Interview mit dem Kuota-Lotto-Teamchef

Monreal: "Bei Siegen meiner Jungs im Begleitfahrzeug ausflippen"

Foto zu dem Text "Monreal:
Kuota-Lotto-Teamchef Florian Monreal | Foto: Marcel Hilger

28.01.2016  |  (rsn) – Seit 2014 lebt Florian Monreal seinen Traum, einen Rennstall zu leiten. Bis zum Ende der vergangenen Saison war der 29-Jährige sogar noch als Fahrer bei seinem Kuota-Lotto-Team aktiv. Im Interview mit radsport-news.com gab Monreal einen Ausblick auf die kommenden Aufgaben und kündigte einige Veränderungen an.

2015 standen Sie nur bei einem einzigen UCI-Rennen am Start. Werden Sie 2016 wieder versuchen, die Rollen des Teamchefs und Fahrers unter einen Hut zu bekommen?

Monreal: Ich werde 2016 für das Team Kuota-Lotto nicht mehr als Fahrer aktiv sein. Ich habe gemerkt, dass sich beide Tätigkeiten nicht mehr miteinander vereinen lassen. Anspruch und Realität gingen gerade auf dem Rad zu sehr auseinander. Je mehr Erfolge das Team hatte, desto mehr Arbeit wartete auf mich. Außerdem will ich auch den jungen Fahrern nicht im Weg stehen.

Wie kam es letztlich zu dieser Entscheidung?

Monreal: Ich will das Team so gut wie möglich führen, das nimmt einfach sehr viel Zeit in Anspruch. Auch im Winter, wenn es für Fahrer eigentlich recht ruhig ist. Aber da muss man sich als Teamchef eben um das Material oder auch um Einladungen zu Rennen kümmern. Ich konnte über das Jahr hinweg einfach viel zu wenig trainieren, teilweise stand das Rad längere Zeit in der Ecke. Jetzt kann ich mich ohne schlechtes Gewissen voll und ganz auf meinen Job als Teamchef kümmern.

Werden Sie die neu gewonnene Zeit weiter in das Team investieren oder wollen Sie sich auch mal längere Erholungsphasen gönnen?

Monreal: Ich versuche eine gute Mischung zu finden. Aber natürlich werde ich auch noch mehr Zeit für das Team im Einsatz sein. Wir haben 16 Fahrer, ein großes Rennprogramm und dafür einen recht kleinen Personalstab. Da kommt viel zusammen. Gerade im Service Course bei mir zu Hause gibt es eigentlich immer etwas zu tun.

War es blauäugig, Teamchef und Fahrer zugleich sein zu wollen?

Monreal: Als ich das Team im Herbst 2013 auf die Beine gestellt habe, war ich erst 26 Jahre alt, habe gedacht: Das schaffst du. Ich habe aber gemerkt, dass man eine große Verantwortung für sein Personal trägt, es soll ja alles perfekt laufen. Ab einem gewissen Niveau geht beides dann aber einfach nicht mehr.

Können Sie sich eine Rückkehr als Radfahrer vorstellen?

Monreal: Man soll niemals nie sagen, aber mir würden dann einfach zu viele Trainings- und Rennkilometer fehlen. Das ist schwer wieder aufzuholen.

Wie bewerten Sie Ihre Laufbahn als Rad-Profi?

Monreal: Ich habe einige schöne Rennen bestritten, gute Ergebnisse und auf nationaler Ebene auch Siege eingefahren. Dazu habe ich viel von der Welt gesehen.

Wollen Sie die Entwicklung des Teams nun schneller vorantreiben, auch mit Blick auf einen möglichen Aufstieg in die zweite Liga?

Monreal: Erst mal wollen wir die Ergebnisse von 2015 bestätigen und in der UCI-Rangliste wieder das erfolgreichste deutsche Team werden. Wir wollen wieder Rennen mitbestimmen und gewinnen. Die weitere Entwicklung hängt natürlich auch von den Geldgebern ab.

