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11.07.2023 | (rsn) - War es Übermut nach dem ersten Ruhetag der Tour de France, ein Sonnenstich bei 40 Grad im Schatten oder doch eine so ausgefallene Taktik, dass sich ihr Sinn niemandem erschloss?
Alle rätselten, warum Mathieu van der Poel (Alpecin – Deceuninck) und Wout von Aert (Jumbo – Visma) plötzlich vor dem Peloton der Favoriten und weit hinter der schon feststehenden Ausreißergruppe hinterher hetzten. "Heute habe ich Wouts Taktik überhaupt nicht verstanden", fand auch Van Aerts ehemaliger Teamkollege Tom Dumoulin, der nun für den niederländischen Sender NOS die Tour analysiert.
"Die Tour ist fast zur Hälfte vorbei und ich habe noch keinen Fehler gesehen, der Wout unterlaufen wäre. Wie letztes Jahr ist er der beste Fahrer der Tour, aber heute habe ich überhaupt nichts verstanden", rätselte der ehemalige Zeitfahr-Weltmeister und Giro-Sieger.
Dumoulin verstand nicht, warum sein Landsmann plötzlich versuchte, in die Ausreißergruppe zu kommen, wo doch sein Kapitän Jonas Vingegaard während der Anfangsphase mit dem Angriff von Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) zu kämpfen hatte. "Vielleicht hatte Wout da eine freie Rolle, anders kann ich mir das nicht erklären", meinte Dumoulin, der fand: "Er sollte einfach als Edelhelfer für Vingegaard agieren!"
Noch weniger Verständnis hatte der NOS-Kommentator mit dem, was dann folgte. "Als er zurückkam, fuhr er plötzlich mit Van der Poel weg, der sich auch übernommen hat. Besser wäre gewesen, Wout hätte sich für das aufgespart, was noch kommen würde. Denn Gelb mit Vingegaard ist das Wichtigste", findet der Ex-Profi.
"Ich habe mich selbst in die Luft gesprengt", erklärte van Aert nach der Zielankunft gegenüber Sporza mit Blick auf die Anfangsphase der Etappe, als er in die Ausreißergruppe wollte. "Ich habe es zwar ein paar Mal versucht, aber ich hatte heute nicht die Beine. Ich bin richtig geplatzt."
"Ich musste aufgeben, was mir auch nicht oft passiert. Die Kondition ist auf jeden Fall noch in Ordnung und im Finale lief es etwas besser, aber ich habe mich heute nicht wirklich gut gefühlt", gestand Van Aert.
Dass er sich dann knapp 50 Kilometer vor dem Ziel in der Abfahrt an den Fuß des letzten Anstiegs plötzlich doch mit seinem ewigen Rivalen van der Poel auf den Weg machte, kam für ihn wohl auch überraschend. "Ich glaube, Mathieu fuhr in diesem Moment für (seinen Sprinter) Jasper Philipsen, aber hinter uns war eine Lücke. Ich war an seinem Rad. Wir fuhren zudem nicht so weit hinter der Spitzengruppe", erklärte er die Aktion, die noch sinnloser schien, da er vorher schon nicht die Beine hatte, die den Unterschied ausmachen können.
So versuchte es Van Aert nach dem geplatzten Versuch mit einer Art entschuldigender Erklärung: "Wir kamen zwar etwas näher, aber am Anstieg wusste ich schon, dass wir nicht mehr nach vorne kommen würden. Es war aber eine gute Gelegenheit für mich, mit einem Vorsprung in den Anstieg zu gehen und so dem Team noch zu helfen", muss er demnach gefürchtet haben, dass er andernfalls abgehängt worden wäre. Van Aert hat es ja selbst gesagt: "Es war ein Chaos-Tag" - besonders für ihn!