Sieg im Sprintduell gegen Portugiesen Morgado

“Can I win?“ Yes, you can: Herzog ist Junioren-Weltmeister!

Von Felix Mattis

Foto zu dem Text "“Can I win?“ Yes, you can: Herzog ist Junioren-Weltmeister!"
Emil Herzog ist der dritte deutsche Junioren-Weltmeister im Straßenrennen. | Foto: Cor Vos

23.09.2022  |  (rsn) – Ein Sieg mit Ansage: Emil Herzog hat im Straßenrennen der Junioren bei den Weltmeisterschaften von Wollongong sein großes Ziel erreicht und eine großartige Saison mit dem Regenbogentrikot gekrönt. Der Weltranglistenerste vom Raublinger Team Auto Eder setzte sich nach 135,6 Kilometern im Zwei-Mann-Sprint gegen den Portugiesen Antonio Morgado durch, mit dem er gemeinsam im kommenden Jahr für das US-amerikanische Continental-Team Hagens Berman Axeon fahren wird.

"Ich habe so hart hierfür gearbeitet. Letztes Jahr hatte ich etwas Pech, aber heute lief alles perfekt", freute sich Herzog im ersten Sieger-Interview. Nach Holger Loew 1996 und Jonas Bokeloh 2014 ist er der dritte deutsche Junioren-Weltmeister der Geschichte.

"Ich kann es noch gar nicht glauben, dass alles so gut geklappt hat und ich Weltmeister bin. Das klingt so unecht! Das ist das Größte, was Du als Junior erreichen kannst. Ich kann es kaum glauben, mir fehlen die Worte. Ich glaube ich brauche erstmal ein paar Tage", sagte der 17-Jährige.

Bronze holte 55 Sekunden dahinter der Belgier Vlad van Mechelen im Sprint einer elfköpfigen Verfolgergruppe vor dem Franzosen Paul Magnier und dem US-Amerikaner Artem Shmidt. Jan Christen aus der Schweiz wurde Zwölfter. Der Österreicher Benjamin Eckerstorfer, der im Rennverlauf mehrfach attackiert hatte, kam 2:48 Minuten hinter Herzog auf den 17. Platz.

"Can I win?"

Herzog hatte im letzten Anstieg zum gefürchteten Mount Pleasant knapp neun Kilometer vor Schluss aus der Favoritengruppe heraus das Tempo verschärft und war allen davon gefahren, um den eingangs der 18 Kilometer langen Schlussrunde ausgerissenen Morgado drei Kilometer vor Schluss einzuholen.

Der Portugiese wollte im Finale kaum mehr mitarbeiten und Herzog fragte ihn gehässig: "Okay, can I win it?", um ihn noch einmal zum Führen zu überreden. Das tat Morgado nur noch einmal ganz kurz, doch schließlich bezwang ihn Herzog auch in einem knapp 250 Meter langen, verbissenen Kopf-an-Kopf-Duell im Sprint.

"Wir sind die ganze Zeit nebeneinander gesprintet und ich dachte nur: 'Hör nicht auf! Hör nicht auf!' So einen Sprint bin ich noch nie gefahren", schilderte der erst am 6. Oktober 18 Jahre alt werdende Deutsche.

So lief das Rennen:

Nach einem frühen Ausscheidungsfahren, das auch durch einige Stürze auf nasser Straße geprägt wurde, bildete sich schon in der zweiten von acht Runden eine sechsköpfige Spitzengruppe um den Esten Romet Pajur, der normalerweise für das Team Auto Eder fährt. Mit vorne dabei war auch Eckerstorfer.

Das Sextett fuhr eine knappe Minute Vorsprung heraus, bis in Runde fünf zunächst eine fünfköpfige Gruppe nachsetzte und im zweigeteilten Anstieg hinauf zum Mount Pleasant dann durch einen Angriff vom deutschen Kapitän Herzog das Hauptfeld endgültig explodierte. Um ihn und Morgado holte ein weiteres Sextett den vorn zurückgefallenen Eckerstorfer ein und zu siebt machte man nun Jagd auf das Spitzenquintett und kam bis auf 15 Sekunden heran.

