Wohin führt sein großes Talent?

Kämna: “Ich denke, ich bin gut fürs Gesamtklassement geeignet“

Von Joachim Logisch aus Villard de Lans

Foto zu dem Text "Kämna: “Ich denke, ich bin gut fürs Gesamtklassement geeignet“"
Lennard Kämna (Bora - hansgrohe) nach seinem Tour-Etappensieg. | Foto: Cor Vos

16.09.2020  |  (rsn) - Vor zwei Jahren stand Lennard Kämna an einer Art Wendepunkt. Der heute 24-Jährige nahm eine mehrwöchige Auszeit. Seit seiner Rückkehr wurde er immer besser und feierte mit dem Gewinn der 16. Etappe der Tour de France von La Tour du Pin hinauf nach Villard de Lans den vorläufigen Höhepunkt seiner Karriere. Es wird nicht der letzte gewesen sein!

“Es stand nie zur Debatte, dass ich aufhören werde. Ich glaube, das war ein bisschen eine falsche Pressemitteilung damals. Ich wollte einfach meinen Kopf gerade bekommen. Ich stand damals nicht 100 Prozent hinter dem Sport, das stimmt schon“, erklärte Kämna nun in Villard-de-Lans. „Danach habe ich mir gesagt, ich werde alles probieren, alles geben. Aber ich hatte nie das Gefühl, ich möchte aufhören. Mir war von Anfang klar, dass ich einfach nur wieder Rad fahren möchte“, schilderte Kämna in der Stunde seines Triumphes, was damals in ihm vorgegangen war.

Schon vergangenes Jahr ließ er in der letzten Tourwoche aufhorchen, als er in Valloire Vierter und auf der letzten Pyrenäenetappe Sechster wurde. Es ist gerade erst vier Wochen her, dass der Norddeutsche beim Critérium du Dauphiné auf dem Teilstück hinauf nach Meribel seinen ersten Profierfolg feierte, nun gehört er zu erlauchten Kreis der Tour-Etappensieger. “Jetzt ist er wer“, stellte Simon Geschke (CCC) anerkennend nach der Zieleinfahrt fest. Und Julian Alaphilippe (Deceuninck - Quick-Step), den Kämna locker abgehängt hatte, lobte: “Er ist sehr stark. Chapeau für ihn!“

Wo soll das hinführen? Kämna selbst hat auch noch keine Antwort. “Ich muss wieder mehr an meinem Zeitfahren arbeiten, das habe ich nicht so sehr getan in den letzten Monaten. Ich denke, dass ich generell gut fürs Gesamtklassement geeignet bin“, sagte er, um aber gleich einzuschränken: “Ich weiß nicht, ob es für drei Wochen ausreicht. Aber ich schätze, dass wir das über die nächsten Jahre ausprobieren. Fürs erste will ich mich aber einfach kontinuierlich verbessern. Ich habe das Gefühl, dass ich auch als Etappenjäger gut bin und das macht mich schon sehr happy.“

Keine Angst vor großen Namen

Seine Qualitäten am Berg hat er in den letzten beiden Jahren bewiesen. Auch der Kampf gegen die Uhr gehörte schon zu seinen Stärken. Im Zeitfahren holte er 2014 WM-Gold bei den Junioren, drei Jahre später wurde er in dieser Disziplin Mannschafts-Weltmeister mit Sunweb. Zudem lernt er immer mehr dazu. Hatte er am Ende der 13. Tour-Etappe zur Bergankunft auf dem Puy Mary, wo er knapp geschlagen Zweiter hinter Daniel Martinez (EF) wurde, seine letzte Attacke nicht optimal gesetzt, so griff er er diesmal ganz clever den letztjährigen Giro-Sieger Richard Carapaz (Ineos Grenadiers) genau im richtigen Augenblick an.

“Ich dachte mir: So, erst hat er die Führung ausgelassen und den Mund weit aufgerissen und so getan, als könnte er überhaupt nicht mehr. Als er dann attackierte, dachte ich mir ‘kleines Schlitzohr‘. Aber dann wusste ich auch, dass ich das zubekomme und dass er mich jetzt hier nicht abhängen wird. Danach habe ich auch ein bisschen so getan, als ob ich nicht mehr könnte. Als ich gesehen habe, dass er am Limit ist und den Speed runternimmt, habe ich drüber attackiert. Sobald ich zehn Meter hatte, bin ich All In gegangen“, schilderte Kämna den entscheidenden Moment des Rennens.

