Radsport News-Jahresrückblick/Teil zwei

Frühjubler, Ausraster, Schimpfkanoniere

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Giro d´Italia 2008, 20. Etappe

Foto: ROTH

23.12.2008  |  (rsn) – Auch 2008 war wieder ein aufregendes Radsportjahr, das auch jenseits von Ergebnissen und Statistiken viel zu bieten hatte. In einem Rückblick lässt Radsport News Monat für Monat kuriose, groteske und witzige, aber auch dramatische und gefährliche Situationen und Ereignisse noch einmal Revue passieren. Im zweiten Teil: die Monate April bis Juni.

April:

Das Deutsche Sportfernsehen macht seinem Ruf als Fußballsender wieder alle Ehre. Darunter leidet allerdings der Radsport. Auf der 4. Etappe der Türkei-Rundfahrt steigt das DSF drei Kilometer vor der Zielankunft aus der Live-Übertragung aus. Der Spitzenfahrer hat die letzte Bergwertung überquert und nähert sich nach der Abfahrt dem Ziel, als sich der Sender auf seine wahren Stärken besinnt und König Fußball regieren lässt. Gezeigt wird: Fußball-Bundesliga aus der Konserve!

Live dabei ist das DSF allerdings im Finale der 2. Etappe der Türkei-Rundfahrt. Da werden die Zuschauer staunende Zeugen, wie Organisations- und Polizeifahrzeuge den Sprint von 20 Ausreißern behindern und dafür sorgen, dass die Gruppe auseinandergerissen wird. Von der gefährlichen Situation profitiert der Italiener Mirco Lorenzetto (Lampre), der sich auf Kopfsteinpflaster zwischen zwei Fahrzeugen durchmogelt und seinen Landsmann Tiziano Dall'antonia (CSF-Group Navigare) noch abfängt.

Ein ähnliches Schicksal ereilt auch Tom Boonen (Quick Step) beim Scheldepreis. Nach 207 Kilometer von Antwerpen nach Schoten reißt der Belgier in Erwartung des sicheren Sieges die Arme nach oben – und wird praktisch auf dem Zielstrich noch von Vorjahressieger Mark Cavendish (Columbia) überholt. „Ich dachte, ich hätte gewonnen. Ich habe niemanden gesehen“, kommentiert Boonen lakonisch seine Niederlage.

Pech hat der schnelle Boonen aber nicht nur auf dem Rad: Im heimischen Mol wird der Belgier bei einer Radarkontrolle in einer 70er-Zone mit 120km/h geblitzt. Strafe: 14 Tage Führerscheinentzug.

In der „Hölle von Mergelland“, einem Eintagesrennen in den Niederlanden, kommt kein einziger der sieben Milram-Starter ins Ziel. Das lässt Teamchef Gerry van Gerwen an der Berufsauffassung seiner Angestellten zweifeln. Der Niederländer reagiert und streicht mehrere Milram-Fahrer aus dem Aufgebot für das folgende Rennen, den flämischen Klassiker Gent-Wevelgem.

Jörg Jaksche erklärt seinen Rücktritt. Nach einer Absage von Milram gibt der Dopingkronzeuge die Hoffnung auf eine Rückkehr in das Peloton auf. Jaksche: „Wenn ich in Deutschland nun wirklich nicht unterkomme, dann nirgendwo.“ Wenn sich Jaksche da mal nicht täuscht…

Mai:

Mit halber Kraft gelingt Karsten Kroon sein zweiter Triumph am Henninger Turm. Zum Start an der Darmstädter Landstraße treten immerhin noch fünf CSC-Profis an, erlaubt sind acht Fahrer. Nach nur 60 Kilometern kann der Klassikerspezialist nur noch auf die Unterstützung von zwei Teamkollegen bauen. CSC setzt alles auf den Sprint – und wird belohnt: Dank der wirkungsvollen Unterstützung von Andy Schleck gewinnt Kroon zum zweiten Mal nach 2004 den hessischen Frühjahrsklassiker.

Kurz vor dem Start des Giro d’Italia reicht Volodymyr Bileka bei seinem Silence-Lotto-Team aus “persönlichen Gründen” die Kündigung ein. Der 29-jährige Ukrainer, von der Teamleitung nach starken Auftritten bei den Ardennenklassikern mit der Berufung ins Giro-Aufgebot belohnt, faxt seine Rücktrittserklärung an General Manager Geert Coeman. Die Teamleitung ist perplex, leitet das Schreiben aber an den Weltverband UCI weiter.

