Fluchtversuch scheitert an Sagans Siegeswille

Voigt: „Es war ein schleichender Tod“

Von Tour-Korrespondent Felix Mattis aus Albi

Foto zu dem Text "Voigt: „Es war ein schleichender Tod“"
Jens Voigt (RadioShack-Leopard) | Foto: ROTH

05.07.2013  |  (rsn) - Schon am Morgen vor dem Start der 7. Etappe hätte man ahnen können, dass Jens Voigt (RadioShack-Leopard) etwas vor hatte. Denn erstens war es heiß und zweitens stand eine Mittelgebirgsetappe an - beste Voraussetzungen also für einen Angriff des 41-Jährigen. Außerdem war der Publikumsliebling verdächtig gut gelaunt, als er vor dem Mannschaftsbus seines Teams im schattigen Bereich der Vorstart-Zone wartete und plauderte.

Eine befreundete Familie war zu Besuch, und ein 70-jähriger Schriftsteller. Ein Schriftsteller? Ja, Tim Krabbé stattete Voigt einen Besuch ab und brachte ihm die deutsche Fassung eines seiner Werke vorbei. „Weil Jens Voigt jede Woche drei Bücher liest“, erklärte Krabbés weibliche Begleitung später.

Doch um schon mal „reinzulesen“ hatte Voigt in den nächsten Stunden keine Zeit. Er tat das, was er scheinbar noch lieber tut als Bücher zu verschlingen: attackieren. „Es gab in den letzten Jahren immer eins, zwei Tage bei der Tour, an denen ich die Freiheit bekommen habe“, sagte Voigt anschließend. Von Erfolg gekrönt waren seine Ausreißversuche bei der „Großen Schleife“ jedoch schon seit sieben Jahren nicht mehr. Damals gewann er in Montélimar jene denkwürdige Etappe, auf der Oscar Pereiro als Tageszweiter eine halbe Stunde gegenüber dem Hauptfeld gut machte, um zehn Tage später völlig überraschend die Tour zu gewinnen.

Mit dem ersten Tour-Etappensieg seit 2006 wurde es für Voigt auch in Albi nichts. Doch damit hatte er gerechnet. „Es war ja ein schleichender Tod“, sagte Voigt. „Ich war ohnehin überrascht, wie schnell wir weggekommen sind und dass wir nur zu zweit waren. Ich hätte eher gehofft, dass wir erst 50-60 Kilometer Radrennen fahren und dann eine stärkere Fünfer- oder Sechsergruppe geht.“

Dass er gemeinsam mit Blel Kadri (Ag2r) nur geringe Chancen hatte durchzukommen, war ihm schnell klar. „Als wir drei oder vier Minuten Vorsprung hatten, habe ich ihm gesagt, dass jetzt das Feld entscheidet, wie weit es uns weglässt. Auch wenn wir am Anschlag fahren, zu zweit hat man gegen 180 Mann keine Chance.“ So kam es dann auch: Als Peter Sagans Cannondale-Mannschaft das Tempo im Hauptfeld anzog, schmolz der Vorsprung der zwei Spitzenreiter, bis sie letztlich kurz nach Rennhälfte gestellt wurden.

„Sagan und seine Mannschaft sind auf die Idee gekommen, 60 Punkte fürs Grüne Trikot zu holen und den Anderen gar nichts zu lassen. Also sind wir Opfer seiner Taktik geworden“, brachte Voigt das „Todesurteil" für seinen Fluchtversuch sowie den seines Teamkollegen Jan Bakelants schließlich auf den Punkt. „Wir haben uns heute gut verkauft. Aber leider war die Mannschaft von Sagan stark und hatte einen anderen Plan. Da konnte man ziemlich wenig gegen machen.“

Seinen Humor verlor er deshalb aber nicht. „In der Spitzengruppe kriegt man ja relativ leicht etwas zu trinken, weil der Teamwagen so nah ist“, schilderte er zum Beispiel einen der Vorteile des Ausreißens an heißen Tagen wie diesem 5. Juli.