Was ihm sicher auch entgegenkommt: Kämna kennt keine Angst vor großen Namen. Ob Girosieger wie Carapaz oder Tour-Idol wie Alaphilippe: “Mir ist es egal, wer da vorne rumfährt. Jeder bei der Tour ist in Superform. Man darf niemanden unterschätzen. Es geht einfach nur darum, den Gegner abzuhängen, ganz egal welcher Name dasteht“, erklärte er, ohne dabei auch nur im Geringsten großspurig zu wirken. Denn Kämna ist sich seiner Stärken bewusst.

Noch mehr nach diesem Sieg, der für ihn und Team Bora - hansgrohe Balsam auf die Seele bedeutet, da die Podiumsträume mit Emanuel Buchmann geplatzt sind. Nachdem er seinem Team die Tour-Bilanz gerettet hat, tritt er in die Reihe der Helfer für Peter Sagan zurück. Kämna: “Die nächsten Tage heißt es wieder Vollgas fürs Grüne Trikot!“

Mehr Informationen zu diesem Thema

16.06.2021Madiot: “Wir hätten Pinot früher aus der Tour nehmen sollen“

(rsn) - Sein bisher letztes Rennen bestritt Thibaut Pinot (Groupama - FDJ) vor mittlerweile zwei Monaten, als er die Tour of the Alps unter ferner liefen auf Rang 60 beendete. Danach entschied der Fra

23.12.2020Bernal wieder schmerzfrei auf dem Rad

(rsn) - Egan Bernals Genesung macht offensichtlich deutliche Fortschritte. Wie der Tour-de-France-Sieger von 2019 gegenüber dem Internetportal primertiempo.co sagte, könne er wieder schmerzfrei trai

11.12.2020Dumoulin zuversichtlich: “Mir fehlt nur noch ein Prozent“

(rsn) - 2020 war für Tom Dumoulin ein Jahr mit vielen Tiefen und nur wenigen Hochs. Nach dem mit großen Hoffnungen verbundenen Wechsel von Sunweb zu Jumbo - Visma warf zunächst ein bakterieller Dar

15.11.2020Pogacar lobt Roglic als slowenischen Vorreiter

(rsn) - Tadej Pogacar (UAE - Team Emirates) hätte seinem Landsmann Primoz Roglic (Jumbo - Visma) den Tour-de-France-Sieg gegönnt. Das sagte der 22-jährige Slowene im Gespräch mit der spanischen Sp

27.10.2020Bernals Genesung dauert länger als gedacht

(rsn) - Egan Bernals Rückenprobleme, die ihn zum Ausstieg bei der Tour de France und zum vorzeitigen Saisonende zwangen, sind offensichtlich ernsthafter als bisher angenommen. Wie der Kolumbianer geg

10.10.2020Bernal: “Ich hatte eine schwierige Zeit“

(rsn) - Der bei der Tour de France vorzeitig ausgestiegene Egan Bernal (Ineos Grenadiers) wird in diesem Jahr keine Rennen mehr bestreiten. Das kündigte der Kolumbianer auf Instagram an und bestätig

03.10.2020War der Toursieg für Roglic im Zeitfahren unmöglich?

(rsn) - Radsportjournalist Thijs Zonneveld von der niederländischen Zeitung AD hat nach eigenen Angaben Einblick in die Leistungswerte des Tour-Zeitfahrens von Primoz Roglic (Jumbo – Visma) erhalte

24.09.2020Pogacar: “Die Saison ist noch lange nicht vorbei“

(rsn) - Nach seinem Tour-de-France-Triumph hat Tadej Pogacar (UEA - Team Emirates) schon die nächsten großen Ziel im Blick. "Ich muss konzentriert und fit bleiben für die Weltmeisterschaft und die

23.09.2020Viviani: Beim Giro zurück in die Erfolgsspur?

(rsn) - Im letzten Jahr gewann Elia Viviani im Trikot von Deceuninck - Quick-Step  bei der Tour de France eine Etappe und fuhr auf drei weiteren Teilstücken aufs Podium. Die 107. Austragung lief fÃ

22.09.2020UAE Emirates streicht das mit Abstand meiste Preisgeld ein

(rsn) - Kein Wunder: Durch den Gesamtsieg von Tadej Pogacar, der auch das Weiße Trikot als bester Jungprofi sowie die Bergwertung und drei Etappen gewann, sowie den Etappensieg von Alexander Kristoff

21.09.2020Phänomen Pogacar - zu schnell, um wahr zu sein?