Können Sie sich vorstellen, zu einem anderen Team zu wechseln - etwa als Sportdirektor in die WorldTour?

Monreal: Das Team ist mein Baby. Wir gehen gerade mal in unsere dritte Saison. Natürlich ist es das Ziel, irgendwann mal in der WorldTour zu fahren. Mit dem eigenen Team dorthinzukommen wäre aber das Schönste. Ich bin bei unserem Hauptsponsor Lotto Rheinland-Pfalz angestellt, diese Kombination ist für mich wie ein Sechser im Lotto.

Sich mit einem WorldTour-Rennstall zusammenzutun und als dessen Farmteam zu agieren - wäre das eine Option?

Monreal: Aktuell nicht. Es gab keine konkreten Gespräche. Wir wären dann auch wieder abhängig von fremden Sponsoren. Zudem haben wir mit unseren aktuellen Geldgebern ein gutes und enges Vertrauensverhältnis. Deren Vertrauen in uns möchten wir gerne rechfertigen.

Ändert sich nun Ihr Verhältnis zu ihren Mannschaftskameraden?

Monreal: Nein, wir haben alle ein freundschaftliches Verhältnis gepflegt. Mit vielen Fahrern bin ich eng befreundet. Die Distanz ist nicht sehr groß, daran wird sich nichts ändern.

Erschwert das nicht etwaige unpopuläre Entscheidungen?

Monreal: Ganz klar, aber zum Glück hatten wir bisher nur ein, zwei solcher Situationen, die wir auch meistern konnten.

Ist dieses freundschaftliche Verhältnis auch Teil des Erfolgsrezeptes?

Monreal: Definitiv. Im Fußball heißt es: Elf Freunde müsste ihr sein. Bei uns waren es 2015 gleich 16. Drei Fahrer haben das Team verlassen, also sind noch 13 Freunde übrig geblieben – und die drei neuen Fahrer wurden auch sehr gut integriert. Eine gute Chemie im Team ist wichtig, das hat uns bislang ausgezeichnet.

Wie hat die Mannschaft auf den schweren Sturz des letztjährigen Teamkollegen Max Walscheid reagiert?

Monreal: Max ist noch immer Mitglied in unserer WhatsApp-Gruppe. Die Jungs haben sich allesamt sofort nach seinem Befinden erkundigt, auch ich stehe täglich mit ihm in Kontakt. Das zeigt, dass im Radsport auch durchaus Freundschaften möglich sind.

Seine soziale Ader hat das Team etwa auch durch die Teilnahme an der Tour der Hoffnung unter Beweis gestellt. Wie wird die Mannschaft sich 2016 karitativ engagieren?

Monreal: Wir werden auch in diesem Jahr wieder an der Tour der Hoffnung teilnehmen. Soziales Engagement ist uns als Team sehr wichtig. Unser Hauptsponsor Lotto lebt dies im Großen vor und wir wollen versuchen, im Rahmen unserer Möglichkeiten uns daran zu beteiligen. Bei unserem ersten Trainingscamp hatten wir auch einen syrischen Flüchtlingsjungen dabei, der in seiner Heimat ein talentierter U17-Fahrer war.

Können Sie sich als Teamchef über Erfolge Ihrer Jungs so freuen, als ob es Ihre eigenen wären?

Monreal: Auf jeden Fall. Als ich früher Videos sah, wie die Teamchefs in den Begleitfahrzeugen nach Siegen ihrer Schützlinge ausgeflippt sind, war es für mich unvorstellbar, wie sich so etwas anfühlen muss. Jetzt aber weiß ich: Es ist ein unglaublich schönes Gefühl!

