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11.07.2008 | (rsn) – Heimlich, still und leise pirscht sich Cadel Evans (Silence-Lotto) an das Gelbe Trikot heran. In den Turbulenzen um Stefan Schumachers Sturz und den neuen Träger des Gelben Trikots, dem Luxemburger Kim Kirchen (Columbia), ging fast unter, dass der Australier bei der Bergankunft der 6. Etappe zeitgleich mit dem spanischen Auftaktsieger Alejandro Valverde (Caisse d’Epargne) als Dritter ins Ziel kam.
In der Gesamtwertung hat sich Evans bereits auf den zweiten Platz, sechs Sekunden hinter Kirchen, vorgearbeitet, ohne dass es sonderlich aufgefallen wäre. Damit untermauerte der 31-Jährige nicht nur seine Favoritenstellung, sondern auch die allgemein vorherrschende Meinung über ihn, ein unauffälliger, wenn auch äußerst solider Fahrer zu sein.
Aber im Gegensatz zu den anderen Favoriten für das Gesamtklassement – Valverde, dem Italiener Damiano Cunego (Lampre) oder dem Russen Denis Mentschow (Rabobank) – hat Evans bisher nicht nur alles im Griff, sondern auch das nötige Glück. Weder stürzte er – wie Valverde – noch verschlug es ihn in eine hintere Gruppe, als sich das Feld zerteilte – wie Mentschow auf der 3. Etappe.
Auf der ersten Bergetappe hatte Evans nur eine etwas kniffligere Situation zu überstehen, als ihn eine Reifenpanne nach gut der Hälfte des Rennens kurzzeitig stoppte. Mit der Hilfe seiner diesmal ganz auf ihn zugeschnittenen Mannschaft konnte der Tourzweite von 2007 aber schnell wieder den Anschluss an das Feld finden. Im Finale demonsterierte Evans dann seine Klasse, als er scheinbar mühelos das Hinterrad von Valverde, dessen Team auf den letzten Kilometern viel Arbeit leistete, hielt. Und erneut ging sein Plan auf, nicht zu früh in der Rundfahrt bereits das Gelbe Trikot überziehen zu müssen.
Entsprechend zufrieden zeigte sich Evans' Sportlicher Leiter nach dem Rennen. „Wenn ich vor der Tour ein Szenario vor der Tour hätte schreiben müssen, dann hätte es wie der bisherige Rennverlauf ausgesehen“, so Silence-Teamchef Marc Sergeant, der ebenso wie sein Kapitän erleichtert war, dass dieser noch nicht die Gesamtspitze erobert hatte.
In dem Zusammenhang bedauerte Sergeant auch Stefan Schumachers Malheur 300 Meter vor dem Ziel in Super-Besse. „Natürlich ist es schade, dass Schumacher so kurz vor dem Ziel gestürzt ist. Er und sein Gerolsteiner-Team hätten das Rennen in den nächsten Tagen so kontrolliert, wie sie das zuletzt getan hatten“, lautete die Begründung des Belgiers, der jetzt darauf baut, dass Columbia alles daransetzen wird, für Kim Kirchen das Gelbe Trikot zu verteidigen und Struktur ins Rennen zu bringen.
Allerdings stellt der im Klassement für Evans – im Gegensatz zu Schumacher – eine echte Gefahr dar. „Jetzt zählt Kirchen zu den Favoriten auf den Gesamtsieg, eine Entwicklung, mit der niemand gerechnet hätte“, so Sergeant. Deshalb wird Evans in den Pyrenäen wohl seine Karten auf den Tisch legen müssen – auch auf die „Gefahr“ hin, bereits zu Beginn der zweiten Tour-Woche in Gelb zu fahren.