Atemberaubendes Triell beim Weltcup

Van der Poel ringt Van Aert und Pidcock in Gavere nieder

Von Kevin Kempf

Foto zu dem Text "Van der Poel ringt Van Aert und Pidcock in Gavere nieder"
Mathieu van der Poel (Alpecin – Deceuninck) an einem der kurzen, steilen Anstiege in Gavere. | Foto: Cor Vos

26.12.2022  |  (rsn) – Eine Stunde Werbung für den Querfeldeinsport – und die Gewinner waren letztendlich Mathieu van der Poel (Alpecin – Deceuninck) und die Zuschauer. Der Niederländer lieferte sich mit dem Tageszweiten Wout van Aert (Jumbo – Visma) und dem Drittplatzierten Tom Pidcock (Ineos Grenadiers) bis zur Vorschlussrunde einen packenden Dreikampf, bei dem die Rennsituation sich ständig änderte und bis zur entscheidenden Attacke nie ersichtlich wurde, wer das Rennen für sich würde entscheiden können.

Vierter wurde Michael Vanthourenhout (Pauwels Sauzen – Bingoal), der bis zur Rennhälfte gut mit den Großen Drei mithalten konnte, vor Lars van der Haar (Baloise – Trek Lions) und Laurens Sweeck (Crelan – Fristads), der als Tagessechster die Weltcupführung verteidigte.

Nachdem es bei seinen letzten beiden Wettkämpfen in Val di Sole und Mol für ihn nicht nach Wunsch lief, fuhr van der Poel in Gavere wie entfesselt. Eine Prestigefrage war der Sieg im Triell für ihn aber nicht. "Ich wollte einfach gewinnen. Ich war festentschlossen ein gutes Resultat zu erzielen", erzählte der vierfache Weltmeister nach seinem dritten Saisonsieg im Ziel-Interview.

An den Triumph in Gavere wird er sich nach seiner Winterkampagne sicher gern zurückerinnern, denn nicht nur der Dreikampf war spannend, auch die Kulisse stimmte. "Es ist ein sehr fairer Parcours. Er ist schwer und technisch. Es waren auch wirklich viele Zuschauer da und ich habe es heute genossen", so der Sieger nach seinem Erfolg beim Klassiker.

Van Aert wirkte im Führungstrio am schwächsten. Er kämpfte sich aber trotzdem mehrmals zurück ins Rennen und ließ Pidcock im Finale sogar noch deutlich hinter sich. Im Interview bestätigte er den optischen Eindruck: "Ich hatte nie das Gefühl, um den Sieg mitzufahren. Ich musste gleich nach dem Start in die Verfolgung gehen und habe nie meinen Rhythmus gefunden. Ich muss mit Platz zwei zufrieden sein – mehr war heute nicht drin", bilanzierte der Flame.

Anders erging es dem Tagesdritten. "Ich bin schon ein klein wenig enttäuscht", gab Pidcock nach dem Rennen zu. Zwischenzeitlich lag er zehn Sekunden in Front. "Ich hatte Probleme mit den Schuhen und kam nicht mehr gut ins Pedal. Aber ich war auch einfach nicht stark genug. Zwischenzeitlich hatte ich das Gefühl gewinnen zu können, aber beim Laufen wurde mein Rad immer schwerer und es fühlte sich an, als hätte ich ein Auto auf der Schulter", blickte der Brite zurück. "Hätte mein Rad nur mal einen Motor wie ein Auto", scherzte er weiter.

Im Klassement büßte Sweeck zwei Punkte auf Vanthourenhout ein. Der Europameister ist mit 21 Zählern Rückstand weiterhin Zweiter. Der Drittplatzierte Eli Iserbyt (Pauwels Sauzen – Bingoal) musste verletzungsbedingt auf seinen Start verzichten. Das zwölfte Rennen der Serie findet am 8. Januar in Zonhoven statt.

