Bernal nach letzter Alpenetappe vor Gesamtsieg

Nibali nimmt Revanche für sein Tour-Aus vom Vorjahr

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Vincenzo Nibali (Bahrain - Merida) feiert den Sieg auf der 20. Tour-Etappe. | Foto: Cor Vos

27.07.2019  |  (rsn) - Gleich hinter dem Zielstrich bekam Egan Bernal (Ineos) anerkennende Schulterklopfer vom Teamkollegen Geraint Thomas – der Vorjahressieger zollte seinem Nachfolger Respekt. Auf der 20. Etappe von Albertville zur Bergankunft in Val Thorens verteidigte der Kolumbianer das Gelbe Trikot und steht damit vor dem Gesamtsieg bei der 106. Frankreich-Rundfahrt.

Das Teilstück musste aufgrund von Erdrutschen in der Region von den ursprünglichen 130 auf 59,5 Kilometern verkürzt werden, den Tagessieg feierte am Ende Vincenzo Nibali (Bahrain - Merida) als Solist aus einer Fluchtgruppe heraus. Der Schlagabtausch der Favoriten blieb größtenteils aus, einzig Julian Alaphilippe (Deceuninck - Quick-Step) verlor noch deutlich an Boden und fiel vom zweiten auf den fünften Gesamtrang zurück. Emanuel Buchmann (Bora - hansgrohe) verbesserte sich dagegen um eine Position auf Platz vier der Schlusswertung.

"Es ist etwas ganz Besonderes, ich hatte schwere Tage und konnte nicht meine Leistung abrufen. Ich habe mich auch mit den Fluchtgruppen schwergetan. Ich habe oft angegriffen und heute war die letzte Möglichkeit. Meine Attacke war weit weg vom Ziel, aber es war der richtige Angriff. Nach meinem Sturz im letzten Jahr ist das wie eine Revanche für mich. Ich widme diesen Sieg meinem Großvater, der letztes Jahr verstarb“, sagte Nibali im Ziel nach seinem ersten Saisonsieg.

Im Vorjahr hatte er die Tour de France mit Ambitionen auf die Gesamtwertung nach einem Sturz auf der Etappe nach Alpe D'Huez mit Wirbelfrakturen verlassen müssen. Der Italiener gehörte heute auf der letzten Alpenetappe zur Spitzengruppe des Tages und bestritt die letzten 13 Kilometer zur Bergankunft in Val Thorens als Solist, wo er sich seinen dritten Tour-Etappenerfolg seiner Karriere holte.

Mehr Aufmerksamkeit kam in der Schlussphase jedoch dem Kampf um die Gesamtwertung zu. Aufgrund der knappen Zeitabstände war mit zahlreichen Angriffen gerechnet worden. Die Klassementfahrer blieben allerdings bis wenige Meter vor dem Ziel zusammen, ehe sich Alejandro Valverde und Mikel Landa (beide Movistar) lösten und mit zehn beziehungsweise vierzehn Sekunden Rückstand auf Nibali die Etappenplätze zwei und drei sicherten. Mit 17 Sekunden Rückstand rollte Bernal gemeinsam mit Thomas über die Linie, der Ravensburger Buchmann, Rigoberto Uran (EF Education First) und Steven Kruijswijk (Jumbo - Visma) folgten sechs Sekunden später.

"Im Moment kann ich es nicht glauben. Noch bleibt eine Etappe, dann ist es offiziell und ich habe die Tour gewonnen. Der letzte Anstieg war sehr hart. Jumbo-Visma hat es probiert, sie wollten auf das Podest. Wir mussten ihnen folgen, das ist gut gegangen. Ich weiß nicht, was mir durch den Kopf geht, ich habe das noch nicht ganz verstanden. Es wird dauern, bis ich den Sieg realisiere“, sagte Bernal im Ziel bei Eurosport.

Die einzige Veränderung unter den besten Neun der Gesamtwertung ergab sich, weil Alaphilippe im Schlussanstieg durch die Tempoarbeit von Jumbo - Visma den Anschluss verlor und das Ziel mit 3:17 Rückstand erreichte. Der Franzose fiel dadurch vom zweiten auf den fünften Gesamtrang (+3:45) zurück. Gesamtzweiter wird damit Thomas (+1:11) vor Kruijswijk (+1:31) und Buchmann (+1:56).

