Jumbo-Dominanz beim ersten Pflasterklassiker

Van Baarle mit Instinkt und Soloritt zum Omloop-Triumph

Von Felix Schönbach

Foto zu dem Text "Van Baarle mit Instinkt und Soloritt zum Omloop-Triumph"
Dylan van Baarle (Jumbo - Visma) hat den Omloop Het Nieuwsblad gewonnen. | Foto: Cor Vos

25.02.2023  |  (rsn) - Auch ohne Titelverteidiger Wout Van Aert dominierte Jumbo – Visma den Auftakt der Klassikersaison. Der Niederländer Dylan van Baarle gewann den Omloop Het Nieuwsblad als Solist vor Arnaud De Lie (Lotto – Dstny) und seinem Teamkollegen Christophe Laporte. Aus dem Feld heraus sprintete Nils Politt (Bora hansgrohe) nach 207 Kilometern auf den siebten Rang.

Van Baarle griff 38 Kilometer vor dem Ziel an und hielt seine Verfolger souverän auf Distanz. "Die Attacke war Instinkt. Darauf hat mich auch das Team angewiesen. Es war eine harte Sektion im Rennen und ich habe mich entschieden anzugreifen", schilderte der Jumbo-Neuzugang seinen entscheidenden Angriff nach dem Molenberg. Dabei nutzte er geschickt einen Moment des Zögerns unter den weiteren Favoriten.

Von entscheidender Bedeutung war auch, dass die gelben Trikots von Jumbo – Visma im gesamten Rennverlauf stets nahe der Spitze des Feldes zu sehen waren, um Konterattacken zu unterbinden und die Nachführarbeit zu erschweren. "Die Jungs haben vom Start weg einen tollen Job gemacht. Ich kann ihnen gar nicht genug für den Sieg danken. Es war unser Plan das Rennen hart zu machen und die Jungs sind unglaublich gefahren", lobte van Baarle.

Jumbo – Visma auch ohne Kapitän Van Aert eine Klasse für sich

In Abwesenheit von Kapitän Van Aert hat die Klassikertruppe von Jumbo – Visma bewiesen, dass sie in diesem Frühjahr die Mannschaft sein wird, die es zu schlagen gilt. "Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Wir hatten ein tolles Teamcamp nach einem langen Winter mit vielen Einheiten. Am Ende hat es sich ausgezahlt. Die Beine waren richtig gut und da musst du halt etwas rausholen", verdeutlichte van Baarle das Selbstbewusstsein des Teams.

Neben van Baarle, der seinen ersten Saisonsieg feierte, lieferte auch der zweitplatzierte De Lie ein sensationelles Rennen ab. Trotz eines Sturzes, der ihn samt Aufholjagd viel Kraft gekostet hatte, konnte der junge Belgier an der Kapelmuur mit den Besten mithalten. Und auf der Zielgeraden konnte De Lie trotz niedriger Ausgangsgeschwindigkeit das heranjagende Feld mit einem geradezu monströsen Antritt vom Leib halten. Seine Leistung verspricht weitere spektakuläre Rennen in diesem Frühjahr.

Auch Stefan Küng (Groupama – FDJ) zeigte ein sehr aktives Rennen und belegte zeitgleich mit Politt den 25. Rang. Ähnliches galt für Jungprofi Mathis Le Berre (Arkéa Samsic), der den ganzen Tag in der Spitzengruppe fuhr, und dennoch van Baarles entscheidender Attacke mitgehen konnte. Soudal Quick-Step, die dominante Klassiker-Mannschaft vergangener Jahre, trat dagegen kaum in Erscheinung und muss sich im Laufe der Saison noch steigern.

So lief das Rennen:

Wenige Kilometer nach dem Start setzte sich eine siebenköpfige Spitzengruppe ab. Jelle Wallays (Cofidis), Mathias Norsgaard (Movistar), Louis Blouwe (Bingoal WB), Adam de Vos (Human Powered Health), Mathis Le Berre (Arkéa Samsic), sowie Alex Colman und Gilles De Wilde (beide Team Flanders – Baloise) konnten ihren Vorsprung auf bis zu sieben Minuten ausbauen. Doch zur Hälfte des Rennens begann Jumbo – Visma das Tempo zu erhöhen und den Rückstand auf knapp vier Minuten zu reduzieren.

