RSNplus“Wir haben alles probiert“

3 gegen 1 und doch verloren: Canyon unterliegt Koch

Von Felix Mattis aus Linden

Foto zu dem Text "3 gegen 1 und doch verloren: Canyon unterliegt Koch"
Stark gefahren und doch geschlagen: Justyna Czapla, Antonia Niedermaier und Rosa Klöser (von links). | Foto: Felix Mattis

28.06.2025  |  (rsn) – Wenn ein Team bei einem Meisterschaftsrennen fünf Kilometer vor dem Ziel zu dritt in einer vierköpfigen Spitzengruppe weit vor allen anderen Kontrahentinnen fährt und am Ende trotzdem nicht gewinnt, dann kann das nur zwei Gründe haben: Entweder man hat sich taktisch völlig dämlich angestellt, oder die Siegerin war eben einfach eine Klasse für sich.

In Linden traf am Samstag bei den Deutschen Straßenmeisterschaften der Frauen letzteres definitiv zu: Franziska Koch (Picnic – PostNL) verteidigte ihren Titel hochverdient. "Natürlich ist man enttäuscht, wenn man hergekommen ist, um zu gewinnen. Aber man muss ehrlich sein: Franzi war einfach stärker auf dem Kurs", erkannte die Zweitplatzierte Antonia Niedermaier (Canyon – SRAM – zondacrypto) gegenüber radsport-news.com an.

Bis die am Freitag zum Zeitfahrtitel gefahrene 22-Jährige ans RSN-Mikrofon trat, hatte sie bereits viel Zeit, sich über ihr Rennen Gedanken zu machen. Nach der ersten großen Enttäuschung im Ziel und einer langen Siegerehrungszeremonie sowie ewigem Warten bei der Dopingkontrolle – weit mehr als eine Stunde saßen sie und Rosa Klöser dort, bis sie endlich an der Reihe waren – kam sie daher zum reflektierten Schluss: "Wir können uns nichts vorhalten: Wir haben alles gegeben bis zum letzten Hügel und dann hat sie das Rennen entschieden." ___STEADY_PAYWALL___

Tatsächlich war das auf dem Papier stärkste Team im Rennen ein eigentlich gutes Rennen gefahren. In den ersten Runden übernahm man die Kontrolle im Feld hinter der früh enteilten Messane Bräutigam (AG Insurance – Soudal), dann sprang Joelle Messemer in eine vierköpfige Spitzengruppe mit Pia Grünewald (LKT), Clara Jäger und Stephanie Meder (beide Embrace The World) und fuhr im Windschatten an den Hinterrädern ihrer drei Begleiterinnen bis zu 1:45 Minuten Vorsprung heraus.

Lange Zeit lief es wie am Schnürchen für Canyon

Als Meder dann in der vierten von sechs Runden aus dieser Gruppe attackierte, verlor Messemer zwar den Anschluss, blieb aber viele Kilometer mit nur wenigen Sekunden Rückstand hinter der neuen Solo-Spitzenreiterin als Zweite im Rennen. Und als eingangs der fünften Runde in der bis zu 12 Prozent steilen Bergstraße aus Linden heraus Niedermaier mit Koch der Konkurrenz davonstiefelte, schien weiterhin alles perfekt zu laufen:

Liane Lippert (Movistar) war abgehängt und hinter den beiden neuen Spitzenreiterinnen konnten Justyna Czapla und Rosa Klöser bei der Friedrichshafenerin bleiben und sie psychologisch mürbe machen, bis sie sie eine Runde später dann ebenfalls in der Bergstraße abschüttelten. Steffen Radochla fuhr an der Rennspitze mit seinem Teamfahrzeug neben Niedermaier und forderte sie auf, nicht mehr mit Koch zusammenzuarbeiten, um Czapla und Klöser von hinten aufschließen zu lassen. Das klappte dann knapp zehn Kilometer vor Schluss auch und sofort ging man mit abwechselnden Angriffen in die Offensive.

