Interview mit dem Sunweb Development-Sportdirektor

Deckert: “Ergebnisse können manchmal zweitrangig sein“

Von Christoph Adamietz

Foto zu dem Text "Deckert: “Ergebnisse können manchmal zweitrangig sein“"
Sebastian Deckert (Sunweb Development) | Foto: Cor Vos

13.11.2017  |  (rsn) - Seit Beginn der Saison 2017 arbeitet Sebastian Deckert als Sportdirektor beim Sunweb Development Team, der Nachwuchsschmiede des deutschen WorldTour-Rennstals. Im Interview mit radsport-news.com zieht der in Cottbus lebende Müncher eine Saisonbilanz, erläutert die Zusammenarbeit mit der WorldTour-Mannschaft und blickt voraus auf die kommende Saison.

Herr Deckert, wie fällt Ihre Saisonbilanz aus?
Sebastian Deckert: Unser Ziel ist es, junge Fahrer in unsere Struktur und Arbeitsweise zu integrieren und auf eine zukünftige World-Tour-Karriere vorzubereiten. Wir haben mit unserem sehr jungen Team ordentlich gearbeitet und sehr gute Fortschritte sowohl auf der physischen als auch auf der taktischen und persönlichen Ebene gemacht. Wir befinden uns in einem Prozess, mit dessen positiver Entwicklung wir sehr zufrieden sind.

Was waren dabei ihre Highlights?
Deckert: Highlights waren für mich das Trainingslager vor den Deutschen Meisterschaften der U23 und Paris-Roubaix Espoirs sowie die beiden Rennen selbst. Die Teammitglieder haben sich unter allen Aspekten optimal vorbereitet. Sowohl die Umsetzung als auch die Teamarbeit sowie der Spirit bei den Rennen waren überragend.

Sie waren bis Ende 2016 Sportdirektor beim LKT Team aus Brandenburg. Worin liegen die Unterschiede zum Sunweb Development Team?
Deckert: Der Hauptunterschied ist die Planungssicherheit. Wir können unseren Performance-Plan über mehrere Jahre hinweg gestalten und sowohl Trainingspläne als auch persönliche Entwicklungspläne langfristiger anlegen. Wir können in Ruhe am Entwicklungsprozess arbeiten, da Ergebnisse manchmal zweitrangig sein können. Dadurch können wir langfristig denken.

Wie hat die Zusammenarbeit mit dem WorldTour-Team geklappt?
Deckert: Das Development Team hatte über das Jahr hinweg immer wieder Überschneidungen mit dem WorldTour Team. So gab es gemeinsame Trainingslager sowohl im Frühjahr als auch im Sommer. Für die jungen Fahrer ist es natürlich ein wahnsinniger Ansporn, im direkten Vergleich das Sprint-Training zu absolvieren oder sich im Mannschaftszeitfahren gemeinsam weiterzuentwickeln und vom Wissen der WorldTour-Fahrer zu profitieren.

Welcher Ihrer Fahrer hat Sie in diesem Jahr am meisten positiv überrascht?
Deckert: Mit Nils Eekhoff haben wir einen 19-jährigen Fahrer im Team, der sehr reif und professionell an seiner Entwicklung auf den verschiedensten Ebenen arbeitet, um alle relevanten Leistungsfaktoren zu verbessern. Ein solche Arbeitsweise in diesem jungen Alter, gepaart mit seinem Willen nie aufzugeben, haben mich beeindruckt. Auch Florian Stork hat mich mit seiner Entwicklung positiv überrascht und gezeigt, dass noch eine Menge Potenzial in ihm steckt.

Mit Marc Goos und Ruben Zepuntke hatten Sie auch zwei erfahrene Fahrer im Aufgebot, die aber künftig nicht mehr dabei sein werden. Setzen das Team künftig komplett auf die Jugend?
Deckert: Wir hatten wir ein sehr junges und teilweise auch unerfahrenes Team und die meisten Fahrer haben die Rennen auf der Europe Tour zum ersten Mal bestritten. Sowohl Marc als auch Ruben haben hier ihre Erfahrung gut eingebracht. Alle Fahrer sind nun ein Jahr älter. Nicht nur biologisch, sondern auch von ihrem Erfahrungslevel her. Dieser Erfahrungsschatz war unter den Fahrern 2017 sehr verschieden, das wird im nächsten Jahr ausgeglichener sein.

Zepuntke kam zu Sunweb, auch um sich wieder für einen Profivertrag zu empfehlen. Er konnte kaum Ergebnisse erzielen und gehört 2018 nicht mehr zum Aufgebot. Ein neues Team hat er auch noch nicht gefunden. Was lief da schief?

Deckert: Ruben ist ein Fahrer mit einem großen physischen Potenzial, welches er auch immer wieder unter Beweis gestellt hat. So war er bei der Tour de Bretagne der aktivste Fahrer und hat sich dabei auch das Sprint-Trikot gesichert. Er hatte jedoch nicht das nötige Glück und wurde mehrere Male erst kurz vor dem Ziel gestellt. Das Physische ist aber nicht alles und so haben wir im Verlauf des Jahres festgestellt, dass unsere Ziele nicht in dem Maße übereinstimmen, wie wir es uns vorstellen, was dazu geführt hat, den Vertrag nicht zu verlängern.

Schätzen Sie das Team aufgrund der Neuzugänge stärker ein als 2017?
Deckert: Ja, da sich die jungen Fahrer weiterentwickelt haben und wir alle auf dem Gelernten aufbauen können.

In dieser Saison hat keiner Ihrer Fahrer den Sprung in ein höherklassiges Team geschafft. Glauben Sie, dass sich 2018 einige Ihrer Jungs so präsentieren werden, dass sie am Jahresende einen Profivertrag erhalten?
Deckert: Wie gesagt: Es ist unser erklärtes Ziel, Fahrer auf die WorldTour vorzubereiten. Wir werden den eingeschlagenen Weg konsequent weitergehen und in der Zukunft unsere Ziele erreichen.

Was macht es aus, dass, das Development Team eines WorldTour-Rennstalls zu sein?
Deckert: Die Zusammenarbeit zwischen allen drei Teams (Development, Männer, Frauen, d. Red.) beschleunigt, verbreitert und treibt den Entwicklungsprozess aller Beteiligten an. Alle drei Programme stehen täglich vor unterschiedlichen Herausforderungen und daran wachsen wir gemeinsam. Es gibt einen großen Wissenstransfer. Experten, Trainer, Coaches und Staff arbeiten in allen Teams eng zusammen. Die Development-Fahrer lernen die Prozesse, Arbeitsweisen und Verantwortlichkeiten im Team bereits früh kennen. Den Entwicklungsprozess aufgrund der Planungssicherheit langfristig anlegen zu können, ist ein weiterer großer Vorteil.

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