Interview mit dem Akros-Renfer-Sportdirektor

Banfi: “Nur große Rennen zu fahren, das wäre zu viel“

Von Christoph Adamietz

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Patrick Banfi (Akros-Renfer SA) | Foto: Team Akros-Renfer SA

04.01.2018  |  (rsn) – Seit 2017 ist Patrick Banfi Sportlicher Leiter beim Continental-Team Akros-Renfer SA, das sich in der Saison 2018 auf die Nachwuchsarbeit konzentrieren wird. Im Interview mit radsport-news.com spricht der Schweizer über das rund erneuerte Team, gibt einen Einblick in den Rennkalender und äußert sich zu den Saisonzielen 2018.

2016 war Ihr Team noch in der zweiten Liga beheimatet, im vergangenen Jahr 2017 nur noch mit einer Continental-Lizenz unterwegs. 2018 setzen Sie auf eine vorwiegend aus U23-Fahrer bestehende Mannschaft Wie kam es dazu?

Banfi: Leider war Ende 2016 erst sehr spät klar, dass wir aufgrund von Misswirtschaft des ehemaligen Teamchefs kein weiteres Jahr im ProContinental-Bereich verbringen konnten. Schon damals wollten wir für 2017 nur ein nationales U23-Devo Team an den Start schicken. Da aufgrund des späten Zeitpunkts viele unserer Schweizer Fahrer kein Team mehr fanden, entschieden wir uns nach dem Einstieg des Sponsors Akros dazu, doch noch neben dem Devo Team ein Continental-Team zu melden, um ihnen nochmals die Chance zu geben, sich für höherklassige Mannschaften zu empfehlen.

Colin Stüssi, Roland Thalmann und Valentin Baillifard fuhren 2017 gute Ergebnisse ein, fanden dann aber auch nur bei anderen Continental-Teams Unterschlupf oder beendeten sogar ihre Karriere. Woran lag das?

Banfi: Der Markt ist sehr kompliziert. Durch die UCI-Regelung haben alle Teams zwei bis drei Fahrer weniger im Kader. Dadurch fallen gleich mal 100 Plätze im Profibereich weg. Dazu haben die Jungs den falschen Pass, da es in der Schweiz kein ProContinental-Team gibt. Die anderen ProContinental-Teams setzen vor allem auf einheimische Fahrer, haben höchstens drei Plätze für internationale Akteure. Und die sind dann heiß begehrt.

Das Team hatte 2017 ein international hochwertiges Rennprogramm. Wird sich das durch die Verjüngung der Mannschaft verändern?

Banfi: Wir haben weiterhin ein ambitioniertes Rennprogramm, haben aber einen guten Mix gefunden. Wir haben nationale Rennen, U23-Wettbewerbe, aber auch .1-Rennen und die heimischen .HC Rennen, bei denen einige WorldTour- und ProContinental-Teams am Start stehen werden. Wir haben ein sehr junges Team, das im Schnitt keine 20 Jahre alt ist. Nur große Rennen zu fahren, das wäre zu viel. Wenn die Jungs zum Beispiel bei einem internationalen Profirennen abgehängt werden, dann sollen sie darauf etwa bei einem nationalen Rennen in der Schweiz die Gelegenheit bekommen, sich dort durch einen Sieg wieder das nötige Selbstvertrauen zu holen. Wir haben von Februar bis Oktober einen vollen Rennkalender, uns ist aber auch wichtig, die jungen Fahrer nicht "totzufahren“. Sie werden alle ihre Pausen bekommen.

Wo geht es los, wann kommen die ersten Highlights?

Banfi: Wir starten in der Türkei bei der Tour of Antalya, dann geht es nach Griechenland zur Tour of Rhodes, die wir im letzten Jahr durch Colin Stüssi gewinnen konnten, danach folgt die Tour de Normandie.

Welche Ziele hat Ihre Mannschaft?

Banfi: Bei den U23-Rennen wollen wir vorne mitfahren, bei den Profis wollen wir uns gut präsentieren und durch eine offensive Fahrweise versuchen, auf Wertungstrikots zu gehen.

Welchen Fahrern trauen Sie in der kommenden Saison die größten Erfolge zu?

Banfi: Das ist schwer zu sagen. Alle Fahrer im Team sind neu, auch wenn einige aus unserem Development-Team hochgezogen wurden. Gordian Banzer ist ein guter Rundfahrer mit Stärken am Berg. Von ihm halte ich sehr viel, er könnte eine Leaderrolle einnehmen, auch Justin Paroz ist ein guter Bergfahrer. Im Sprint werden unsere Bahntalente Stefan Bissegger, Nico Selenati und Robin Froidevaux zum Zug kommen. Unsere Bahnfahrer werden aber auch bei der mit einem Prolog startenden Boucles de la Mayenne mit von der Partie sein. Vielleicht können sie dort für eine Überraschung sorgen. Unser Kader hat Potenzial, aber die Jungs brauchen Zeit. Deshalb werden sie 2018 auch keinen Druck bekommen, um bestimmte Ergebnisse einzufahren.

In der Schweiz gibt es mit Marc Hirschi, Reto und Patrick Müller, Mario Spengler und auch den Fahrern von Akros-Renfer SA zahlreiche U23-Talente. Im Gegensatz zu den Deutschen haben zur Saison 2018 auch einige junge Schweizer den Sprung in den Profibereich geschafft. Wo liegen Ihrer Meinung nach die Unterschiede in der Nachwuchsförderung in der Schweiz und Deutschland?

Banfi: Zunächst einmal muss man sagen, dass die Schweiz etwa eine Größe hat wie Baden-Württemberg. Es ist dadurch natürlich alles viel zentraler. Aber hierzulande wurde in den vergangenen Jahren auch viel investiert - auch in gute Trainer, die mit neuen Trainingsmethoden arbeiten. Insgesamt muss man sagen, dass Nationaltrainer Danilo Hondo schon ein kleines Luxusproblem hat

Warum stellt die Schweiz mit Akros-Renfer SA, das sich ja nun auf die Nachwuchsförderung konzentriert, nur ein einziges Team in den ersten drei Ligen?

Banfi: Gut, Katusha-Alpecin fährt mit Schweizer Lizenz, ist aber kein Schweizer Team. Insgesamt wird in der Schweiz der Radsport als Hobby gesehen, nicht als Beruf. Wenn man nicht gerade Fabian Cancellara heißt und man auf die entsprechende Frage mit "Radfahrer" beantwortet, bekommt man schon mal zu hören: "Ja, aber was ist dein Beruf?" In der Schweiz gibt es zudem zwar viel Geld, aber in den Radsport wollen nur wenige investieren. Und viele Teams leben von nur einem Investor, sind von ihm abhängig. Es ist nicht so, dass man wie etwa im Fußball noch andere Einnahmequellen hat. Katusha-Alpecin versucht gerade, eine eigene Kleidungskollektion an den Start zu schicken und sich darüber zu finanzieren. Aber dafür braucht man eben auch das nötige Startkapital.

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