Anna Knauer-Blog

Mit einem Tritt in den Hintern erstmals aufs Podest

Von Anna Knauer

Foto zu dem Text "Mit einem Tritt in den Hintern erstmals aufs Podest"
Das Podium des Omloop van Borsele, v.l.: Shelley Olds (Bigla), Kirsten Wild (Hitec), Anna Knauer (Rabobank Liv) | Foto: Knauer

27.04.2015  |  (rsn) - „Every champion was once a contender who refused to give up.“ An diesen Satz musste ich in den letzten Wochen immer denken. Bevor ich nämlich gestern zum ersten Mal in einem großen Rennen den Mut hatte, im Sprint meine eigene Chance wahrzunehmen und die dann auch noch prompt zu nutzen und in einem sehr gut besetzten Rennen auf’s Podest steigen zu dürfen, musste ich nämlich vor allem gegen meinen eigenen Kopf arbeiten.

Seit ich bei Gent-Wevelgem wieder in die Straßenrennen zurückgekehrt bin, war das Gefühl da, in guter Form zu sein. Allerdings hat immer etwas gefehlt, so dass ich mit meinen Rennen nie wirklich zufrieden sein konnte. Vor allem, wenn richtig Vollgas gefahren wurde, fehlte mir das letzte bisschen an Kraft, um in der ersten Gruppe bleiben zu können. Hinzu kam, dass das Vertrauen in meine eigene Stärke im letzten Jahr sehr unter meinen schwachen Leistungen gelitten hat.

Und mit jedem Rennen, das ich so weit von der Spitze weg war, verlor ich auch mehr von dem unbedingten Siegeswillen, der mir im Nachwuchsbereich zu so vielen Erfolgen verholfen hatte. Erst in den vergangenen Wochen, als ich gemerkt habe, dass der Abstand nach vorne gar nicht mehr so groß ist und ich Stück für Stück die Lücke schließe, kam die Wende. Im Training hatte ich endlich wieder ein Ziel vor Augen und konnte mich dadurch dazu bringen, mehr zu investieren und auch mal etwas länger auf dem Sattel sitzen zu bleiben als im Trainingsplan vorgegeben.

Lange und offene Gespräche mit meinem unmittelbaren sportlichen Umfeld gaben mir dann wohl den letzten notwendigen Tritt in den Hintern. Mein Teamchef, meine Trainerin und mein Vater haben mir zugehört, als ich meine Zweifel und Unsicherheiten loswerden musste. Vor allem mein Papa fand die richtigen Worte, um mich zu motivieren und wieder aufzubauen.

Umso schöner war es dann gestern, dass er mein Rennen live verfolgen konnte. Er ist derjenige, der mich überhaupt so weit gebracht hat. Bis zu meinem letzten Juniorinnenjahr hat er meine Trainingspläne geschrieben, die wir oft noch fünf Minuten vor Trainingsstart verworfen haben und das gemacht haben, was uns in dem Moment sinnvoller erschien.

Auch jetzt sitzt er noch bei vielen Trainingsfahrten neben mir auf dem Rad und ist derjenige, der Frust und Enttäuschung als Erster abbekommt. Am Wochenende war er als Betreuer für das Team Mangertseder zur Juniorinnenausgabe des Omloop van Borsele vor Ort. Damit er im Anschluss an deren Rennen noch meines anschauen konnte, übernahmen die anderen Betreuer sogar das Putzen der Räder. Er stand nur ein paar hundert Meter hinter der Zieldurchfahrt und sein „Heute ist dein Tag!“ half mir auf der Schlussrunde, mich gegen die anderen Sprinterinnen im Positionskampf zu behaupten.

Denn die hatten überhaupt kein Verständnis dafür, dass ich das Hinterrad von Kirsten Wild nicht abgeben wollte. Die Frage von Shelly Olds, der Zweitplatzierten, die vor der Siegerehrung wissen wollte, wie denn überhaupt mein Name sei, erklärt die Konstellation ganz schön. Für die anderen schien ich nur den Weg zu blockieren, weil ich im Finale in noch keinem anderen Rennen auf mich aufmerksam gemacht hatte. Meine Fähigkeiten von der Bahn, mich mit Ellbogen durchzukämpfen und mich auch von vermeintlich überlegenen Gegnerinnen nicht einschüchtern zu lassen, halfen mir da enorm. Letztendlich verlor ich zwar das Hinterrad von Kirsten Wild, konnte mich aber in den Zug von Alè Cippollini einschleichen und hatte damit freie Fahrt auf den letzten 200 Metern.

Den Sprint selbst konnte ich trotz voller Konzentration auf die immer näher kommende Ziellinie richtig genießen. Denn die guten Beine aus den vorangegangenen 140 Kilometern ließen mich auch zum Schluss nicht im Stich und brachten mir persönlich einen weiteren Motivationsschub und vielleicht auch ein bisschen mehr Respekt bei meinen Gegnerinnen in den kommenden Rennen. Ich freue mich auf jeden Fall darauf!

Bis dann
Eure Anna


Nach Elke Gebhardt, die ihre Karriere beendet hat, übernimmt die 19-jährige Anna Knauer den virtuellen Füllfederhalter als Bloggerin auf radsport-news.com. Trotz ihres jungen Alters geht sie bereits in ihre zweite Saison bei Rabobank-Liv, dem besten Team der Welt, und kämpft zugleich noch auf der Bahn um die Olympia-Qualifikation. Es wird in den kommenden zwölf Monaten also einiges zu erzählen geben – wir wünschen viel Spaß beim Lesen!

Mehr Informationen zu diesem Thema

01.01.2016Ab dem 1. Januar beginnt ein neues Abenteuer!

