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19.07.2006 | Einen Ruf als ausgefuchste Taktiker hatte T-Mobile auch bei dieser Tour bisher nicht zu verteidigen. In den Pyrenäen suchte man in einer Art Harakiri-Attacke am vorletzten Anstieg die Entscheidung. Ergebnis: Das Feld wurde zwar auseinander gefahren, aber Magenta dezimierte auch sich selbst. In der entscheidenden Rennphase hatte Kapitän Andreas Klöden keinen Helfer mehr an seiner Seite.
Vor der gestrigen ersten Alpenetappe fragten sich deshalb manche besorgt, andere hoffnungsfroh: Würde T-Mobile die gleichen Fehler machen und mit viel Herz, aber nicht ganz so viel Verstand fahren? Aber augenscheinlich war Magenta aus Schaden klug geworden. Mit Eddy Mazzoleni hatte das Team einen starken Bergfahrer in der Ausreißergruppe dabei. Hinten im Feld überließen Klöden &Co. Caisse d’Epargne den größten Teil der Verfolgungsarbeit.
Während sich der 32-jährige italienische Neuzugang in der Spitzengruppe um den späteren Sieger Frank Schleck und den italienischen Jungstar Damiano Cunego hielt, ließ Klöden in den ersten Kehren nach L’Alpe d’Huez hinauf Matthias Kessler das Tempo verschärfen. „Ich habe ihm gesagt, er solle alles fahren, was er hat, um die Gruppe zu dezimieren“, so der 31-jährige Tour-Zweite von 2004 in seinem Tour-Tagebuch. Das gelang auch.
Klöden selber sorgte dann mit mehreren Tempoverschärfungen dafür, dass ihm schließlich nur noch Floyd Landis folgen konnte. Alle anderen Favoriten – Mentschow, Sastre, Evans – mussten reißen lassen.
Drei Kilometer vor dem Ziel spannte sich Mazzoleni, der nicht um den Etappensieg mitfuhr, sondern auf seinen Kapitän gewartet hatte, als Lokomotive vor Klöden. Es reichte am Ende zwar nicht, um gemeinsam den sehr souverän fahrenden Landis abzuschütteln. Trotzdem ging die Taktik auf, weil Klöden auf die Mitkonkurrenten um einen Podiumsplatz einige Zeit gutmachen konnte.
Deshalb konnte sich Klöden nach dem Rennen bei seinem italienischen Helfer bedanken: "Eddy hat sensationelle Arbeit geleistet und mich auf den letzten Metern noch einmal richtig mitgerissen“, so der T-Mobile-Kapitän. „Das bedeutet umso mehr, weil er dafür seine eigene aussichtsreiche Position aufgeben hat.“ Der Gelobte freute sich für seinen Kapitän: "Es war eine gute Etappe für unser Team, besonders für Andreas.“
Und Sportdirektor Mario Kummer konnte erleichtert bilanzieren: „Klöden ist sehr stark gefahren und kommt immer besser in Form. Landis dagegen ist sehr defensiv gefahren.“ Mehr muss der Amerikaner aber auch nicht tun. Schließlich lag er gestern schon vor Klöden und den anderen Favoriten. Und mit dem Gelben Trikot wird Landis noch weniger die Offensive suchen müssen. Es wird wieder die Aufgabe von T-Mobile sein, mit Herz und Verstand zu attackieren.