In der zweiten Rennhälfte hagelt es Angriffe

Da dann aber etwas die Einigkeit fehlte, rollte eine weitere, größere Gruppe bei einsetzendem Regen eingangs der sechsten Runde wieder heran und der Vorsprung von Pajur sowie Pavel Novak (Tschechien), Zachary Walker (Großbritannien), Viggo Moore und Artem Shmidt (beide USA) wuchs nochmal auf eine halbe Minute an.

Mit dabei im nun wieder rund 25-köpfigen Verfolgerfeld war jetzt auch der zuvor noch fehlende Mitfavorit Christen. Knapp 20 Mann fuhren dann 43 Kilometer vor Schluss bei der sechsten von acht Passagen des Mount Pleasant an die Spitzengruppe heran.

37 Kilometer vor Schluss setzte Christen seine erste Attacke und sofort zogen Herzog sowie der Franzose Thibaud Gruel mit. Das starke Trio wollte aber niemand weglassen. Kurz darauf startete Eckerstorfer ein Solo und bog zehn Sekunden vor einer 15-köpfigen Gruppe in die vorletzte Runde ein, wurde aber ebenfalls schon kurz darauf wieder gestellt.

Morgado attackiert mehrfach

Am Mount Pleasant setzte der Niederländer Menno Huising seine Tempoverschärfung und Morgado ging mit, doch Herzog schloss einmal mehr an der Spitze der Verfolger die Lücke. Morgado setzte über die Kuppe noch einen drauf, riss kurz eine Lücke, doch wieder wurde die von Herzog geschlossen. In der Abfahrt bildete sich so ein Quintett um diese beiden sowie die Franzosen Gruel und Magnier und den Norweger Jorgen Nordhagen – fünf Sekunden dahinter folgte ein Trio mit Huising, Christen und van Mechelen. Diese Drei schlossen nach der Abfahrt nach vorne auf und zu acht ging es auf die letzten 20 Kilometer.

Kurz vor dem Ende der vorletzten Runde lancierte Morgado seine bereits dritte Attacke und fuhr allein davon, während dahinter viel auf den bis dato am souveränsten wirkenden Herzog geschaut wurde. So fuhr der Portugiese schnell 18 Sekunden Vorsprung heraus, bis die Franzosen als einziges doppelt vertretenes Team 15 Kilometer vor Schluss mit Magnier die Verantwortung und somit die Nachführarbeit übernahmen.

Zwölf Kilometer vor Schluss standen trotzdem fast 30 Sekunden Vorsprung für Morgado auf der Uhr, während fünf weitere Verfolger um die US-Amerikaner Schmidt und Moore zum Septett aufschlossen – Magniers Tempo war offensichtlich einfach nicht hoch genug.

Herzog fährt allein vor und setzt sich knapp durch

Im Anstieg zum Mount Pleasant fuhr Herzog dann voll von vorn und die Verfolgergruppe flog komplett auseinander. Am Hinterrad des Deutschen blieben nur noch Nordhagen und Gruel, doch auch die mussten kurz vor der Kuppe abreißen lassen. Morgado allerdings fuhr noch immer mit 18 Sekunden Vorsprung in die Abfahrt hinein, in der Herzog einmal mehr all seine Fahrtechnik-Künste ausspielte. Der Deutsche fuhr Sekunde um Sekunde näher an den Portugiesen heran, der dann drei Kilometer vor Schluss die Beine hochnahm und die letzten fünf Sekunden zugehen ließ. Zu zweit hatten sie nun etwas mehr als 30 Sekunden Vorsprung auf sieben Verfolger.

Herzog fuhr sofort an Morgado vorbei und übernahm die Führung. Der Portugiese machte erstmal nicht mehr mit und Herzog drehte sich zu ihm um: "Okay, can I win?", fragte er gehässig angesichts der verweigerten Mitarbeit des Kontrahenten. Der verneinte und Herzog erwiderte: "Okay, then go!" Kurzzeitig übernahm Morgado nochmal eine Führung und gut einen Kilometer vor Schluss attackierte Herzog am letzten kurzen Stich, kam aber nicht weg.

