Sinkewitz, Fothen und Klöden

Drei Deutsche gegen die Ullrich-Depression

Von Pit Weber

11.07.2006  |  Jan Ullrichs Suspendierung stürzte Radsport-Deutschland in tiefe Depression. Viele Fans hatten plötzlich die Lust an der Tour verloren. Die TV-Quoten halbierten sich. Vor der zweiten Rennwoche gibt es berechtigte Hoffnungen, dass der Boom wieder erwacht. Drei Deutsche stehen vor den ersten Bergen in der Gesamtwertung unter den besten Fünf. Fünf der besten Sechs fahren für die deutschen Teams T-Mobile und Gerolsteiner. Das hat es selbst in den Hochzeiten Jan Ullrichs nie gegeben.

Serhiy Honchar beginnt das 2. Drittel des schwersten Ras-Rennens der Welt in Gelb. „Er ist auch in den Bergen gut“, lobt T-Mobile Team-Chef Olaf Ludwig den 36-Jährigen. „Serhiy ist unser Kapitän, er kann das Trikot eine Zeit lang verteidigen.“

Auf Platz drei steht der Australier Michael Rogers bereit, das Leader-Trikot von seinem Team-Kollegen zu übernehmen, falls der Ukrainer schwächeln sollte. Der dreimalige Zeitfahr-Weltmeister war von Magenta als zukünftiger Toursieger für die Nach-Ullrich-Ära verpflichtet worden.

Zu größten Hoffnungen berechtigen aber die drei Deutschen auf den Rängen vier bis sechs. Patrik Sinkewitz katapultierte sich mit einem starken Zeitfahren in die Riege der vorläufigen Tour-Favoriten. Der 25-jährige Hesse reagiert mit Unverständnis, wenn er für das überraschend gute Abschneiden im Kampf gegen die Uhr gelobt wird. Sinkewitz: „Ich war doch schon immer gut im Zeitfahren. Wenn die Beine gut sind, geht alles gut.“ Dann sollte der Gewinner der Deutschland Tour 2004 an seine Top-Leistung auch in seinem ureigensten Gebiet, den Pyrenäen und den Alpen, anschließen können.

Im weißen Trikot des besten Jungprofis und auf Platz 5 der Gesamtwertung nähert sich Markus Fothen den ersten Bergen. Der Landwirtssohn aus Kaarst träumt vom Tour-Sieg. „Aber noch nicht in diesem Jahr. Da wäre bei mir der Druck wie damals bei Jan Ullrich zu groß“, wehrt der Gerolsteiner die Favoriten-Bürde ab. Fothen: „Aus Angst vor dem Sieg werden ich aber sicher nicht bremsen.“ Der 24-Jährige Giro-Zwölfte von 2005 hat den Tour-Erfolg in der Lebensplanung. Fothen: „Was ich will, erreiche ich komischerweise auch immer.“ Trotz des Drucks bleibt er locker und schlagfertig. Als Fothen erfährt, dass sein Team-Kollege Levi Leipheimer ihn aufgrund seiner guten Leistungen längst zum Team-Kapitän befördert hat, kontert Fothen: „Da muss ich sofort mit unserem Chef reden. Für einen Kapitän verdiene ich zuwenig.“

Sechster und Top-Favorit auf den Toursieg 2006 neben dem aktuellen Gesamtzweiten Floyd Landis (Phonak) ist aber Andreas Klöden. Der T-Mobile-Kapitän stapelt im Vergleich zu früheren Zeiten ganz tief: „Das Zeitfahren war für meine Verhältnisse gut, wie es in den Bergen läuft, weiß ich aber noch nicht.“ Wegen seiner Handverletzung stieg er erst spät in die Saison bei der Bayern-Rundfahrt ein. Die Kollegen aus dem Fahrerfeld staunen über den Wahlschweitzer. „Sein Tritt ist ganz leicht und flüssig. Andy muss in guter Form sein“, glaubt Fabian Wegmann vom Team Gerolsteiner.

