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23.01.2020 | (rsn) - Seit seiner Suspendierung vor dem Tourstart 2006 in Straßburg hat Jan Ullrich kaum etwas über seine Dopingpraktiken verraten. Nun beschreibt sein ehemaliger Freund, Mentor und Sportlicher Leiter Rudy Pevenage in seinem Buch "Der Rudy“ einige Einzelheiten. Pevenage: "Ich habe keine Angst mehr vor Reaktionen oder Kommentaren. Ich erzähle viel, sehr viel in dieser Biografie."
Die belgische Tageszeitung Het Laatste Nieuws hat erste Auszüge aus seiner am Donnerstag erscheinenden Biografie veröffentlicht, die wir hier dokumentieren.
Pevenage arbeitete mit Ullrich von 1995 bis Ende 2006 zusammen. Er schwieg auch, als Ullrich als Kunde des Dopingarztes Eufemiano Fuentes des Blutdopings für schuldig befunden wurde. "Es war an der Tagesordnung. Etwas ohne Doping zu gewinnen, war sehr schwierig “, begründet er und nutzt eine Floskel, die die Sünder damals auch vor sich selbst als Entschuldigung anwandten.
Mit seinem Buch öffnet Pevenage nun die Mauer des Schweigens. So beschreibt der ehemalige Sportliche Leiter, dass er und sein Schützling beim Giro 2001 großes Glück hatten, nicht erwischt zu werden, als bei einer Razzia im Hotelzimmer von Marco Pantani eine Insulinspritze gefunden wurde. "In meinem panischen Denken habe ich die spezielle Coladose vergessen, die ich in den Kühlschrank gestellt habe", schreibt Pevenage in "Der Rudy". Und weiter: "Die Dose war doppelwandig und man konnte sie oben abschrauben, um Medikamente einzufüllen und aufzubewahren. Sehr praktisch. Durch die Doppelwand blieb der Inhalt kühl und von außen war sie nicht von einer echten Dose Cola zu unterscheiden."
Pevenage beschreibt auch, wie beim Tourstart im Jahr 2004 Blutdoping organisiert wurde. "Vor dem Start in Lüttich habe ich ein Zimmer für mich im ruhigen Park Hotel in Kelmis gebucht. Ich hatte um einen zusätzlichen Kühlschrank gebeten und er wurde auch in mein Zimmer gestellt. Noch an diesem Tag bekam ich Besuch vom ehemaligen Mountainbiker Alberto León, wir nannten ihn Ali Baba. Er kam mit dem TGV über Bordeaux und Paris nach Lüttich. Das Hotel war wunderschön und weit genug vom Kessel namens Le Grand Départ entfernt."
Unvorsichtiger Anruf bei Fuentes
Pevenage weiter: "Am folgenden Abend kamen auch die Ärzte José Luis Merino und Eufemiano Fuentes zu uns. Es wurde eine Liste mit Fahrern erstellt, die Ali Baba als Träger besuchen musste. Er hat das mit meinem Mountainbike gemacht. Die Pakete waren in seinem Rucksack. Ali Baba war ein perfekt aussehender Tourist. Die Blutbeutel wurden sorgfältig in leere Milchkartons verpackt und mit einem Code versiegelt. "
Doch in der Euphorie des Zeitfahrsiegs beim Giro 2006 ("Ich hatte den alten Jan wiedergesehen") wurde er unvorsichtig. Weil das Prepaid-Handy einer Bekannten leer war, das er normalerweise zur Tarnung nutzte, vermeldete er den Erfolg mit seinem Telefon an Fuentes. "Aufgrund meiner Begeisterung konnte ich es kaum erwarten, schnell mein eigenes Handy zu schnappen und Fuentes anzurufen. Nicht so schlau, sie haben ihn belauscht. So hatten die Ermittlungsdienste und die spanische Polizei plötzlich meine Nummer."
Die Fahnder hatten Ullrich und Pevenage als Kunden des Dopingarztes erwischt. Es dauerte aber noch bis zum Tag vor dem Tourstart in Straßburg, bis die Bombe platzte. Angeblich kennt Pevenage noch weitere Nutznießer des Dopingnetzwerkes, dem 150 Klienten angehört haben sollen. So will er weitere Blutbeutel von berühmten Fahrern, aber auch von Fußballspielern, die in Madrid spielten, Sportlern und einem bekannten spanischen Tennisspieler erkannt haben.
Morgen wird das Buch "Der Rudy", geschrieben von John van Ierland, herausgegeben von JEA, vorgestellt. Zunächst leider noch nicht in deutscher Sprache.
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