Der Deutsche führte das Duo auf die Zielgeraden, wo Morgado früh den Sprint eröffnete. Seite an Seite spurteten sie auf den Zielstrich zu, und am Ende hatte Herzog sein Vorderrad um eine knappe Radlänge vorne.

Results powered by FirstCycling.com

Mehr Informationen zu diesem Thema

11.01.2023Pedersen: “Ich wusste, dass Evenepoel allen davonfahren würde“

(rsn) – Nach seinen drei Etappensiegen und dem Gewinn des Grünen Trikots der Vuelta a Espana wurde Mads Pedersen (Trek – Segafredo) auch als einer der Favoriten für die im Anschluss an die Spani

14.12.2022Lefevere: “Remco kann noch besser werden“

(rsn) – Nach einer grandiosen Saison mit dem Triumph bei Lüttich-Bastogne-Lüttich, dem Gesamtsieg bei der Vuelta a Espana und dem Gewinn des Regenbogentrikots bei der Straßen-WM in Wollongong ste

13.12.2022Streit im Hotel: Richter hebt Urteil gegen van der Poel auf

(rsn) – Freispruch erster Klasse für Mathieu van der Poel (Alpecin – Deceuninck): Der Niederländer hat das Berufungsverfahren zu dem Vorfall bei der Straßen-WM in Wollongong gewonnen. Der zustÃ

03.10.2022Il Piccolo Lombardia: Segaert schlägt U23-Weltmeister Fedorov

(rsn) – Als zweiter Belgier nach Harm Vanhoucke (2016) hat Alec Segaert (Lotto Soudal Development) den Il Piccolo Lombardia (1.2.U) gewonnen. Der Vize-Weltmeister im U23-Zeitfahren ließ dabei nach

29.09.2022UCI gesteht Probleme bei der Angabe von Zeitabständen

(rsn) – Peter van den Abeele, Sportdirektor des Radsport-Weltverbandes UCI, hat in einem Gespräch mit Sporza eingeräumt, dass in Sachen Abstandsangaben bei den Straßen-Weltmeisterschaften im aust

28.09.2022WM-Punkte retten BikeExchange im Kampf um die WorldTour

(rsn) – Die Chancen von Lotto Soudal im Kampf um eine WorldTour-Lizenz für die nächsten drei Jahre sind weiter gesunken. Zwar konnte das belgische Team in der vergangenen Woche, in erster Linie

27.09.2022Van der Poel: “Ich hätte das nicht tun sollen“

(rsn) - Mathieu van der Poel und Remco Evenepoel kehrten im selben Flieger von Australien nach Europa zurück. Während der 22-jährige Belgier allerdings am Flughafen in Brüssel als Weltmeister empf

27.09.2022Wird aus Weltmeister Herzog auch ein erfolgreicher Profi?

(rsn) – Am Sonntag endeten die Weltmeisterschaften von Wollongong mit dem Sieg von Remco Evenepoel im Straßenrennen der Männer. Der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) konnte zufrieden mit fünf Mal Ed

26.09.2022Van der Poel verurteilt und auf der Heimreise

(rsn) – Mathieu van der Poel ist auf dem Weg nach Hause. Das ist für den Niederländer aber auch schon die einzige gute Nachricht am Ende einer katastrophalen WM-Woche in Australien, die ihren Tief

26.09.2022U23-Frauen: “Race-in-Race“ sorgte für Chaos

(rsn) – Durch die Einführung der Mixed Staffel, die im Programm die beiden Teamzeitfahren ersetzte, sank ab 2019 die Anzahl der WM-Wettbewerbe von zwölf auf elf. Bei den Straßen-Weltmeisterschaf

26.09.2022Schmids Medaillentraum platzte auf der Zielgeraden

(rsn) – Für das Schweizer Team endete das WM-Straßenrennen in Wollongong mit zwei Resultaten in den Top 20. Sowohl Mauro Schmid als auch Stefan Küng fanden sich im Finale in jener Gruppe wieder,

