RSNplusVor den U23-Rennen in Ruanda

Die Development-Teams und ihre Talente im WM-Check

Von Kevin Kempf

Foto zu dem Text "Die Development-Teams und ihre Talente im WM-Check"
Der Belgier Jarno Widar (Lotto) ist das vielleicht hoffnungsvollste Talent dieser U23-Generation. | Foto: Cor Vos

20.09.2025  |  (rsn) – Kurz vor Beginn der UCI-Straßen-Weltmeisterschaften von Kigali / Ruanda wirft RSN einen Blick auf die Nachwuchsmannschaften der Profiteams. Wer stellt die größten Medaillenanwärter in den U23-Rennen und damit die potenziellen Top-Stars der Zukunft?

Zu dieser Saison etwa gelang Talenten wie Matthew Brennan (Visma – Lease a Bike), Tibor Del Grosso (Alpecin – Deceuninck), Paul Seixas und Léo Bisiaux (Decathlon – AG2R) oder Tim Torn Teutenberg (Lidl - Trek) der Wechsel von den Development Teams zu den Profis, wo sie prompt einschlugen. 

Welche Rennställe haben die heißesten WM-Eisen im Feuer, um 2026 ähnliche Aufsteiger präsentieren zu können?

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1. Israel - Premier Tech Academy / 1000 Punkte

Der Nachwuchs des Zweitdivisionärs hat wie schon in der letzten Saison die meisten Punkte aller Development-Teams eingefahren. Bis auf den spanischen Kletterer Pau Marti muss man die Israel-Espoirs aber nicht auf der WM-Rechnung haben, denn die erfolgreichsten Fahrer sind der U23-Kategorie bereits entwachsen. 

Der 24-jährige Australier Brady Gilmore fuhr eine ähnlich überragende Saison wie Joe Blackmore 2024 und folgt dem Briten ab Januar zu den Profis. Auch der Deutsche Moritz Kretschy hat erneut einige Punkte beigesteuert. Ob es für den 23-Jährigen zu einem Profivertrag reicht, ist bislang nicht bekannt.

Pau Marti (Israel - Premier Tech Academy) gewann im Trikot der starken Spanischen Mannschaft die Friedensfahrt. | Foto: Cor Vos

2. UAE – Emirates Gen Z / 998 Punkte

Knapp auf dem zweiten Platz das UAE-Development-Team. Nachdem Toptalent Pablo Torres bereits den Aufstieg schaffte und Gal Glivar zu Alpecin – Deceuninck gegangen ist, war die "Gen Z" auch in dieser Saison erfolgreich. Für Ruanda sind fünf Fahrer gemeldet, wobei der schnelle Slowake Mathias Schwarzbacher auf dem schweren Kurs sicherlich chancenlos sein wird. Mohammad Almutaiwei aus den Vereinigten Arabischen Emiraten hat zwar einige Achtungserfolge gefeiert, doch wie der Slowene Anze Ravbar wird auch er in Kigali kaum zu beachten sein.

Anders sieht es beim Ecuadorianer Mateo Ramirez, der Sechster der Tour de l’Avenir wurde, und Adria Pericas aus. Der 19-jährige Spanier gilt als das nächste spanische Toptalent und hat für 2026 seinen Profivertrag beim besten Team der Welt schon in der Tasche. In Kigali wird er in beiden U23-Wettbewerben am Start stehen – und wenn die Form endlich mal wieder stimmt, wird er in beiden Rennen zu beachten sein.

3. Lotto Development / 984 Punkte

Mit Arnaud De Lie, Maxim Van Gils, Alec Segaert und Lennert Van Eetvelt haben sich bei Lotto eine ganze Reihe von Talenten zu Stars gemausert – und der Reigen reißt nicht ab. Denn mit Jarno Widar stellt der Nachwuchs des Zweitdivisionärs einen der heißen Medaillenkandidaten für beide U23-Rennen. Um den 19-Jährigen buhlten letztes Jahr bereits einige Top-Teams, darunter Red Bull – Bora - hansgrohe. 2025 bestätigte der nur 1,66 Meter große Kletterer mit zwölf Siegen in UCI-Rennen seine Qualität. Zuletzt wurde Widar mit zwei Etappensiegen Zweiter der Tour de l’Avenir (2.2U).

