Wagners Tour-Tagebuch

Sagan an Coolness mal wieder nicht zu überbieten

Von Robert Wagner / Sebastian Paddags

Foto zu dem Text "Sagan an Coolness mal wieder nicht zu überbieten"
Robert Wagner (LottoNL-Jumbo) | Foto: Cor Vos

04.07.2017  |  (rsn) - "Dicker - ich bin klapperklar, kannst Du mich hören?"

Diese Worte sprach Wagis zarte Stimme heute (Montag) gegen 18:41 Uhr am anderen Ende der Leitung. Zugegeben: Wagi klang tatsächlich richtig fertig mit der Welt und man hätte fast etwas Mitleid bekommen können - fast. Da ich seit gestern ja leider erst mal nicht mehr live an der Strecke bin, sondern mittlerweile wieder zurück in Berlin, ist vorerst ein tägliches Telefonat mit Wagi angesagt.

Heute rief er mich an, als ich grade zusammen mit dem neuen Deutschen Meister im Punktefahren Henning Bommel eine Runde trainieren fuhr. Das erklärt sicherlich auch, warum ich persönlich in dem Moment gar keine Zeit für Mitleid hatte, da ich ehrlich gesagt froh war, überhaupt das Telefon aus der Tasche ziehen zu können... Das Interview wurde also weiter nach hinten verschoben und ich behaupte mal, Wagi war das auch nicht ganz unrecht, denn wer telefoniert schon gerne mit jemandem, der immerzu doofe Fragen stellt, wenn er selbst grade nicht mal weiß, wo oben und unten ist? 

Neuer Anlauf also kurz nach 9 und im Anschluss an Wagis Abendessen. "So Dicker, ich habe es geschafft und liege jetzt hier schön in der 'Wagnerrechten', denn das Essen ist rum.“ Wagi klang schon wieder deutlich lebendiger und ich merkte ihm an, dass er das Finale der Etappe inzwischen etwas verdaut hatte.

Das Team LOTTO NL JUMBO hat so wie alle anderen Teams bei der Tour de France natürlich auch einen eigenen Koch für die Fahrer dabei und in diesem speziellen Fall ist das sogar einer mit ordentlichem Bezug zu den Rennfahrern. Jesper Boom, der Bruder von Lars Boom, zaubert täglich für die "Jumbos“ nur das Beste aus Topf und Pfanne! Wagi ist, was das Kalorienzählen angeht, ja relativ entspannt und gönnt sich auch mal 'nen Stück Schokolade oder einen Keks zum Kaffee - andere Teamkollegen sind da aber durchaus viel penibler und stimmen sich dann mit dem Koch auch sehr detailliert ab.

Die 3. Etappe begann für Wagi und seine Jungs relativ entspannt, da sie einerseits nur 600 Meter vom Start entfernt im Hotel waren (in einem sehr guten noch dazu - und das ist bei der Tour nicht immer so!) und andererseits war der Start der Etappe zu 80 Prozent identisch mit dem der Ster ZLM Tour von vor einigen Tagen. Ausschlafen und wissen, was einen erwartet, war also zunächst angesagt und am Vorabend gabs für Wagi auch noch mal Besuch von der Familie. Somit waren die Rahmenbedingungen also schon mal super und das Wetter spielte obendrein auch noch mit - trocken und angenehm warm.

Wer mal wieder nicht mitspielte, waren dann leider wie so oft die anderen Kollegen in den bunten Trikots: "Auf den ersten 15 Kilometern haben wir uns alle wieder schön gegenseitig die Fresse poliert. Eigentlich waren schnell drei Mann inklusive Nils (Politt) weg, aber dann wollten da unbedingt noch mal drei Mann hin - aua!

Da das Feld heute den ganzen Spaß auch sehr stark kontrolliert hat, kamen die Jungs vorne auch nie mehr als zweieinhalb Minuten weg. Bis die Ausreißer das aber realisiert haben, ist leider eine Weile vergangen und so fuhren die Burschen vorne ewig am Anschlag, aber wir hinten ebenso. Kneesi & Co. hatten folglich schön zu tun an der Spitze des Feldes. Da ich selbst heute im Finale natürlich absolut keine Aktien hatte, war für mich klassisches Helfen angesagt und ich holte öfters mal ein paar Flaschen von hinten. Leider war ich auch grade mit Flaschen beladen, als dann rund 60 Kilometer vor Schluss noch mal drei Fahrer nach vorne dazu gesprungen sind...und da kommt dann natürlich auch immer Freude auf.

Die letzten 50 Kilometer waren somit heute wieder einmal ein Beweis dafür dass die Tour nicht ohne Grund so besonders ist. Härter wäre es einfach nicht gegangen. Nach dem Rennen haben auch alle wieder gejammert, weil es es ja so schnell war...Aber genau die Jungs sind es dann, die morgen wieder attackieren! Willkommen in meiner Welt!

Zum Glück haben fünf Kilometer vor dem Ziel die ersten reißen lassen und das war dann auch mein Zeichen zum Aufatmen!

