Zitternder Skjelmose wird vom Rad zum Auto getragen

Extrembedingungen beim Flèche, aber kein Schlechtwetterprotokoll

Von Felix Mattis aus Huy

Foto zu dem Text "Extrembedingungen beim Flèche, aber kein Schlechtwetterprotokoll"
Das Peloton im Platzregen bei der ersten Überfahrt der Mur de Huy während dem Flèche Wallonne 2024. | Foto: Cor Vos

18.04.2024  |  (rsn) – Zwei Rennen unter Extrembedingungen hart an der Grenze des Schlechtwetterprotokolls der UCI bot der Flèche Wallonne am Mittwoch: Nachdem beim Start der Männer um 11:15 Uhr in Chareleroi noch die Sonne schien, verdunkelten die Wolken am Mittag in der Wallonie den Himmel – genau wie angekündigt – und pünktlich zum Start der Frauen um 13:55 Uhr öffnete dieser seine Schleusen. Es schüttete wie aus Kübeln und die Temperaturen fielen in der folgenden Stunde schnell von neun Grad auf nur noch knapp über dem Gefrierpunkt.

In kürzester Zeit herrschte Ausnahmezustand rund um die Mur de Huy. Der Regen war in Schneeregen übergegangen, unterwegs auf der Strecke – so erzählten Fahrer und Fahrerinnen später – hagelte es stellenweise sogar. Immer mehr Fahrer bogen nach den Zieldurchfahrten links ab, rollten zu den Mannschaftsbussen herunter. Juri Hollmann (Movistar) beispielsweise fuhr kopfschüttelnd an uns vorbei.

Schon zuvor waren einige seiner Kollegen auf einer Parallelstraße aus den wallonischen Hügeln zurückgekommen, hatten genug von diesem Rennen – beziehungsweise: von diesen Bedingungen. Nur 44 Männer kamen ins Ziel. Bei den Frauen waren es, auch weil es bei ihnen in der zweiten Rennhälfte eine ganze Weile trocken blieb, immerhin 106.

Besonders dramatisch wurde es nach der zweiten Zieldurchfahrt der Männer. Marc Hirschi (UAE Team Emirates) ließ ausrollen und bog dann mit etwas Blut unter der Nase ab – Aufgabe. Nur wenige Sekunden nach ihm hielt mit dem Vorjahreszweiten Mattias Skjelmose (Lidl – Trek) ein weiterer Favorit an der kleinen Kreuzung nach dem Ziel an.

Der Dänische Meister zitterte am ganzen Körper, kippte mit dem Rad fast um und musste von einem Teambetreuer gestützt werden, um abzusteigen. Er versuchte, über die Straße zu gehen, konnte seine Beine aber kaum mehr voran bewegen und wurde dann von seinem Betreuer und einem zur Hilfe eilenden Zuschauer zum Mannschaftswagen getragen – angewinkelte Knie, die Arme in einer Haltung als habe er seinen Lenker noch in den Händen und insgesamt offenbar völlig bewegungsunfähig.

Skjelmose wimmerte, wurde in eine Wolldecke eingewickelt und auf den Beifahrersitz des Team-PKW gesetzt, um dann zum Mannschaftsbus heruntergefahren zu werden.

Sein Team berichtete später sowohl bei ihm als auch bei Andrea Bagioli, Sam Oomen und Julien Bernard von hypothermischen Symptomen, also einer Unterkühlung – und dasselbe dürfte für zahlreiche weitere Fahrer anderer Rennställe gegolten haben. Allerdings seien die Probleme durch heißes Duschen, ein heißes Getränk und warme Luft im Mannschaftsbus wieder unter Kontrolle gekommen. "Es sind keine größeren Behandlungen nötig", hieß es.

Für Lüttich-Bastogne-Lüttich ist dasselbe angekündigt

Letztendlich war wohl alles den Umständen entsprechend gut ausgegangen bei diesem extremen Flèche Wallonne. Die Entscheidung, das Schlechtwetterprotokoll nicht anzuwenden und beide Rennen wie geplant durchzuführen - abgesehen davon, dass die große Wiese, auf der in Huy hinter dem Tennisclub normalerweise der Presseparkplatz liegt, schon vormittags gesperrt wurde, um Erosionsschäden zu vermeiden - dürfte trotzdem in den kommenden Tagen noch für einige Diskussionen sorgen.

