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Diederich: An der Seite von Wout Van Aert gegravelt

Von Peter Maurer

Foto zu dem Text "Diederich: An der Seite von Wout Van Aert gegravelt"
Tim Diederich | Foto: Guilio Bisio

19.11.2023  |  (rsn) – In den letzten Jahren hat das Thema Gravel im Radsport mächtig an Fahrt angenommen und auch Tim Diederich (Team Snooze - VSD) gehört zu jener Generation an Fahrern, die ihre Liebe für die Schotterrennen entdeckt haben. Der Vierte der diesjährigen Luxemburger Straßenmeisterschaften zählt auch als Amateur zu den besten Straßenfahrern seines Landes, obwohl er als Grundschullehrer sein Geld verdient.

"Ich habe mich in den letzten beiden Jahren eher Richtung Gravel orientiert. 2022 habe ich zwar mehr Straßenrennen als jemals zuvor gefahren, aber die Rennen werden immer weniger und die Qualität der Strecken geht mehr und mehr zurück", erzählte der 34-Jährige im Gespräch mit radsport-news.com. Zu oft finden die Straßenrennen auf kleinen Rundkursen statt. Zum einen liegen diese Rennen Diederich weniger, zum anderen bevorzugt er auch das landschaftliche Erlebnis.

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"Gravel ist anders. Die Dynamik ist unterschiedlich, da die Rennen härter ausgefahren werden. Und auch auf der Straße war meine Prämisse zumeist, mit einer Fluchtgruppe durchzukommen. Mit 34 kannst du dich ja nicht mehr unbedingt auf den Sprint verlassen", führte er weiter aus.

Mit dem Gravelrad neue Landschaften entdecken: Diederich beim Ranxo Gravel in Spanien | Foto: Ranxo Gravel

Während der Corona-Pandemie besorgte Diederich sich sein erstes Gravel-Bike, zur Verfügung gestellt übrigens vom früheren Tour-de-France-Sieger Andy Schleck, der ihn seit Jahren unterstützt. "Dann habe ich Luxemburg und die Umgebung ausgekundschaftet. Denn bei mir an der Mosel kann man super Gravel fahren und entkommt auch den frustrierten Autofahrern", erklärte er.

Ferienzeit bedeutet Gravelzeit

2022 qualifizierte er sich dann für die ersten Weltmeisterschaften, allerdings nicht in der Elite, sondern in seiner Alterklasse. Was für Diederich ein kleines Problem mit sich brachte, denn für diese hätte er keine Freigabe von seinem Arbeitgeber bekommen. Doch in den letzten Jahren fuhr er auch einige Einsätze für das Nationalteam, weshalb ihn Ex-Profi Jempy Drucker für die Elite vorschlug: "Und wenn du dann die Startliste mit Mathieu van der Poel siehst, dann wird dir klar, hier wird nun ein anderes Niveau gefahren als in den Qualirennen."

Der 49. Platz im Jahr 2022 machte Lust auf mehr, weshalb Diederich sich für einige Gravel-Auslandsstarts entschied. Diese musste er aber noch auf seinen Stundenplan abstimmen und an die möglichen Zeitfenster der Ferien anpassen. So fiel The Traka 200, das um Girona in Spanien ausgetragen wurde, passenderweise auf die freien Tage rund um den 1. Mai: "Und am nächsten Tag klingelte schon wieder der Wecker und es ging ab in die Schule."

Neben Platz vier im Straßenrennen wurde Diederich auch Vierter bei den Zeitfahrmeisterschaften seines Landes | Foto: Thomas Kirsch

Ebenfalls in Katalonien stand dann in den Pfingstferien noch der Ranxo Gravel auf Diederichs Liste, wobei er zwischendurch auch einige Straßenrennen in Deutschland, Frankreich, Belgien und Luxemburg absolvierte. Seinen stärksten Auftritt hatte er aber wohl bei den Nationalen Straßenmeisterschaften, wo er lange an der Seite des späteren Siegers Alex Kirsch (Trek – Segafredo) unterwegs war und schlussendlich Vierter wurde. Schon Tage zuvor im Zeitfahren rund um Berbourg, erreichte Diederich dieselbe Platzierung, drei Sekunden hinter dem drittplatzierten Tom Wirtgen (Global 6 Cycling). Vier Stunden hatte er sich freischaufeln können, um überhaupt an den unter der Woche stattfindenden Zeitfahrmeisterschaften teilzunehmen.

Sehr zur Begeisterung seiner Schülerinnen und Schüler, die ihren Klassenlehrer, der sie in fast allen Fächern unterrichtet, im Straßenrennen sogar im luxemburgischen Fernsehen verfolgen konnten. Den Radsport und seinen Beruf kann Diederich also gut verbinden. "Selbst im Winter kann ich noch gut fahren, da ich drei Tage habe, wo der Unterricht früh endet und ich noch im Hellen fahren kann. Und abends mache ich dann die Korrekturen", erzählte der Luxemburger, der seine Fortbildungen auch gerne in die Wintermonate dann legt.

In Venetien Gänsehaut an der Seite von Van Aert

Vor gut zehn Jahren löste er seine erste Lizenz, nahm an Triathlon-Bewerben teil, eher er sich dann mehr auf den Radsport konzentrierte. "Mit der Positionierung habe ich mir immer schwergetan, weshalb ich das mit Kraft und Stärke gutmachen musste", blickte Diederich zurück. Am Gravel-Sport gefällt ihm vor allem die Community, die sich um die Fahrer und die Rennen bildet. "Nach dem Rennen verbringst du einige Stunden gemeinsam und man kann eben kleine Reisen verbinden. Du entdeckst neue Regionen und bist mit Freunden unterwegs", berichtete er begeistert.

Ein Luxemburger Amateur inmitten der weltbesten Profifahrer bei der Gravel-WM in Italien | Foto: Guilio Bisio

Und auch die rege Teilnahme von früheren und auch aktuellen Spitzenprofis wie Niki Terpstra, Alejandro Valverde, Wout Van Aert oder Matej Mohoric motiviert Diederichs, weiter hart an sich zu arbeiten. "Wenn du dann bei der WM schaust, wer am Start rund um dich herum steht, dann ist das der Wahnsinn. Ich kenne keinen Sport, wo man sich als Amateur mit den Besten der Welt messen kann", betonte er.

Mit großem Respekt startete Diederichs daher im Oktober in Venetien zu seinen zweiten Weltmeisterschaften. Mit Rang 57 konnte er sein Vorjahresresultat zwar nicht erreichen, nahm aber trotzdem ein denkwürdiges Erlebnis mit. Denn durch den frühen Defekt von Van Aert, bei dem der Belgier etliche Minuten zurückfiel, lag Diederich zwischenzeitlich vor dem Belgier. "Er ist dann bei Kilometer 80 auf meine Gruppe aufgefahren und wir haben gut 20 Kilometer mit ihm mitgehalten. Dabei lag die vorletzte Passage des Zielorts dazwischen und die Zuschauer haben durchgedreht, als der durchgefahren ist. Da bekommst du eine Gänsehaut."

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