Mit ihm fährt Kamiel Eeman nach Ruanda. Kein Platz in der starken belgischen Equipe war für den guten Kletterer Milan Donie. Auch im Sprint hat der Lotto-Nachwuchs einiges zu bieten. Der Luxemburger Mathieu Kockelmann gewann gerade eine Etappe der Luxemburg-Rundfahrt (2.Pro) und der Franzose Matys Grisel reiht die gesamte Saison über Topresultate aneinander. Er wird wie Widar, Kockelmann und Donie 2026 teamintern aufsteigen – trotz der unsicheren Situation wegen der möglichen Fusion mit Intermarché – Wanty, die viele Profis arbeitslos machen könnte.

4. Red Bull – Bora – hansgrohe Rookies / 844 Punkte

Als Red Bull - Bora – hansgrohe Ende 2024 seine Rookies präsentierte, sprangen vor allem die Namen der Top-Junioren Lorenzo Finn und Paul Fietzke ins Auge. Doch im ersten Jahr hat die Mannschaft fast in voller Breite eingeschlagen. Der Australier Luke Tuckwell und der Brite Callum Thornley haben sich mit ihren starken Leistungen Profiverträge beim WorldTour-Team verdient.

Tuckwell wurde Zweiter des Giro Next Gen (2.2U), Thornley glänzte durch seine Vielseitigkeit, die er  im kurzen Zeitfahren der Sibiu Tour (2.1) mit seinem ersten Profierfolg versilbern konnte. Er wird auch in Ruanda in beiden Rennen zu beachten sein.

Das gilt ebenfalls für den Italiener Lorenzo Finn, der im letzten Jahr Junioren-Weltmeister wurde und in der U23 direkt mit den Besten mithalten konnte. Der 18-Jährige wird sowohl im schweren Zeitfahren als auch auf der Straße zu den heißen Medaillenkandidaten gehören. 

Anders sieht es bei seinem Landsmann Davide Donati aus, für den das Terrain zu schwer sein dürfte. Der 20-Jährige wurde U23-Zeitfahrmeister seines Landes und gewann eine Etappe der Tour de Wallonie (2.Pro) im Sprint. Diese Leistung konnte er mit zwei zweiten Plätzen bei 2.1-Rundfahrten gegen Profikonkurrenz bestätigen.

Lorenzo Finn (Red Bull - Bora - hansgrohe Rookies) wurde 2024 überlegen Junioren-Weltmeister. | Foto: Cor Vos

5. XDS – Astana Development / 730 Punkte

XDS - Astana nutzte sein Development-Team für in Ungnade gefallene Profis. Gleb Syrits, Santiago Umba und Daniil Marukhin wurden aus der WorldTour dorthin degradiert, während es für die Italiener Alessandro Romele und Davide Toneatti nach einer erfolgreichen Saison in die andere Richtung ging. 

In diesem Jahr konnten die U23-Fahrer weniger überzeugen als 2024. Den besten Eindruck hinterließ der Franzose Pierre-Henry Basset, der aber bislang noch keinen Profivertrag unterzeichnen durfte und sich auch nicht für Kigali qualifizierte, obwohl ihm die dortigen Strecken liegen sollten.

6. Bahrain Victorious Development / 643 Punkte

Nachdem im Winter gleich fünf Fahrer ohne ganz große Erfolge den teaminternen Aufstieg schafften, geht man es bei Bahrain Victorious diesmal ruhiger an, obwohl die Leistungen der eigenen Nachwuchsfahrer besser sind. Von denen hat bislang keiner einen Profivertrag unterschrieben. 

Dabei gewann der starke slowenische Kletterer Jakub Omrzel in seiner ersten U23-Saison gleich den Giro Next Gen (2.2U). Kurz davon wurde er Vierter der Slowenien-Rundfahrt (2.Pro). Der 19-Jährige ist also nicht nur bereit für die Berufsradfahrer, sondern auch ein Medaillenkandidat für das U23-Straßenrennen.

