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31.03.2023 | (rsn) - Hola de Colonia, Uruguay. In den nächsten zehn Tagen werde ich hier von der 78. Vuelta Ciclista del Uruguay berichten, der ältesten Rundfahrt Amerikas. Sie findet in der uruguayischen Tourismuswoche statt und ist dieses Jahr aus finanziellen Gründen nicht wie sonst im UCI-Kalender gelistet, sondern nur im nationalen Kalender.
Es geht über zehn Etappen und 1750 Kilometer kreuz und quer durch das zweitkleinste Land Südamerikas, in dem es übrigens noch nie geschneit hat. Das ist eine gute Sache, denn vor drei Tagen bin ich zu Hause in Schnee- und Graupelschauern trainieren gewesen und freue mich jetzt auf die Wärme.
Meine Anreise verlief wieder einmal nicht wie gehofft, denn mein Flug am Montag wurde wegen des Megastreiks in Deutschland storniert. Am nächsten Tag waren bereits alle Flüge ausgebucht und so konnte ich zwei Tage später als geplant losfliegen. Das hatte zur Folge, dass ich nach 30 Stunden Reisezeit erst am Morgen des Rundfahrtbeginns in Montevideo ankam und dann noch einen mehrstündigen Transfer zum Start absolvieren musste. Immerhin stand am Abend nur ein 8 km langer Prolog auf dem Plan, den ich auch müde und mit schweren Beinen fahren konnte.
Ich starte hier als Gastfahrer für das niederländische Global Cycling Team, das aufgrund seiner guten Kontakte als einzige europäische Mannschaft eine Einladung für die Rundfahrt erhalten hat. Als ich gefragt wurde, ob ich mitfahren wolle, musste ich nicht lange überlegen, denn dieses Rennen steht schon seit Jahren auf meiner Wunschliste. Meine Teamkollegen sind drei Niederländer, darunter ein ehemaliger echter Profi (Ex-Roompot-Fahrer Reinier Honig, d. Red.), ein Belgier und ein Chilene. Unser Sportlicher Leiter ist ein Einheimischer, was das ganze Organisatorische vor Ort für uns erleichtert.
Es sind 155 Athleten aus 26 Teams am Start und jedes muss mindestens einen U23 Fahrer aufbieten, sind es zwei, dürfen statt sechs sogar sieben Fahrer pro Equipe starten. Die meisten Mannschaften kommen natürlich aus Uruguay, aber es gibt auch welche aus den Nachbarländern Brasilien und Argentinien. In Argentinien war ich erst letzten Dezember mit dem Rad und habe dort u. a. den Fußball-Weltmeistertitel mit den Einheimischen gefeiert. Nun bin ich gespannt, wie gut sie im Radsport unterwegs sind.
Gespannt bin ich auch auf meine eigene Leistung, denn ich bin seit der Tour du Faso (2.2) vor eineinhalb Jahren keine Rundfahrt mehr gefahren. Damals konnte ich meinem Teamkollegen Daniel Bichlmann dabei helfen, die Gesamtwertung zu gewinnen, worüber er hier ebenfalls Tagebuch geschrieben hatte. Seitdem bin ich hauptsächlich einige Ultracycling-Rennen gefahren, bei denen man alleine tagelang fast ohne Schlaf durchfährt. Als selfsupported Ultrarennen würde ich die Rundfahrt hier in vier Tagen nonstop durchfahren, jetzt lasse ich mir - wie normale Menschen es tun - zehn Tage Zeit und gönne mir jede Nacht genug Schlaf.
Der Prolog lief übrigens wie erwartet schlecht, denn mir steckte die lange Anreise noch in den Knochen und ich habe natürlich im Gegensatz zu vielen anderen kein Zeitfahrrad dabei. Außerdem musste ich im Dunkeln fahren, die Küstenstraße war zwar durch Laternen halbwegs ausgeleuchtet, aber wer in der ersten Stunde gestartet war, konnte das Rennen noch im Hellen absolvieren. Das macht aber nichts, denn die Gesamtwertung spielt für mich sowieso keine Rolle. Meine Hoffnung ist nun, dass sich mein Körper ein bisschen daran erinnert, wie ich früher bei solchen Rundfahrten fahren konnte und ich die Trägheit der Ultrarennen nach ein paar Etappen abstreifen kann.
Morgen geht es dann mit der 1. Etappe über 172 Kilometer richtig los und sie wird sogar im nationalen TV und auf YouTube übertragen.
Morgen gleiche Stelle gleiche Welle
Gez. Sportfreund Radbert