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12.10.2025 | (rsn) – Bis eine Minute vor der endgültigen Entscheidung von Paris-Tours (1.UWT) hatte die Grande Nation noch fest daran glauben können, dass nach dem Vorjahressieg von Christoph Laporte (Visma – Lease a Bike) wiederum einer ihrer Landsmänner den prestigeträchtigen französischen Herbstklassiker gewinnen könne. Zwei Franzosen hatten sich 36 Kilometer vor dem Ziel mutig und energisch aus einer 45-köpfigen Gruppe gelöst und danach allen Verfolgungsversuchen der Favoritenteams standhalten können.
Ihr Maximalvorsprung betrug 40 Sekunden und wurde bei Erreichen des roten Teufelslappens noch mit 10 Sekunden gemeldet. Was dann passierte, werden Paul Lapeira (Decathlon – AG2R) und Thibaud Gruel (Groupama – FDJ) vermutlich noch einige Male in ihrer Karriere erklären müssen – und wohl in der Aufschlüsselung der Situation am Ende sogar rückgängig machen wollen.
“Wenn man nicht gewinnt, bereut man immer etwas, selbst beim Sprint. Wenn ich mir die Bilder danach ansehe, denke ich, ich hätte manches anders machen können“, analysierte Lapeira im Zielinterview die finalen Kilometer, die ihn letztendlich nicht zum erhofften Sieg führten. Als er mit Gruel auf den letzten Kilometer fuhr, wusste er um die vier Verfolger im Rücken – entschied sich aber zu pokern.
“Wir kennen uns gut, wir wissen, dass wir beide sprinten können. Ich war nicht in der besten Position, aber ich wusste, dass Stefan (Bissegger) hinter mir war, also konnte ich mir erlauben, zu pokern“, so der 25-Jährige, der in dieser Saison schon eine Etappe der Polen-Rundfahrt (2.UWT) gewonnen hatte. Eine Entscheidung, die ihm letztendlich den möglichen Sieg kosten sollte und einen weiteren vierten Platz nach der Coppa Agostini (1.1) und Tre Valli Varesine (1.Pro) bescherte.
In das gleiche Horn stieß sein direkter Widersacher Gruel nach Rennende, als er seine Taktik nochmals zu beschreiben versuchte. “Wir haben uns abgestimmt und zusammengearbeitet. Wir hatten einen beruhigenden Vorsprung. Von hinten kam niemand mehr ran“, dachte er zunächst. “Ich habe mir gesagt: Es ist nur ein Spiel, ich habe Spaß bis zum Schluss, mir ist das egal. Ich wollte alles oder gar nichts. Ich habe gezockt, ich bereue es nicht, aber in dem Moment, als ich als Fünfter über die Linie fahre, war es schon hart. Ich hatte Spaß, das ist das Wichtigste. Ich wollte gewinnen und nicht Zweiter werden“, erklärte er das Risiko, dass er eingegangen war, indem er zum Schluss nicht mehr voll durchgezogen hatte.
“Im Finale waren wir vielleicht ein bisschen dumm, weil wir uns gegenseitig beobachtet haben, aber ich bin das Risiko eingegangen“, so Gruel. Zweiter zu werden, zählt im internationalen Profiradsport offenbar nichts. Nur der Sieg bringt die absolute Genugtuung. Eine Tatsache, die schon zigfach beobachtet werden konnte, wenn Ausreißer kurz vor der Ziellinie noch abgefangen werden, weil sie sich gegenseitig den Triumph nicht gönnen, was Lapeira und Gruel heute zum wiederholten Mal bewiesen. Beide wollten pokern und standen am Ende mit leeren Händen dar.