WM-Interview mit dem deutschen Shootingstar

Kittel: "Das Team muss zu 100 Prozent funktionieren"

Foto zu dem Text "Kittel:
Marcel Kittel (Skil-Shimano) und John Degenkolb (HTC-Highroad) - hier bei der Bayern-Rundfahrt 2011 - stehen im deutschen WM-Aufgebot | Foto: ROTH

20.09.2011  |  (rsn) – Marcel Kittel (Skil-Shimano) hat in seiner ersten Profisaison bereits 14 Siege eingefahren und wurde dafür mit der Berufung in das deutsche WM-Aufgebot belohnt. Im Interview mit Radsport News äußert sich der 23 Jahre alte Erfurter zu seinen Erwartungen, den Chancen der deutschen Mannschaft und zu den Besonderheiten einer Weltmeisterschaft.

Wie schätzen Sie Ihre Chancen ein, am Sonntag im WM-Straßenrennen zu starten?

Kittel: Ich habe das Ticket schon in der Tasche, also fliege ich morgen von Berlin nach Kopenhagen. Dort werde ich die Mannschaft sehen und dann geht es los mit der endgültigen Vorbereitung.

Wie sieht die konkret aus?

Kittel: Das weiß ich noch nicht so genau. Ich habe natürlich für mich einen Plan, was ich gerne machen möchte. Das muss man ja auch ein bisschen mit den Anderen abstimmen, aber es wird es nicht immer ganz einheitlich sein, da jeder von uns auch aus einer anderen Rennplanung bzw. Trainingsplanung kommt. Ich bin mir aber sicher, dass wir zusammen auch den Sprint trainieren und die Strecke abfahren werden. Wir werden versuchen, uns als Mannschaft zu finden und auch den Großteil der Radausfahrten zusammen machen. Wenn noch jemand Sprints machen möchte oder Motortraining oder etwas anderes, dann macht er das natürlich auch. Ich denke aber, wir werden schon die meiste Zeit als Gruppe trainieren.

Bei André Greipel hat man während der Tour de France gesehen, dass ihm ein eingespielter Sprintzug gefehlt hat. Dabei war er von der Endgeschwindigkeit her mindestens genauso stark wie Cavendish. Wird das deutsche Team das noch mal speziell trainieren?

Kittel: Definitiv, ich denke darauf wird es am Ende auch ankommen. Jeder muss das Vertrauen in den Anderen gewinnen und auch sehen, wie der fährt und sich verhält auf dem Rad. Es ist zwar schwer, in einer Woche den perfekten Sprintzug aufzubauen, weil das auch eine Sache der Praxis ist, die man im Rennen geübt haben muss. Trotzdem haben alle in der Mannschaft viel Erfahrung für einen Sprintzug, daher mache ich mir da keine allzu großen Gedanken. Das wird schon klappen.

Sie sind unglaublich erfolgreich in Ihrer ersten Profisaison und haben vergangenen Freitag sogar gegen den deutschen WM-Kapitän André Greipel gewonnen. Da wurden gleich schon wieder Stimmen laut, ob Sie sich in Kopenhagen mit der Helferrolle zufrieden geben werden?

Kittel: Das wichtigste für mich ist, dass die Mannschaft zusammen zu 100 Prozent funktioniert. Ich denke, das ist der Schlüssel zum Erfolg. Wenn André in Topform ist, gibt es für mich da auch keine Diskussion, dann fahren wir für ihn, das ist vollkommen in Ordnung. Allerdings ist auch sehr wichtig für mich, dass er ehrlich ist: Wenn er z.B. einen schwarzen Tag hat – das kann jedem passieren - sollte er das auch realistisch einschätzen und den anderen Fahrern die Chance geben. John Degenkolb, Danilo Hondo oder auch ich sind starke Fahrer, die, wenn sie einen guten Tag haben, im Finale auch etwas ausrichten könnten.

Das Rennen am Sonntag geht über fast 270 Kilometer. Wie groß ist Ihr Respekt davor?

