Interview mit Andreas Dietziker

,,Will mich 2008 als Siegfahrer bestätigen"

18.11.2007  |  (Ra) - Der Schweizer Andreas Dietziker (LPR), im Jahr 2007 unter anderem Etappensieger bei der Rheinland-Pfalz-Rundfahrt, kann auf eine erfolgreiche Saison zurückblicken. Im Interview mit Radsport aktiv sprach der 25-Jährige über seinen Wechsel zum Team Volksbank, den Schweizer Radsport und die Krise des internationalen Radsports.

In der abgelaufenen Saison hast du beim GP Mendrisiotto und auf der Schlussetappe der Rheinland-Pfalz-Rundfahrt deine ersten beiden Profisiege gefeiert. Bist du mit deinem Jahr zufrieden?

Dietziker: Mit der Saison 2007 bin ich sehr zufrieden. Es war wichtig, im dritten Profijahr den ersten Sieg einzufahren. Auf diesem Niveau zählen nun mal vor allem die Siege. Speziell für die Tour de Romandie hatte ich mir viel vorgenommen. Ich fuhr dort ein starkes Rennen, doch ein großer Erfolg blieb mir verwehrt. Dafür klappte es ein bisschen später bei der Rheinland-Pfalz Rundfahrt. In der zweiten Saisonhälfte zeigte ich nochmals einige starke Rennen. Im Rennprogramm fehlte mir aber ein Ziel, auf das ich bedingungslos hinarbeiten wollte.

In welchen Bereichen hast du dich weiterentwickeln können?

Dietziker: Neben der Ausdauer und der Regenerationsfähigkeit habe ich vor allem am Berg Fortschritte gemacht. Dabei war es wichtig, dennoch die Endschnelligkeit zu halten, um Rennen zu meinen Gunsten entscheiden zu können.

In der kommenden Saison fährst du für das Team Volksbank. Wie kam der Kontakt zu Stande?

Dietziker: Ich kenne Thomas Kofler (Teamchef bei Volksbank, d. Red.) schon einige Zeit, da man sich oft bei den Rennen sieht. Über eine mögliche Verpflichtung für die Saison 2008 spekulierten wir das erste Mal am Abend vor der letzten Etappe der Rheinland-Pfalz Rundfahrt. Mit dem Sieg am nächsten Tag hatte ich ein schlagkräftiges Argument in der Tasche.

Dein altes Team LPR scheint für die kommende Saison mit Paolo Savoldelli und eventuell auch Danilo Di Luca mächtig aufzurüsten. War für dich kein Platz mehr oder wolltest du weg?

Dietziker: Das Team Volksbank hat mir schon früh ein gutes Angebot gemacht. Zu diesem Zeitpunkt war die Zukunft unseres Teams LPR noch ungewiss.

Gab es außer Volksbank noch andere Mannschaften, die an dir interessiert waren?

Dietziker: Es gab vereinzelt Gespräche mit Pro Tour Teams, die für mich in Frage kamen. Es fehlte mir aber ein ganz großer, überzeugender Erfolg. Für die Continental Pro Mannschaften war ich schon einiges interessanter. Es gab Angebote aus Italien. Bei Volksbank sah ich aber die besten Zukunftschancen.

Wie schwer war es aufgrund der problematischen Situation im Radsport, überhaupt einen Vertrag für die kommende Saison zu bekommen?

Dietziker: Mit zwei Siegen und dem Potenzial, noch besser zu werden, brauchte ich mir keine Zukunftssorgen zu machen. Die allgemeine Lage ist aber sehr angespannt. Es gibt mehr Fahrer als Plätze bei den Teams, was sich auch auf den Lohn des durchschnittlichen Profis auswirkt.

Was sind deine sportlichen Ziele beim Team Volksbank?

Dietziker: Ich möchte mindestens ein Rennen gewinnen, um mich als Siegfahrer zu bestätigen. Wenn das Team Volksbank wieder eine Einladung zur Tour de Suisse erhält, werde ich meine Saisonplanung darauf ausrichten. Ein Etappenerfolg wäre für mich die Erfüllung eines Kindheitstraumes und der Durchbruch im Radsport.

In welche Richtung Fahrer möchtest du dich in Zukunft entwickeln?

Dietziker: Mein Lieblingsterrain sind die Klassiker. Die ständigen Rhythmuswechsel durch das ständige Auf und Ab liegen mir besonders. Einen besonderen Gefallen habe ich an den Weltmeisterschaften. Sie haben Ihren eigenen Charakter und der Sieger darf ein ganzes Jahr das schönste Trikot tragen. Um bei kürzeren Rundfahrten im Gesamtklassement mitreden zu können, will ich in naher Zukunft auch wieder vermehrt an meinen Zeitfahrfähigkeiten arbeiten. Sie wurden die letzten beiden Jahre in Italien vernachlässigt.