Silas Kuschla (Stevens) wurde in der vierten Runde aus dem Rennen genommen und als 51. gewertet. Damit war der 18-Jährige der beste der acht deutschen Starter.

So lief das Rennen:

90 Fahrer gingen um 15:10 Uhr ins Rennen. Besonders motiviert schien dabei van der Poel, der aus der zweiten Reihe gestartet war aber schon in der Abfahrt der Auftaktrunde das Kommando übernahm. Schon bevor der Anstieg begann, setzte er sich ein wenig vom großen Pulk ab. Pidcock, der als einziger den gesamten Berg auf dem Rad absolvierte, kam als einziger an den Alpecin-Profi heran. Bei der ersten Zielpassage hatte van Aert als Dritter neun Sekunden Rückstand auf das Duo.

Ein platter Hinterreifen in der Abfahrt machte es van der Poel dann unmöglich, seinem britischen Begleiter zu folgen. Er verlor neun Sekunden und reihte sich direkt vor van Aert und Vanthourenhout ein. Im folgenden Anstieg fuhr und lief van der Poel die Lücke zu Pidcock zu, bevor er durch einen technischen Fehler wieder hinter Van Aert zurückfiel. Unter dem Tempodiktat des Belgischen Meisters wuchs der Rückstand des Duos aber wieder auf neun Sekunden an.

Van der Poel und van Aert wechselten sich nun gut ab und holten im Anstieg des dritten von sechs Umläufen den Weltmeister, der erneut auf dem Rad blieb und dadurch Zeit einbüßte, wieder ein. Auch Vanthourenhout hatte noch nicht aufgegeben und lag nur fünf Sekunden hinter dem Spitzentrio. Während sich der Niederländer wenig später vorn absetzte, schloss der Europameister von hinten auf. Van der Poel fuhr nun wie entfesselt und hatte zur Rennhälfte 14 Sekunden Vorsprung auf Pidcock und van Aert. Vanthourenhout hatte durch einige technische Fehler weitere elf Sekunden eingebüßt.

Pidcock fuhr nun eine gute Abfahrt. Er gewann drei Sekunden auf den Führenden und schüttelte van Aert ab. In den folgenden Minuten wurde zwischen den Top Drei um jede Sekunde gekämpft. Die vierte Runde beendete van der Poel fünf Sekunden vor Pidcock und derer sieben vor van Aert. In der folgenden Abfahrt war erneut der Weltmeister der Beste der Drei. Er kam zu van der Poel vor und auch van Aert blieb in Schlagdistanz und kam im langen Anstieg wieder heran.

Das missfiel dem Alpecin-Profi: Van der Poel erhöhte erneut die Schlagzahl und löste sich in dem ihm am besten liegenden Teil der Strecke erneut – und nun drehte er endgültig voll auf, um das Rennen zu entscheiden. Eingangs der Schlussrunde lag er 14 Sekunden vor van Aert und 25 Sekunden vor Pidcock. Im Hintergrund hatte sich van der Haar an Sweeck vorbeigekämpft, Vierter war weiterhin Vanthourenhout, der aber bereits 1:19 Minuten zurücklag.

Im Finale änderte sich ganz vorn nichts mehr. Van Aert wurde mit 27 Sekunden Rückstand Zweiter hinter van der Poel. Pidcock verlor 54 Sekunden und kam als Dritter ins Ziel.

Results powered by FirstCycling.com

Mehr Informationen zu diesem Thema

19.04.2024UCI veröffentlicht kompakten Cyclocross-Weltcup-Kalender

(rsn) – Der vom Radsportweltverband UCI präsentierte Cross-Weltcup-Kalender 2024/25 weist einige bemerkenswerte Änderungen auf. So wurde die Anzahl der Rennen von 14 auf 12 reduziert, die zudem al

02.03.2024Neue Regeln sollen Crossstars zur Weltcup-Teilnahme zwingen

(rsn) – Die vielen Absagen von Topfahrern für die Cyclocross-Weltcups waren sowohl der UCI als auch Veranstalter Flanders Classics in diesem Winter ein Dorn im Auge. Schon während der Saison rausc

