Traum von der kompletten Klassiker-Sammlung

Degenkolb: Aus dem Schatten der Top-Favoriten zum Ronde-Coup?

Von Felix Mattis aus Oudenaarde

Foto zu dem Text "Degenkolb: Aus dem Schatten der Top-Favoriten zum Ronde-Coup?"
John Degenkolb (Trek-Segafredo) | Foto: Cor Vos

01.04.2017  |  (rsn) - Mailand-Sanremo und Paris-Roubaix hat er vor zwei Jahren bereits gewonnen, doch am Sonntag will John Degenkolb (Trek-Segafredo) bei der Flandern-Rundfahrt in Oudenaarde seine Sammlung an Klassikersiegen vervollständigen. "Das ist natürlich das Ziel, mit dem wir ins Rennen gehen", sagte der 28-Jährige, der nach Rang sieben in San Remo sowie Platz fünf am vergangenen Wochenende bei Gent-Wevelgem mit breiter Brust an den Start in Antwerpen geht.

"Es war zuletzt klar zu sehen, dass (Greg) Van Avermaet und (Peter) Sagan erstmal die Stärksten sind. Aber man konnte auch sehen, dass ich selbst und auch die Stärke unseres ganzen Teams nicht weit weg sind. Das kann uns zuversichtlich für die nächsten zwei sehr wichtigen Rennen machen - für mich die beiden größten Rennen der Saison", sagte der Oberurseler mit Blick auf die Ronde am Sonntag sowie Paris-Roubaix sieben Tage später.

"Es war schön zu sehen, dass ich es mit den Anderen trotz deren Attacke über einen harten Anstieg schaffe und dabei bin", blickte Degenkolb am Freitag auf die Generalprobe am vergangenen Sonntag bei Gent-Wevelgem zurück. Damals konnte er am Kemmelberg an Van Avermaet und Sagan dranbleiben, verpasste  danach im flachen Finale aber die rennentscheidende Attacke. In der ersten großen Verfolgergruppe war Degenkolb zwar der Schnellste im Sprint, wurde aber nur Fünfter des Rennens.

In den Tagen vor der Flandern-Rundfahrt drehte sich in der weltweiten Berichterstattung alles um Weltmeister Peter Sagan (Bora-hansgrohe) - sei es wegen seiner bestechenden Form, oder wegen einem Bodycheck gegen Maxime Vantomme (Veranclassic) bei Gent-Wevelgem. Doch Degenkolb unterstrich im Teamhotel vor den Toren des ehemaligen Flandern-Startorts Brügge, dass für ihn ein Anderer der Top-Favorit am Sonntag ist: "Alle sprechen von und alles dreht sich derzeit um Peter Sagan, aber ich weiß nicht: Wer hat zuletzt die Rennen gewonnen? Ich glaube das war ein Anderer...", sagte er mit Blick auf Olympiasieger Greg Van Avermaet (BMC), der in dieser Saison sowohl den Omloop Het Nieuwsblad als auch E3 Harelbeke und Gent-Wevelgem für sich entschied - die vor Flandern drei wichtigsten Eintagesrennen auf belgischem Boden.

Degenkolb jedenfalls sieht sich gewappnet, mit den Besten nach Oudenaarde zu kommen. "Es ist immer schwer, Jahre zu vergleichen. Aber ich fühle mich wirklich gut und alle Werte zeigen, dass ich auf meinem besten Level bin. Ich muss also keine Angst haben, nicht in der Form von 2015 zu sein", erklärte er, fügte dann aber an, dass das eben nicht alles sei: "Es hängt viel von der Tagesform ab, aber in diesen Rennen muss eben alles perfekt zusammenkommen. Wenn etwas Glück fehlt, dann reicht das schon nicht."

Die bisherigen flämischen Klassiker wurden in der Saison 2017 allesamt recht offensiv gefahren und durch Attacken weit vor dem Ziel vorentschieden. Eine Fahrweise, die ihm als starkem Sprinter nicht unbedingt entgegenkommt. Doch Degenkolb sieht dank seines neuen Teams Trek-Segafredo auch darin einen Vorteil für sich. "Wir haben die Fahrer, um die frühen Attacken abzudecken und die Gruppen zu besetzen. Das wird am Sonntag auch das Ziel sein", sagte er.

Vor der Saison war vor allem der Name Jasper Stuyven in aller Munde. Der 24-jährige Belgier galt weithin als Degenkolbs taktischer Joker und wurde in Belgien teilweise sogar als Kapitän 1B bezeichnet. Mit den Plätzen acht und zwei beim Omloop Het Nieuwsblad und Kuurne-Brüssel-Kuurne deutete er Ende Februar an, dass er dazu bereit ist. Doch ausgerechnet am vergangenen Wochenende stieg Stuyven beim E3 Harelbeke vom Rad und konnte bei Gent-Wevelgem ebenfalls keine offensiven Akzente setzen - arbeitete dafür im Finale aber stark für Degenkolb auf der Verfolgung der Spitzenreiter.

"Natürlich war das letzte Wochenende nicht das Beste für mich. Aber dadurch verlieren wir nicht gleich alle Chancen. Wir haben viele Karten in der Hand und müssen die Stärke des Teams nutzen. John hat gezeigt, dass er da ist, um es zu Ende zu bringen", erklärte der Belgier nun auf Nachfrage von radsport-news.com. "Ich habe mich eigentlich auch vor Harelbeke wirklich gut gefühlt. Aber manchmal hat man einen schlechten Tag. Ich starte am Sonntag nicht mit mangelndem Selbstvertrauen oder erwarte Schlechtes."

Mit starkem Team und guter eigener Form darf Degenkolb also durchaus zuversichtlich in die Ronde starten. Top-Favorit ist er auf dem Weg von Antwerpen nach Oudenaarde nicht, doch das muss ja nichts Schlechtes bedeuten. Denn so kann Degenkolb, der am Freitag sehr entspannt wirkte, sagen: "Es war eine sehr entspannte Woche nach Gent-Wevelgem. Ich war ein paar Tage daheim, um mich so gut wie möglich zu erholen." Sagan und Van Avermaet waren und sind dem größeren Druck ausgesetzt.

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