in der letzten Woche nicht mehr mit abfallender Form zu kämpfen hatte. Das war bisher sein Makel. So verlor Roglic den Giro 2019 und die Tour 2020. Bei dieser Vuelta präsentierte er sich aber anders. "Er zeigte in den letzten Tagen gar kein Nachlassen, er war einfach superstark", konstatierte zufrieden Jumbo – Vismas sportlicher Leiter Addy Engels. Er relativierte zwar: "Auf der anderen Seite war das Nachlassen in den anderen Grand Tours nicht so groß, wie es aussieht. Leistungsmäßig war der Abfall nicht so groß. Aber es sah natürlich anders aus."

Der Traum von Gelb scheint so erfüllbar wie nie

Roglic profitierte freilich auch von dem Formhoch, in das er sich für die Tour gebracht hatte. Er stürzte in Frankreich und verließ das Rennen. Noch im Camper, mit Frau und Kind, fasste er aber den Entschluss, sich für Olympia und die Vuelta fit zu machen. Sein hohes Leistungsniveau hatte er noch nicht verloren. Und mit der mentalen Kraft, die ihn auch in früheren Jahren auszeichnete, machte er sich an das Unternehmen.

Was das für die Zukunft bedeutet, muss man abwarten. "Bei der Tour durch Sturz auszufallen, ist sicher nicht die Art von Vorbereitung auf die Vuelta, die man wiederholen sollte", meinte Engels trocken. Das Timing fürs Formhoch in der dritten Woche können Roglic und sein Trainerteam nun aber auch auf den französischen Sommer übertragen. Und die Lockerheit, mit der Roglic jetzt in Spanien Attacken konterte und sein gewachsenes Vermögen, instinktiv das Richtige zu tun, könnten ihn im Dauerduell mit Landsmann und Tour de France-Sieger Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) mindestens auf dessen Höhe bringen. Sein Traum von Gelb wird wieder kraftvoller nach diesem Triumph in Rot.

Mehr Informationen zu diesem Thema

22.10.2021Lopez: “Movistar schafft bestimmte Dinge nicht gut“

(rsn) - Erstmals seit seinem vorzeitigen Weggang von Movistar hat sich Miguel Angel Lopez öffentlich gegenüber spanischsprachigen Medien zu den Umständen der Trennung geäußert. Movistar und Lopez

18.09.2021Bestätigt: Lopez verlässt Movistar nach Vuelta-Eklat

(rsn) – Nun ist offiziell, was sich in den vergangenen zwei Wochen seit dem Ende der Vuelta a Espana immer mehr andeutete: Miguel Angel Lopez wird das spanische Team Movistar verlassen. Wie sein Arb

07.09.2021Roglic ist der erste, der Romingers Serie einstellen konnte

(rsn - Bis zu Primoz Roglic‘ drittem Vuelta-Gesamtsieg in Folge war der Schweizer Tony Rominger alleiniger Rekordsieger der Spanienrundfahrt. Zwar hatte Roberto Heras das Rennen in den Jahren 2000,

06.09.2021Lopez war rücksichtslos gegenüber seinen Teamkollegen

(rsn) - Der Fall Miguel Angel Lopez (Movistar) hat für heftige Diskussion in der Szene gesorgt. Wie ist es zu bewerten, dass der 27-jährige Kolumbianer aus Trotz während der vorletzten Etappe der V

06.09.2021Mäder: “Das Ergebnis ist vielleicht etwas zu gut ausgefallen“

(rsn) - Für die Vuelta a Espana hatte sich das Team Bahrain Victorious große Ziele gesteckt. Mikel Landa sollte nach seinem sturzbedingten Ausscheiden beim Giro d`Italia nun in seiner spanischen He

06.09.2021Lopez-Aus: Unzue kritisiert scharf, zeigt aber auch Verständnis

(rsn) – Movistar-Teamchef Eusebio Unzué hat sich im spanischen Radio am Sonntag erstmals öffentlich zum Ausstieg seines Schützlings Miguel Angel Lopez bei der Spanien-Rundfahrt am Samstag geäuß

06.09.2021Großschartner: “Man gewinnt oder man lernt daraus“

Nach drei Wochen bei der Vuelta a Espana wollte Felix Großschartner im Bus zufrieden mit seiner Leistung sein. Das gab der Österreicher im Trikot von Bora – hansgrohe vor dem Auftakt der Rundfahrt

06.09.2021Video-Highlights zur 21. Etappe der Vuelta a Espana

(rsn) – Mit dem erwarteten Zeitfahr-Triumph von Gesamtsieger Primoz Roglic (Jumbo – Visma) ist die 76. Vuelta a Espana am Sonntag in Santiago de Compostela zu Ende gegangen. Beeindrucken konnte ab

05.09.2021Roglic kannte bei seinem 3. Vuelta-Triumph keine Gnade mit Mas

(rsn) – Sein Sieg kam nur wenig überraschend; Primoz Roglic (Jumbo – Visma), der Goldmedaillengewinner von Tokio im Zeitfahren, hat mit seinem Triumph im Kampf gegen die Uhr in Santiago de Compos