(rsn) - Das Jahr 2015 ist zu Ende. Wie immer um diese Zeit lasse ich mir durch den Kopf gehen, was so alles passiert ist in den vergangenen zwölf Monaten. Zwölf Monate scheinen eine lange Zeit, wenn

29.09.2015Die Kombination von Urlaub und Olympia ist die beste Motivation

(rsn) - Off-Season, Saisonpause, Urlaub, …. Egal, wie man es nennen will, nach einer langen Saison freut sich jeder auf die paar Wochen im Jahr, in denen das Rad in die Ecke gestellt werden darf. Da

13.07.2015Auf und ab mit der Achterbahn

(rsn) - „Fahren wir zur Achterbahn?“ Das war die häufigste Frage, wenn mein Bruder und ich als Kinder mit dem Mountainbike unterwegs waren. Man muss natürlich wissen, dass die Achterbahn ein alt

31.03.2015Trotz des Sturms war Gent-Wevelgem etwas ganz Besonderes

Das war mal ein großes Hallo, das wir Bahnfahrer am Sonntag bei unserem Einstieg in die Straßensaison bekommen haben. Im Gegensatz zum vergangenen Jahr, als wir bei Sonnenschein und frühlingshaften

17.02.2015Mit dem organisierten Chaos angefreundet

(rsn) - Eine Nacht Frankfurt/Main, sieben Tage Cali (Kolumbien; Bahnweltcup), fünf Tage Calpe (Spanien; Trainingslager), ein Tag Handel (Niederlande), ein Tag Emmen (Niederlande; Teampräsentation),

07.01.2015Mit dem Rad auf professioneller Weltreise

(rsn) - Nach Elke Gebhardt, die ihre Karriere beendet hat, übernimmt die 19-jährige Anna Knauer den virtuellen Füllfederhalter als Bloggerin auf radsport-news.com. Trotz ihres jungen Alters geht si

Weitere Radsportnachrichten

18.03.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wie geht´s zum Liveticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir jeden Morgen

18.03.2024Van der Poel verlängert langfristig bei Alpecin-Deceuninck

(rsn) – Er bleibt seinem Team und vor allem den Roodhooft-Brüdern treu: Mathieu van der Poel hat seinen ursprünglich noch bis 2025 laufenden Vertrag mit Alpecin – Deceuninck aufgelöst und durch

18.03.2024Schultz überrascht Pogacar mit Attacke am Teufelslappen

(rsn) – Der Auftakt der 103. Katalonien-Rundfahrt (2.UWT) wartete mit 2600 Höhenmetern auf, doch die Favoriten hielten sich auf dem welligen Terrain der 1. Etappe rund um Sant Feliu de Guíxols noc

18.03.2024SD Worx – Protime verzichtet auf Brügge-De Panne

(rsn) – Auf den Saisonstart in Australien inklusive der WorldTour-Rennen dort verzichtet SD Worx – Protime beinahe schon traditionell freiwillig. Doch nun hat die belgische Übermannschaft auch ih

18.03.2024Die Woche der KT-Teams: Borresch “big in Taiwan“

(rsn) – Hinter den deutschen Kontinental-Teams liegt eine Woche mit vielen UCI-Einsätzen und insgesamt fünf Top-Ten-Platzierungen. Für drei davon sorgte allein Julian Borresch (Rembe Pro Cycling

18.03.2024Visma - Lease a Bike bekommt Erlaubnis für Zeitfahrhelm

(rsn) – Das Team Visma – Lease a Bike scheint in der Debatte um seinen Zeitfahrhelm mit einem blauen Auge davonzukommen. Wie Sporza berichtet, hat die UCI, die das Helmdesign nochmal auf seine Ko

18.03.2024Ineos Grenadiers bejubelt 500. Sieg der Teamgeschichte

(rsn) – Etwas mehr als 14 Jahre hat es gedauert, doch nun ist es geschafft: Das Team Ineos Grenadiers, 2010 unter dem Namen Sky gestartet, hat am Wochenende den 500. Sieg in der Historie der Mannsch

18.03.2024Astana-Interesse an Vlasov? Bora will verlängern

(rsn) – Sein starker Auftritt bei Paris-Nizza (2.UWT) hat Aleksandr Vlasov in seinem letzten Vertragsjahr zum rechten Zeitpunkt wieder etwas weiter in den Fokus gerückt. Der Etappensieg an der Mado

18.03.2024Uhlig für Groves in Katalonien am Start

- Der gebürtige Regensburger Henri Uhlig ist kurzfristig ins Aufgebot der heute gestarteten Katalonien-Rundfahrt (2.UWT) gerückt. Eigentlich sollte Kaden Groves Alpecin - Deceuninck in Nordspanien

18.03.2024Nächster Kapitän verlängert bei Lotto - Dstny

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Profiradsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder RÃ

18.03.2024Team Sportforum: Nach starker Saison Pech mit dem Sponsor

(rsn) - Die Saison 2023 verlief für das Sportforum p/b My Fitness Apotheke überaus erfolgreich. Das Team So dominierte man den Bundesliga-Auftakt an der Südlichen Weinstraßen und holte durch Feli

17.03.2024Packender Schlagabtausch zwischen Roglic und Evenepoel

(rsn) - Die Volta Ciclista a Catalunya (2,UWT) ist das erste spanische WorldTour-Rennen des Jahres. Die siebentägige Rundfahrt, die traditionell in der katalanischen Hauptstadt Barcelona zu Ende geh

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Volta Ciclista a Catalunya (2.UWT, ESP)
  • Radrennen Männer

  • Settimana Internazionale Coppi (2.1, ITA)
  • GP Brda-Collio (1.2, SLO)