25.09.2022Van Aert: “Hat genau so funktioniert wie geplant“

(rsn) - Remco Evenepoel hat sich im australischen Wollongong mit einem beeindruckenden Solo den Weltmeistertitel gesichert. Hinter dem Belgier ging es im Kampf um die weiteren Medaillen turbulent zu,

Weitere Radsportnachrichten

28.03.2024Die Flandern-Rundfahrt im Rückblick: Die letzten zehn Jahre

(rsn) - Die Flandern Rundfahrt ist für viele Radsport-Fans neben Paris-Roubaix das Highlight des Frühjahrs. Das belgische Monument führt über mehr als 260 Kilometer und zahlreiche Hellinge, den ku

28.03.2024Tour-Siegerin Vollering “überrascht“ von SD-Worx-Ankündigung

(rsn) –Demi Vollering hat sich verwundert über die Mitteilung ihres Teams SD Worx – Protime gezeigt, das in Person von Sportdirektor Danny Stam gegenüber GCN den zum Saisonende bevorstehenden Ab

28.03.2024Van Aert erfolgreich operiert - Giro-Debüt ungewiss

(rsn) – Einen Tag nach seinem schweren Sturz bei Dwars door Vlaanderen ist Wout van Aert nach Angaben seines Teams Visma – Lease a Bike erfolgreich operiert worden. Ob der 29-jährige Belgier rech

28.03.2024Appell an die Zuschauer: “Haben Sie Respekt vor den Fahrern“

(rsn) – Wenige Tage vor der 108. Flandern-Rundfahrt (1. UWT / 1. März), haben Tomas Van Den Spiegel, Geschäftsführer des Veranstalters Flanders Classics, und Carina Van Cauter, die Gouverneurin R

28.03.2024Die Aufgebote aller Teams zur Flandern-Rundfahrt der Männer

(rsn) – Der Ostersonntag wirft seine Schatten voraus: Am 31. März versammelt sich das WorldTour-Peloton in Antwerpen zum Start der 270,8 Kilometer langen Ronde van Vlaanderen. Das Heiligtum des bel

28.03.2024Zeckenbiss möglicher Grund für De Lies Formschwäche

(rsn) – Da Arnaud De Lie in den vergangenen Wochen weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben war, hatte sein Team Lotto – Dstny in Absprache mit dem 22-jährigen Belgier entschieden, dass diese

28.03.2024Die Aufgebote aller Teams zur Flandern-Rundfahrt der Frauen

(rsn) – Wenn die Männer nach ihrem Start in Antwerpen bereits 120 Rennkilometer hinter sich haben und erstmals durch Oudenaarde kommen, stellen sich dort auf dem Marktplatz des Zielorts der Ronde v

28.03.2024Huppertz: Vor Rennen abends einen trinken? Heute unvorstellbar

(rsn) – Eine so lange Zusammenarbeit wie die zwischen Joshua Huppertz und Teamchef Florian Monreal gibt es im Kontinental-Bereich sehr selten. Seit August 2014 steht der mittlerweile 29-Jährige Aa

28.03.2024Movistar verlängert mit “Sensation“ Meijering

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Profiradsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder RÃ

28.03.2024Märkl will auch bei der Ronde “vor das Radrennen“

(rsn) – Wie schon beim E3 Saxo Classic schaffte Niklas Märkl (DSM Firmenich – PostNL) auch bei Dwars door Vlaanderen den Sprung unter die Ausreißer des Tages. Doch während sein Fluchtbegleiter

28.03.2024Trotz Sturz: Pedersen ist für Ronde-Start zuversichtlich

(rsn) – Ausgerechnet kurz vor der Flandern-Rundfahrt, dem Höhepunkt der flämischen Klassikersaison, wurde Lidl – Trek mächtig gebeutelt. Bei Dwars door Vlaanderen waren mit Gent-Wevelgem-Sieger

27.03.2024Nach Van-Aert-Crash: Kanarieberg hat bei Klassikern wohl ausgedient

(rsn) – Positionskampf bei Höchstgeschwindigkeiten, auf breiter Straße abschüssig in Richtung Ronse: Das waren die Bilder, die die flämischen Klassiker auf der N48 in der Anfahrt zum engen Recht

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine