Tony Martin erlebt auch bei Olympia ein Debakel

Cancellara ergreift die letzte Chance auf Gold

Foto zu dem Text "Cancellara ergreift die letzte Chance auf Gold"
Fabian Cancellara hat Olympia-Gold im Zeitfahren von Rio gewonnen. | Foto: Cor Vos

10.08.2016  |  (rsn) - Tony Martin rollte mit weit aufgerissenem Mund in Pontal über die Ziellinie, dann senkte er niedergeschlagen den Kopf. Der Traum von einer weiteren Olympia-Medaille endete für den dreimaligen Zeitfahr-Weltmeister in einem regelrechten Debakel.

Dagegen gelang Fabian Cancellara ein letzter großer Triumph – der Schweizer, der zum Saisonende zurücktreten wird, entschied das 54,6 Kilometer lange Einzelzeitfahren von Rio nach einer herausragenden Vorstellung mit deutlichem Vorsprung für sich und schämte sich im Ziel nach seinem zweiten Olympiasieg 2008 in Peking seiner Tränen nicht.

"Das ist was ganz besonderes, ich habe noch gar keine Worte dafür. Nach der Enttäuschung von 2012 (als er Siebter wurde) und vielen weiteren Aufs und Abs, die ich hatte, war das in meiner letzten Saison und bei meinen letzten Olympischen Spielen die letzte Chance, noch was zu erreichen“, kommentierte der Berner seinen Olympia-Triumph im Zeitfahren. „Nach 16 Jahren mit Gold aufzuhören, das ist nicht schlecht", fügte er dann mit einem Lächeln hinzu.

Cancellara benötigte für den über insgesamt vier Anstiege führenden Parcours 1:12:15 Minuten und war damit 47 Sekunden schneller als der Niederländer Tom Dumoulin. Bronze ging wie schon 2012 in London an den Briten Chris Froome, der auf dem anspruchsvollen Terrain von vielen als Top-Favorit gehandelt worden war, nachdem Dumoulin auf der 19. Etappe der Tour de France gestürzt war und sich dabei einen Handgelenkbruch zugezogen hatte.

Am Mittwoch konnte Froome, der das Rennen wie schon das siegreich beendete Bergzeitfahren der Tour vergleichsweise langsam angegangen war, aber froh sein, überhaupt noch olympisches Edelmetall überreicht zu bekommen. Der 31-Jährige war deutliche 1:02 Minuten langsamer als Cancellara, der an drei von vier Messpunkten vorne lag, aber nur ganze vier Sekunden schneller als der vierplatzierte Spanier Jonathan Castroviejo und zehn als Rohan Dennis, die auf den Plätzen vier und fünf folgten.

Der Australier war der große Pechvogel des Tages, denn Dennis brach nach rund 40 Kilometern der Zeitfahraufsatz, so dass er sein Rad wechseln musste. Zu diesem Zeitpunkt lag der 26-Jährige klar auf Medaillenkurs. Erst danach, am letzten Messpunkt bei Kilometer 44,4, konnte sich Froome an Dennis auf Rang drei vorbeischieben.

"Ich kann darüber nicht enttäuscht sein“, sagte Froome im Ziel. "Ich habe alles gegeben und am Ende des Tages muss ich damit zufrieden sein. Fabian war heute klar der Stärkste. Er war mehr als eine Minute schneller als ich. Wenn ich mit fünf oder sechs Sekunden verloren hätte, dann könnte ich enttäuscht sein.“

Eine riesige Enttäuschung war das Zeitfahren für Tony Martin. Auf den zwei schweren Runden inklusive der Anstiege Grumari (1,3 Kilometer bei 9,4 Prozent) und Grota Funda (2,1 Kilometer bei 6,8 Prozent) brach der 31-Jährige nach ordentlichem Beginn – Martin war als Fünfter am ersten Messpunkt bei km 10 nur zehn Sekunden von Bronze entfernt - regelrecht ein. Auf den folgenden Kilometern büßte er Position und Position ein und lag im Ziel als Zwölfter schließlich nur einige Sekunde vor seinem Teamkollegen Simon Geschke, der die Erwartungen übertraf und zuvor sogar eine Bestzeit im Ziel hingelegt hatte.

