Wind und Naturstraßen prägen Paris - Tours

Wallays fasst sich in hektischem Rennen ein Herz und siegt

Von Joachim Logisch

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Jelle Wallays gewinnt das 113. Paris - Tours | Foto: Cor Vos

13.10.2019  |  (rsn) - Am Ende eines überaus hektischen Rennens hatte Jelle Wallays (Lotto – Soudal) ausgiebigst Zeit, seinen Sieg beim letzten Herbstklassiker Paris – Tours (217 km) zu feiern. Der Belgier riss schon 100 Meter vor dem Ziel die Arme in die Höhe, zeigte mit dem Finger immer wieder auf seine Brust, um zu zeigen: Ich habe hier gewonnen. Ich bin der Stärkste!

Hinter ihm kämpften Niki Terpstra (Direct Energie) und Oliver Naesen (AG2R) halbwegs demotiviert um den zweiten Platz auf dem Podium, den sie schließlich mit 29 und 30 Sekunden Abstand erreichten. Sie hatten den Sieg - wie alle anderen Verfolger, die im Sekundenabstand einkamen - vergeigt, weil sie sich nicht einig gewesen waren.

So triumphierte Wallays, der sich etwas mehr als 50 Kilometer vor Schluss ein Herz gefasst hatte, um dem Spitzenduo Sören Kragh Andersen (Sunweb) und Boy van Poppel (Rompoot) hinterherzufahren. Nachdem Kragh Andersen van Poppel in einem Anstieg distanziert hatte, schloss Wallays auf. 

"Ich wollte mich mit einer kleinen Gruppe absetzen, aber plötzlich war ich allein. Dann bin ich zu Kragh Andersen vorgekommen, aber er hatte einen Platten. Also musste ich allein weiterfahren“, schilderte er die entscheidende Phase des Rennens, dass inzwischen völlig den früheren Charakter eines Sprinter-Events verloren hat und über 10,7 Kilometer Naturstraßen und durch Weinberge führt.

Doch auch als Solist ließ sich der 30-Jährige nicht beirren. Wallays: "Ich hatte von Anfang an ein gutes Gefühl. Schon die ganze Woche über. Ich war auf dieses Rennen fokussiert, habe alles gegeben und jetzt gibt es ein Happy End."

Wallys profitierte einerseits davon, dass Kragh Andersen und einige andere Favoriten wie Niki Terpstra (zweimal) von Defekten gestoppt wurden. Anderseits waren bis zu 21 Verfolger nicht in der Lage, den Lotto-Soudal-Profi einzuholen, der zum zweiten Mal nach 2014 in Tours bei den Profis triumphierte. 2010 hatte er bereits die U23-Auflage des Rennens gewonnen. 

So lief das Rennen:

Ein starker Wind bestimmte die 113. Austragung von Paris-Tours. Von Anfang bis zum Ende zerfiel das Feld in viele kleine Grüppchen, die sich aber immer wieder fanden, um dann in der nächsten Windkantensituation erneut geteilt zu werden. Von einem Hauptfeld konnte nur selten gesprochen werden. So blieb das Geschehen ständig unübersichtlich. Klar war eigentlich immer nur, wer sich gerade an der Spitze und kurz dahinter befand.

Gleich zu Beginn konnte sich eine siebenköpfige Spitzengruppe absetzen, die zwischenzeitlich über drei Minuten an Vorsprung herausfuhr, jedoch bald von einer größeren Gruppe wieder eingeholt wurde. So bildete sich ein rund 60-köpfiges Feld, dem unter anderem Nils Politt (Katusha-Alpecin), Max Walscheid, Cees Bol sowie Roy Curvers und Titelverteidiger Sören Kragh Andersen (alle Sunweb), Arnaud Démare (Groupama - FDJ), Niki Terpstra (Total Direct Energie), Bryan Coquard (Vital - Concept), Clément Venturini und Oliver Naesen (beide Ag2r) angehörten.

68 Kilometer vor dem Ziel ging Vorjahressieger Sören Kragh Andersen (Sunweb) in die Offensive. Boy van Poppel (Rompoot) konnte aufschließen und beide fuhren bis zu 47 Sekunden Vorsprung heraus, während hinter ihnen Groupama-FDJ das Tempo kontrollierte. 59 Kilometer vor dem Ziel lagen Kragh Andersen und van Poppel über eine Minute vorn, als van Poppel in einem kleinen Anstieg in einem Weinberg-Weg zurückfiel.

Aus dem Feld löste sich zu diesem Zeitpunkt Jelle Wallays, was zu einer Tempoverschärfung der Verfolger führte. Großes Pech hatten in dieser Phase Stefan Küng (Groupama - FDJ) und Clément Venturini (Ag2r), die auf einer der Naturstraßen einen Platten erlitten. Das gleiche Schicksal ereilte Sören Kragh Andersen, der Wallays davonziehen lassen musste. Während der Belgier nun alleiniger Spitzenreiter war, ereilte Niki Terpstra (Total Direct Energie) erneut die Defekthexe.

Das Feld zerfiel nun wieder auf den Naturpassagen in mehrere Grüppchen, als sich Reto Hollenstein (Katusha-Alpecin) absetzte und sich auf die Verfolgung von Spitzenreiter Wallays machte.

An der Côte de la Rochère, 28 Kilometer vor Schluss, hatte der Belgier 1:24 Minuten Vorsprung, als Küng wieder das Spitzenfeld erreichte und sich umgehend an der Spitze der Verfolger sehen ließ. Nach der Côte de la Rochère befanden sich neben Küng auch Oliver Naesen, Jens Keukeleire und Tony Gallopin in einer siebenköpfigen Verfolgergruppe, die 1:08 Minuten Rückstand auf Wallays hatte. 20 Kilometer vor dem Ziel fiel Küng aber wieder zurück.

17 Kilometer vor Schluss verfolgten zwölf Fahrer Spitzenreiter Wallays. Von einer Gruppe konnte auch hier keine Rede sein, mal setzte sich einer allein ab, dann schlossen zwei auf und alle drei wurden wieder eingefangen. Konstant an der Spitze blieb lediglich Jelle Wallays, dessen Vorsprung zwischen 1:17 und 1:27 Minuten pendelte.

14 Kilometer vor Tours holte die zweite Verfolgergruppe mit Stefan Küng die uneinige erste wieder ein, so dass sich nun rund 21 Gleichgesinnte hinter Wallays befanden. Darunter Oliver Naesen, Tony Gallopin, Julien Vermote, Arnaud Démare, Nikolas Maes, Xandro Meurisse, Reto Holllenstein, Stefan Küng, Niki Terpstra und Cees Bol. Sie kamen aber nicht näher als 1:30 Minuten an ihn heran.

Im letzten Anstieg zur Côte de la Rochère zerfiel die Gruppe und Arnaud Démare versuchte erneut, einen Angriff zu lancieren. Doch er fand keine Mitstreiter, ebenso wenig wie Terpstra, der fünf Kilometer vor der Ziellinie mit Naesen nachsetzte. Die beiden schafften es, den Vorsprung des Spitzenreiters wenigstens auf unter eine Minute zu drücken – mehr nicht!

Das erlaubte Wallays ausgiebig zu feiern.

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