Umstände, die laut UCI-Reglement zur Anwendung des Schlechtwetterprotokolls führen können: gefrierender Regen, Schneeanhäufungen auf der Straße, starke Winde, extreme Temperaturen, schlechte Sicht und Luftverschmutzung. Konkrete Grenzwerte gibt es keine, es bleibt Ermessenssache.

Für Lüttich-Bastogne-Lüttich am Sonntag dürfen sich die Verantwortlichen schon jetzt Gedanken machen, denn aktuell sind dieselben Wetterbedinungen angekündigt: Temperaturen zwischen -2 und 6 Grad, Windgeschwindigkeiten zwischen 15 und 20 km/h aus Richtung Norden und Regen sowie Schneefall.

"Wenigstens wissen wir jetzt, was wir da anziehen müssen", scherzte Flèche-Siegerin Katarzyna Niewiadoma (Canyon - SRAM) am Abend in Huy.

Mehr Informationen zu diesem Thema

19.04.2024Skjelmose erklärt seine Unterkühlung beim Flèche Wallonne

(rsn) - "Skjelmose wird hier gerade vom Rad getragen und ist vollkommen am Zittern. Komplett kalt. Komplett im Arsch", hieß es nach einem Augenzeugenbericht unseres Mannes vor Ort am Mittwoch in unse

18.04.2024Hartmann: Aus “nur durchkommen“ wurden 74 km an der Spitze

(rsn) – Elena Hartmann bekam ihre völlig durchnässten Handschuhe kaum mehr von ihren frierenden Fingern. Als die 33-Jährige vom Team Roland oben auf der Mur de Huy 5:41 Minuten nach Siegerin Kata

18.04.2024Trotz wenig Schlaf: Benoot holt ein “exzellentes Ergebnis“

(rsn) – Vor dem Start des 88. Flèche Wallonne in Charleroi hatte Tiesj Benoot (Visma – Lease a Bike) noch mehr über die Geburt von Töchterchen Loes gesprochen, die am Abend zuvor zur Welt gekom

17.04.2024Highlight-Video des 27. Flèche Wallonne Femmes

(rsn) – Nach einem dritten (2017) und einem zweiten Platz (2021) hat Kasia Niewiadoma (Canyon – SRAM) erstmals in ihrer Karriere den Flèche Wallonne Femmes gewonnen. Bei der 27. Ausgabe des Arden

17.04.2024“Auf dieses Wetter vorbereitet“: Uno-X imponiert beim Flèche

(rsn) – Ineos Grenadiers, UAE Team Emirates und Jayco – AlUla brachten keinen ihrer einzigen Fahrer ins Ziel der 88. Ausgabe des Flèche Wallonne (1.UWT), bei neun weiteren Teams beendete nur jewe

17.04.2024Highlight-Video des 88. Flèche Wallonne

(rsn) – Auch Kälte und Regen konnten ihn nicht stoppen: Stephen Williams (Israel - Premier Tech) hat beim Flèche Wallonne den größten Erfolg seiner Karriere eingefahren. Der 27-jährige Brite ge

17.04.2024Nach fast fünf Jahren bricht Niewiadoma an der ´Mur´ den Bann

(rsn) – Fast fünf Jahre musste Kasia Niewiadoma (Canyon – SRAM) auf den 19. Sieg ihrer Profikarriere warten. Bei der 27. Ausgabe des Flèche Wallonne Femmes war es soweit. Nach 146 Kilometern mit

17.04.2024Williams genießt Regen und Kälte und triumphiert an der ´Mur´

(rsn) – In einer wahren Regenschlacht kämpfte sich Stephen Williams (Israel - Premier Tech) beim 88. Flèche Wallonne an der berühmten Mauer von Huy als Erster über den Zielstrich. Beim zweiten A

17.04.2024Benoot: “Muss meine Energie heute von woanders hernehmen“

(rsn) - Tiesj Benoot (Visma – Lease a Bike) startet heute beim 88. Flèche Wallonne. Ob der Belgier beim zweiten der drei Ardennenklassiker allerdings im Vollbesitz seiner Kräfte sein wird, darf be

17.04.2024Vlasov: “Wenn alles in Stücke zerfällt, muss ich mitgehen“

(rsn) - Mit dem Flèche Wallonne steht am Mittwoch der ’kleinste‘ der drei Ardennenklassiker auf dem Programm. Die 88. Austragung des ´Wallonischen Pfeils´, der in Charleroi beginnt und nach 19

17.04.2024Ludwig: “Vielleicht wird der Wind einer Gruppe in die Karten spielen“

(rsn) – Erstmals in der Geschichte des Flèche Wallonne starten die Frauen nach den Männern. Auf den 146 Kilometern rund um Huy müssen sieben kategorisierte Anstiege bewältigt werden, die berühm

16.04.2024Es gilt nur eins: Wer erklimmt die Mur de Huy am schnellsten?