Franziska Koch war rund um Linden stärker als die zahlenmäßig überlegenen Canyon-Damen. | Foto: Arne Mill

Das einzige Problem: Koch ließ sich nicht abhängen. "Wir wissen ja, dass mir die kurzen Anstiege nicht so liegen und Franzi das gut kann. Wir haben trotzdem alles probiert, aber sie war heute eben einfach die Stärkste", meinte Niedermaier, die schließlich in der letzten Steigung des Tages 2,5 Kilometer vor Schluss nicht mehr mit Koch mitfahren konnte und den erträumten Doppel-Titel davonfahren sah.

Im Nachhinein ist man immer schlauer

"Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn ich es schon früher gewusst hätte und früher hätte aufhören können (mit Koch mitzuarbeiten, Anm. d. Red.)", überlegte die Bayerin im Interview. "Dann hätte ich vielleicht ein paar Körner gespart. Aber es ist, wie es ist. Ich bin stolz auf die anderen Mädels, dass sie so stark mitgefahren sind."

Zwei Medaillen, nur in den falschen Farben: Antonia Niedermaier und Rosa Klöser zeigen in Linden Silber und Bronze. | Foto: Arne Mill

Letztendlich hatte der Rennverlauf dem Canyon-Team die 3-gegen-1-Situation zwischenzeitlich ermöglicht. Doch es war deutlich zu erkennen: Die 21-jährige Czapla und Quereinsteigerin Klöser, die im Vorjahr nach ihrem Unbound-Gravel-Sieg die Überraschung in den Top 10 der Deutschen Meisterschaften gewesen war, hatten nach dem Zusammenschluss des Quartetts einfach auch nicht mehr die nötige Kraft, um den taktischen Vorteil voll auszuspielen. Ihre Attacken kamen zwar, doch der nötige Punch dahinter fehlte und Koch parierte jeden Angriff scheinbar spielerisch.

"Justyna und ich haben einige Körner liegengelassen, als wir nach vorne gefahren sind, um Antonia und Franzi nochmal aufzufahren. Danach hatten wir beide einfach nicht mehr den Punch, um nochmal den Unterschied zu machen", bestätigte das auch Klöser gegenüber RSN.

Wahrscheinlich hat Niedermaier Recht: Sie hätte schon früher die Mitarbeit an der Spitze einstellen können, um so auch noch längere Zeit die 3-gegen-1-Situation zu haben. Denn dass Lippert an diesem Samstag nicht stark genug war, ließ sich erahnen. Als sie mit Czapla und Klöser unterwegs war, krümmte sich die dreimalige Deutsche Meisterin mehrmals aufgrund von Magenproblemen. Doch ohne Funk hatte Niedermaier eben keine Ahnung von den Problemen der Kontrahentin hinten bei ihren beiden Teamkolleginnen.

"Vielleicht haben wir nächstes Jahr einen längeren Berg"

Außerdem wäre Niedermaier wohl gut beraten gewesen, hätte sie in der schwersten Steigung des Tages, der Bergstraße, gleich unten herein attackiert hätte, auf der letzten Runde. Denn Koch zu knacken, wäre wohl am ehesten mit einem langen Vollgas-Anstieg möglich gewesen. Doch im Nachhinein ist man eben immer schlauer. Unterm Strich blieb ein insgesamt starker Auftritt des deutschen WorldTeams, nur ohne den erhofften Sieg.

Antonia Niedermaier schaffte es bergauf nicht, Franziska Koch zu distanzieren. | Foto: Arne Mill

"Wir waren mit einem starken Team hier und es war ganz klares Ziel, hier als Team zu versuchen zu gewinnen. Dementsprechend bin ich natürlich zufrieden mit meinem dritten Platz, aber gleichzeitig wollen wir nächstes Jahr wieder angreifen, um hier gemeinsam zu gewinnen", fasste Klöser zusammen und legte den Schalter bereits in Richtung Zukunft um. "Vielleicht haben wir nächstes Jahr einen etwas längeren Berg und da fährt uns die Toni (Niedermaier) dann um die Ohren."