Die Deutschen mischen kräftig mit. Was sie zu leisten vermögen, wissen wir spätestens am Donnerstag auf dem Pla-de-Beret. Die Tour ist wieder richtig spannend. Wer hätte das nach diesem Fehlstart in Straßburg noch zu hoffen gewagt?

Weitere Radsportnachrichten

06.05.2024Roglic: Pyrenäen-Besichtigung, Höhen-Camp und Dauphiné geplant

(rsn) – Während Jonas Vingegaard aufgrund seiner schweren Verletzungen aus dem Massensturz auf der 4. Etappe der Baskenland-Rundfahrt im Mai nicht mit seinem Team Visma – Lease a Bike im Höhentr

06.05.2024Pogacar stellt wie im kindlichen Spiel historische Episoden nach

(rsn) - Tadej Pogacar kopiert beim 107. Giro d´Italia große Szenen der Vergangenheit. Das qualifiziert ihn für den Radsport-Oscar. Das Rosa Trikot könnte er mit zu viel Spielerei aber auch riskie

06.05.2024Thomas: “Der späte Angriff war sicher nicht der Plan“

(rsn) - Letztlich gab es auf der 3. Etappe des Giro d´Italia (2.UWT) zwar den erwarteten Massensprint, doch bis es dazu kam, mussten erst noch Tadej Pogacar und Geraint Thomas nach einem späten Angr

06.05.2024Bauernfeind beendet Vuelta besser als erwartet

(rsn) – Wer weiß, was alles möglich gewesen wäre. Wenn Ricarda Bauernfeind nicht zu Beginn der Vuelta Feminina (2.WWT) etwas gekränkelt hätte. Und wenn sie von Beginn an als Kapitänin von Cany

06.05.2024Highlight-Video der 3. Etappe des Giro d´Italia

(rsn) - Die 3. Etappe des Giro d´Italia 2024 galt es erster Tag für die Sprinter der diesjährigen Rundfahrt. Doch bevor die schnellen Männer auf der Zielgeradem zum Sprint ansetzen konnten, musste

06.05.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir jeden Morgen

06.05.2024Ein Hauch von Mailand-Sanremo

(rsn / ProCycling) – Die Fahrt über die Po-Ebene, ein langer Anstieg in der Mitte der Strecke, das Erreichen der ligurischen Küste und Passagen durch malerische kleine Städtchen – es ist eine E

06.05.2024Merlier gewinnt nach später Attacke von Pogacar und Thomas

(rsn) – Am Ende einer komplett verrückten Etappe gewann Tim Merlier (Soudal – Quick-Step) auf dem dritten Teilstück des 107. Giro d’Italia (2.UWT) den erwarteten Massensprint. Der Belgier war

06.05.2024Liste der ausgeschiedenen Fahrer / 3. Etappe

(rsn) - 176 Profis aus 22 Teams sind am 4. Mai zum 107. Giro d’Italia (2.UWT) angetreten, darunter auch zwölf Deutsche, vier Österreicher, zwei Schweizer und ein Luxemburger. Hier listen wir a

06.05.2024In Frankfurt und in Vorarlberg gab es wenig zu holen

(rsn) - Die deutschen KT-Teams hatten in dieser Woche ein volles Rennprogramm. Doch die erhofften Erfolge sprangen dabei gegen die internationale Konkurrenz nicht heraus.Die ereignisreichste Woche ha

06.05.2024Milan: “Wenn man das Trikot einmal hatte, will man es wieder“

(rsn) – So spät kommen die Sprinter selten bei einer Grand Tour zum Zug. Die heutige 3. Etappe bietet die erste Chance für die schnellen Männer, um einen Etappensieg zu kämpfen. Einfach wird es

06.05.2024O’Connor “muss jetzt die Konsequenzen tragen“

(rsn) – Wenn Ben O’Connor (Decathlon – AG2R La Mondiale) in diesem Jahr irgendwo an den Start ging, war es meistens von Erfolg gekrönt. Auf seinen Sieg bei seinem Saisonauftakt bei der Murcia-R

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Giro d´Italia (2.UWT, ITA)