(rsn) – Sieben Mal Anna van der Breggen, fünf Mal Marianne Vos, fünf Mal Alejandro Valverde und drei Mal Julian Alaphilippe: Kein Rennen wurde in den letzten 20 Jahren so oft von denselben Fahreri

Weitere Radsportnachrichten

26.07.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir über die wic

26.07.2024Alsace: Dorn holt sich Trikot des Kämpferischsten Fahrers

(rsn) - Vinzent Dorn (Bike Aid) hat sich auf der Königsetappe der Tour Alsace (2.2) das Trikot des Kämpferischsten Fahrers gesichert. Der Freiburger fuhr auf dem Weg zur Planche des Belles Filles l

26.07.2024Spitzenreiter Stüssi kämpfte auf Flachetappe um jede Sekunde

(rsn) - Colin Stüssi (Vorarlberg) hat auf der 2. Etappe der Portugal-Rundfahrt (2.1) sein Gelbes Trikot verteidigt. Beim Sieg des Argentiniers German Tivani (Aviludo) überquerte der Titelverteidige

26.07.2024Schormair wird Race Logistic Manager bei Red Bull

(rsn) – So paradox es klingen mag: Fabian Schormair musste erst seine Karriere beenden, um in die WorldTour aufsteigen zu können. Der 29-Jährige, der noch bis zum 30. Juni als Fahrer beim Drittdiv

26.07.2024Watson rettet Trentin den ersten Rundfahrtsieg der Karriere

(rsn) – Als Krimi endete die 45. Ausgabe der Tour de Wallonie (2.Pro). Auf der abschließenden 5. Etappe über 192,5 Kilometer von Mouscron nach Thuin belegte der Neuseeländer Corbin Strong (Israel

26.07.2024Hirschi stürmt an erster Bergankunft ins Gelbe Trikot

(rsn) – Marc Hirschi (UAE Team Emirates) hat mit seinem Sieg auf der 2. Etappe der Czech Tour (2.1) auch das Gelbe Trikot des Gesamtführenden der viertägigen Rundfahrt übernommen. Der 25-jährige

26.07.2024Unwetter-Folgen: 3. Etappe der Mazowsza-Rundfahrt abgesagt

(rsn) - Die 3. Etappe der polnischen Mazowsza-Rundfahrt (2.2) ist aus Sicherheitsgründen abgesagt worden. Nach Informationen von RSN hatten die Teams schon vor dem Beginn der Rundfahrt davon erfahren

26.07.2024Im Ãœberblick: Die 22 Olympischen Rad-Wettbewerbe

(rsn) – Am Samstag werden bei den Olympischen Spielen von Paris mit den Zeitfahren der Frauen und Männer die Radsport-Wettbewerbe eröffnet. Vom 27. Juli bis zum 11. August stehen, und zwar im Stra

26.07.2024Fisher-Black von UAE zu Red Bull? Fedorov bleibt bei Astana

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Profiradsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder RÃ

26.07.2024Die Startzeiten der Olympischen Zeitfahren von Paris

(rsn) - 35 Frauen und 34 Männer nehmen am 27. Juli in Paris die beiden Olympischen Zeitfahren in Angriff. Dabei kämpfen sie auf demselben 32,4 Kilometer langen Kurs mit nur 150 Höhenmetern um die M

26.07.2024Kiesenhofer mit Olympia-Vorbereitung wie im Bilderbuch

(rsn) - Sie war die Sensation der Olympischen Spiele von Tokio. Anna Kiesenhofer schrieb vor drei Jahren mit ihrer Goldmedaille eine ganz besondere Geschichte. Als berufstätige Hobbyathletin nahm sic

25.07.2024Schachmann wäre mit Top 8 zufrieden, Kurs “perfekt“ für Kröger

(rsn) – Als Deutscher Vize-Meister im Zeitfahren wird Maximilian Schachmann am Samstag ins Rennen um Olympia-Gold im Kampf gegen die Uhr von Paris gehen. Hätte er sich in einer S-Kurve nicht verste

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Volta a Portugal (2.1, GER)
  • Dookola Mazowsza (2.2, POL)
  • Tour Alsace (2.2, FRA)