05.09.2021Roglic gewinnt Zeitfahren und feiert 3. Gesamtsieg in Folge

(rsn) - Primoz Roglic (Jumbo – Visma) hat auch im abschließenden Zeitfahren der Vuelta a Espana seine Überlegenheit mit einem deutlichen Sieg demonstriert. Der Slowene überholte kurz vor dem Ziel

05.09.2021Palzer: “Ich habe noch nie so viel leiden müssen“

(rsn) - Es war ein völlig neues Kapitel seiner Karriere, dass Anton Palzer vor drei Wochen in Burgos aufschlug und nun in Santiago de Compostela erfolgreich abschloss. Der 28-Jährige, der im April a

05.09.2021Alle Startzeiten des Einzelzeitfahrens der Vuelta a Espana

(rsn) - Josef Cerny (Deceuninck – Quick-Step) eröffnet heute um 17:02 Uhr das abschließende Einzelzeitfahren der Vuelta a Espana. Die Strecke ist relativ leicht, aber nicht ganz ohne Herausforderu

Weitere Radsportnachrichten

01.06.2024Malopolska: Felbermayrs Ritzinger landet Ausreißercoup

(rsn) - Felix Ritzinger (Felt - Felbermayr) hat auf der anspruchsvollen 2. Etappe der Tour of Malopolska (2.2) seinen zweiten Saisonsieg eingefahren. Der Österreicher setzte sich nach 148 Kilometern

01.06.2024Rüegg behält Bergtrikot, MYVELO von Virus gebeutelt

(rsn) - Lukas Rüegg (Team Vorarlberg) hat auf der 3. Etappe der Ronde l`Oise (2.2) sein am Vortag errungenes Bergtrikot verteidigt. Aber sein Team Vorarlberg konnte bei der Sprintankunft in Ressons-

01.06.2024BDR-Auswahl “ohne gutes Bein“ bei Friedensfahrt-Königsetappe

(rsn) - Auf der schweren 3. Etappe der Friedensfahrt (2.NC) mit einer sieben Kilometer langen Bergankunft und Ziel in Dlouhe Strane hatte die Deutsche U23-Nationalmannschaft erwartungsgemäß nichts

01.06.2024Unbound: Schiff, Betz, Breuer und Co. jagen den Sieg

(rsn) – Emporia im US-Bundesstaat Kansas ist dieser Tage wieder das Mekka der Gravel-Szene. Auch wenn die UCI-Weltmeisterschaften erst Anfang Oktober in Belgien ausgetragen werden, findet in der 25.

01.06.2024Pogacars Sportdirektor Matxin: “Vingegaard ist der große Favorit“

(rsn) – Genau vier Wochen sind es noch, bis in Florenz die 111. Tour de France beginnt. Läuft bei allen die Vorbereitung bis dahin glatt, so dürfen sich die Fans auf das lang ersehnte Aufeinandert

01.06.2024Große Vorschau auf das 76. Critérium du Dauphiné

(rsn) – Jonas Vingegaard (Visma – Lease a Bike) und Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) stehen am Sonntag in Saint-Pourcain-sur-Sioule nicht am Start der 1. Etappe beim Critérium du Dauphiné (2.UW

01.06.2024UAE will Pogacars Tour-Konkurrenten nächsten Dämpfer verpassen

(rsn) – Nach der dominanten Vorstellung von Tadej Pogacar beim Giro d´Italia will das UAE Team Emirates dessen Kontrahenten für die Tour de France beim Critérium du Dauphiné (2.UWT) an den komme

01.06.2024Die Aufgebote für das 76. Critérium du Dauphiné

(rsn) – Am 2. Juni beginnt die 76. Ausgabe des Critérium du Dauphiné mit einer hügeligen Etappe rund um Saint-Pourcain-sur-Sioule. Am Start stehen unter anderem Primoz Roglic (Bora - hansgrohe) u

01.06.2024Jorgenson und Kuss führen Visma beim Dauphiné an

(rsn) – Mit Gesamtsiegen in allen drei Grand Tours war Jumbo – Visma 2023 das Rundfahrtteam schlechthin. Doch nach dem Abgang von Primoz Roglic und den Verletzungen von Jonas Vingegaard und Wout v

01.06.2024Dänemarks Olympia-Quartett für die Straße ist komplett

(rsn) – Mads Pedersen, Mattias Skjelmose (beide Lidl – Trek), Michael Morkov (Astana Qazaqstan) und Mikkel Bjerg (UAE Team Emirates) werden Dänemark bei den Olympischen Spielen in Paris auf der S

01.06.2024Valentin Paret-Peintre auf dem Weg zu Soudal - Quick-Step

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Profiradsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder RÃ

01.06.2024Dominanter Dreifachsieg am Flugfeld in Markersdorf

(rsn) - Rund um den früheren Fliegerhorst in Markersdorf ging es auf der 2. Etappe der Sportland NÖ Womens Kids Tour in Österreichs einzigem Etappenrennen für Frauen. Die Zuschauer dort erlebten e

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Heistse Pijl (1.1, BEL)