Mehr Informationen zu diesem Thema

28.06.2025Koch hatte keine Lust mehr, den Canyon-Fahrerinnen zu folgen

(rsn) – Bei einer Titelverteidigung von einer Überraschung zu sprechen, wäre natürlich falsch. Die Art und Weise jedoch, wie Franziska Koch (Picnic - PostNL) die diesjährige Deutsche Straßenmei

28.06.2025Niedermaier: “Muss ehrlich sein – Franzi war einfach stärker“

(rsn) – Das Straßenrennen der Frauen bei den Deutschen Meisterschaften 2025 in Linden ist zu einer wahren Hitzeschlacht geworden – und zu Demonstration der Stärke von Titelverteidigerin Franzisk

28.06.2025Lippert: “Mir fehlt halt einfach der Punch“

(rsn) - Das Ziel war es, den Titel zurückzuholen und das deutsche Meisterschafts-Quadruple vollzumachen. Doch dazu haben Liane Lippert (Movistar) bei der Deutschen Straßenmeisterschaft 2025 in Linde

28.06.2025Bauer ist Deutsche Meisterin der Juniorinnen

(rsn) – Leni Bauer (Junior Women RBW) ist die neue Deutsche Meisterin bei den Juniorinnen. Die Vorjahresachte setzte sich auf dem schweren Parcours in Linden nach 79 Kilometern im Zweiersprint vor M

28.06.2025Koch verteidigt ihren Meistertitel

(rsn) – Im Straßenrennen der Deutschen Meisterschaften in Linden nahe Kaiserslautern konnte sich nach 118,5 schweren Rennkilometern erneut die Vorjahressiegerin Franziska Koch (Picnic – PostNL)

28.06.2025Schachmann holt sich nötige Bestätigung für die Tour

(rsn) – Im fünften Anlauf hat es geklappt: Nach zwei vierten, einem dritten und einem zweiten Platz hat Maximilian Schachmann (Soudal – Quick-Step) sich bei den Deutschen Zeitfahrmeisterschaften

28.06.2025Kämna: “Natürlich will ich Deutscher Meister werden“

(rsn) - Nach seinem beeindruckenden sechsten Platz in der Gesamtwertung der Tour de Suisse (2.UWT) bewies Lennard Kämna (Lidl – Trek) im schweren Zeitfahren der Deutschen Meisterschaften in Ramstei

28.06.2025Das DM-Rennen der Frauen im Stream

(rsn) – Auf dem 118 Kilometer langen Parcours in Linden in Rheinland-Pfalz wird bei der Straßen-DM der Frauen die Nachfolgerin von Franziska Koch (Picnic – PostNL) gesucht. SWR Sport bietet ab 14

28.06.2025DM-Duell: Niedermaier legt vor, schlägt Lippert zurück?

(rsn) – Das erste Duell der beiden größten Favoritinnen für das DM-Straßenrennen von Linden am Samstag (ab 14:35 Uhr hier im Live-Ticker) ging am Vortag an Antonia Niedermaier (Canyon – SRAM â

28.06.2025Durchgerüttelt und geschlagen: Politt Vierter bei Zeitfahr-DM

(rsn) – Der erste Blick aufs Ergebnis bei den Deutschen Zeitfahrmeisterschaften 2025 in Ramstein konnte überraschen: Nils Politt (UAE – Emirates – XRG) ist zum ersten Mal seit 2021 nicht auf de

27.06.2025Schachmann, Kämna, Politt, Niedermaier und Co. am RSN-Mikro

(rsn) – Bei den Deutschen Zeitfahrmeisterschaften 2025 in Ramstein ging es Schlag auf Schlag: Innerhalb von vier Stunden wurden auf einer sowohl topografisch als auch technisch anspruchsvollen Strec

27.06.2025Schachmann erstmals Deutscher Zeitfahrmeister

(rsn) – Nach Titeln im Straßenrennen in den Jahren 2019 und 2021 hat Maximilian Schachmann (Soudal – Quick-Step) erstmals im Zeitfahren zugeschlagen. Der 31-Jährige, der im Vorjahr Silber und 20

