Müllers Mendoza-Tagebuch

Im Schneetreiben mit Platten auf 3840 Metern Höhe gefahren

Von Robert Müller

Foto zu dem Text "Im Schneetreiben mit Platten auf 3840 Metern Höhe gefahren"
Robert Müller (rechts) und seine Fratelli-Teamkollegen bei der Vuelta Ciclista de Mendoza | Foto: privat

25.02.2024  |  (rsn) - Der Tag begann nach einer kurzen Nacht, da wir nach einem langen Transfer erst um ein Uhr ins Bett gekommen waren, mit einem Frühstück um sieben Uhr. Der Start zur Königsetappe, die paradoxerweise mit nur 92 km die Kürzeste der Rundfahrt ist, erfolgte bereits um neun Uhr und es war noch ziemlich frisch. Wir starteten nämlich bereits auf 1900 Metern Höhe und das Ziel lag auf 3840 Metern Höhe in den Anden direkt an der Grenze zu Chile. Diese Etappe war ein Hauptgrund, warum ich hier fahren wollte, auch wenn ich überhaupt nicht an die Höhe akklimatisiert bin und noch nie mit dem Rad in solchen Höhen unterwegs war.

In der Startaufstellung herrschte Nervosität und wir blickten auf imposante, verschneite Berge. Es ging nach der Startfreigabe gleich richtig zur Sache, denn nach nur fünf Kilometern stand eine Sprintwertung an. Es ging nun in Stufen auf breiter Straße leicht bergan und immer wieder gab es kurze Abfahrten, die ich stets nutzte, um im Feld wieder nach vorne zu fahren. An der Spitze wurde immer wieder attackiert, aber im Feld wurde ein relativ gleichmäßiges Tempo angeschlagen und ich kam erstaunlich gut mit. Ich spürte, dass sich meine Form nach mittlerweile einer Woche Rundfahrt verbessert hatte.

Je weiter hoch wir kamen, desto schlechter wurde die Straße und man musste sich vor den vielen Schlaglöchern in Acht nehmen. Das Feld wurde immer kleiner und nach 80 Kilometern musste ich von den ersten ca. 40 Fahrern abreißen lassen und mein Tempo fahren. Kurz danach ging es durch einen Tunnel und dann bogen wir nach links auf eine Schotterstraße für die finalen acht Kilometer ab. Der Weg wand sich in Serpentinen eine kahle Bergflanke hinauf und es ging hin und wieder durch Wasserläufe. Am Berg gegenüber hing eine Schneewolke und die ganze Szenerie war sehr imposant.

Ich kam mit der dünnen Höhenluft besser zurecht als erwartet und konnte tief und gut atmen, nur wenn ich ein paar Schlucke aus der Trinkflasche nahm, hatte ich danach kurz Atemnot. Plötzlich spürte ich, dass ich im Hinterreifen kaum mehr Luft hatte und an Steinen die Felge durchschlug. Außerdem fing es nun zu schneien an, aber es konnte nicht mehr weit sein. Das Laufrad zu wechseln war keine Option, denn unser Teamauto mit meinen Ersatzlaufrädern fuhr ein Stück vor mir. Die letzten zwei Kilometer fuhr ich im Schneetreiben mit Platten und wurde noch von einigen Fahrern überholt. Das Ziel lag direkt an der Statue "Cristo Redentor de los Andes“.

Viele Fahrer wurden dort von ihren Betreuern mit Decken empfangen, ich musste jedoch erst im Zielbereich unser Auto ausfindig machen, um an Wärmeschutz zu kommen. Als ich es gefunden hatte, zog ich mich drinnen komplett um und wärmte mich auf, bevor ich wieder nach draußen ging, um mir die gewaltige Bergwelt anzuschauen. Obwohl wir auf fast 4000 Metern Höhe waren, gab es rings herum noch deutlich höhere, schneebedeckte Berge. Luftlinie waren wir nur etwa 50 km vom knapp 7000 m hohen Aconcagua entfernt.

Nachdem der fünfte Fahrer von uns im Ziel eingetroffen war, zwei von uns durften wegen Überschreitung der Karenzzeit nicht mehr auf die Schotterstraße fahren, packten wir alles zusammen und machten uns auf den sehr langen Rücktransfer nach Mendoza. Morgen steht dann schon die 8. und letzte Etappe über wellige 120 km auf dem Plan.

Gez. Sportfreund Radbert

Mehr Informationen zu diesem Thema

26.02.2024Trikottausch nach der Schlussetappe

(rsn) - Der Start zur 8. und letzten Etappe über wellige 120 Kilometer lag nicht weit vom Hotel in Mendoza entfernt und erfolgte erst um kurz nach 16 Uhr. Daher hatte ich am Vormittag Zeit, endlich

25.02.2024Wir fuhren ein paar Kurven, die es nicht hätte geben sollen

(rsn) - Zum Start der komplett flachen 6. Etappe über 170 Kilometer hatten wir einen einstündigen Transfer zu absolvieren. In der Startaufstellung stand ich ganz vorne und konnte zum ersten Mal das

23.02.2024Es war ein ständiger Tanz um die gefährliche Rille herum

(rsn) - Zum Start der 5. Etappe konnten wir wieder ein paar Kilometer mit dem Rad hinfahren, allerdings sollten wir wegen einer Zeremonie schon über eine Stunde vorher dort sein. Der Start lag vor e

22.02.2024Auf der Abfahrt stand das Wasser zentimeterhoch

(rsn) - Nach zwei Nächten außerhalb sind wir zurück in unserem Hotel mitten in Mendoza, einer wirklich schönen Stadt am Fuß der Anden und an der berühmten Fernstraße Ruta 40. Es gibt hier viel

21.02.2024So langsam habe ich die Nase voll!