"Ich bin nicht in meinen Rhythmus gekommen. Das war heute nicht die Leistung, die man von mir gewohnt ist“, sagte Martin in einer ersten Reaktion und stellte klar, dass es nicht am hügeligen Profil lag. "Der Kurs war für alle gemacht, wie man am Sieg Cancellaras sieht.“ Wie schon nach seinen enttäuschenden Zeitfahr-Auftritten bei der Tour fügte er auch heute an: "Ich werde das Rennen sehr genau analysieren müssen, um die Ursachen für das schwache Abschneiden zu finden und dann dort ansetzen. Im Moment bin ich wahnsinnig enttäuscht, aber das war es noch nicht.“

In starkem Kontrast dazu fiel Geschkes Fazit aus. "Es lief für mich sehr gut, ich bin kontrolliert und sicher durch die Abfahrten gefahren“, sagte der 30-Jährige, der ebenso wie Martin bereits im Straßenrennen dabei gewesen war und nun sogar auf dem "Heißen Stuhl“ Platz nehmen durfte.

Dort allerdings fühlte er sich als zwischenzeitlich Schnellster zunächst nicht besonders wohl, weil die Betreuer vergessen hatten, ihm eine Jacke zu reichen. "Ich habe sehr gefroren. Nachher aber habe ich jede Minute genossen. Es war das erste Mal, dass ich auf dem 'Heißen Stuhl' saß, und das bei Olympia“, so Geschke, der das Rennen 3:34 Minuten hinter Cancellara auf Rang 13 beendete.

Mehr Informationen zu diesem Thema

21.08.2016Ernüchternde Olympia-Bilanz für deutsche Radfahrer

Rio de Janeiro (dpa) - Rudolf Scharping war fein raus. Den Debatten über neue Strukturen und einer besseren Nachwuchsförderung musste sich der Präsident des Bundes Deutscher Radfahrer nach d

20.08.2016Spitz startet im Olympischen Mountainbike-Rennen

Rio de Janeiro (dpa) - Die Ärzte raten von einem Start ab, doch Sabine Spitz nimmt das letzte große Rennen ihrer Karriere trotzdem in Angriff. Entgegen der Empfehlung der Teammediziner wird si

19.08.2016Brethauer und Pries scheiden im Halbfinale aus

Rio de Janeiro (dpa) - Luis Brethauer und Nadja Pries sind beim olympischen BMX-Turnier im Halbfinale ausgeschieden. Der 23-jährige Brethauer verpasste im Deodoro X-Park von Rio de Janeir

19.08.2016Spitz: Weiter Fragezeichen hinter letztem Olympia-Start

Rio de Janeiro (dpa) - Die Vorbereitung auf ihr letztes olympisches Rennen hatte sich Sabine Spitz ganz anders vorgestellt. Angriffslustig wollte sie sein, mutig, der Konkurrenz das Fürchten l

18.08.2016Sagan will im Mountainbike-Rennen Spaß haben

(rsn) Straßen-Weltmeister Peter Sagan hat eher bescheidene Erwartungen, was seine Medaillenchancen im Olympischen Mountainbike-Wettbewerb angeht. "Ich bin seit sieben Jahren keine Mountainbike-Re

18.08.2016Mechaniker Knepper ärgert sich: Bei Tempo 70 flog der Sattel weg

(rsn) - Rio de Janeiro. Am Tag danach war der Rauch verzogen und Detlef Uibel bedankte sich bei Mechaniker Udo Knepper auch via Faceboook für die Zusammenarbeit. Sekunden nach dem dramatischen Sprint

17.08.2016Sky ohne Landa zur Vuelta, Ag2r mit Latour und Peraud

(rsn) – Das Team Sky muss bei der Vuelta a Espana kurzfristig auf  den Spanier Mikel Landa verzichten. Der 26-jährige Kletterspezialist leidet an einer Hüftverletzung. Für Landa wurde nun Landsm

17.08.2016Vogel: "Leicht gibt es bei mir nicht"

Rio de Janeiro (dpa) - Weit nach Mitternacht und angeschwipst von einigen Bierchen im Deutschen Haus fiel Kristina Vogel mit ihrer Goldmedaille ins Bett. Realisiert hatte die neue Sprintkönigin ihren

17.08.2016Olympia-Sonderstatus für die Briten?

