Janorschkes Algarve-Tagebuch / 2. Etappe

Tinkoff fuhr das Feld und den eigenen Kapitän kaputt

Von Grischa Janorschke

Foto zu dem Text "Tinkoff fuhr das Feld und den eigenen Kapitän kaputt"
Grischa Janorschke (Roth) | Foto: Team Roth

19.02.2016  |  (rsn) – Der gestrige Tag begann sehr entspannt, wir sind in einem schönen Hotel in Ferragudo zusammen mit vier anderen Teams (Cannondale, Etixx, Katusha & IAM) untergebracht und das Frühstück gibt es in einer Art Wintergarten direkt an einem großen Fluss, kurz bevor dieser in den Atlantik fließt - wunderschönes Ambiente also. Unser Portugiese hat gestern Abend für alle "Milchreis ala Bruno Pires" gemacht, der schmeckte echt lecker. Und nachdem er verputzt war, verriet Bruno uns, dass er den Milchreis unter telefonischer Anleitung seiner Frau gekocht hat. Alle mussten natürlich herzlich schmunzeln…

Die Königsetappe hatte es wirklich in sich, nicht nur vom Profil her, sondern auch von der Fahrweise. Wir wollten unseren GC-Mann Bruno sowie unseren spanischen Kletterer Belda (52kg Lebendgewicht) möglichst kraftsparend durch die Etappe bekommen. Und sollte sich am Anfang eine größere Gruppe bilden, wollten wir jemanden dabei haben.

In die Gruppe wollten heute viele, und so fiel die Startphase recht sportlich aus. Letztlich konnten sich sieben Fahrer lösen, einschließlich meines italienischen Teamkollegen Alberto Cecchin. Zudem "startete" mit gut 1:30 Minuten Rückstand noch ein russischer Fahrer von Gazprom durch und hetzte der Gruppe hinter her. Ein kleines Detail, das uns im weiteren Rennverlauf noch ordentlich auf Touren bringen sollte.

Im Feld kehrte Ruhe ein und der Vorsprung wuchs rasch an. Die Jungs vorne drückten ordentlich drauf und "natürlich" kam der Russe nicht vor. Die Gruppe "wartete" vorne auch nicht, sondern versuchte ,den Vorsprung zum Feld zu vergrößern - das veranlasste dann das komplette Team Gazprom, sich vorne einzureihen, um der Gruppe hinter her zu fahren.

Es folgten 50km am Anschlag, zunächst wurde der eigene Teamkollege eingeholt und dann versucht die Ausreißer zurück zu holen - die wehrte sich aber mit aller Macht. Gazprom-Rusvelo verschliss dabei nahezu die komplette Mannschaft, und als der Vorsprung der Ausreißer nur noch rund eine Minute betrug, waren auch nur noch drei Russen vor dem Feld. Und von da dauerte es nicht mehr lange, bis sie die Verfolgung aufgaben.

Die Russen hatten wohl vor, die Gruppe vorne zum "warten" zu animieren. Beim Blick in die Ergebnisliste heute fällt auf, dass ein Gazprom-Rusvelo Fahrer aufgeben musste und drei weitere noch nach dem letzten Gruppetto ins Ziel kamen. Die haben sich bei der Aktion also wirklich völlig aufgeraucht.

Danach übernahm das komplette Tinkoff Team die Tempoarbeit, zunächst kehrte etwas Ruhe ein, jedoch waren die ersten 110 Kilometern der Etappe von unzähligen Richtungswechseln und etlichen Steigungen geprägt und die Mannschaft von Contador nutzte jede Seitenwind-Situation aus um ordentlich aufs Gas zu steigen und das Feld lang zu machen.

Das hieß vor allem viel Arbeit für mich, da mein Job darin bestand, bis zum ersten langen Berg bei Kilometer 140 Bruno aus dem Wind zu halten. Immer wenn es auf die Kante ging, fuhr ich neben der Reihe, um meinem Kapitän Windschatten zu geben. Wie gesagt, ich hatte viel zu tun und bei der Verpflegung bei km 100 war ich schon etwas kaputt - dabei war erst Halbzeit der Etappe.

Wir drehten dann in eine Passage mit Gegenwind ab. Hier verpflegten sich alle und es wurde nochmal kurz ruhiger, bevor es in die langen Anstiege ging. Am drittletzten Berg, 25 Kilometer vor dem Ziel, fiel das Feld dann auseinander, ich persönlich beendete die Etappe in einer großen Gruppe mit gut 20 Minuten Rückstand.

Unser Kapitän Pires konnte bis etwa einen Kilometer vor dem Ziel mit der Spitze mithalten, musste dann reißen lassen und erreichte auf Platz 28 das Ziel - knapp hinter Contador. Tinkoff hatte anscheinend nicht nur das Feld kaputt gefahren, sondern auch ihren eigenen Kapitän - mit dem Ausgang werden die sicher nicht zufrieden sein. Mein Teamkollege Cecchin konnte die Etappe leider nicht beenden - quasi ein Opfer der ganzen Verfolgungsjagd, somit sind wir ab sofort noch zu siebt im Rennen.

Morgen steht dann ein 18 Kilometer langes Zeitfahren auf dem Programm - mal sehen, was die Beine nach der heutigen Etappe noch her geben. 312 Watt/Schnitt (normalized) über 5:30 Stunden müssen jetzt erstmal regeneriert werden.

Viele Grüße von der Algarve
Grischa

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