Was Peter Sagan da heute veranstaltet hat, ist wohl auch mal wieder an Coolness nicht zu übertreffen. Da rutscht der aus der Pedale und es sieht so aus, als wäre es das Normalste auf der Welt, dann einfach wieder ein zu klicken, weiter zu sprinten und die Etappe zu gewinnen. Die Jubelpose hat er sich bestimmt auch schon vorher überlegt. Wahnsinn! Mich persönlich freut es übrigens, unabhängig von der Konkurrenz der Teams, sehr, dass das Team Bora nun seinen ersten Tour-Etappensieg hat. Der Sponsor hat sich da was getraut und ordentlich investiert. Peter zahlt das nun zurück. Wunderbar!

Daher hätte es mich auch für Tony und Alpecin sehr gefreut, wenn es mit dem Prolog geklappt hätte. Schön, dass der Radsport für deutsche Sponsoren wieder interessant ist!

Übrigens bin ich heute 'ne Weile hinter Thomas 'Titi' Voeckler gefahren. Bei Ihm müsst Ihr mal im Rennen auf das Gesicht achten - solche Verrenkungen in der Mimik macht kein anderer! Heute habe ich bemerkt, dass er tatsächlich mit nur einem Flaschenhalter unterwegs ist. Wird Trinken jetzt überbewertet? Oder ist das eine neue Masche zur Gewichtsersparnis? Ich beobachte das wohl mal weiter!

Ebenfalls unklassisch hinsichtlich des Transports von Rennverpflegung ist Nacer Bouhanni. Der Kollege scheint eine Allergie gegen ausgebeulte Trikottaschen zu haben, denn bei ihm ist niemals ein Riegel oder Gel im Trikot zu sehen. Der schnelle Franzose lässt sich schön von seinen Teamkollegen beliefern. Auch ganz geil eigentlich...Aber auch wirklich nicht ganz normal.

Nun gut, morgen gehts weiter: Nach den rund 2700 Höhenmetern heute (sah weniger schlimm aus auf dem Papier!) wird es morgen zwar mit über 200 Kilometern wieder recht lang, dafür aber flacher. Wir setzen folglich wieder voll auf die Karte Sprint und ich hoffe, beim Lead-Out kann ich mich für unseren Dylan (Groenewegen) ordentlich in Szene setzen!“

Bis moin,
Euer Wagi feat. Paddi

PS: Solltet Ihr Fragen, Wünsche, Anregungen oder sonstige erheiternde Beiträge haben, sind wir natürlich gerne für Euch da! Schreibt uns an: sebastian.paddags@yahoo.de

Mehr Informationen zu diesem Thema

24.07.2017Etappensieg für Dylan!

(rsn) - Hallo liebe Gemeinde, wenn Ihr das Finale der letzten Etappe am gestrigen Abend mitverfolgt habt, ist Euch sicherlich nicht entgangen, dass der Traum: "Etappensieg für Dylan“ nun wirklich a

23.07.2017Vier Typen im Verfolgungsmodus an der Wand von Marseille

(rsn) - Marseille, eine Stadt, die in meiner sportlichen Laufbahn noch nicht allzu oft in Erscheinung getreten ist und somit eine Stadt, die mich heute sehr positiv überrascht hat. Bereits beim War

22.07.2017Eine arbeitnehmerfreundliche Sportaktivität

(rsn) - Du weißt, dass Du es nun beinahe geschafft hast, wenn "der Dicke“ Dich am Telefon mit den Worten "Gratu! Wenn Du Dich jetzt nicht noch völlig behindert anstellst, dann sollte ja Paris für

21.07.2017Gar nicht mal so lahm für einen "Ruhetag"

(rsn) - Sollte der Sportsfreund Thomas "The Duracell Hase“ De Gendt am Sonntag in Paris NICHT die rote Nummer für den angriffslustigsten Fahrer gewinnen, dann läuft irgendwas falsch - und zwar gew

20.07.2017Champagner - Rogla holt den Etappensieg für unser Team!

(rsn) - Hallo Freunde. Der Mittwoch brachte wirklich mehr als eine akute Reizüberflutung mit sich. Ich fange am besten mal ganz vorne an, denn dann laufe ich nicht Gefahr, irgendwas zu vergesse

18.07.2017Ein Ruhetag zur rechten Zeit

(rsn) - So ein Ruhetag zur rechten Zeit ist doch was Feines! Die Sonne scheint, es ist angenehm warm und wir sind in St. Etienne. Es ist wirklich schön hier, und wenn ich nicht noch eine komplette

17.07.2017Gesichtslähmung dank "Google Maps"

(rsn) - Heute weiß ich schon wieder gar nicht, wo ich anfangen soll. Ich liege hier grade auf dem Rückweg von der Etappe zum Hotel auf´m Boden unseres Teambusses und mache mich lang. Inzwischen ken

16.07.2017De Gendt brachte den Asphalt zum Schmelzen

(rsn) - Die Tour bleibt spannend, Froomey hat seine gelbe Trikotage zurück, Aru fährt nun wieder als "Italiener“ durch Frankreich, und dieses Finale heute (Samstag) war auf jeden Fall mal wieder s

15.07.2017It´s always good to have an Eisel in the Gruppetto

(rsn) - Vorweg ein paar "angeschwitzt, knackige“ Minuten auf der Rolle. Im Hauptgang einhundert und eins "bezaubernde“ Kilometer, garniert mit drei "herausragenden“ Cols, serviert an übertrie

14.07.2017Bergfahren ist eine andere Sportart

(rsn) - Ein Blick in´s Tourbuch weckt Erinnerungen in meinem Radfahrergedächtnis. Dieses Finale kommt mir doch irgendwie bekannt vor. Waren wir da letztes Jahr bei der Tour nicht auch? Immerhin hatt

13.07.2017Tausche Salami gegen Leberwurst!