In der Schweiz gibt es nach dem Aus von Phonak derzeit kein Profiteam, die bisherigen Erfolgsgaranten befinden sich, abgesehen von Fabian Cancellara, im Herbst ihrer Karriere oder haben das Rad schon an den Nagel gehängt. Wie groß ist die Krise des Schweizer Radsports in deinen Augen?

Dietziker: Ein Profiteam täte dem Schweizer Radsport sicher gut. Ich würde aber nicht von einer Krise sprechen. Hinter Fabian Cancellara klafft zwar eine Lücke. Wir haben aber einige junge Talente, die ihren Weg machen werden. Die Nachwuchsförderung im Schweizer Radsport funktioniert. Aus eigener Erfahrung kann ich von einer gesunden Basis sprechen. Unser Problem ist, dass wir in den neunziger Jahren von Erfolgen verwöhnt wurden. Viele Journalisten erwarten nun ähnliche Siege und werden dabei enttäuscht.

Wer sind aus deiner Sicht die größten Hoffnungen für den Schweizer Radsport und zählst du dich selbst auch dazu?

Dietziker: In meinem Jahrgang sind das Florian Stalder, Hubert Schwab und ich. Wir haben uns in den letzten Jahren immer weiterentwickelt und stehen alle kurz vor dem Durchbruch.

In der abgelaufenen Saison ist mit José Enrique Gutierrez ein Fahrer mit dir im LPR-Team gefahren, der auf der sogenannten Fuentes-Liste steht. Ist das nicht ein komisches Gefühl, für einen Teamkollegen zu fahren, der eine solch umstrittene Vergangenheit hat?

Dietziker: Für die Glaubwürdigkeit des Radsports hätte kein Team einen verdächtigen Fahrer von der Fuentes-Liste verpflichten dürfen. Bei einigen Mannschaften steht der Erfolg aber scheinbar vor der Glaubwürdigkeit. Ob sie die Fans damit auf ihrer Seite haben, wage ich zu bezweifeln. Als Profi macht es für mich keinen Unterschied, für wen wir fahren. Ich gebe mein Bestes, um unsere Mannschaftsziele zu erreichen.

Mit Andreas Dietziker sprach Christoph Adamietz

Mehr Informationen zu diesem Thema

28.08.2009Rapp: 2010 wohl keine Deutschland Tour

(rsn) - Nachdem ARD und ZDF in diesem Jahr doch von der Tour de France berichtet hatten, war auch die für 2009 abgesagte Deutschland Tour wieder in den Mittelpunkt von Spekulationen gerückt. Im Inte

20.08.2009"Für ganz vorne fehlte noch ein bisschen was"

(rsn) – Nach schwachem Saisonstart hat Gerald Ciolek (Milram) in den vergangenen Monaten beständig gute Leistungen gezeigt, auch wenn es bisher erst zu einem Sieg reichte. Im Interview mit Radsport

20.04.2009"Ich bin froh, dass im Radsport soviel kontrolliert wird"

(sid) - Linus Gerdemann gehört zu den deutschen Hoffnungsträgern bei der diesjährigen Tour de France. Im Interview mit dem Sport-Informations-Dienst (SID) spricht der Milram-Kapitän über seine F

19.03.2009"Wir sind als böse Ketzer dargestellt worden"

(sid) - Der wochenlangen Schlammschlacht folgt der Showdown im Nobelhotel: BDR-Präsident Rudolf Scharping stellt sich am Samstag auf der Bundesversammlung des Bundes Deutscher Radfahrer zur Wiederwah

17.03.2009Claußmeyer: "Wir leben von unserer Stärke als Team"

(rsn) - Aus dem Continental-Team Sparkasse wurde zur neuen Saison das Team Nutrixxion Sparkasse. In Gespräch mit Radsport News erklärte Teamchef Mark Claußmeyer die Zusammensetzung des Teams, die S

04.03.2009„Letztendlich geht es immer um den Erfolg“

(rsn) – Mit neuem Hauptsponsor und einigen namhaften Neuzugängen wie Sebastian Sielder und René Haselbacher ist das österreichische Team Vorarlberg-Corratec in die neue Saison gegangen. Im Interv

26.02.2009„Kein Sieg im letzten Jahr – das hat mich gewurmt“

(rsn) – Paul Martens steht in seiner zweiten Saison beim niederländischen Rabobank-Team. Im letzten Jahr gelang dem 25-Jährigen trotz guter Leistungen kein Sieg. Das soll in dieser Saison anders w

24.02.2009„Ich habe mich als Co-Kapitän sehr wohl gefühlt“

(rsn) – Als Vierter der Andalusien-Rundfahrt zeigte Martin Velits (Milram) schon früh in der Saison sein großes Potenzial. Im Interview mit Radsport News sprach der 24-jährige Slowake über seine

13.02.2009"Schlimmer kann es nicht mehr kommen"