(rsn) - Tadej Pogacar hat mit seinem Toursieg nicht nur Rekorde gebrochen, sondern damit auch Fragen aufgeworfen. Ist der Slowene einfach ein Jahrhunderttalent, für den die üblichen Maßstäbe nicht

21.09.2020Die Tour-Bubbles werden aufgelöst

(rsn) - Die Tour de France ist beendet. Die Bubbles werden aufgelöst. Neue werden errichtet, für die WM, die BinckBank Tour, den Giro d´Italia und die großen Klassiker. Primoz Roglic kann jetzt Tr

Weitere Radsportnachrichten

28.03.2024Huppertz: Vor Rennen abends einen trinken? Heute unvorstellbar

(rsn) – Eine so lange Zusammenarbeit wie die zwischen Joshua Huppertz und Teamchef Florian Monreal gibt es im Kontinental-Bereich sehr selten. Seit August 2014 steht der mittlerweile 29-Jährige Aa

28.03.2024Die Aufgebote aller Teams zur Flandern-Rundfahrt der Männer

(rsn) – Der Ostersonntag wirft seine Schatten voraus: Am 31. März versammelt sich das WorldTour-Peloton in Antwerpen zum Start der 270,8 Kilometer langen Ronde van Vlaanderen. Das Heiligtum des bel

28.03.2024Die Aufgebote aller Teams zur Flandern-Rundfahrt der Frauen

(rsn) – Wenn die Männer nach ihrem Start in Antwerpen bereits 120 Rennkilometer hinter sich haben und erstmals durch Oudenaarde kommen, stellen sich dort auf dem Marktplatz des Zielorts der Ronde v

28.03.2024Movistar verlängert mit “Sensation“ Meijering

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Profiradsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder RÃ

28.03.2024Märkl will auch bei der Ronde “vor das Radrennen“

(rsn) – Wie schon beim E3 Saxo Classic schaffte Niklas Märkl (DSM Firmenich – PostNL) auch bei Dwars door Vlaanderen den Sprung unter die Ausreißer des Tages. Doch während sein Fluchtbegleiter

28.03.2024Trotz Sturz: Pedersen ist für Ronde-Start zuversichtlich

(rsn) – Ausgerechnet kurz vor der Flandern-Rundfahrt, dem Höhepunkt der flämischen Klassikersaison, wurde Lidl – Trek mächtig gebeutelt. Bei Dwars door Vlaanderen waren mit Gent-Wevelgem-Sieger

27.03.2024Nach Van-Aert-Crash: Kanarieberg hat bei Klassikern wohl ausgedient

(rsn) – Positionskampf bei Höchstgeschwindigkeiten, auf breiter Straße abschüssig in Richtung Ronse: Das waren die Bilder, die die flämischen Klassiker auf der N48 in der Anfahrt zum engen Recht

27.03.2024Teamchef Stam bestätigt: Vollering verlässt SD Worx

(rsn) – Demi Vollering wird SD Worx – Protime nach der Saison 2024 verlassen. Das bestätigte Sportdirektor Danny Stam am Mittwochmittag gegenüber GCN. "Ja, das ist definitiv sicher", sagte der N

27.03.2024Rennarzt-Wagen baut Unfall mit Soudal-Teamfahrzeug

(rsn) – Der Unfall zweier wichtiger Begleitfahrzeuge im Männerrennen von Dwars door Vlaanderen hat am Mittwoch für eine halbstündige Unterbrechung des Frauenrennens gesorgt. Da die Frauen hinter

27.03.2024Van Aert erleidet beim Dwars-Crash multiple Brüche

(rsn) – Die Ronde van Vlaanderen wird am Sonntag ohne ihren großen Lokalmatador Wout Van Aert (Visma – Lease a Bike) über die Bühne gehen. Der 29-jährige Belgier war am Mittwoch bei Dwars doo

27.03.2024Politt entgeht mit Glück van Aerts Sturz bei Dwars door Vlaanderen

(rsn) – Zweimal landete Nils Politt (UAE Team Emirates) schon in den Top Ten bei Dwars door Vlaanderen, diesmal schrammte er mit dem zwölften Rang knapp vorbei. Angesichts des schweren Sturzes gut

27.03.2024Küng: “Mehr als Platz zwei wäre nicht möglich gewesen“

(rsn) – Immer gut dabei war Stefan Küng (Groupama – FDJ) bei seinen Renneinsätzen in diesem Frühling, aber ein richtig zählbares Ergebnis fehlte dem Schweizer bislang noch. Doch mit seinem dr

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine