Sprint-Philosophie im ProCycling-Interview

Kittel: “Was einen schnell macht ist, clever zu sein“

Von Felix Mattis

Foto zu dem Text "Kittel: “Was einen schnell macht ist, clever zu sein“"
Marcel Kittel (Quick-Step Floors) gewann in Pau seine 5. Etappe bei der Tour de France 2017. | Foto: Cor Vos

14.11.2017  |  (rsn) - Der Kampf um den Sprinter-Thron, er wird in der kommenden Saison einmal mehr besonders spannend. Marcel Kittel, der von Quick-Step Floors zu Katusha-Alpecin wechselt, hält das Zepter des Regenten momentan fest in seiner Hand. Doch der Deutsche wird es in der kommenden Saison mit noch mehr Gegnern zu tun bekommen - vor allem einer ist neu: Fernando Gaviria, sein bisheriger Teamkollege, der 2018 der neue Sprint-Kapitän bei Quick-Step Floors wird.

Zum Showdown soll es im Juli bei der Tour de France kommen, wenn vor allem die erste Woche zahlreiche Möglichkeiten für Massensprints bietet, und Kittel ist zuversichtlich: "Ich bin überzeugt, dass ich in guter Form jeden schlagen kann. Ich habe vor niemand Angst", erklärte der Wahl-Schweizer nun zu seinem generellen Standing als Sprinter in einem Interview mit dem englischen ProCycling-Magazin, das in der Dezember-Ausgabe erscheint und heute auf der aus demselben Haus stammenden Website cyclingnews.com veröffentlicht wurde.

Neben einem ausgiebigen Rückblick mit Kittel auf seine Saison, den radsport-news.com mit ihm natürlich in den kommenden Wochen durch die Jahresrangliste ebenfalls noch machen wird, beschäftigte sich ProCycling-Autor Edward Pickering ausführlich mit Kittels Herangehensweise an Sprints und suchte so Gründe dafür, warum der 29-Jährige auf seinem Spezialgebiet so stark, ja überlegen, ist.

"Zunächst ist es physiologisch bedingt", wird Kittel da zitiert. "Ich kann hohe Wattwerte produzieren und das über einen längeren Zeitraum. Ich bin nicht einfach sehr explosiv, sondern kann meine Geschwindigkeit halten. Ich denke, dass das mein Hauptvorteil ist." Auf diese Weise konnte Kittel bei der Tour lange Sprints von weit hinten fahren und trotzdem all seine Kontrahenten bezwingen. Ein Schlüssel dazu liegt sicher in seiner Vergangenheit als Zeitfahrer. Immerhin war der Erfurter zwei Mal Junioren-Weltmeister im Einzelzeitfahren (2005 & 2006).

Wie viel Watt Kittel tatsächlich tritt, das will er seit Jahren nicht verraten. Und auch Pickering bekam seine Bestwerte nicht aus dem Deutschen herausgekitzelt, näherte sich aber mit einer Schätzung von 2.100 Watt Maximalleistung an. "Das stimmt nicht. Aber es ist nicht so weit weg", so Kittel laut Pickering.

Doch die reine Power ist im Sprint ohnehin nur die halbe Wahrheit. Mehr und mehr spielen Positionskämpfe und Durchsetzungsvermögen oder zumindest taktisch kluges Fahren auf dem Weg zur Zielgeraden eine Rolle in den Massensprints der WorldTour-Rennen. Das unterstreicht auch Kittel.

"Ich bin mir nicht sicher, ob individuelle Stärke der wichtigste Punkt ist - man braucht ein gutes Team, das einen auf den letzten zwei, drei Kilometern aus den Kämpfen heraushält, und muss in einer guten Position in den Sprint starten", erklärte er, sagte aber auch, dass es dabei nicht mehr um ewig lange Sprintzüge wie zu Zeiten von Mario Cipollini und dem berühmten Saeco-Zug ginge: "Man kann keinen großen Sprintzug mehr an der Spitze platzieren. Das ist nicht mehr möglich. Man braucht ein oder zwei Jungs, die bei einem bleiben und für einen anfahren können."

Bei der Tour zeigte Kittel der Welt, dass es dabei 500 Meter vor dem Ziel nicht um jeden Preis eine Position unter den ersten fünf sein muss. "Es ist doch auch ganz logisch: Wenn man frisch in den Sprint kommen will, darf man vorher nicht zu viel Energie verschwenden. Wenn man sich da auf zu viele Kämpfe einlässt, verliert man Energie. Was einen schnell macht ist, clever zu sein und zum richtigen Zeitpunkt an der richtigen Position", so Kittel, der vor allem in Lüttich und Troyes, aber auch in Bergerac und Pau bei der Tour 2017 frisch von hinten kam, anstatt sich vorher um die Pole Position zu streiten. Einzig bei seinem dritten von fünf Tagessiegen in Nuits-Saint-Georges kam er bereits unter den Top 5 auf die letzten 500 Meter.