19.02.2024Iserbyt feiert beim X2O-Finale in Brüssel seinen 50. Sieg

(rsn) – Eli Iserbyt (Pauwels Sauzen – Bingoal) hat in Brüssel den finalen Lauf der X2O Badkamers Trofee 2023/24 gewonnen und den Zielstrich dabei 3:15 Minuten vor Lars van der Haar (Baloise – T

19.02.2024Brand verabschiedet sich mit zwei Siegen aus dem Cross-Winter

(rsn) – Lucinda Brand (Baloise – Trek Lions) hat ihre Cross-Saison bis zum Schluss durchgezogen und sich am letzten Wochenende des Querfeldein-Winters noch zwei Siege gesichert: Am Samstag gewann

11.02.2024Sprachloser Vandeputte gewinnt in Lille erstmals einen Topcross

(rsn) - Niels Vandeputte (Alpecin – Deceuninck) hat in Lille den größten Erfolg seiner Karriere gefeiert. Der 23-Jährige gewann beim siebten und vorletzten Lauf der X2O Trofee erstmals einen Cros

10.02.2024Iserbyt triumphiert nach Wiederauferstehung in Middelkerke

(rsn) – Trotz einer zwischenzeitlichen Schwächephase hat Eli Iserbyt (Pauwels Sauzen – Bingoal) in Middelkerke das Superprestige-Finale gewonnen und sich wie bereits im Vorjahr das Klassement der

10.02.2024Alvarado sichert sich ihren dritten Superprestige-Titel

(rsn) - Lucinda Brand (Baloise – Trek Lions) hat das Superprestige-Finale in Middelkerke gewonnen. 1:15 Minuten hinter ihr wurde Laura Verdonschot (De Ceuster – Bonache) Zweite. Den dritten Rang s

04.02.2024Van der Poel: “Das härteste Rennen, das ich je hier gefahren bin“

(rsn) – Das lateinische Zitat "veni, vidi, vici", welches Julius Cäsar zugeschrieben wird, passte auch perfekt zum Auftritt von Mathieu van der Poel bei den Cross-Weltmeisterschaften 2024 in Tabor

04.02.2024Emotionales WM-Finale! Stybar tritt unter Tränen ab

(rsn) – Als Mathieu van der Poel schon seine ersten Siegerinterviews gab, folgte das wohl emotionale Highlight des WM-Wochenendes im tschechischen Tabor, als der dreifache Weltmeister Zdenek Stybar

04.02.2024Backstedt: “Es hat sich alles wie in Zeitlupe angefühlt“

(rsn) - Sie war die große Favoritin im U23-Rennen der Frauen bei den Cyclocross-Weltmeisterschaften im tschechischen Tabor und am Ende setzte sich die Britin Zoe Backstedt überlegen durch. Doch was

03.02.2024Van Empel: “Ich habe mein Ding gemacht“

(rsn) – Der Frauen-Crosssport bleibt fest in niederländischer Hand. Das unterstrich der vierfache Triumph der Oranje-Fahrerinnen am Samstag bei den Weltmeisterschaften im tschechischen Tabor. Wie s

03.02.2024Brandau hatte in Tabor die Beine für Platz fünf

(rsn) – Vor 14 Jahren stand Elisabeth Brandau das erste Mal bei Cross-Weltmeisterschaften am Start. 2018 holte sie als Fünfte ihr bestes Ergebnis und dieses hätte sie im zarten Alter von 38 Jahren

Weitere Radsportnachrichten

13.05.2024Mit Rouvy Grand-Tour-Recon im Wohnzimmer?

(rsn) - Analoge und digitale Welten verschränken sich immer mehr, auch beim Radsport. Auf besondere Weise dreht Rouvy mittlerweile die Schraube weiter. Auf der 2017 von den Brüdern Petr und Jiri Sam

13.05.2024Bergankunft Nr. 3: Kurze Etappe, langer Schlussanstieg

(rsn / ProCycling) – Schon in der ersten Woche des 107. Giro d´Italia hat es Ausreißversuche gegeben, die von Erfolg gekrönt waren. Doch erst die 10. Etappe durch den südlichen Apennin weist ein

13.05.2024Erholter Démare kehrt in Dünkirchen ins Feld zurück

(rsn) – Nachdem er aufgrund von Erschöpfungserscheinungen seine Klassikerkampagne bereits nach Gent-Wevelgem am 27. März hatte beenden müssen, kehrt Arnaud Démare (Arkéa - B&B Hotels) in seiner

13.05.2024Thomas kritisiert Neapels Straßen: “War ein absolutes Gemetzel“

(rsn) – Ein astreiner Massensprint und breite Straßen auf den letzten Kilometern: Auf den ersten Blick war das Finale der 9. Etappe beim Giro d´Italia in Neapel nichts Besonderes. Doch im Peloton

13.05.2024Die letzten Hügel taten Milans Beinen weh

(rsn) – Im vergangenen Jahr musste sich Jonathan Milan in Neapel am Ende der damaligen 6. Giro-Etappe Mads Pedersen geschlagen geben. Damals stand der Italiener noch bei Bahrain Victorious unter Ver

13.05.2024Bringt der Flèche du Sud den erhofften “Bumms“?

(rsn) - Gleich fünf der neun deutschen Kontinental-Teams waren in der vergangenen Woche beim Fléche du Sud (2.2) dabei. In Luxemburg standen sie allerdings zumeist im Schatten ihrer für internatio

12.05.2024Trotz widriger Umstände rast Kooij beim Giro zum ersten Sieg

(rsn) - Die ersten beiden Massensprints des diesjährigen Giro d’Italia (2. UWT) liefen nicht nach dem Geschmack von Olav Kooij und seinem Team Visma – Lease a Bike. Doch die dritte Chance konnte

12.05.2024Krieger bei Sturz auf 9. Giro-Etappe schwer verletzt

(rsn) – Nach einem schweren Sturz im Finale der 9. Etappe musste Alexander Krieger mit schweren Verletzungen ins Krankenhaus gebracht werden. Wie sein Team Tudor am Abend auf X mitteilte, sei der St

12.05.2024Auch ohne Sieg ist Buchmann ein Gewinner der Ungarn-Rundfahrt

(rsn) – Den Frust über seine Giro-Ausbootung hat Emanuel Buchmann (Bora – hansgrohe) in viel Angriffslust umgewandelt. Nachdem er bereits am 1. Mai bei Eschborn-Frankfurt (1.UWT) mit einer offens

12.05.2024Kooj triumphiert im Sprint-Krimi von Neapel vor Milan

(rsn) – Olav Kooij (Visma – Lease a Bike) hat die 9. Etappe des 107. Giro d’Italia im Massensprint gewonnen. Nach 214 Kilometern mit Start in Avezzano und Ziel in Neapel jagte er auf den letzten

12.05.2024Flèche du Sud: Teutenberg-Team am Schlusstag auf 1-2-3

(rsn) – Der Flèche du Sud (2.2) ist für viele der deutschsprachigen Fahrer und Teams erfreulich zu Ende gegangen. Am Schlusstag feierte Tim Torn Teutenberg mit seinem Team Lidl – Trek Future Ra

12.05.2024Narvaez: “Manchmal klappt es und manchmal nicht“

(rsn) – Rund 30 Meter fehlten Jhonatan Narvaez (Ineos Grenadiers) im Finale der 9. Etappe des Giro d’Italia (2.UWT) – stattdessen ging der Sieg an Olav Kooij (Visma – Lease a Bike). Die letzte

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Giro d´Italia (2.UWT, ITA)
  • Radrennen Männer

  • Tour d´Algérie (2.2, DZA)