Doch so abgeklärt Voigt sich nach der Niederlage auch gab, den Eindruck, dass es ihm egal war, wollte er nicht aufkommen lassen: „Enttäuscht bin ich natürlich schon“, stellte er klar, ließ aber selbst diesem ernsten Satz einen spaßigen folgen. „Wenn man erstmal fünf, sechs Minuten Vorsprung hat, dann denkt man schon auch mal darüber nach, wie man über den Zielstrich fährt, wenn man gewinnt - so rein aus Spinnerei und um sich zu motivieren. Die Hoffnung gibt man ja nie auf.“

Dass Voigt die Hoffnung auf Ausreißersiege nie aufgibt, hat er schon oft genug bewiesen. Und zuletzt wurde er bei der Kalifornien-Rundfahrt im Mai schließlich auch wieder mit einem Sieg belohnt. Gut möglich, dass man ihn auch bei dieser Tour noch einmal auf der Flucht sieht.

Mehr Informationen zu diesem Thema

17.09.2013Kittel glaubt an Zukunft des Radsports in Deutschland

Berlin (dpa) - Der vierfache Tour-Etappen-Sieger Marcel Kittel (Argos-Shimnao) glaubt trotz der Doping-Problematik, dass der Radsport in Deutschland eine Zukunft hat. „Ich bin mir sicher, da

20.08.2013Alle 622 Tour-Tests negativ

Aigle (dpa) - Bei der 100. Tour de France gab es nach einer Mitteilung des Radsportweltverbandes UCI keinen positiven Doping-Test. Insgesamt seien 622 Proben - bei 198 Startern - untersucht worden.

03.08.2013Contador: „Ich habe meine Saison zu früh begonnen"

(rsn) - Gut zwei Wochen nach dem Ende der 100. Tour de France hat Alberto Contador (Saxo Tinkoff) die Fehler analysiert, die ihm seiner Meinung nach zumindest einen Podiumsplatz gekostet haben. „Ich

29.07.2013NetApp: Strategiewechsel nach Königs Einbruch in den Dolomiten

(rsn) – Nach den beiden schweren Bergetappen durch die Dolomiten ist für das deutsche Team NetApp-Endura das Gesamtklassement der Polen-Rundfahrt kein Thema mehr. Der Tscheche Leopold König brach

28.07.2013Riblon nimmt nach Sieg am Passo Pordoi das Gelbe Trikot ins Visier

(rsn) - Die Königsetappe der diesjährigen Polen-Rundfahrt konnte sich wirklich sehen lassen. Das Feld musste am Sonntag zum Finale des Italien-Abstechers den berüchtigten Giro d’Italia-Anstieg hi

28.07.2013Alpe d´Huez-Gewinner Riblon triumphiert auch auf dem Pordoi

(rsn) – Christophe Riblon (Ag2R) zeigt sich auch bei der 70. Polen-Rundfahrt in ausgezeichneter Verfassung. Der 32 Jahre alte Franzose, der bei der Tour auf der 18. Etappe mit Ziel in Alpe d’Huez

28.07.2013Wiggins nennt Froomes Leistung „brillant"

Madonna di Campiglio (dpa) - Den Auftritt und den Sieg seines Teamkollegen Christopher Froome hat der bei der Tour de France verletzt fehlende Titelverteidiger Bradley Wiggins nur am Rande verfolgt.

24.07.2013Team Sky Spitzenreiter der Preisgeldliste der 100. Tour de France

(rsn) – Wenig überraschend führen Christopher Froome und sein Sky-Team auch die Preisgeldliste der 100. Tour de France an. Der Gesamtsieger und seine Helfer fuhren auf den 21 Etappen insgesamt 525

22.07.2013ARD und ZDF: Revidiert den Fehler „Tour-Ausstieg“!

(rsn) - Keine Frage, die Deutschen prägten die 100. Tour de France wie kaum eine zuvor: der Coup zum Auftakt auf Korsika mit dem folgenden Tag in Gelben Trikot durch Marcel Kittel, der insgesamt vier

22.07.2013Froome: „Rule Britannia" auch bei den kommenden Tour-Auflagen?