(rsn) - Der Australier William Walker, 2005 Vize-Weltmeister in der U23-Klasse, zählt zu den großen Talenten des Radsports. Das konnte der 23-Jährige in den letzten beiden Jahren im Rabobank-Trikot

11.02.2009"Ich will mich 2009 für höhere Weihen empfehlen"

(rsn) - Christian Müller (26) galt in seiner U23-Zeit als eines der größten deutschen Zeitfahrtalente. Nach einer guten Neo-Profi-Saison 2005 bei CSC lief in den folgenden drei Jahren nur wenig zus

07.02.2009"Wir sind eines der jüngsten Continental-Teams"

(rsn) - Das Bochumer Continental-Team Vlassenroot startet 2009 unter dem Namen Seven Stones. Im Gespräch mit Radsport News erklärt der Sportliche Leiter Lars Diemer, was hinter der Namensänderung s

05.02.2009"In Topform zu den Ardennenklassikern"

(rsn) - Robert Gesink ist das größte niederländische (Kletter-)Talent seit vielen Jahren. 2008 machte der 22-jährige Rabobank- Profi in mehreren großen Rennen mit Spitzenplatzierungen bereits von

Weitere Radsportnachrichten

05.05.2024Liste der ausgeschiedenen Fahrer / 2. Etappe

(rsn) - 176 Profis aus 22 Teams sind am 4. Mai zum 107. Giro d’Italia (2.UWT) angetreten, darunter auch zwölf Deutsche, vier Österreicher, zwei Schweizer und ein Luxemburger. Hier listen wir a

05.05.2024Narvaez sorgt für die nächsten rosa Träume in Ecuador

(rsn) – Fünf Jahre ist es her, dass Richard Carapaz das Radsportland Ecuador mit seinem sensationellen Gesamtsieg beim Giro d´Italia in Rosa gehüllt hat. Nun feiern die Nachbarn der Kolumbianer i

05.05.2024Erste Bergankunft im Zeichen von Pantani

(rsn / ProCycling) – Wie bereits der gestrige Auftakt ist auch diese 2. Etappe verhältnismäßig kurz. Im Gegensatz zu den Vorjahren entschied sich der Veranstalter RCS in der ersten Hälfte der Ru

05.05.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir jeden Morg

04.05.2024Zocker Schachmann eröffnet den Giro mit Bravour

(rsn) - Im Ziel in Turin war Maximilian Schachmann (Bora – hansgrohe) von den Emotionen überwältigt. Natürlich war er sauer, dass er zum Auftakt des Giro d’Italia so knapp am Rosa Trikot vorbei

04.05.2024Arensman und Bardet müssen schon sehr früh Federn lassen

(rsn) – Riesig waren die Abstände unter den besten Kletterern des Giro d´Italia auf der 1. Etappe rund um Turin nicht. Und doch dürfte das Thema ´Podium in Rom´ für vier Protagonisten nach den

04.05.2024Pogacar verpasst Rosa, setzt aber eine erste Duftmarke

(rsn) – Tadej Pogacar hat mit seinem UAE Team Emirates alles getan, um schon am ersten Tag des 107. Giro d´Italia das Maglia Rosa zu übernehmen. Die Männer in Weiß arbeiteten auf den 140 Kilomet

04.05.2024Highlight-Video der 1. Etappe des Giro d´Italia

(rsn) – Jhonatan Narvaez (Ineos Grenadiers) hat mit seinem Sieg zum Auftakt des 107. Giro d’Italia das erste Rosa Trikot erobert. Der 27-jährige Ecuadorianer setzte auf der 1. Etappe über 140 Ki

04.05.2024Gasparotto: “Max hat das heute clever gemacht“

(rsn) – Viel fehlte nicht und Maximilian Schachmann (Bora – hansgrohe) hätte zum Auftakt des 107. Giro d’Italia für eine dicke Überraschung gesorgt. Der 30-jährige Deutsche musste sich auf d

04.05.2024Highlight-Video der 7. Etappe der Vuelta Femenina

(rsn) – Marianne Vos (Jumbo – Visma) hat bei der 10. Vuelta Femenina ein weiteres Mal ihren Ruf als stärkste Sprinterin untermauert. Die 36-jährige Niederländerin entschied die 7. Etappe über

04.05.2024Nur Narvaez zum Giro-Auftakt schneller als Schachmann

(rsn) – Maximilian Schachmann (Bora – hansgrohe) hat denkbar knapp einen perfekten Einstieg in den 107. Giro d’Italia verpasst. Der zweimalige Deutsche Meister belegte auf der 1. Etappe über 14

04.05.2024Bénin: Zeitbonifikation kostet Bike Aid den Gesamtsieg

(rsn) - Große Enttäuschung beim Team Bike Aid zum Finale der Tour du Bénin (2.2). Der marokkanische Nationalfahrer Achraf Ed Doghmy gewann die 154 Kilometer lange Schlussetappe nach Cotonou im Spr

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Giro d´Italia (2.UWT, ITA)