Weitere Radsport-Markt-Nachrichten

28.06.2025Koch hatte keine Lust mehr, den Canyon-Fahrerinnen zu folgen

(rsn) – Bei einer Titelverteidigung von einer Überraschung zu sprechen, wäre natürlich falsch. Die Art und Weise jedoch, wie Franziska Koch (Picnic - PostNL) die diesjährige Deutsche Straßenmei

28.06.2025Niedermaier: “Muss ehrlich sein – Franzi war einfach stärker“

(rsn) – Das Straßenrennen der Frauen bei den Deutschen Meisterschaften 2025 in Linden ist zu einer wahren Hitzeschlacht geworden – und zu Demonstration der Stärke von Titelverteidigerin Franzisk

28.06.2025Lippert: “Mir fehlt halt einfach der Punch“

(rsn) - Das Ziel war es, den Titel zurückzuholen und das deutsche Meisterschafts-Quadruple vollzumachen. Doch dazu haben Liane Lippert (Movistar) bei der Deutschen Straßenmeisterschaft 2025 in Linde

28.06.2025Niewiadoma in Polen eine Klasse für sich

(rsn) – Die vorletzte Juniwoche ist auch in diesem Jahr den Nationalen Meisterschaften vorbehalten. Zunächst stehen die Wettbewerbe im Zeitfahren an, ehe am Wochenende die Straßenrennen folgen. W

28.06.2025Carapaz verpasst Tour de France

(rsn) - Richard Carapaz (EF Education – EasyPost) wird nicht an der Tour de France teilnehmen. Der Giro-Dritte habe letzte Woche in seiner Heimat Bauchschmerzen und hohes Fieber bekommen; Untersuchu

28.06.2025Bauer ist Deutsche Meisterin der Juniorinnen

(rsn) – Leni Bauer (Junior Women RBW) ist die neue Deutsche Meisterin bei den Juniorinnen. Die Vorjahresachte setzte sich auf dem schweren Parcours in Linden nach 79 Kilometern im Zweiersprint vor M

28.06.2025Koch verteidigt ihren Meistertitel

(rsn) – Im Straßenrennen der Deutschen Meisterschaften in Linden nahe Kaiserslautern konnte sich nach 118,5 schweren Rennkilometern erneut die Vorjahressiegerin Franziska Koch (Picnic – PostNL)

28.06.2025Van Poppel fährt in Rot-Weiß-Blau zur Tour

(rsn) – Die vorletzte Juniwoche ist auch in diesem Jahr den Nationalen Meisterschaften vorbehalten. Zunächst stehen die Wettbewerbe im Zeitfahren an, ehe am Wochenende die Straßenrennen folgen. W

28.06.2025Mick van Dijke war seit November Plan A für die Tour de France

(rsn) – Mit nur drei ausgewiesenen Kletterern startet Red Bull – Bora – hansgrohe am 5. Juli in die 112. Tour de France. Auch dabei sind mit Jordi Meeus ein Sprinter und mit Danny van Poppel und

28.06.2025Schachmann holt sich nötige Bestätigung für die Tour

(rsn) – Im fünften Anlauf hat es geklappt: Nach zwei vierten, einem dritten und einem zweiten Platz hat Maximilian Schachmann (Soudal – Quick-Step) sich bei den Deutschen Zeitfahrmeisterschaften

28.06.2025Kämna: “Natürlich will ich Deutscher Meister werden“

(rsn) - Nach seinem beeindruckenden sechsten Platz in der Gesamtwertung der Tour de Suisse (2.UWT) bewies Lennard Kämna (Lidl – Trek) im schweren Zeitfahren der Deutschen Meisterschaften in Ramstei

28.06.2025Das DM-Rennen der Frauen im Stream

(rsn) – Auf dem 118 Kilometer langen Parcours in Linden in Rheinland-Pfalz wird bei der Straßen-DM der Frauen die Nachfolgerin von Franziska Koch (Picnic – PostNL) gesucht. SWR Sport bietet ab 14

JEDERMANN-RENNEN DIESE WOCHE
  • Keine Termine