Weitere Radsportnachrichten

26.04.2024Highlight-Video der 3. Etappe der Tour de Romandie

(rsn) – Brandon McNulty (UAE Team Emirates) hat das Einzelzeitfahren der 77. Tour de Romandie gewonnen. Der US-Meister in dieser Disziplin benötigte für den 15,5 Kilometer langen Parcours rund um

26.04.2024Helferrolle bei der Vuelta: Vorjahresfünfte Bauernfeind kränkelt

(rsn) – Im vergangenen Jahr hat eine Deutsche bei der Vuelta Espana Femenina die Weltspitze überrascht und ist bei den Bergankünften am Mirador de Penas Llanas und an den Lagos de Covadonga mit de

26.04.2024Teutenberg büßt Führung ein, peilt nun aber Gesamtwertung an

(rsn) - Auf der 2. Etappe der Tour de Bretagne (2.2) hat Tim Torn Teutenberg (Lidl - Trek Future Racing) das hellgrüne Trikot des Gesamtführenden abgeben müssen. Der 21-Jährige aus Mettmann, der

26.04.2024Bike Aid nach Türkei-Königsetappe “etwas enttäuscht“

(rsn) - Aufgrund der starken Leistungen an den ersten fünf Tagen und der guten Ausgangssituation für die Kletterer im Team ging Bike Aid optimistisch in die Königsetappe der Türkei-Rundfahrt (2.P

26.04.2024McNulty gewinnt Zeitfahren, Teamkollege Ayuso holt Gelb

(rsn) – 142 Fahrer lang musste Brandon McNulty (UAE Team Emirates) warten, ehe er endgültige Gewissheit darüber hatte, dass ihm seine 20:06 Minuten für das 15,5 Kilometer lange Zeitfahren auf der

26.04.2024Vermeersch von Lotto - Dstny zum UAE Team Emirates?

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Profiradsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder RÃ

26.04.2024Van den Broek nach Sieg auf Königsetappe neuer Spitzenreiter

(rsn) – Mit seinem Sieg auf der Königsetappe hat Frank van den Broeck (dsm-firmenich – PostNL) die Führung im Gesamtklassement der 59. Türkei Rundfahrt (2.Pro) übernommen. Der 23-jährige Nie

26.04.2024Die Startliste des Einzelzeitfahrens der Tour de Romandie

(rsn) – Der Belgier Stan Van Tricht (Alpecin – Deceuninck) eröffnet um 14.24 Uhr das Einzelzeitfahren der 77. Tour de Romandie, bei dem rund um Oron 15,5 Kilometer auf dem Programm stehen. Die S

26.04.2024Türkei: Van Poppel zur Königsetappe nicht mehr angetreten

(rsn) – Danny van Poppel (Bora – hansgrohe) ist nicht mehr zur Königsetappe der Türkei-Rundfahrt angetreten. Wie sein Team auf X meldete, haben sich der Niederländer am Morgen unwohl gefühlt.

26.04.2024Vollering, ´ELB´ & Niewiadoma kämpfen um erste GT der Saison

(rsn) – Die erste Grand Tour der Saison beginnt nicht erst am 4. Mai in Italien, sondern bereits am Sonntag in Valencia. Zugegeben: Die Vuelta Espana Femenina (28. April - 5. Mai) ist keine dreiwöc

26.04.2024Evenepoel nach schwerem Sturz auf dem Weg zurück

(rsn) – Drei Wochen nach seinem schweren Sturz bei der Baskenland-Rundfahrt hat Remco Evenepoel (Soudal – Quick-Step) erstmals wieder im Freien trainiert. Wie der Zeitfahrweltmeister auf der Train

25.04.2024Highlight-Video der 2. Etappe der Tour de Romandie

(rsn) – Thibau Nys (Lidl – Trek) hat auf der 2. Etappe der Tour de Romandie (2.UWT) seinen bisher größten Sieg auf der Straße gefeiert. Der 21-jährige Belgier setzte sich über 171 Kilometer

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Tour de Romandie (2.UWT, SUI)
  • Radrennen Männer

  • Presidential Cycling Tour of (2.Pro, TUR)
  • Gracia Orlová (2.2, CZE)
  • Tour de Bretagne (2.2, FRA)
  • Tour of the Gila (2.2, USA)