Thomas beim Giro wieder in Rosa, Kämna jetzt 6.

Almeida ist am Monte Bondone der Stärkste

Von Sebastian Lindner

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Joao Almeida (UAE Team Emirates) hat die schwere 16. Etappe des Giro d’Italia für sich entschieden. | Foto: Cor Vos

23.05.2023  |  (rsn) – In der Tageswertung kann auf dem Papier nur einer gewinnen. Und das war auf der 16. Etappe des 106. Giro d'Italia von Sabbio Chiese über 203 Kilometer hinauf zum Monte Bondone Joao Almeida (UAE Team Emirates), der damit Nachfolger von Ivan Basso wurde, der 2006 als bis dato Letzter auf dem geschichtsträchtigen Berg jubeln konnte. Gewinner des Tages war aber auch Geraint Thomas (Ineos Grenadiers), der zeitgleich hinter dem Portugiesen Zweiter wurde, das Rosa Trikot zurückeroberte und damit seine herausragende Form bei diesem Giro am bisher eindrucksvollsten unter Beweis stellte.

Das Duo konnte Primoz Roglic (Jumbo – Visma) distanzieren und schließlich auf Platz drei verweisen. Dass der Rückstand letztlich nur 25 Sekunden betrug, verdankte der Slowene allein seinem Helfer Sepp Kuss, der bis auf den letzten Kilometer die Arbeit für seinen Kapitän machte, der bei einer Attacke von Thomas 4,3 Kilometer vor dem Ziel, als der Toursieger von 2018 zum zuvor weggesprungenen Almeida aufschloss, nicht mitfahren konnte.

Gemeinsam mit Roglic kam sogar noch ein Gewinner des Tages ins Ziel. Eddie Dunbar (Jayco – AlUla) lieferte ein starkes Rennen ab und machte deutlich Boden gegenüber Damian Caruso (Bahrain Victorious /+1:16) und Lennard Kämna (Bora – hansgrohe / +1:20) gut. Der Deutsche Zeitfahrmeister wurde Elfter und verbesserte sich damit in der Gesamtwertung auf Platz sechs. Zwar musste Kämna Dunbar an sich vorbeiziehen lassen, doch Bruno Armirail (Groupama – FDJ) verlor als Träger des Rosa Trikots erwartungsgemäß viel Zeit und fiel auf Rang sieben zurück. Auch Andreas Leknessund (DSM), der noch vor Kämna gelegen hatte, büßte ein und liegt nun genau wie der Franzose knapp hinter dem 26-jährigen Fischerhuder.

Für Tagessieger Almeida wurde “ein Traum wahr. Ich bin superglücklich. Ich war jetzt vier Jahre lang nahe dran, jetzt hat es endlich geklappt“, sagte der 24-Jährige nach dem ersten Grand-Tour-Sieg seiner Karriere. “Das Finale war für die Beine superhart, das härteste Finale bisher. Ich habe mich gut gefühlt und bin mit der Attacke ins Risiko gegangen. Aber wenn man es nicht probiert, weiß nicht, wie es gehen würde. Jetzt will ich natürlich mehr“, kündigte der UAE-Kapitän an. Auf Thomas fehlen Almeida in der Gesamtwertung dank der Zeitbonifikation im Ziel nur 18 Sekunden. “Wenn ich mich gut fühle, werde ich wieder attackieren. Ich werde bis zum Schluss kämpfen.“

Der neue und alte Mann im Rosa Trikot war sich darüber klar, dass der Portugiese eine der größten Bedrohungen für sein Leibchen darstellt. “Almeida war für mich schon vor dem heutigen Tag einer der größten Rivalen. Er und sein Team haben gezeigt, wie stark er ist. Das ist keine Überraschung für mich.“ Nichtsdestotrotz hätte Thomas die zurückeroberte Gesamtführung gerne vergoldet: “Natürlich hätte ich auch gerne die Etappe gewonnen.“ Es wäre sein erster Sieg beim Giro gewesen.

Hinter Thomas und dem neuen gesamtzweiten behauptete Roglic Rang drei, allerdings mit nunmehr 29 Sekunden Rückstand auf den Spitzenreiter. Jonathan Milan (Bahrain Victorious) baute die Führung in der Punktewertung aus, Ben Healy (EF Education – EasyPost) ist neuer Träger des Bergtrikots, Almeida liegt in der Nachwuchswertung nun deutliche 3:12 Minuten vor Leknessund.

So lief die 16. Etappe des Giro d'Italia:

Erst Eisbeutel im Nacken der Fahrer bei bis zu 30 Grad, dann wieder Regen in der zweiten Rennhälfte. Die 16. Giro-Etappe spielte nicht nur wettertechnisch verrückt, sondern sorgte auch für sportliche Kapriolen. Denn schon auf den ersten flachen Kilometern entlang des Gardasees war richtig Zug drin. Der Schnitt der ersten halben Stunde lag bei 57 km/h.