In Sydney überholt ein Autofahrer eine Trainingsgruppe australischer Profis und bremst plötzlich so stark ab, dass es dahinter zu einem Massensturz kommt. 20 der 50 Fahrer müssen wegen Schnittwunden und Prellungen behandelt werden. Ernsthaft verletzt wird zum Glück niemand. Der Unfallverursacher begeht Fahrerflucht.

David Millar (Garmin-Chipotle) reißt im Finale der 5. Etappe des Giro d’Italia nicht nur die Kette, sondern auch der Geduldsfaden. Außer sich vor Zorn über die verpasste Siegchance schleudert der Schotte seine defekte Rennmaschine über die Absperrung. Da Millars Ausraster innerhalb des letzten Kilometers geschieht, wird er sogar noch zeitgleich mit dem Tagesvierten gewertet. Schon kurz nach dem Rennen kann der Zeitfahrspezialist schon wieder über sich selbst lachen und kündigt an, die betreffende Szene sich im Fernsehen anschauen zu wollen.

Mit neun Mann tritt Gerolsteiner am 10. Mai beim Giro d’Italia an. Drei Wochen später erreichen mit den tapfer kämpfenden Johannes Fröhlinger und Sven Krauß nur noch zwei Fahrer das Ziel in Mailand. Teamsprecher Jörg Grünefeld kann sich nicht erinnern, dass in der Gerolsteiner-Historie in einem Rennen jemals derart viele Fahrer ausgefallen sind oder aufgegeben haben.

Juni:

Mit einem unmotivierten Auftritt beim Giro d’Italia verärgert der Australier Grame Brown sein Rabobank-Teams. Der Sportliche Leiter Erik Breukink kritisiert den Sprinter in aller Öffentlichkeit und spricht von einer „großen Enttäuschung. Man kann nicht erwarten, dass man sich erst im Laufe einer solch schweren Rundfahrt in Form fährt“, so Breukink.

Der Veranstalter ASO stellt für die am 5. Juli in Brest startende Tour de France einen umfangreichen Doping-Strafenkatalog auf. Alle teilnehmenden Mannschaften müssen einen „Anti-Dopingvertrag“ unterschreiben, der unter anderem eine Strafe von 100.000 Euro pro Dopingfall vorsieht. In diesem Fall muss die Teamleitung an den Französischen Dachverband FFC zahlen, der das Bußgeld für Dopingbekämpfung einsetzt. Die Teams kündigen an, sich den Betrag von den betreffenden Fahrern zu holen.

René Haselbacher (Astana) verzichtet freiwillig auf die Vuelta. Statt im September in Spanien drei Wochen lang Helferdienste für seinen Kapitän Alberto Contador zu leisten, zieht es der Österreicher vor, seiner Frau bei der Geburt des ersten Kindes zur Seite zu stehen.

Tom Boonen ein „Kokser“? Kurz vor seiner Heimatrundfahrt wird der Belgier in einer Trainingskontrolle positiv auf Kokain getestet. Boonen hat Glück, denn Koksen wird nur im Wettkampf bestraft. Der flämische Radheros liefert eine skurrile Erklärung: Ein Unbekannter habe ihm in einer Bar in seiner Heimatstadt Mol die Substanz in den Drink gemischt. Sein Quick Step-Team betrachtet die Affäre als „Privatangelegenheit“ und verlängert den Vertrag mit Boonen bis 2011. Von der Tour de Suisse und der Tour de France wird der Roubaix-Sieger allerdings ausgeladen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt, Boonen muss im schlimmsten Fall mit einer Haftstrafe rechnen.

Robbie McEwen sorgt bei der Tour de Suisse für nationale Aufwallungen. Nach seinem ersten Etappensieg verzögert der schnelle Australier die Siegerehrung, indem er eifrig telefoniert und „Zeremonienmeister“ Kurt Betschart warten lässt. Als der ehemalige Bahnfahrer ihn drängt, das Handy beiseite zu legen, reagiert McEwen angeblich mit einer Schimpfkanonade. Daraufhin tobt der Boulevard. Der "Blick" etwa findet, McEwen habe die Schweiz beleidigt. Lokalmatador Fabian Cancellara fordert, den Kollegen nach Hause zu schicken. Der Silence-Lotto-Kapitän ist verwundert und bestreitet, überhaupt etwas zu Betschart gesagt zu haben: „Ich habe ja das ‚Talent’, viele Leute zu verärgern, aber das war nicht meine Schuld.“

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