Nach den ersten Anstiegen knapp 90 Kilometer vor dem Ziel konnte sich kurzzeitig eine Verfolgergruppe um Nathan Van Hooydonck und Jan Tratnik (beide Jumbo – Visma), Fred Wright (Bahrain Victorious), Marco Haller (Bora - hansgrohe), Kelland O‘Brien (Jayco AlUla) sowie Ben Swift (Ineos Grenadiers) bilden. Vor allem die Nachführarbeit von Lotto Dstny sorgte dafür, dass diese gefährliche Gruppe 65 Kilometer vor dem Ziel gestellt werden konnte.

Auf dem anschließenden Abschnitt war das Rennen vor allem durch zahlreiche Stürze geprägt. Zunächst lagen Nils Eeckhoff (DSM) und Tim Declercq (Soudal Quick-Step) auf dem Boden. Van Baarle wurde bei der Einfahrt in den Holleweg 56 Kilometer vor dem Ziel aufgehalten und die Lie rutschte wenige Kilometer später in einer Rechtskurve weg, musste sich danach den Weg durch Wagenkolonne und Feld bahnen. Er schaffte den Anschluss kurz vor dem vorentscheidenden Molenberg.

Dort wurden Wallays, Norsgaard und Le Berre als letzte Vertreter der ursprünglichen Spitzengruppe vom abermals attackierenden Van Hooydonck eingeholt. Auf dem Plateau nach der Passage des Hellings bildete sich eine knapp 20 Fahrer große Spitzengruppe mit fast allen Favoriten. Aus dieser Gruppe heraus fuhr van Baarle 38 Kilometer vor dem Ziel gemeinsam mit Jonathan Milan (Bahrain Victorious), Florain Vermeersch (Lotto Dstny) und Le Berre davon.

Le Berre leistete am längsten Widerstand gegen van Baarle

Kevin Geniets (Groupama – FDJ) und Jasper Stuyven (Trek – Segafredo) konnten die Lücke zu dem Quartett nicht schließen. Auch Tratnik, Eeckhoff, Rui Oliveira (UAE Team Emirates) und Brent Van Moer (Lotto Dstny), die in den folgenden Kilometern aufschließen sollten, konnten die auf 45 Sekunden angewachsene Lücke zum Spitzenquartett nicht schließen. 34 Kilometer vor dem Ziel wurden die Verfolger am Valkenberg weder vom geschluckt. Dort hatte Greg Van Avermaet (AG2R – Citroën) das Tempo verschärft.

Am darauffolgenden Elverenberg-Vossenhohl schüttelte van Baarle seine Begleiter Milan und Vermeersch ab, folgen konnte dagegen Le Berre, der schon den ganzen Tag in der Spitzengruppe gefahren war und keine Tempoarbeit mehr verrichten konnte. Im Feld versuchten Tim Wellens (UAE Team Emirates) und Tom Pidcock (Ineos Grenadiers) erfolglos, eine Selektion herbeizuführen. Auf dem anschließenden Flachstück vor der Kapelmuur reduzierte das Feld den Rückstand auf van Baarle und Le Berre auf nur noch 30 Sekunden.

Le Berre fiel auf den ersten Metern der Kapelmuur erschöpft zurück, während im Feld Wellens das Tempo früh mit Matej Mohoric (Bahrain Victorious) erhöhte. An der obersten Stelle der Mauer hatte Van Baarle nur noch knapp 15 Sekunden Vorsprung auf Wellens und Mohoric. De Lie und Laporte konnten kurz nach dem den Anschluss an die beiden Verfolger herstellen, während Küng wieder ins knapp 25 Fahrer große Feld zurückfiel.

Ab dem Bosberg begann van Baarle seinen auf bis zu zehn Sekunden geschmolzenen Vorsprung Schritt für Schritt wieder aufzubauen. Auch der Gegenwind auf den letzten zwölf Kilometern konnte ihn nicht mehr aufhalten. Im Feld organisierte man sich spät, konnte auf den letzten Metern jedoch nur noch die Verfolgergruppe stellen. De Lie und Laporte konnten sich jedoch im Sprint ihre Podestplätze vor Alexander Kristoff (UNO – X) und Pidcock sichern.