(rsn) - Hallo aus Pau. Auf die Plätze, fertig…los. Bei Kilometer 0 nehmen drei Mann, darunter natürlich einer von Wanty, ihre Beine in die Hand, fahren um ihr Leben - und einer von ihnen schafft e

12.07.2017Bak hatte Bock!

(rsn) - Etappe Numero 10 durch die Dordogne war in doppelter Hinsicht besonders. Einerseits kennen wir die Region hier wie erwähnt noch aus U23-Zeiten und andererseits war auch Paddi an diesem Dienst

Weitere Radsportnachrichten

26.04.2024Helferrolle bei der Vuelta: Vorjahresfünfte Bauernfeind kränkelt

(rsn) – Im vergangenen Jahr hat eine Deutsche bei der Vuelta Espana Femenina die Weltspitze überrascht und ist bei den Bergankünften am Mirador de Penas Llanas und an den Lagos de Covadonga mit de

26.04.2024Teutenberg büßt Führung ein, peilt nun aber Gesamtwertung an

(rsn) - Auf der 2. Etappe der Tour de Bretagne (2.2) hat Tim Torn Teutenberg (Lidl - Trek Future Racing) das hellgrüne Trikot des Gesamtführenden abgeben müssen. Der 21-Jährige aus Mettmann, der

26.04.2024Bike Aid nach Türkei-Königsetappe “etwas enttäuscht“

(rsn) - Aufgrund der starken Leistungen an den ersten fünf Tagen und der guten Ausgangssituation für die Kletterer im Team ging Bike Aid optimistisch in die Königsetappe der Türkei-Rundfahrt (2.P

26.04.2024McNulty gewinnt Zeitfahren, Teamkollege Ayuso holt Gelb

(rsn) – 142 Fahrer lang musste Brandon McNulty (UAE Team Emirates) warten, ehe er endgültige Gewissheit darüber hatte, dass ihm seine 20:06 Minuten für das 15,5 Kilometer lange Zeitfahren auf der

26.04.2024Vermeersch von Lotto - Dstny zum UAE Team Emirates?

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Profiradsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder RÃ

26.04.2024Van den Broek nach Sieg auf Königsetappe neuer Spitzenreiter

(rsn) – Mit seinem Sieg auf der Königsetappe hat Frank van den Broeck (dsm-firmenich – PostNL) die Führung im Gesamtklassement der 59. Türkei Rundfahrt (2.Pro) übernommen. Der 23-jährige Nie

26.04.2024Die Startliste des Einzelzeitfahrens der Tour de Romandie

(rsn) – Der Belgier Stan Van Tricht (Alpecin – Deceuninck) eröffnet um 14.24 Uhr das Einzelzeitfahren der 77. Tour de Romandie, bei dem rund um Oron 15,5 Kilometer auf dem Programm stehen. Die S

26.04.2024Türkei: Van Poppel zur Königsetappe nicht mehr angetreten

(rsn) – Danny van Poppel (Bora – hansgrohe) ist nicht mehr zur Königsetappe der Türkei-Rundfahrt angetreten. Wie sein Team auf X meldete, haben sich der Niederländer am Morgen unwohl gefühlt.

26.04.2024Vollering, ´ELB´ & Niewiadoma kämpfen um erste GT der Saison

(rsn) – Die erste Grand Tour der Saison beginnt nicht erst am 4. Mai in Italien, sondern bereits am Sonntag in Valencia. Zugegeben: Die Vuelta Espana Femenina (28. April - 5. Mai) ist keine dreiwöc

26.04.2024Evenepoel nach schwerem Sturz auf dem Weg zurück

(rsn) – Drei Wochen nach seinem schweren Sturz bei der Baskenland-Rundfahrt hat Remco Evenepoel (Soudal – Quick-Step) erstmals wieder im Freien trainiert. Wie der Zeitfahrweltmeister auf der Train

26.04.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir jeden Morg

25.04.2024Highlight-Video der 2. Etappe der Tour de Romandie

(rsn) – Thibau Nys (Lidl – Trek) hat auf der 2. Etappe der Tour de Romandie (2.UWT) seinen bisher größten Sieg auf der Straße gefeiert. Der 21-jährige Belgier setzte sich über 171 Kilometer

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Tour de Romandie (2.UWT, SUI)
  • Radrennen Männer

  • Presidential Cycling Tour of (2.Pro, TUR)
  • Gracia Orlová (2.2, CZE)
  • Tour de Bretagne (2.2, FRA)
  • Tour of the Gila (2.2, USA)