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19.07.2017 | (rsn) - Die Chance war klein, doch das deutsche Team Sunweb hat sie genutzt. Nach einer überragenden Mannschaftsleistung ist Michael Matthews bis auf 29 Punkte an das Grüne Trikot von Marcel Kittel (Quick-Step Floors) herangerückt.
"Wir haben das Feld heute an den Eiern gepackt", beschrieb der Niederländer Laurens ten Dam vielleicht ein wenig zu drastisch, aber doch treffend, was an diesem Tag der 16. Etappe der 104. Tour de France von Le Puy-En-Velay nach Romans-Sur-Isere (165 km) geschah. Etwas gesetzter, aber ebenso passend drückte es Paul Martens (LottoNL-Jumbo) auf Twitter aus: "Was ein Tag! Das Team Sunweb hat heute allen eine Lektion in Sachen Radfahren erteilt."
Dabei plante Sunweb an diesem Dienstag etwas völlig normales. "Wir wollten heute in eine Gruppe gehen mit Fahrern wie Simoni (Simon Geschke,d.Red.) oder mir", erklärte Nikias Arndt gegenüber radsport-news.com beim Ausfahren auf der Rolle völlig entspannt das Vorhaben seiner Equipe.
Der Buchholzer hatte sich gerade nach 20 Kilometern im Anstieg zur Cote de Boussoullet (3. Kategorie, 4,5 km mit 6,3 Prozent) mit Matthews und Gescheke an der Spitze zur Attacke bereit gemacht, als ein Teamkollege nach dem anderen vorne auftauchte. Arndt wunderte sich: "Ich hatte nichts mitbekommen, da mein Tourradio kaputt war. Das Tempo war sehr hoch und alle Ausreißer zurückgeholt. Da wollte ich wissen, was los sei."
Das erzählte Matthews später aus seiner Sicht: "Ich habe versucht, in die Ausreißergruppe zu gehen, aber Quick-Step Floors fuhr die Löcher immer wieder zu, weil sie nicht wollten, dass ich die Punkte hole. Dann habe ich gehört, dass Kittel abgehängt ist und habe den Druck weiter erhöht. Als ich gehört habe, dass er über eine Minute am Gipfel zurückliegt, haben wir beschlossen, Dampf zu machen. Wenn Marcel aus dem Rennen ist, habe ich es einfacher im Sprint."
"Wir sind gefahren, gefahren und gefahren", schilderte Arndt den weiteren Verlauf, um sofort anzufügen: "Wir wollten Marcel nicht ärgern, aber wir wollen Punkte holen, wo er keine holen kann."
Das Vorhaben gelang mit Bravour. Matthews gewann die 20 Punkte im Zwischensprint und auch die Etappe (30 Punkte). Arndt: "Das Rennen ging so schnell zu Ende, nachdem wir die Kontrolle übernommen hatten. Wir haben alle unsere Fahrer benutzt – wir werden heute Nacht alle schlecht schlafen, da wir sehr hart gearbeitet haben. Aber wir hatten den Plan, es durchzuziehen und es hat perfekt funktioniert."
Auch die Windkante konnte Sunweb nicht stoppen. Arndt: "Im Seitenwind waren wir mit Michael Matthews, Warren Barguil und mir da. Und am Ende konnte ich sogar einen Lead-Out fahren."
Das war vielleicht das einzige, was nicht gut funktionierte. "Ich war etwas zu früh. Weil Daniele Bennati attackierte und ich ihm sofort hinterher bin", sagte Arndt. Dabei kam er auch John Degenkolb ziemlich nahe. "Bei 500 (Meter vor dem Ziel,d.Red.) habe ich gemerkt, die Beine werden schwer und Matthews war an meinem Rad. Ich habe dann versucht, noch mal zu beschleunigen, in der Linkskurve ist Matthews innen an mir vorbei und zu Van Avermaet ans Rad. Ich war mega grau in der letzten Kurve, musste Platz machen und fuhr nach außen. Da kam John. Es tut mir leid, aber es war ein Sprint. Ich hoffe, man sieht in den TV-Bildern, dass das keine Absicht war. Ich habe ihn leicht touchiert. Er war aber immer noch gut positioniert. Es war kein böser Wille."
Danach füchtete Arndt, etwas falsch gemacht zu haben. "Ich war etwas ängstlich, als ich ins Ziel gekommen bin, weil ich nicht wusste, ob er gewonnen hat. Aber am Ende hat er gesiegt – ein großartiger Job des gesamten Teams.“
Doch dabei wollen es die Jungs von Sunweb nicht lassen. "Wir werden bis Paris um Grün kämpfen. Marcel fährt auch stark bisher, in Paris wird man sehen, wer gewinnt", sagte Arndt.