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07.08.2023 | (rsn) – Des einen Freud ist des anderen Leid: Während Wout Van Aert (Belgien) sich über den fehlenden Teamfunk im WM-Straßenrennen der Männer beschwerte, erwies sich genau das einer der Vorteile der Ausreißer. Die Gruppe des Tages, zu der auch der Österreicher Patrick Gamper zählte, war nach etwa 20 Kilometern losgefahren und hatte sich schnell einen Vorsprung von über acht Minuten herausgefahren.
Auch mit Funk wäre es utopisch gewesen, dass sich einer der neun Ausreißer zu Weltmeister-Ehren hätte aufschwingen können. Allerdings war im Verlauf des Rennens wenig normal: weder die schon früh festzustellende extrem aggressive Fahrweise der Favoriten und erst recht nicht die fast einstündige Unterbrechung des Rennens, nachdem Protestler die Strecke blockiert hatten.
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Zwar war das zuvor bereits bei Tour de France oder beim Critérium du Dauphiné geschehen, da allerdings waren nur kleinere Verzögerungen entstanden. Die Klima-Aktivisten in Schottland hatten sich mit der Crow Road jedoch eine Straße herausgepickt, zu der es weit und breit keine Alternativen gab.“Als wir angehalten wurden, haben uns die Offiziellen gesagt, dass sich jemand auf die Straße geklebt hat, und dass es wohl länger dauern wird. Das war schon eine sehr kuriose Situation. Es war kalt, aber wir konnten uns dann in die Autos setzen“, schilderte Gamper gegenüber radsport-news.com die Situation. Erst 55 Minuten, nachdem die Spitzengruppe gestoppt wurde, konnte sie sich wieder in Bewegung setzen.
Patrick Gamper (3. v.l.) war im WM-Straßenrennen einer der Ausreißer des Tages. | Foto: Cor Vos
Für das Feld dauerte die Auszeit nicht ganz so lange. “Die Zwangspause für uns war nicht gut, weil wir dann weniger Vorsprung zugesprochen bekamen, als wir angeblich schon hatten“, so Gamper. Denn anstatt nach acht Minuten wieder losfahren zu dürfen, rollte das Feld um den späteren Weltmeister Mathieu van der Poel bereits nach sechseinhalb Minuten wieder los.
“Als das Feld angehalten wurde, haben viele Teams erst erfahren, wie groß der Vorsprung der Ausreißer schon war. Dadurch war das ein Nachteil für die Gruppe, denn nach dem Re-Start wurde aggressiv nachgefahren“, sagte Österreichs Nationaltrainer Stefan Sölkner zu radsport-news.com. Zudem sei es für Fahrer “nicht optimal, wenn du fast eine Stunde warten musst.“
Und so hatte die Gruppe beim Erreichen des Rundkurses nach 120 Kilometern nur noch etwas mehr als drei Minuten Vorsprung, was bedeutete, dass der Abstand innerhalb von nur 40 Kilometer halbiert war. “Jedem in der Gruppe war klar, dass wir auf dem Rundkurs zusammenarbeiten müssen. Am Ende haben die hinten das Finale früh eröffnet und wir wurden dann schon 70 Kilometer vor dem Ziel gestellt“, berichtete Gamper. Der Däne Mads Pedersen lancierte schließlich die Attacke, die das Ende der Ausreißer bedeutete.
Zwei Runden konnte sich Gamper noch in der vorderen Gruppe halten, ehe weitere Angriffe folgten. “Und dann bin ich auch zurückgefallen. Am Ende war ich in einer Gruppe mit John Degenkolb, sprinten hatte ich aber nicht mehr können“, gab der Bora-hansgrohe-Profi zu.
Als die Top-Favoriten um den späteren Weltmeister Mathieu van der Poel (vorn) und dem WM-Zweiten Wout Van Aert (dahinter) Ernst machten, war es um die Ausreißer geschehen. | Foto: Cor Vos
Gamper kam schließlich 8:30 Minuten nach van der Poel ins Ziel. Während der deutsche Kapitän Degenkolb noch auf Platz 16 sprintete und damit bester Fahrer der Gruppe wurde, belegte Gamper nach 180 Fluchtkilometern Rang 22 und war damit viertbester der Ausreißer des Tages. Owain Doull (Großbritannien) und Kevin Vermaerke (USA), der sogar noch etwas länger als alle anderen an der Spitze war, landeten am Ende ebenfalls in der Gamper-Gruppe, waren im Ziel aber vor dem Tiroler. Lediglich Matthew Dinham (Australien) konnte sich noch länger an den Favoriten festbeißen und lieferte als Siebenter das wohl überraschendste Ergebnis des Tages ab.
Doch auch Gamper zeigte sich am Ende eines langen Tages durchaus zufrieden. “Ich denke, ich habe das Meiste herausgeholt, wir wollten jemanden in der Gruppe haben. Bei dem langen Rennen war es auch eine gute Möglichkeit, dadurch lange vornezubleiben“, betonte er.