Der gleichaltrige Ire Seth Dunwoody schlug dagegen auf flachem Terrain voll ein, wo er sich drei UCI-Siege sicherte. Er wird allerdings wie der andere schnelle Mann im Team, Thomas Capra, nicht in Ruanda am Start stehen. Dessen Landsmann Alessandro Borgo dahingegen wird in beiden Wettkämpfen dabei sein. 

Für den U23-Zeitfahrmeister seines Landes sollte der Kurs aber zu schwer sein. Nicht auf der Startliste der WM-Rennen steht bislang der 19-jährige Finne Kasper Borremans. Schon vor seinen guten Leistungen im ersten U23-Jahr stand fest, dass er 2027 Profi bei Bahrain werden wird.

7. Lidl – Trek Future Racing / 579,9 Punkte

Nach der extrem erfolgreichen ersten Saison, an deren Ende Tim Torn Teutenberg aufstieg und Niklas Behrens Profi bei Visma – Lease a Bike wurde, konnte Lidl Future Racing zwar erneut überzeugen, an die Punkteausbeute des Vorjahres kam das Team allerdings nicht heran. 

Der Schwede Jakob Söderqvist etwa fuhr stellenweise überragend, kam aber fast ausschließlich bei den Profis zum Einsatz und gewann dort zuletzt das Zeitfahren der Dänemark-Rundfahrt (2.Pro), die er als Zweiter beendete. Fände der Kampf gegen die Uhr in Kigali auf einem flacheren Parcours statt, wäre der 22-Jährige, der 2026 Profi bei Lidl -Trek wird, wohl der Top-Favorit.

Das zweite spanische Top-Talent neben Pericas ist Hector Alvarez. Der 18-Jährige zeigte – ebenfalls als Gastfahrer – seine Stärken in mittelschweren Rennen, bei denen er nicht nur Kletter-, sondern auch Sprintqualitäten nachwies. Der 1,90 große Allrounder wird in Kigali in beiden U23-Rennen und der Mixed-Staffel am Start stehen. 

Nicht dabei ist, obwohl er als Zweiter der Tour de l’Isard (2.2U) und Vierter des Giro Aosta (2.2U) seine Stärke am Berg zeigte, der Ire Liam O‘Brien. Auch Matteo Milan, der Bruder von Jonathan, bleibt in Europa. Mit seinen beiden 2.2-Etappensiegen verdiente er sich einen Profivertrag bei Groupama – FDJ. Louis Leidert hat dagegen noch keinen Kontrakt für die neue Saison, er startet aber bei der WM für das deutsche Team.

Jakob Söderqvist (Lidl - Trek Future Racing) hätte lieber ein flaches Zeitfahren gesehen. | Foto: Cor Vos

8. Wanty – Nippo – ReUz / 484 Punkte

Die Nachwuchsabteilung von Intermarché - Wanty hat in zwei Jahren fünf Fahrer für die erste Mannschaft ausgebildet, wobei Francesco Busatto und U23-Europameister Huub Artz die erfolgreichsten sind. Mit Simone Gualdi und Felix Orn-Kristoff, dem Bruder von Alexander Kristoff, sollen 2026 zwei weitere folgen. Das Team setzt auf einige Crosser, zu denen auch der Niederländer Keije Solen gehört. Der 19-Jährige war in seinem ersten U23-Jahr einer der Besseren der Equipe. 

Zu denen darf sich auch der Deutsche Tobias Müller zählen, der im Sprint wieder einige Achtungserfolge sammelte. Er fährt im Gegensatz zum Norweger Halvor Dolven und dem Hügelspezialisten Gualdi aber nicht zur WM.

9. Lotto – Kern-Haus – PSD Bank / 422 Punkte

Im Gegensatz zu den anderen Development-Projekten kann Lotto – Kern-Haus – PSD Bank seine Fahrer nicht als Stagiaires bei Profimannschaften antreten lassen. Dadurch kommen alle errungenen Punkte der Sportler dem deutschen Konti-Team zugute. Die meisten davon holte der Luxemburger Alexandre Kess. 