Cleverness über verbissenen Positionskampf, das schien in diesem Jahr das Credo Kittels bei der Tour zu sein. Und im Gespräch mit Pickering untermalte er das sogar noch mit einem moralischen Ansatz und Denkanstoß in Sachen Vorbildfunktion: "Natürlich gibt es Situationen, in denen man seine Ellbogen benutzen muss. Aber es ist nicht gut für den Sport, den Gedanke voranzutreiben, dass man (als Sprinter, Anm. d. Red.) ein Arschloch sein muss, das nur an sich selbst denkt."

Mit Kittels Überlegenheit von der Tour 2017 scheint das aber auch leicht gesagt.

Weitere Radsportnachrichten

01.05.2025Red Bull in Frankfurt geschlagen, aber nicht unzufrieden

(rsn) - Ohne Vorjahressieger Maxim van Gils, der noch immer an den Sturzfolgen vom Amstel Race leidet, ging Red Bull – Bora – hansgrohe beim 62. Eschborn-Frankfurt an den Start. Die Truppe um Jung

01.05.2025Schachmann: “Uno-X hat einen Fehler gemacht“

(rsn) – Sein letztjähriges Debüt bei Eschborn-Frankfurt beendete Maximilian Schachmann zeitgleich mit dem Sieger Maxim van Gils (damals Lotto, jetzt Red Bull – Bora – hansgrohe) auf dem 34. Pl

01.05.2025Denz: “Leider ging im Sprint die Tür links zu“

(rsn) – Auch diesmal spielte die dritte und letzte Überquerung des Mammolshainer Berges bei Eschborn-Frankfurt das Zünglein an der Waage. Nach einer Attacke von maximilian Schachmann (Soudal - Qui

01.05.2025Fortunato feiert Ausreißercoup, Baudin fährt ins Gelbe Trikot

(rsn) – Lorenzo Fortunato (XDS – Astana) hat die 2. Etappe der 78. Tour de Romandie gewonnen. Der Italiener setzte sich über 157 Kilometer rund um La Grande Béroche aus einer fünfköpfigen Aus

01.05.2025Eschborn-Frankfurt U23: Haugsted schlägt Landsmann Landsbo

(rsn) – Mit einem dänischen Doppelsieg endete die 60. Austragung der U23-Version von Eschborn-Frankfurt (1.2). Nach 129,9 Kilometern von Eschborn nach Frankfurt setzte sich Conrad Haugsted (ColoQui

01.05.2025Matthews holt sich vor der Alten Oper den heiß ersehnten Sieg

(rsn) - Als erster Australier seit Phil Anderson vor 40 Jahren hat Michael Matthews (Jayco – AlUla) den hessischen Klassiker Eschborn–Frankfurt gewonnen. Der kletterstarke Sprinter ließ im Sprint

01.05.2025Red Bull – Bora – hansgrohe startet globales Scoutingprogramm

(rsn) - Im Gegensatz zu anderen WorldTour-Teams setzt Red Bull – Bora – hansgrohe schon seit einigen Jahren konsequent auf frühzeitige Nachwuchsförderung. Mit dem U19-Team Auto Eder wurde 2021 e

01.05.2025Herzog erhält mit der Rückennummer 1 seine Freiheiten

(rsn) - Emil Herzog (Red Bull – Bora – hansgrohe) ist erst 20 Jahre alt, aber beim deutschen Frühjahrsklassiker Eschborn-Frankfurt trägt der junge Allgäuer die Nr. 1. “Das ist auf jeden Fal

01.05.2025Rutsch und Zimmermann teilen sich die Leaderrolle

(rsn) - Georg Zimmermann und Jonas Rutsch kommen zusammengerechnet auf bisher acht Starts bei Eschborn-Frankfurt. Zur 62. Ausgabe des 1.Mai-Klassikers treten die beiden Deutschen erstmals gemeinsam im

01.05.2025Nach Fahrerprotesten: 5. Etappe der Türkei-Rundfahrt abgesagt

(rsn) – Schon die gestrige Königsetappe der Türkei-Rundfahrt fand im Dauerregen statt. Nun haben sich die Wetterbedingungen offensichtlich nochmals verschlechtert. Nachdem die ersten 70 Kilometer

01.05.2025Die Aufgebote für die 11. Vuelta Espana Femenina

(rsn) – Im Gegensatz zu den Männern, für die die Spanien-Rundfahrt als letzte Grand Tour der Saison im Herbst ansteht, eröffnet die Vuelta Espana Femenina (2.WWT) die Phase der großen Frauen-Run

01.05.2025Vor der Alten Oper ein Sprintduell Matthews vs. Nys?

(rsn) – Sprint- gegen Klassikerspezialisten heißt es am 1. Mai wieder, wenn die 62. Auflage von Eschborn-Frankfurt (1.UWT) gestartet wird. Das hessische Traditionsrennen führt über die aus den be

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Tour de Romandie (2.UWT, SUI)
  • Eschborn-Frankfurt (1.UWT, GER)
  • Radrennen Männer

  • Tour du Bénin (2.2, 000)
  • Tour de Bretagne (2.2, FRA)
  • Eschborn - Frankfurt U23 (1.2u, GER)
  • GP Vorarlberg p/b Radhaus (1.2, AUT)
  • Tintrio - Omloop van het (1.2, BEL)
  • Cuarta Vuelta Bantrab (2.2, GUA)
  • Presidential Cycling Tour of (2.Pro, TUR)