Kittel: Ich bin diese Distanz in diesem Jahr schon einmal gefahren, bei Paris-Roubaix. Allerdings kann man das wohl nicht vergleichen. Die Distanz ist ungefähr die gleiche, aber die Strecke ist ja komplett anders. Ich habe da schon großen Respekt vor. Es ist das erste Mal, dass ich ein Straßenrennen bei einer WM fahre und die hat ja immer ein bisschen ihre eigenen Gesetze. Daher bedeutet Kopenhagen für mich auch ein Stück weit Erfahrungen sammeln.

Wie Sie schon sagten: Die WM hat ihre eigenen Gesetzte. Das ist ja im Grunde ja eine Floskel. Können Sie beschreiben, was Sie sich darunter vorstellen?

Kittel: Bei der WM geht es um den Weltmeistertitel, der wird einmal im Jahr vergeben. Als Gewinner darf man ein Jahr lang im Regenbogentrikot starten und das ist natürlich eine ganz große Ehre und eine tolle Sache für jeden Radrennfahrer. Genau deswegen ist es für jeden Fahrer ein ganz großes Ziel, das er einmal in seinem Leben erreichen will. Es ist natürlich so, dass alle Mannschaften darauf lauern, denn für die Italiener, die Belgier, die Franzosen, also die großen Radsportländer, ist es ganz besonders wichtig, dass sie den Weltmeistertitel irgendwann mal wieder in ihren Reihen haben. Keiner lässt sich in die Karten schauen und es wird viel taktiert. Am Ende muss man auch das Quäntchen Glück haben, um in der richtigen Gruppe dabei zu sein - oder einfach zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein und ein gutes Ergebnis einzufahren.

Im ersten Profijahr im WM-Kader dabei zu sein, ist doch auch schon eine besondere Ehre, oder?

Kittel: Natürlich! Ich freue mich sehr, dass ich schon in Kopenhagen in den Nationalfarben starten kann, das ist für mich eine super Sache.

Die Saison war für Sie lang und kräftezehrend – wie ist Ihre derzeitige Verfassung?

Kittel: Ja, die Saison war schon lang. Allerdings habe ich immer wieder Pausen dazwischen gemacht, also wirklich auch einmal eine ganze Woche nichts gemacht oder nur ganz wenig. So konnte ich ein bisschen Kraft tanken. Ich bin auch mal fünf Wochen nur zum Training weggefahren und hatte gar keine Wettkämpfe. Von daher fühle ich mich jetzt noch recht fit. Allerdings – das ist dann wieder eine andere Sache – kann man den Kopf meistens nicht so gut abstellen. Beim Körper funktioniert das, wenn man mal Pause macht, aber ich merke jetzt im Kopf, dass die Saison lang war und sehne mich schon ein bisschen nach Ruhe. Aber für die WM kann ich mich auf jeden Fall noch einmal hundertprozentig motivieren.

Was trauen Sie der deutschen Mannschaft im WM-Straßenrennen zu?

Kittel: Wenn wir uns jetzt in der einen Woche finden, gut zusammenarbeiten und auch ein bisschen Glück haben im Rennen, dann haben wir auf jeden Fall Medaillenchancen.

Wer sind Ihrer Meinung nach Eure schärfsten Konkurrenten?

Kittel: Das muss man natürlich davon abhängig machen, ob es zu einem Sprint kommt oder nicht. Wenn das Feld geschlossen ankommt und wir am Ende sprinten, ist Cavendish ein großer Konkurrent, Thor Hushovd und Tyler Farrar vielleicht auch. Wenn aber das Rennen hart gefahren wird und früh auseinander geht und am Ende eine Gruppe steht, dann tippe ich auf Philippe Gilbert. Er ist ein wahnsinnig starkes Jahr gefahren. Aber auch Edvald Boasson Hagen hätte bei einem solchen Rennverlauf gute Chancen.

Weiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößern

Mehr Informationen zu diesem Thema

28.09.2011Wagner: „Einfach nur unprofessionell“

(rsn) - Als Robert Wagner (Leopard-Trek) am vergangenen Sonntag an seinem Wohnsitz in Kelmis um kurz vor 16 Uhr das WM-Finale von Kopenhagen verfolgte, hätte er den Kapitän der deutschen Nationalman

28.09.2011Blythe und Lodewyck folgen Gilbert zu BMC

(rsn) – Der Brite Adam Blythe und der Belgier Klaas Lodewyck folgen ihrem Kapitän Philippe Gilbert am Saisonende von Omega Pharma-Lotto zu BMC. Das US-Team gab zudem die Vertragsverlängerung mit d

27.09.2011Fränk Schleck muss die Saison vorzeitig beenden

(rsn) – Nach einem Sturz im WM-Straßenrennen von Kopenhagen wird Fränk Schleck die Saison vorzeitig beenden. Das teilte sein Leopard-Trek-Team am Dienstag mit. Der 31-Jährige war am Sonntag beim

27.09.2011Hondo: "Wir können stolz auf uns sein!"

(rsn) – Danilo Hondo hat eine positive Bilanz des WM-Straßenrennens von Kopenhagen gezogen und das von André Greipel angeführte deutsche Team für dessen Leistung gelobt – vor allem, da die Man

26.09.2011Die Deutschen haben schon Olympia im Blick

Kopenhagen (dpa/rsn) - Zwei Regenbogentrikots, drei Bronzemedaillen und beeindruckte Konkurrenten: Mit dem besten WM-Auftritt ihrer Geschichte haben die deutschen Radsportler hohe Erwartungen für die

26.09.2011Hushovd: "Nächstes Mal nur mit einem Kapitän"

(rsn) – Der Massensturz auf der 12. Runde des WM-Straßenrennens raubte Thor Hushovd alle Chancen auf die Titelverteidigung. Der Norweger fand sich wie auch Zeitfahrweltmeister Tony Martin im zweite

26.09.2011Freire verpatzte das Finale

(rsn) – Seit einigen Jahren schon jagt Oscar Freire vergeblich seinem vierten WM-Titel hinterher. Auch am Sonntag im Straßenrennen von Kopenhagen klappte es nicht und angesichts seiner 35 Jahre ble

26.09.2011Goss: "Ich bekomme noch einige Chancen"

(rsn) – Matthew Goss hat im WM-Straßenrennen von Kopenhagen den australischen Medaillensatz bei den Titelkämpfen der vergangenen drei Jahre komplettiert. 2009 gewann Cadel Evans die Goldmedaille,

26.09.2011Greipel: Bronze gewonnen oder Gold verloren?

Kopenhagen (dpa/rsn) - André Greipel nannte seine Bronzemedaille ein „super Ergebnis“ - und dennoch schien der deutsche Kapitän der vergebenen Chance nachzutrauern, erstmals seit 45 Jahren wied

25.09.2011Greipel: "Ich hab´s vermasselt"

Kopenhagen (dpa) - André Greipel hat zum Abschluss der Straßen-WM die fünfte Medaille für den Bund Deutscher Radfahrer (BDR) gewonnen. Der Hürther freute sich über seine Bronzemedaille, haderte

25.09.2011Gilbert trat die Kapitänsrolle an Roelandts ab

(rsn) – Als einer der großen Favoriten ist Philippe Gilbert am Sonntag an den Start des WM-Straßenrennens in Kopenhagen gegangen. Der in diesem Jahr bei den Klassikern so übermächtige Belgier ko

25.09.2011Cancellara verpasst Bronze um Millimeter

(rsn) – 2011 ist nicht das Jahr von Fabian Cancellara. Der Schweizer konnte in der laufenden Saison zwar fünf Rennen gewinnen, doch der ganz große Sieg war nicht dabei. Im Frühjahr gelang Cancell

Weitere Radsportnachrichten

26.04.2024Teutenberg büßt Führung ein, peilt nun aber Gesamtwertung an

(rsn) - Auf der 2. Etappe der Tour de Bretagne (2.2) hat Tim Torn Teutenberg (Lidl - Trek Future Racing) das hellgrüne Trikot des Gesamtführenden abgeben müssen. Der 21-Jährige aus Mettmann, der

26.04.2024Bike Aid nach Türkei-Königsetappe “etwas enttäuscht“

(rsn) - Aufgrund der starken Leistungen an den ersten fünf Tagen und der guten Ausgangssituation für die Kletterer im Team ging Bike Aid optimistisch in die Königsetappe der Türkei-Rundfahrt (2.P

26.04.2024McNulty gewinnt Zeitfahren, Teamkollege Ayuso holt Gelb

(rsn) – 142 Fahrer lang musste Brandon McNulty (UAE Team Emirates) warten, ehe er endgültige Gewissheit darüber hatte, dass ihm seine 20:06 Minuten für das 15,5 Kilometer lange Zeitfahren auf der

26.04.2024Vermeersch von Lotto - Dstny zum UAE Team Emirates?

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Profiradsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder RÃ

26.04.2024Van den Broek nach Sieg auf Königsetappe neuer Spitzenreiter

(rsn) – Mit seinem Sieg auf der Königsetappe hat Frank van den Broeck (dsm-firmenich – PostNL) die Führung im Gesamtklassement der 59. Türkei Rundfahrt (2.Pro) übernommen. Der 23-jährige Nie

26.04.2024Die Startliste des Einzelzeitfahrens der Tour de Romandie

(rsn) – Der Belgier Stan Van Tricht (Alpecin – Deceuninck) eröffnet um 14.24 Uhr das Einzelzeitfahren der 77. Tour de Romandie, bei dem rund um Oron 15,5 Kilometer auf dem Programm stehen. Die S

26.04.2024Türkei: Van Poppel zur Königsetappe nicht mehr angetreten

(rsn) – Danny van Poppel (Bora – hansgrohe) ist nicht mehr zur Königsetappe der Türkei-Rundfahrt angetreten. Wie sein Team auf X meldete, haben sich der Niederländer am Morgen unwohl gefühlt.

26.04.2024Vollering, ´ELB´ & Niewiadoma kämpfen um erste GT der Saison

(rsn) – Die erste Grand Tour der Saison beginnt nicht erst am 4. Mai in Italien, sondern bereits am Sonntag in Valencia. Zugegeben: Die Vuelta Espana Femenina (28. April - 5. Mai) ist keine dreiwöc

26.04.2024Evenepoel nach schwerem Sturz auf dem Weg zurück

(rsn) – Drei Wochen nach seinem schweren Sturz bei der Baskenland-Rundfahrt hat Remco Evenepoel (Soudal – Quick-Step) erstmals wieder im Freien trainiert. Wie der Zeitfahrweltmeister auf der Train

26.04.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir jeden Morg

25.04.2024Highlight-Video der 2. Etappe der Tour de Romandie

(rsn) – Thibau Nys (Lidl – Trek) hat auf der 2. Etappe der Tour de Romandie (2.UWT) seinen bisher größten Sieg auf der Straße gefeiert. Der 21-jährige Belgier setzte sich über 171 Kilometer

25.04.2024Die Aufgebote für den 107. Giro d´Italia

(rsn) – Am 4. Mai beginnt in Venaria Reale nördlich von Turin mit dem Giro d’Italia (2.UWT) die erste Grand Tour des Jahres. Insgesamt 176 Fahrer aus 22 Teams nehmen die 107. Ausgabe der Italien-

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Tour de Romandie (2.UWT, SUI)
  • Radrennen Männer

  • Presidential Cycling Tour of (2.Pro, TUR)
  • Gracia Orlová (2.2, CZE)
  • Tour de Bretagne (2.2, FRA)
  • Tour of the Gila (2.2, USA)