(rsn) - Am Vormittag hatten wir einen eineinhalbstündigen Transfer zum Start und aßen dort bei einer Familie, die uns Nudeln kochte, zu Mittag. Ich wechselte noch den Schlauch von meinem Platten vo

20.02.2024Das Chaos des Massensprints mit Respektabstand angesehen

(rsn) - Vor dem Start zur erneut tellerflachen 2. Etappe über 205 km gingen wir in ein Restaurant, um etwas Vernünftiges in den Magen zu bekommen. Diesmal schafften wir es ohne Platten zur Einschre

19.02.2024Wenn man fertig genug ist, kann man überall schlafen...

(rsn) - Vor dem Start der 1. Etappe hatten wir einen einstündigen Transfer mit den Autos, fanden den Startort jedoch nicht gleich. Etwa eine halbe Stunde vorm Start, der hier immer erst 15 Uhr in de

18.02.2024Die dünne Höhenluft in den Anden könnte zum Problem werden

(rsn) - Bon Dia aus Argentinien von der Vuelta Ciclista de Mendoza. Das ist eine traditionsreiche Rundfahrt im Zentrum des Weinbaugebiets östlich der Anden. Sie führt in ihrer 48. Auflage mit einem

Weitere Radsportnachrichten

11.05.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir jeden Morgen

11.05.2024Highlight-Video der 8. Etappe des Giro d´Italia

(rsn) – Die 8. Etappe des 107. Giro d´Italia hätte eine für kletterstarke Ausreißer sein können. Entsprechend groß war der Kampf um die Plätze in der Spitzengruppe zu Beginn und entsprechend

11.05.2024Geschke und Steinhauser beeindrucken in glückloser Gruppe

(rsn) – Zwei Deutsche haben die 8. Etappe des Giro d´Italia quer durchs Apennin in Richtung Bergankunft in Prati di Tivo maßgeblich mitgeprägt: Simon Geschke (Cofidis) und Georg Steinhauser (EF E

11.05.2024Flachetappe in die Hauptstadt der Pizza-Liebhaber

(rsn / ProCycling) – Die Verbindung der Rennorganisatoren RCS mit Neapel scheint in den letzten Jahren besonders eng geworden zu sein. Zum dritten Mal in Folge schlägt der rosa Zirkus seine Zelte i

11.05.2024Teamkollegen überredeten Pogacar, im Apennin auf Sieg zu fahren

(rsn) - Normalerweise sagt im Radsport der Kapitän, wann und wie er auf Sieg fahren will. Das ist sicher auch bei Tadej Pogacar und seinem UAE Team Emirates so. Mit dem Unterschied, dass die Mannscha

11.05.2024Sturz in Spitzengruppe raubte Santic - Wibatech die Siegchance

(rsn) - Bei der Silesian Classic (1.2), einem neuen UCI-Eintagesrennen in Polen, hätte sich das deutsche Team Santic - Wibatech beinahe den Premierensieg gesichert. Nach 160 Kilometern fuhren die be

11.05.2024Fleche du Sud: Rüegg auf Podiumskurs, Rapp und Peter lauern

(rsn) - Das 18,6 Kilometer lange Einzelzeitfahren am Vorschlusstag des Fleche du Sud (2.2) hat nur wenig Veränderungen im Gesamtklassement gebracht. So geht weiterhin der Niederländer Pim Ronhaar (

11.05.2024Martinez hatte den Sieg vor Augen, bis Pogacar antrat

(rsn) – Mit dem Tagessieg bei der Apennin-Bergankunft in Prati di Tivo hat es für Bora – hansgrohe auf der 8. Etappe des Giro d´Italia nicht geklappt. Überflieger Tadej Pogacar (UAE Team Emirat

11.05.2024Thomas “überrascht, dass andere abgehängt wurden“

(rsn) – Zwei Minuten Zeitverlust auf Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) im Einzelzeitfahren am Freitag: Die Aussichten für Geraint Thomas (Ineos Grenadiers) vor der zweiten Bergankunft des 107. Giro

11.05.2024Großschartner: “Der Etappensieg war eigentlich nicht unser Ziel“

(rsn) – Das Finale der 8. Etappe des Giro d’Italia (2.UWT) ging Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) eher gemächlich an. Statt einer frühen Attacke verließ sich der Slowene auf seine SprintqualitÃ

11.05.2024Pogacar holt Etappensieg Nr. 3, diesmal im Sprint am Berg

(rsn) – Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) hat einen Tag nach seinem zweiten Etappensieg beim 107. Giro d’Italia gleich den dritten nachgelegt. Auf der 8. Etappe von Spoleto zur Bergankunft von Pra

11.05.2024Nys lässt Hirschi und Co. im Bergaufsprint keine Chance

(rsn) – Thibau Nys (Lidl – Trek) hat bei der Ungarn-Rundfahrt seinen zweiten Etappensieg in Folge gefeiert. 24 Stunden nachdem der 21-jährige Belgier an der Bergankunft von Gyöngyös-Kékestö d

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Giro d´Italia (2.UWT, ITA)
  • Radrennen Männer

  • Tour de Hongrie (2.Pro, HUN)