Paris-Nizza:Schachmann verteidigt Gelb trotz Sturz

Benoot jubelt nach starkem Finale als Solist

Von Joachim Logisch

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Tiesj Benoot (Sunweb) bejubelt seinen Etappensieg bei Paris-Nizza. | Foto: Cor Vos

13.03.2020  |  (rsn) - Die denkwürdige 6. Etappe von Paris-Nizza endete mit dem Solo-Sieg von Tiesj Benoot, der die hervorragende Vorstellung seines Sunweb-Teams krönte. Kopfschüttelnd erreichte dagegen Maximilian Schachmann (Bora - hansgrohe) nach einem Sturz mit 40 Sekunden Rückstand das Ziel. Wegen eines Fahrfehlers war er wenige hundert Meter vor Schluss gegen eine Hauswand gerutscht. Trotzdem verteidigte er sein Gelbes Trikot vor der letzten Etappe – wenn sie wegen des Coronavirus noch durchgeführt wird.

Wie ein großes Bergmassiv lastete SARS-CoV-2 auf dem Peloton, das sich vor dem heutigen Start weiter gelichtet hatte. Bahrain-McLaren hatte sein Aufgebot zurückgezogen, weil es wegen wahrscheinlicher weiterer Reisebeschränkungen der Pandemie noch nach Hause kommen wollte. So gingen nur noch 109 von ursprünglich 135 gestarteten Fahrern an den Start. Im Laufe des Tages verkündete die ASO, dass nur noch die Samstagsetappe gestartet werden würde, was sich später als möglicherweise verfrüht erwies, da es in einer Meldung des Französischen Verbands plötzlich hieß, alle Rennen in Frankreich würden mit sofortiger Wirkung abgesagt. Das jedoch wurde von der ASO nach Zieleinlauf nicht bestätigt.

Trotz der trüben Aussichten entwickelte sich ein packendes Rennen, das Benoot schließlichsouverän für sich entschied. "Schade, dass Paris-Nizza abgebrochen wird. Ich bin aber sehr zufrieden, dass ich heute eine Etappe gewinnen konnte", sagte er auf Französisch im Siegerinterview von Eurosport. Auf Englisch fügte er im zweiten Teil an: "Ja, es war wirklich sehr hart, Vollgas vom Start weg. Quick-Step zog alle hinter sich her. Ich wusste, das ist gut für mich, denn ich hatte gute Beine. Ich mag Tage, an denen voll gefahren wird, und das war einer davon."

40 Sekunden Später hinter Benoot war das Gelbe Trikot demoralisiert über die Ziellinie gerollt. Ein Fahrfehler hatte Schachmann wenige hundert Meter vor Schluss aus der Favoritengruppe geworfen. Der Berliner war zu schnell in eine Rechtskurve gegangen. Er fing sich zwar sehenswert artistisch ab, aber sein Hinterrad prallte gegen das Absperrgitter an der Hauswand, so dass Schachmann aus den Pedalen musste.

Schnell stieg der Deutsche Meister wieder auf, aber ein paar Sekunden verlor er noch, weil auch die Kette runtergesprungen war. "Ich stürzte 800 Meter vor Schluss. Das Rennen war voll im Gange, wir fuhren Vollgas bergab. Ich hatte die Abfahrt vorher nicht gesehen. Sie war wirklich verrückt. Ich hatte etwas Rückstand, fand aber wieder Anschluss, war aber etwas zu schnell und machte einen Fehler", schilderte Schachmann die missliche Situation, die seinen Vorsprung auf seinen ärgsten Konkurrenten Sergio Huguita (EF) von 1:06 Minuten zunächst deutlich verkürzte. Das schadete seinem Optimismus aber nicht, was den Gesamtsieg betraf: "Ich fühlte mich heute am letzten langen Abstieg gut. Wir sind etwas defensiv gefahren. Aber morgen gilt alles oder nichts!"

Da wusste Schachmann noch nicht, dass er wegen des Sturzes innerhalb der letzten drei Kilometer - wie alle anderen seiner Gruppe – zeitgleich mit Higuita gewertet wurde. Das bedeutete, dass er in der Gesamtwertung 36 Sekunden Vorsprung auf den neuen Zweiten Benoot und 1:01 Minuten auf Huguita behielt.

So lief das Rennen:

Eine Gruppe von sieben Fahrern setzte sich nach einem hektischen Start und der Fahrt durch mehrere Windkantengebiete ab. Ihr gehörten Nicolas Edet (Cofidis), Winner Anacona (Arkea Samsic), Romain Bardet (Ag2r), Stefan Küng (Groupama FDJ), Alexis Gougeard (Ag2r), Anthony Perez (Cofidis) und Mads Pedersen (Trek - Segafredo) an. Ihr größter Vorsprung betrug knapp zwei Minuten. 45 Kilometer vor Ziel attackierten Bardet und Edet aus dieser Gruppe heraus. Edet sammelte schon zuvor fleißig Bergpunkte und löste mit 29 Zählern Jonathan Hivert (26/Total Direct Energie) in der Spezialwertung ab.

Dann löste sich Nikias Arndt (Sunweb) aus dem Peloton. Er holte zunächst die Ausreißer Pedersen und Perez ein. Zwischen dieser Gruppe und der Spitze befanden sich noch Anacona, Küng und Gougeard. Sie hielten Arndt nicht auf, der nun die Lokomotive für seinen Teamkollegen Sören Kragh Andersen spielte. Die Spitzenreiter Edet und Bardet hatten zu diesem Zeitpunkt noch 1:35 Minuten Vorsprung auf das Feld, aber nur noch rund 30 Sekunden auf Andersen, als Arndt sich zurückfallen lies. Kragh Andersen fuhr zu Bardet und Edet vor, aber auch das nur noch 40 Köpfe umfassende Feld kam bis auf 50 Sekunden heran, da Deceuninck - Quick-Step und Schachmanns Helfer Patrick Konrad mächtig an den Hörnern zogen.

Im letzten Berg der 3. Kategorie stürmte 17 Kilometer vor dem Ziel Deceuninck - Quick-Step los. Vorne musste der neue Bergkönig Edet reißen lassen und zwei Kilometer weiter war Bardet eingeholt. Kurz vor der Spitze des letzten nicht kategorisierten Berges griff Vincenzo Nibali (Bahrain - Merida) mit Tiesj Benoot an. Felix Großschartner spannte sich für seinen Kapitän Schachmann vor die Verfolger. Kurz vor der Kuppe erreichte Benoot seinen Teamkollegen Kragh Andersen. Nun legte Alaphilippe los, Higuita setzte nach und auch Schachmann.

13 km vor dem Ende muss Kragh Andersen loslassen und Benoot fuhr alleine weiter. Dahinter schloss Alaphilippe mit den Favoriten am Hinterrad wieder zu Nibali auf. Benoot lag 20 Sekunden davor. In der Abfahrt schloss Großschartner zu dem nun vor dem Feld fahrenden Bob Jungels (Deceuninck - Quick-Step) auf. Doch das Duo kam nur bis auf 18 Sekunden an Benoot heran, während das Feld fünf Kilometer vor Schluss 35 Sekunden zurücklag. Einen Kilometer später attackierte Higuita, doch Schachmann & Co. ließen sich nicht abschütteln und in der Tempoverschärfung wurde auch Jungels wieder gestellt.

Auf den letzten 800 Meter in einer Rechtskurve rutschte Schachmann weg - ein Sturz, der ihn aber keine Zeit kostete!

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