"So die Tour de France zu beenden ist eine absolute Traumvorstellung. Die Top Ten waren das Ziel und der vierte Platz ist richtig geil. Heute hatte ich nicht die besten Beine und ich hatte nichts mehr zu verlieren. Ich habe es versucht, aber konnte es nicht durchziehen. Aber die Platzierung ist trotzdem super und ich bin ganz zufrieden“, sagte Buchmann bei der ARD.

Die Bergwertung sicherte sich einen Tag vor Paris der Franzose Romain Bardet (Ag2r), obwohl er keine weiteren Punkte sammelte. "Das Bergtrikot ist nicht das, was ich erwartet hatte. Ich wollte um den Toursieg fahren, aber dieses Trikot ist auch für mich ein wichtiges Symbol“, sagte Bardet im Ziel bei Eurosport.

So lief das Rennen

Nach dem Start in Albertville verlief die verkürzte Strecke zunächst flach über rund 26 Kilometer, bevor es in 33 Kilometer lange Schlussanstieg nach Val Thorens ging. Die beiden Anstiege unterwegs hinauf zum Cormet de Roselend (1. Kategorie) und zur Cote de Longefoy Moutiers (2. Kategorie) hatten die Organisatoren aufgrund der Erdrutsche in der Region aus der Route nehmen müssen. 

Die Anfangsphase stand im Zeichen der Fluchtgruppe: Zunächst setzten sich sechs Fahrer um Rui Costa (Team UAE) und Dylan Teuns (Bahrain - Merida) ab, nach 20 Kilometern schlossen 23 weitere Fahrer zur Spitze auf. Unter anderem gehörten Nibali, Michael Woods (EF Education First), Daryl Impey (Mitchelton - Scott), Nicolas Roche (Sunweb) sowie Ilnur Zakarin und Nils Politt (Katusha - Alpecin) zur Gruppe. Auf dem kurzen Teilstück erarbeiteten die Ausreißer sich allerdings maximal ein Vorsprung von 2:30 Minuten..

Im Anstieg flog die Spitzengruppe schnell auseinander, Zakarin, Woods, Nibali, Pierre-Luc Périchon (Cofidis) und Tony Gallopin (Ag2r) setzen sich ab und verteidigten lange einen Vorsprung von rund zwei Minuten. Im Feld übernahm Jumbo - Visma im Anstieg die Kontrolle und zog 16 Kilometer vor dem Ziel das Tempo merklich an. Mehrere Fahrer wie der Gesamtzehnte Richie Porte (Trek - Segafredo) fielen aus der Gruppe heraus, wenig später konnte auch Alaphilippe dem Tempo nicht mehr folgen. Auch der Vorsprung der fünf Spitzenreiter schmolz sukzessive, 13 Kilometer vor dem Ziel entschied sich Nibali daher zum Solovorstoß.

Der Italiener verteidigte im Anschluss lange einen Vorsprung von rund einer Minute, während die Favoritengruppe weiter ausdünnte. Attacken der Klassementfahrer blieben dagegen aus. 6,4 Kilometer vor dem Ziel versuchte es Simon Yates (Mitchelton - Scott), der kurz darauf Begleitung durch Warren Barguil, (Arkea - Samsic) Marc Soler und Nairo Quintana (beide Movistar) bekam, allerdings zielte dieser Vorstoß eher auf die Bergwertung ab und war schnell wieder neutralisiert.

So blieb die Gruppe der Favoriten bis zur Flamme Rouge zusammen und umfasste Bernal, Thomas und Wout Poels (Ineos), Quintana, Valverde und Landa spwoei Kruijswijk, Uran und Buchmann. An Nibali kamen die Verfolger bis nicht mehr heran, der Tour-de-France-Sieger des Jahres 2014 rettete zehn Sekunden ins Ziel und feierte den Tagessieg.

Dahinter probierte es Buchmann kurz erfolglos mit einem Antritt, im Anschluss setzten sich Valverde und Landa noch um wenige Sekunden ab und landeten auf den Plätzen zwei und drei.

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