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23.11.2025 | (rsn) – Wie sein großer Konkurrent Mathieu van der Poel (Alepcin – Deceuninck) begann Wout van Aert (Visma – Lease a Bike) seine Karriere als Crosser. In dieser Disziplin gewann der Belgier drei WM-Titel in Serie, den letzten davon 2018. Zur Saison 2019 wechselte van Aert zu Visma – Lease a Bike und fokussierte sich danach auf die Straße, genau wie van der Poel, der aber nicht nur bei WM-Titeln (sieben) im Cross die Nase deutlich vorn hat, sondern auch bei den Frühjahrsklassikern.
Der Niederländer gewann bisher zwei Mal Mailand-Sanremo sowie jeweils drei Mal die Flandern-Rundfahrt und Paris-Roubaix. Van Aert dagegen hat mit Mailand-Sanremo, bei dem er im Coronajahr 2020 triumphierte, erst eines der fünf Monumente gewonnen – und entsprechend groß ist der Druck, den der mittlerweile 31-Jährige in seiner Heimat verspürt, wie van Aert im Interview mit der zur New York Times gehörenden Plattform The Athletic bestätigte.
Vor allem die beiden Frühjahrsklassiker Flandern-Rundfahrt und Paris-Roubaix besäßen für die belgischen Fans eine ikonische Bedeutung. “Es sind die größten und wichtigsten Rennen des Jahres, und sie finden so nah an meiner Heimat statt. Das motiviert mich zusätzlich. Aber ja, der Radsport hat in unserem Land eine so große Bedeutung, dass der Druck immer präsent ist. In meinem Fall war ich in den letzten Jahren ein Favorit, und dadurch ist der Druck noch größer, weil ich Belgier bin. Es fällt nicht leicht, damit umzugehen“, sagte van Aert, dessen bestes Ergebnis bei seinem Heimrennen ein zweiter Platz 2020 war – damals hinter van der Poel. Zwei Jahre später musste er sich in Roubaix Dylan van Baarle geschlagen geben. In der Saison 2025 war er bei den beiden Rennen als jeweiliger Vierter ein Stückchen weiter vom Sieg entfernt.
“Ich habe das Gefühl, ich jage diesem Ziel schon meine ganze Karriere lang hinterher“, sagte van Aert nun und betonte: “Sie wären das i-Tüpfelchen. Sie würden mir alles bedeuten.“
Habe er sich früher selbst auch unter großen Druck gesetzt, sei seine Herangehensweise nunmehr eine andere – auch in Folge von schweren Stürzen wie dem bei der Vuelta a Espana 2024. “Irgendwann, durch die Verletzungen und Rückschläge, begann ich umzudenken: Ich wollte es ruhiger angehen lassen, Risiken vermeiden, ein leichteres Programm fahren und mir neue Ziele setzen“, erzählte er und fügte rückblickend an: “Gerade im Cyclocross konnte ich in den Anfangsjahren bei Meisterschaften nicht wirklich mein Bestes geben, weil ich zu nervös war. Ich habe es nicht mehr für mich selbst getan; ich dachte, ich müsste gewinnen, um anderen etwas zu beweisen. Und der Druck im Straßenradsport hat sich dadurch nur noch verstärkt.“
Allerdings sei ihm klar geworden, dass er auf der Straße die “beste Version“ von sich selbst präsentieren wolle. “Ich hasste die Rennen, bei denen ich nicht mein volles Potenzial abrufen konnte“, erklärte er. Nun scheint van Aert zuversichtlich, dass er trotz der Ausnahmekonkurrenz durch van der Poel und Tadej Pogacar (UAE – Emirates – XRG) die i-Tüpfelchen auf seine Karriere wird setzen können. Sein Team jedenfalls hat unbegrenztes Vertrauen in ihn, stattete es doch van Aert mit einem “Rentenvertrag“ aus.
“Es wird mit der Zeit wahrscheinlich einfacher“, sagte er dann auch seinen Klassikerambitionen – angesichts seiner Vertragssituation wohl gar nicht so überraschend, steht van Aert zumindest in dem Punkt unter keinem Druck.