Ben Felix Jochum und Silas Koech gehörten zu den besten deutschen U23-Fahrern, der WM-Kurs ist aber für beide zu schwer. Die deutschen Farben vertritt in Afrika Mauro Brenner, der mit einigen guten Kletterleistungen aufzeigte, und U23-Meister wurde.Der Däne Peter Oxenberg vollzog Anfang August den geplanten Aufstieg zu den Ineos Grenadiers, sein dänischer Landsmann Theodor Storm soll Ende Dezember folgen.

Ben Felix Jochum (Lotto – Kern-Haus – PSD Bank) war bei Rund um Köln aktiv. | Foto: Cor Vos

10. Soudal - Quick-Step Devo / 419 Punkte

Thomas Pesenti wurde für diese Saison ein Profivertrag zugesagt, als das WorldTeam dann aber einen Fahrer zu viel hatte, wurde der Italiener kurzerhand für ein Jahr im Devo-Team "geparkt". Dort war er der erfolgreichste Athlet, trotzdem ist seine Zukunft unsicher. 

Den Gegensatz dazu bildet Jonathan Vervenne, der teamintern aufsteigt und als Belgischer U23-Zeitfahrmeister auf einem für ihn wohl zu schweren Kurs in Ruanda im Kampf gegen die Uhr antreten wird. Ebenfalls positiv aufgefallen sind der belgische Kletterer Viktor Soenens und sein Landsmann Lars Vanden Heede, der als Klassikerspezialist in seinem ersten U23-Jahr vor allem in der ersten Saisonhälfte auf sich aufmerksam machte.

11. Decathlon – AG2R Development / 394 Punkte

 

12. Equipe Continentale Groupama – FDJ / 358 Punkte

13. Alpecin – Deceuninck Development / 353 Punkte

14. Visma – Lease a Bike Development / 341Punkte

15. EF Education – Aevelo / 314 Punkte

16. Tudor U23 / 266 Punkte

17. Arkéa – B&B Hotels Continentale / 257 Punkte

18. Hagens Berman – Jayco / 213 Punkte

19. Development Picnic – PostNL / 128 Punkte

20. Novo Nordisk Development / 3 Punkte

Es fällt auf, dass Visma, Alpecin, Groupama und Decathlon, die zu den erfolgreichsten Development-Mannschaften der letzten Jahre gehörten, 2025 große Probleme hatten, ihre Talente in Stellung zu bringen. Teilweise ist die schlechte Platzierung in der UCI-Weltrangliste auch damit zu erklären, dass die Nachwuchsathleten als Gastfahrer Punkte errungen haben, wie dies zum Beispiel bei Decathlons Aubin Sparfel und Antoine L’Hote der Fall war. 

Auch Groupama-Nachwuchshoffnung Maxime Decomble, der wie L’Hote und sein deutscher Teamkollege Max Bock in Ruanda dabei ist und dort vor allem im Zeitfahren Medaillenhoffnungen hegt, punktete im Trikot der WorldTour-Mannschaft.

Visma ließ seine Espoirs ebenfalls regelmäßig bei den Profis antreten, dort konnten sie allerdings kaum auf sich aufmerksam machen. Die Niederländer durchlaufen ein Zwischenjahr und klagen seit einiger Zeit darüber, dass der heimische Nachwuchs nicht die Erwartungen erfüllt. 

Einige der größten niederländischen Talente haben allerdings bei anderen Teams unterschrieben. So fährt der Cross-Experte Senna Remijn zum Beispiel bei Alpecin, wo er in seinem ersten U23-Jahr Eindruck machte. Das gelang in der letzten Saison bereits dem Belgier Sente Sentjens. Obwohl der Sohn von Ex-Profi Roy Sentjens die Leistungen 2025 bestätigte, bleibt er noch ein weiteres Jahr in der dritten Liga.

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