Paris (dpa) - Als Christopher Froome nach einer viel zu kurzen Nacht von den Sonnenstrahlen in Paris geweckt wurde, hatte er seinen großen Triumph noch gar nicht richtig realisiert. „Es ist ein kom

22.07.2013Kittel: „Der schönste Tag in meinem Radfahrerleben“

Paris (dpa) - Es wurde spät im Le Chalet de Neuilly in der Rue du Commandant Pilot. Nach dem großen Coup auf den Champs Elysées ließen es Marcel Kittel & Co. bei der Abschlussfeier ihres Argos-Shi

22.07.2013Gazzetta dello Sport: „Kittel der Herr des Endspurts"

Berlin (dpa) - Eine Auswahl an internationalen Pressestimmen zur Tour de France 2013: FRANKREICH: «Libération»: «Die Währung des Fahrrads ist jetzt das Pfund. Das britische

Weitere Radsportnachrichten

22.05.202418-jähriger Brite Brennan steigt 2025 bei Visma auf

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Profiradsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder RÃ

22.05.2024Sellajoch neue Cima Coppi beim Giro d´Italia

(rsn) – Eigentlich hätte am Stilfserjoch die Cima Coppi der diesjährigen Austragung des Giro d´Italia vergeben werden sollen, jene Auszeichnung für den höchsten überquerten Punkt der Rundfahrt

22.05.2024Walscheid: “Wünsche mir, dass Fahrer nicht nur Gehaltsposten sind“

(rsn) – Die Diskussionen um die Verkürzung der 16. Giro-Etappe am Dienstag und den Weg dorthin in den Stunden vor der späten Entscheidung durch Rennveranstalter RCS beschäftigen das Peloton auch

22.05.2024Pogacar hat keine Gnade, aber verteilt ´Trostpflaster´ an Pellizzari

(rsn) – Ende der 1990er und Anfang der 2000er war der Giro d´Italia noch fest in Hand der einheimischen Fahrer, die von 1997 bis 2007 keinen ausländischen Sieg zuließen. Es folgten noch die Erfo

22.05.2024Arensman im Kampf um Weiß von Defekt und Thomas gebremst

(rsn) – Er schaute sich um. Er schaute sich nochmal um. Und nochmal. Aber sein Kapitän kam einfach nicht. Thymen Arensman (Ineos Grenadiers) fuhr also mit gebremstem Schaum auf den letzten Kilomete

22.05.2024Power to the Peloton: Mit Einigkeit bekommen Fahrer ihren Willen

(rsn) – Der Radsport hat sich am Dienstag auf der 16. Etappe des Giro d´Italia einmal mehr nicht mit Ruhm bekleckert. Und das lag nicht am nächsten überlegenen Sieg von Tadej Pogacar (UAE Team Em

21.05.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir über die

21.05.2024Nach Rückkehr auf Rang zwei Optimismus bei Martinez und Bora

(rsn) – Noch ist nichts in Sack und Tüten. Aber der nächste Schritt ist gemacht. Der nächste Schritt für Daniel Martinez und Bora – hansgrohe, den Giro d’Italia 2024 mit der maximalen Ausbeu

21.05.2024Zum Abschluss der Kletter-Trilogie zweimal Passo Brocon

(rsn / ProCycling) – Die Kletter-Trilogie bei diesem 107. Giro d'Italia endet mit einer klassischen Etappe durch die Dolomiten: relativ kurz, aber dennoch intensiv, mit 4.200 Höhenmetern auf 159 Ki

21.05.2024Majka: “Ich habe Tadej gesagt, dass er fahren soll“

(rsn) – Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) hat seinen fünften Tagessieg beim diesjährigen Giro d’Italia 2024 (2.UWT) eingefahren. Allerdings musste die 16. Etappe wurde wegen Schneefall und extre

21.05.2024Highlight-Video der 16. Etappe des Giro d´Italia

(rsn) – Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) hat beim 107. Giro d’Italia die Konkurrenten zum wiederholten Mal stehenlassen und seinen fünften Tagessieg eingefahren. Der 25-jährige Slowene entschie

21.05.2024Liste der ausgeschiedenen Fahrer / 16. Etappe

(rsn) - 176 Profis aus 22 Teams sind am 4. Mai zum 107. Giro d’Italia (2.UWT) angetreten, darunter auch zwölf Deutsche, vier Österreicher, zwei Schweizer und ein Luxemburger. Hier listen wir a

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Giro d´Italia (2.UWT, ITA)