Die Nervosität forderte schon zu Beginn mit Lorenzo Fortunato (Eolo – Kometa), Sepp Kuss (Jumbo – Visma) und Laurens De Plus (Ineos Grenadiers) prominente Sturzopfer, die aber allesamt weiterfahren konnten. Aufgeben musste hingegen Pavel Sivakov (Ineos Grenadiers), der noch unter den Sturzfolgen aus den Vortagen litt. Nach 20 Kilometern gab es den ersten Split im Peloton, unter anderem war Kämna einer der Fahrer aus den Top 10, die sich im hinteren Teil aufhielten, aber wieder aufschlossen.

Aufgrund der vielen Tunnel war das Rennen unübersichtlich, doch nach etwa 30 Kilometern hatten sich eine 17 Profis abgesetzt, die 20 Kilometer später Verstärkung von neun weiteren Fahrern erhielt und die Gruppe des Tages bildete. Dabei waren unter anderem Healy, Patrick Konrad und Cesare Benedetti (beide Bora – hansgrohe), die Paret-Peintre-Brüder Aurelien und Valentin (beide AG2R Citroen), Jack Haig und Milan (beide Bahrain Victorious) – letzterer ließ sich nach dem Gewinn des Zwischensprints wieder zurückfallen –, die Dauer-Ausreißer Derek Gee (Israel – PremierTech) und Tom Skujins (Trek – Segafredo), Diego Ulissi (UAE Team Emirates) sowie die beiden Ineos-Fahrer Salvatore Puccio und Ben Swift.

Movistar und Green Project ärgern Healy an den Bergwertungen

Auch das Astana-Duo Christian Scaroni und Vadim Pronskiy war vorne dabei und machte sich auf dem Weg zur zweiten Bergwertung aus dem Staub, um das Rennen zu gestalten. Im Anstieg nach Serrada wurden sie aber wieder von den Verfolgern gestellt. Als einziges Top-Team hatte Jumbo – Visma keinen Fahrer vorne. Somit war klar, dass die Gelb-Schwarzen hinten im Feld die Tempoarbeit machen mussten. Groupama – FDJ als Mannschaft des Gesamtführenden Armirail hielt sich dagegen zurück.

Das Profil der 16. Etappe des Giro d‘Italia | Foto: RCS Sport

Unterwegs sammelte Healy reichlich Bergpunkte ein. Am Passo di Santa Barbara waren es 40 für den ersten Platz, danach ärgerten ihn an den nächsten drei Wertungen seine Mitausreißer von Green Project – Bardiani CSF – Faizane und Movistar. Jeweils Platz zwei sprang für den Iren am Passo Bordala (3. Kategorie), in Matassone und Serrada (jeweils 2. Kategorie) heraus. Insgesamt heimste er damit 56 Punkte ein.

Zana und Verona eröffnen am Schlussanstieg das Finale

Noch 12 Fahrer gingen schließlich mit 3:45 Minuten Vorsprung auf die Favoritengruppe in den fast 23 Kilometer langen Schlussanstieg. Carlos Verona (Movistar) und Filippo Zana (Jayco – AlUla) eröffneten unten den vermeintlichen Kampf um den Etappensieg, doch Haig, Konrad, Aurelien Paret-Peintre und Pronskiy schlossen wieder auf. Doch dass es sich nicht ausgehen würde, zeigte sich 17 Kilometer vor dem Ziel, als nur noch zweieinhalb Minuten des Vorsprungs übrig waren.

Zehn Kilometer vor dem Ziel betrug der Abstand kaum mehr eine halbe Minute. In der Favoritengruppe, die noch 19 Fahrer umfasste, hatte UAE das Kommando übernommen. Kurz darauf muss Armirail reißen lassen. 8,5 Kilometer vor dem Feld waren Haig, Zana und Verona sowie Konrad als Letzte der Ausreißer gestellt. Der Österreicher war aber keine Hilfe mehr für Kämna. Doch die wäre bitter nötig gewesen, denn Jay Vine hatte für Almeida das Tempo extrem hochgehalten und die Gruppe gesprengt. Lediglich Thomas, Roglic, sein Helfer Sepp Kuss, Dunbar und Zana konnten noch mitfahren.

Erst geht Almeida, dann folgt Thomas

Sechs Kilometer vor dem Ziel hatten die Gruppe um Almeida, Roglic, Thomas und Dunbar 40 Sekunden Vorsprung auf die Gruppe um Daminao Caruso (Bahrain Victorious), Andreas Leknessund (DSM), Ilan Van Wilder (Soudal – Quick-Step), Einer Rubio (Movistar) und Kämna. Und der Portugiese attackierte. Doch die Lücke, die er öffnete, blieb klein, maximal hatte er 50 Meter Vorsprung.

Das nutzte Thomas, um mit einem kurzen Antritt zu Almeida vor zu springen. 4,3 Kilometer vor dem Ziel war der Waliser vorne und versuchte dann vergeblich, Almeida abzuhängen. Aber die Lücke zu Roglic und Dunbar ging auf. Die Arbeit in der Gruppe verrichtete bis auf die letzten 1000 Meter Kuss, der seinem Kapitän einen größeren Rückstand als die letztlich 25 Sekunden ersparte.

Davor arbeiteten Thomas und Almeida gut zusammen, um den Vorsprung auszubauen. Während der 36-Jährige eher auf die Gesamtwertung schielte, wollte der UAE-Kapitän den Tagessieg und sprintete auf den letzten Metern zum Sieg.

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