Rio de Janeiro (dpa/rsn) - Erst die "Rambo"-Aktion von Mark Cavendish, nun der Keirin-Frühstart von Jason Kenny:  Bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro gibt es Kritik an den Offiziell

17.08.2016Uibel: "Hinter den Briten fängt der Rest der Welt an"

Rio de Janeiro (dpa) - Die Goldmedaille von Kristina Vogel hat die Bilanz der deutschen Bahnasse bei den Sommerspielen in Rio de Janeiro aufpoliert. Doch gerade der Rückstand zu den Briten ist eklat

17.08.2016Kenny holt sich im Keirin sein drittes Gold, Eilers wird Vierter

(rsn) – Jason Kenny ist der Gold-König der Olympischen Bahnwettbewerbe von Rio. Der 28-jährige Brite holte sich am Abend im Keirin seine dritte Goldmedaille bei diesen Spielen und seine sechste in

16.08.2016Vogel verliert den Sattel, aber gewinnt Gold

Rio de Janeiro (rsn) - Kristina Vogel hat bei den Olympischen Bahn-Wettbewerben in Rio de Janeiro im Sprint die Goldmedaille gewonnen. Die Erfurterin bezwang im Finale die Britin Rebecca James in zwei

Weitere Radsportnachrichten

16.04.2024Gnadenwald-Attacke beschert De Marchi Solo-Sieg in Stans

(rsn) – Alessandro De Marchi (Jayco – AlUla) hat als Solist die 2. Etappe der Tour of the Alps gewonnen. Der 37-jährige Italiener setzte sich auf der längsten Etappe der Woche nach 190,7 Kilomet

16.04.2024Vingegaard verlässt das Krankenhaus in Vitoria-Gasteiz

(rsn) – Jonas Vingegaard (Visma – Lease a Bike) hat zwölf Tage nach seinem schweren Sturz auf der 4. Etappe der Baskenland-Rundfahrt das Krankenhaus von Txagorritxu in der baskischen Hauptstadt V

16.04.2024Shackley muss ihre Karriere mit nur 22 Jahren beenden

(rsn) – Anna Shackley (SD Worx – Protime) muss ihre Profikarriere im Alter von nur 22 Jahren beenden. Die Britin, die im vergangenen Jahr in der U23 EM-Zweite und WM-Dritte sowie Zweite der Tour d

16.04.2024Eschborn-Frankfurt verspricht erneut Angriffs-Spektakel

(rsn) – Nicht nur wie ursprünglich angekündigt 13, sondern sogar 14 WorldTour-Mannschaften werden am 1. Mai bei Eschborn-Frankfurt am Start stehen und das Rennen durch den Taunus in Angriff nehmen

16.04.2024Blackmore steigt bei Israel - Premier Tech zu den Profis auf

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Profiradsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder RÃ

16.04.2024Stork: Aus der Höhe über die Alpen zum Giro d´Italia

(rsn) – Auf der 1. Etappe der Tour of the Alps (2.Pro) lief es noch nicht ganz rund bei Florian Stork (Tudor). Der 26-Jährige verpasste bei der zweiten und letzten Überfahrt von Penone das erste F

16.04.2024Uno-X Mobility streicht ab 2025 sein Development-Team

(rsn) – Der norwegische Rennstall Uno-X Mobility wird ab 2025 nur noch zwei und nicht mehr drei Teams umfassen: Während man mit dem Elite-Team der Männer für 2026 den Aufstieg in die WorldTour an

16.04.2024Pickering kommt bei Horror-Crash mit Gehirnerschütterung davon

(rsn) – Wer in der finalen Abfahrt der 1. Etappe bei der Tour of the Alps (2.Pro) hinunter nach Kurtinig genau hinschaute, der sah 15 Kilometer vor dem Ziel an etwa 20. Stelle des Feldes einen Fahre

16.04.2024US-Rennserie NCL stellt für 2024 den Betrieb ein

(rsn) – Die erst im vergangenen Jahr ins Leben gerufene nordamerikanische Radsport-Liga NCL steht offensichtlich vor dem Aus. Das Unternehmen, das in Anlehnung an die anderen großen US-Sportligen N

16.04.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wie geht´s zum Liveticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir jeden Morgen

15.04.2024Eine Mur mehr als bisher: Strecken des Fleche Wallonne im Detail

(rsn) – Wenn am Mittwoch zum 30. Mal in Charleroi der Fleche Wallonne der Männer beginnt, gibt es ein Novum: Bei der 88. Austragung des ´Wallonichen Pfeils´ wird die Mur de Huy erstmals vier Mal

15.04.2024Foss auf dem Weg zurück zum alten Glanz

(rsn) – Seitdem die Tour of the Alps 2017 den Giro del Trentino ablöste, ist das Team Ineos Grenadiers die bestimmende Mannschaft des Rennens. Drei der letzten sechs Ausgaben konnte das britische W

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Tour of the Alps (2.Pro, ITA)