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09.04.2023 | (rsn) – Am 1. April 2022 hat der Radsportweltverband UCI im Artikel 1.3.004 seines Regelwerks Systeme zur Veränderung des Reifendrucks während des Wettkampfs freigegeben. Das Team DSM hatte das "Atmoz"-System des niederländischen Laufrad-Spezialisten Scope im vergangenen Jahr vor Paris - Roubaix getestet, dann aber nicht im Rennen eingesetzt.
Bei der 120. Ausgabe der "Königin der Klassiker" soll es aber verwendet werden. Und DSM ist nicht das einzige Team, das ein solches System am Ostersonntag einsetzen will: Jumbo - Visma wird wohl ebenfalls den Luftdruck während des Rennens verändern können, allerdings mit einer anderen Technologie, entwickelt vom Eindhovener Ingenieur-Büro HubTech.
Bei Schotter oder auf Kopfsteinpflaster können die Fahrer mit diesen Systemen den Luftdruck in den Reifen absenken, um eine bessere Traktion und mehr Dämpfung zu bekommen; auf Asphalt kann der Reifendruck dann wieder erhöht werden, um den Rollwiderstand zu vermindern.
Jumbos "Gravaa"-System: auf dem Pavé ein Vorteil bis zu 90 Watt
HubTech schätzt, dass sein "Gravaa"-System auf Kopfsteinpflaster-Abschnitten einen Vorteil von bis zu 90 Watt bringen kann, und etwa 20 bis 30 Watt über das gesamte Rennen hin. Allerdings haben beide Teams noch nicht endgültig entschieden, ob sie mit den Systemen starten werden. Bei Jumbo - Visma hat Titelverteidiger Dylan van Baarle die neuen Laufräder mehrere Wochen lang im Training getestet und war laut Wielerflits sehr zufrieden damit; Wout van Aert hat das System bisher jedoch nicht gefahren, und wird daher auch nicht damit starten.
Jumbo - Visma nutzt das "Kinetic Air Pressure System" (Kaps) von Gravaa/ HubTech, das Edoardo Affini bei Dwars door Vlaanderen erstmals eingesetzt hat. Die "Kaps"-Laufräder haben in der Nabe eine Pumpe, die wie ein Dynamo durch die Drehung des Rads angetrieben wird. An der Seite der Nabe wird Luft aus der Umgebung angesaugt; wenn der Luftdruck das gewünschte Niveau erreicht hat, schaltet sich die Pumpe ab.
Ein Rohr entlang einer Speiche leitet die Luft dann in den Reifen. Durch dieses Rohr wird die Luft auch aus dem Reifen abgelassen. Da Luft aus der Atmosphäre verwendet wird, kann das System unbegrenzt genutzt werden. Bedient wird "Kaps" über einen Knopf am Lenker; LED-Leuchten zeigen an, wann der voreingestellte Reifendruck erreicht ist.
Das "Atmoz"-System von DSM hat eine begrenzte Kapazität
Das "Atmoz"-System von DSM funktioniert etwas anders: Es nutzt mechanische Ventile, um die Luft zwischen einem Reservoir um die Nabe und dem Reifen hin und her zu pumpen. Die Luft gelangt über einen Schlauch an einer Speiche entlang in die Felge und so in den Tubeless-Reifen, und über einen weiteren Schlauch wieder zurück in das Naben-Reservoir.
Das System wird mit zwei Tasten am Lenker gesteuert, der aktuelle Luftdruck auf dem Rad-Computer angezeigt. Der Nachteil des "Atmoz"-Systems: Das Naben-Reservoir hat eine begrenzte Kapazität, und so kann des Reifendruck nicht beliebig oft geändert werden. Wie oft genau, ist derzeit unklar und hängt auch von der Reifenbreite ab; Schätzungen gehen von acht bis höchstens zwölf Mal aus - nicht genug auf jeden Fall, um den Reifendruck vor und nach jedem Pavé ändern zu können.
Wer daran interessiert ist, die Systeme selbst auszuprobieren: Da sie gemäß Artikel 1.3.006 des UCI-Reglements, um auch in UCI-Rennen eingesetzt werden zu können, auf dem freien Markt zu haben sein müssen, kann man sie auch kaufen - bei Scope etwa für schlanke 3998 Euro. Da kann einem schon mal die Luft ausgehen...