Results powered by FirstCycling.com

Mehr Informationen zu diesem Thema

27.02.2023Lefevere kritisiert sein Team: “Für zu leicht befunden“

(rsn) – Mit bisher zehn Saisonsiegen liegt Soudal Quick-Step in Sachen Ergebnissen Ende Februar zwar durchaus im Plan, zumal das Team bei der UAE Tour mit drei Etappenerfolgen und dem Gesamtsieg dur

27.02.2023SD Worx top abgestimmt, Van Vleuten im Pech

(rsn) – Zum Openingsweekend hat radsport-news.com sechs Fragen aufgeworfen, die sich vor dem Klassiker-Auftakt stellten – und teilweise lieferten der Omloop Het Nieuwsblad (1.WWT) und der Omloop v

27.02.2023Sechs Antworten zum Openingsweekend der Männer

(rsn) - Das Openingsweekend ist Geschichte - und lieferte einige interessante Antworten auf unsere Fragen zu Omloop Het Nieuwsblad (1.UWT) und Kuurne-Brüssel-Kuurne (1.Pro), den ersten beiden belgisc

26.02.2023De Lie: Von der TV-Couch aufs Omloop-Podium

(rsn) - Die TV-Regie wusste ganz genau, welche Bilder sie im Zielbereich haben wollte. Da waren natürlich die Feierlichkeiten rund um Sieger Dylan van Baarle und seinen Teamkollegen von Jumbo – Vis

25.02.2023Siebter! Politts bester Omloop hätte noch besser enden können

(rsn) - Mit Platz sieben ist Nils Politt (Bora - hansgrohe) beim Omloop Het Niewusblad (1.UWT) ein sehr guter Start in die Klassikerkampagne 2023 gelungen. Aus deutscher Sicht war es sogar das beste A

25.02.2023Kopecky gewinnt Omloop Het Nieuwsblad als Solistin

(rsn) – Lotte Kopecky (SD Worx) hat mit einer Attacke an der Muur van Geraardsbergen den Omloop Het Nieuwsblad (1.WWT) für sich entschieden. Die belgische Lokalmatadorin setzte sich nach 132,2 Kilo

25.02.2023Küng vor dem Omloop: “Wir werden offensiv fahren“

(rsn) – Vor knapp einer Woche feierte Stefan Küng (Groupama – FDJ) im Zeitfahren der Algarve-Rundfahrt seinen ersten Saisonsieg. Mit dem Rückenwind dieses Erfolges führt der Schweizer nun seine

25.02.2023Ackermann: “Freue mich tierisch auf europäische Rennen“

(rsn) – Es ist Pascal Ackermann (UAE Team Emirates) anzumerken: Die Vorfreude auf den Klassiker-Auftakt beim Openingsweekend in Belgien sprudelt gerade so aus dem 29-Jährigen heraus. Er will, nach

25.02.2023Kanter kommt mit Saudi-Rückenwind nach Belgien

(rsn) – Max Kanter (Movistar) ist gut ins Jahr gekommen. Das steht außer Zweifel. Bei der Saudi Tour (2.1) sprintete der 25-Jährige gleich dreimal auf Rang fünf. Dabei kam er vor allem auch sehr

25.02.2023Rutsch fit und bereit für die Klassiker: “Jetzt wird´s ernst“

(rsn) – Sieben UCI-Renntage hat Jonas Rutsch (EF Education – EasyPost) in dieser Saison schon auf dem Konto. Doch nach der Tour Down Under (2.UWT) und dem Cadel Evans Great Ocean Road Race (1.UWT)

25.02.2023Sechs Fragen zum Openingsweekend der Männer

(rsn) - Am Wochenende steht mit Omloop Het Nieuwsblad (1.UWT) und Kuurne-Brüssel-Kuurne (1.Pro) das Openingsweekend in Flandern auf dem Programm, auf das die Klassikerasse und Fans gleichermaßen hi

25.02.2023Sechs Fragen zum Openingsweekend der Frauen

(rsn) – Wie für die Männer, so beginnt auch für die Frauen am Wochenende mit dem Openingsweekend die flämische Klassikersaison. Dabei gehört der Omloop Het Nieuwsblad (1.UWT) erstmals zur Women

Weitere Radsportnachrichten

28.04.2024Carlos Rodriguez feiert Gesamtsieg vor Vlasov und Lipowitz

(rsn) – Beinahe noch eine Spur deutlicher als auf der 1. Etappe ging es im Sprint der Schlussetappe der Tour de Romandie (2.UWT) zu. Der Sieger war dabei derselbe: Dorian Godon (Decathlon – AG2R L

28.04.2024Lechner lässt in Tschechien nichts mehr anbrennen

(rsn) – Am letzten Tag der Gracia-Rundfahrt (2.2) hat Corinna Lechner (Wheel Divas) nichts mehr anbrennen lassen und sich den Gesamtsieg der tschechischen Rundfahrt gesichert. Auf der 5. Etappe, di

28.04.2024Van den Broek gewinnt als erster Niederländer Türkei-Rundfahrt

(rsn) – Wegen Regen und Wind musste die Schlussetappe der 59. Türkei-Rundfahrt (2.Pro) abgesagt werden. Frank van den Broeck (dsm-firmenich – PostNL) verteidigte so kampflos sein Führungstrikot

28.04.2024Lipowitz mit seiner Giro-Generalprobe mehr als happy

(rsn) – Auch wenn er im Vorjahr bei der Czech Tour die Gesamtwertung gewann, so ist die diesjährige Tour de Romandie als Durchbruch in der Karriere von Florian Lipowitz (Bora – hansgrohe) zu bewe

28.04.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir jeden Morg

27.04.2024Highlight-Video der Königsetappe der Tour de Romandie

(rsn) - Florian Lipowitz (Bora – hansgrohe) hat eine glänzende Vorstellung auf der Königsetappe der Tour de Romandie abgeliefert. Der 23-jährige Deutsche attackierte im Schlussanstieg hinauf nach

27.04.2024Huys saust im Zeitfahren allen davon

(rsn) – So schnell wie Tabea Huys (Maxx Solar Rose Women Racing) war noch nie eine Athletin auf dem 13,5 Kilometer langen Zeitfahrparcours der Gracia-Rundfahrt in der Tschechischen Republik. Seit 20

27.04.2024Lipowitz kommt in Leysin nicht mehr an Carapaz vorbei

(rsn) – Lange blieb es auf der Königsetappe der Tour de Romandie (2.UWT) ruhig, doch das letzte Drittel des Schlussanstieges reichte aus, um die Gesamtwertung nochmal ordentlich durchzuwirbeln. Und

27.04.2024“Alles in trockenen Tüchern“: Dorn hat Rot und Weiß sicher

(rsn) - Einen Tag vor Rundfahrtende hat Vinzent Dorn (Bike Aid) freudige Gewissheit. Nach dem Bergtrikot ist dem Freiburger bei der Türkei-Rundfahrt (2.Pro) auch das Weiße Trikot der Zwischensprint

27.04.2024Andresen sprintet zum Tageserfolg in Izmir

(rsn) - Der Däne Tobias Lund Andresen feiert auf der 7. Etappe der 59. Tour of Türkiye seinen zweiten Sieg in wenigen Tagen und gleich den fünften für sein Team DSM Firmenich - PostNL bei der aktu

27.04.2024Reusser zurück im Feld und auf dem Weg zu Olympia

(rsn) - Knapp ein Monat ist seit dem schweren Sturz bei der Flandern-Rundfahrt vergangen, der für die 32-jährige Marlen Reusser (SD Worx - Protime) schwere Folgen hatte. Ober- und Unterkiefer, die

27.04.2024Ein Klassikerfrühjahr 2025 mit Evenepoel?

(rsn) – Mit Lüttich-Bastogne-Lüttich hat Remco Evenepoel (Soudal – Quick Step) schon eines der fünf Monumente abgehakt, auch die Lombardei-Rundfahrt liegt dem jungen Belgier gut. Im nächsten J

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Tour de Romandie (2.UWT, SUI)
  • Radrennen Männer

  • Presidential Cycling Tour of (2.Pro, TUR)
  • Gracia Orlová (2.2, CZE)
  • Tour de Bretagne (2.2, FRA)
  • Tour of the Gila (2.2, USA)