Hinweise, Tips und Anbieter - Einführung
Besser Sitzen: Wie ein Sattel perfekt passt
Von Wolfgang Preß

| Foto: SQLab
22.04.2020 | Viele Rennradler trainieren derzeit deutlich mehr auf der Rolle als sonst. Und dabei ist ein gut angepasster Sattel noch wichtiger, da die Sitzposition in der Regel wenig variiert wird. Im folgenden Hinweise und Tips von verschiedenen Experten zum Thema. In einem zweiten Teil stellen wir Ihnen fürnf Anbieter von Sattel-Fittings vor (siehe hier ganz unten).
Mindestens 80 Prozent aller Radler klagen regelmäßig über Sitzprobleme - das wurde in Umfragen herausgefunden. Wenig erstaunlich: Sitzen auf dem Rad bedeutet, dass eine sehr kleine Kontaktfläche 30 bis 90 Prozent des Körpergewichtes trägt. „Eine solche Belastung ist erst einmal nicht schlimm, weil Druck für den Organismus nichts Negatives ist – solange er eine bestimmte Intensität nicht überschreitet“, sagt Professor Ingo Froböse von der Deutschen Sporthochschule Köln.
Viele Menschen gehen jedoch mit falschen Vorstellungen an einen Fahrrad-Sattel
heran, so Froböse weiter: „Gerade unter Gelegenheitsradlern gibt es den Anspruch, dass man das Sitzen auf dem Sattel quasi gar nicht spüren darf. Jedes Drücken wird negativ assoziiert. Da greifen wahrscheinlich archaische Muster: Schließlich befindet sich der Druck im direkten Sektor der männlichen Potenz und der weiblichen Fruchtbarkeit.“
Doch der Fahrradsattel ist kein Sofa, er hat grundsätzlich andere Funktionen: Er muss dem Fahrer Bewegungsfreiheit lassen, gleichzeitig die Haltung auf dem Rad stabilisieren und Kontrolle übers Rad vermitteln. Das drückt dann eben, wenn im Schnitt 60 Prozent des Körpergewichtes auf so einer kleinen Fläche lasten. „An sich können die beiden Sitzbeinhöcker – die unteren Enden des Beckens – diese Arbeit bestens verrichten“, weiß Prof. Froböse: „Allerdings muss man dem Körper auch Zeit zugestehen, sich ans Sitzen im Sattel zu gewöhnen.“
Für eine gute Druckverteilung des Körpergewichts
auf
den
Sattel
muss der
Sitzknochenabstand mit der Oberkörperneigung harmonieren. Entscheidend
ist dabei vor allem
die
richtige
Sattelbreite:
Es
muss
genügend
Auflagefläche
zur
Druckverteilung
da sein,
die
Oberschenkel
sollen
aber
noch
ohne
Behinderung
rotieren
können. Aber
Achtung:
Der
in
aufrechter
Position
gemessene
Sitzknochenabstand
verringert
sich
zunehmend,
je
geneigter
die
Sitzposition
ist.
Deshalb
sind
Sportsättel
schmaler
geschnitten
als
Touren-
oder
Citysättel.
Die Unterscheidung in Damen- und Herrensattel
haben
einige
Hersteller
allerdings
inzwischen
wieder
aufgegeben.
„Solange
der
Abstand
der
Sitzbeinhöcker
stimmt,
und
die
Formgebung
des
Sattels
zur
Haltung
auf
dem
Rad
und
damit
zur
Last
auf
dem
Gesäß
passt,
gibt
es
für Radler
keinen
Grund
für
eine
geschlechtsspezifische
Unterscheidung“,
sagt
Prof.
Ingo
Froböse
von
der
Sporthochschule
Köln.
Und eine großzügige Polsterung bringt nicht
unbedingt Komfort. So paradox es klingen mag: Gerade die Polsterung führt oft zu Druckbeschwerden. Sinken nämlich die Sitzknochen weit in den Sattel ein, bilden sich am Rand Wülste, die den Druck dort erhöhen. Die Folge sind Schmerzen und/ oder Durch blutungsstörungen.
„Auf dem Sofa würde man nach einer Weile einfach die Sitzposition verändern. Auf dem Rad ist das schwieriger“, erklärt Monica Savio vom italienischen Sattelhersteller Selle Royal. Bei Druck im vorderen Sattelbereich richte sich zudem das Becken auf, so Savio weiter: „Das passiert unwillkürlich, und ist häufig die Ursache für Sitz- und Rückenbeschwerden.“
Die Bestimmung der Sattelbreite
Das von SQLab vor 15 Jahren entwickelte System zur Bestimmung der optimalen Sattelbreite wird inzwischen von so gut wie jedem Sattelhersteller angeboten. Am Anfang war es ein Stück Wellpappe, in das sich die Sitzknochen abdrückten – heute noch eine sehr effektive und einfache Me
thode.
Es folgten Gel-Pads, auf die man sich setzte. SQLab nimmt ein Blatt Papier, das
auf einen Hocker mit einer Noppenplatte gelegt wird. Nur die Sitzknochen drücken kleine Löcher in das Papier. Der Abstand kann damit einfach und genau ausgemessen werden. Dabei lassen sich auch Fehlstellungen erkennen: Wenn zum Beispiel einer der beiden Abdrücke größer ist, kann das auf eine Beckenfehlstellung hinweisen – oft die Ursache für Rückenbeschwerden und
Verspannungen.